Titel: | Ueber die Herstellung von Soda. |
Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 293 |
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Ueber die Herstellung von Soda.
Ueber die Herstellung von Soda.
Wigg in Liverpool (Englisches Patent
* Nr. 2259 vom J. 1880) empfiehlt für rotirende Sodaöfen einen Generator, in dessen Doppelwandungen Luft aufsteigt, um
sich erhitzt unmittelbar vor Eintritt in den Sodaofen mit den Generatorgasen zu
mischen und dadurch angeblich eine bessere Verbrennung zu erzielen.
Scheurer-Kestner bespricht in den Comptes rendus, 1881 Bd. 92 S. 878 die Entschweflung der Sodalaugen. Nach seinen Versuchen
begünstigt der von Pauli (vgl. 1880 235 299) vorgeschlagene Zusatz von Mangansnperoxyd die
Oxydation des Sulfides in der That bedeutend, namentlich bei einer Temperatur von
75°. Das Schwefelnatrium wird hierbei zunächst zu Hyposulfit, dann theilweise zu
Sulfat oxydirt; vollkommen findet diese Oxydation zu Sulfat aber nur unter
Mitanwendung des elektrischen Stromes statt.
H. Brünner (Englisches Patent Nr. 5228 vom 22. December
1879) versetzt die Sodalaugen zur Abscheidung von Kieselsäure, Thonerde und Eisen
mit Natriumnitrat oder mit den Oxyden von Zink, Blei, Eisen oder Mangan. Sind
hierdurch die Sulfide zersetzt, so sollen die Laugen zur Abscheidung obiger
Verunreinigungen einem erhöhten Druck ausgesetzt werden.
C. Rammelsberg (Monatsberichte der Berliner Akademie,
1880 S. 777) hat aus Sodalaugen der Schönebecker Fabrik gewonnene rothe und gelbe Krystalle
untersucht. Dieselben bildeten nach dem Umkrystallisiren farblose Octaeder und
entsprach ihre Zusammensetzung der allgemeinen Formel NaF.2Na3RO4.18H2O, wobei R = P und V ist. Aus einer
Lösung von Fluornatrium, vanadinsaurem Natrium, phosphorsaurem Natrium und
Natriumhydrat schied sich eine dem obigen Salz, welches seine gelbe Farbe einem
geringen Gehalt an Schwefelnatrium verdankte, entsprechende Verbindung 6NaF.2Na3PO4.18H2O + NaF.2Na3VO4.18H2O in Octaedern
aus. Von den Rohstoffen der Sodafabrikation können Kochsalz und Schwefelsäure nicht
die Quelle des Phosphors und Vanadins in den Laugen sein; es bleibt nur der
Kalkstein, von dem wir wissen, daſs er sehr häufig phosphorsauren Kalk enthält,
sodann die Steinkohle, deren Asche Phosphor enthält und mit der Beschickung
zusammenschmilzt, endlich der Thon der Steine, welche das Material für die Oefen
liefern. Daſs auch im Thone Phosphorsäure enthalten sein kann, ist schon an und für
sich wahrscheinlich und wird durch mehr als eine Analyse bewiesen. Aber auch ein
Vanadingehalt ist dem Thone nicht fremd, denn Seger
(1878 228 436. 1879 232 162)
hat gefunden, daſs Ziegelsteine mit grünen Flecken Vanadin enthalten, und dem
Verfasser eine Anzahl von daraus dargestellten Vanadinpräparaten mitgetheilt.
Weniger glaubhaft erscheint die Annahme, das Vanadin stamme aus den bei der
Sodafabrikation benutzten eisernen Geräthen. Ueber die Quelle des Fluors bleibt
Verfasser so lange im Dunkeln, bis die Steinkohlenasche und der Kalkstein auf dieses
Element geprüft sind.
Aus den Rohsodalaugen derselben Fabrik schieden sich Krystalle ab, welche Rammelsberg als Gay-Lussit, Na2CO3.CaCO3.5H2O, erkannte.
Die Bildung dieses Salzes ist eine der Ursachen des in der Fabrikation beobachteten
Soda Verlustes.
Ueber Natronverluste in der
Sodafabrikation berichtet im Anschluſs an obige Mittheilung C. Reidemeister (Chemische Industrie, 1881 S. 75) Die
erwähnten Krystalle fanden sich in der Chemischen Fabrik Hermania zu Schönebeck, und zwar auskrystallisirt aus Rohsodalauge in den
Klärkästen, den Rohrleitungen und Pumpen für durch Stehenlassen geklärte
Rohsodalauge, ferner in den Pumpen, welche zu carbonisirende und zum Theil
carbonisirte Rohsodalauge heben; sie scheiden sich während des Carbonisirens aus,
dagegen nicht aus völlig carbonisirter Lauge; ferner sind sie nicht beobachtet in
den Auslaugekästen, in der Pumpe, welche die ungeklärte Rohsodalauge hebt, und in
den zugehörigen Röhren. Später fanden sich die Krystalle von künstlichem Gay-Lussit
auch sehr schön an den Seitenwänden von Pfannen, in welchen Rohsodalauge durch
abfallende Wärme vorgewärmt wurde. Sie finden sich in verschiedenem Grade der
Reinheit; sehr unrein sind diejenigen, welche sich in den Klärkästen für
Rohsodalauge absetzen, da sie naturgemäſs sehr verunreinigt sind durch die in der Rohsodalauge
ursprünglich suspendirten Theilchen von Rohsodarückstand, ferner durch Schwefeleisen
und Eisenoxyd von dem Material der Klärkästen herrührend; reiner sind die Krystalle,
welche sich aus der durch längeres Stehen geklärten Rohsodalauge in den
Rohrleitungen und Pumpen absetzen, ferner diejenigen, welche sich in den zum
Carbonisationsthurme gehörenden Pumpen absetzen.
Da der Kalkgehalt der Rohsodalauge ein sehr geringer ist (0g,08 CaO in 1l
Lauge) und da von dieser geringen Menge sich nur ein Bruchtheil in Krystallen
absetzt, so sind zur Bildung der Krystalle groſse Mengen Rohsodalauge und längere
Zeiträume erforderlich gewesen; das Ausscheiden der Krystalle scheint theils durch
geringere Löslichkeit bei geringerer Temperatur (in den Röhren), theils durch
Erschütterung zu erfolgen (in den Pumpen). Ob auch die Umwandlung des Aetznatrons in
kohlensaures Natrium die Löslichkeit des Kalkes verringert, worauf das Absetzen der
Krystalle in der Pumpe für zum Theil carbonisirte Lauge hindeuten könnte, ist nicht
erwiesen.
Die Verbindung von Na2CO3.CaCO3.5H2O, welche sich in der Sodafabrikation unter günstigen Umständen in Form
von Krystallen ausscheidet, wird sich in nicht auffallender Form in dem
Rohsodarückstande und in dem Kalkschlamm vom Kausticiren der Sodalauge vorfinden und
wird einen Theil des Natronverlustes verursachen. Analog der Beobachtung, daſs beim
Kausticiren von Sodalauge die Natronverluste durch Bildung einer
Kalk-Natronverbindung um so gröſser werden, je weniger verdünnt die Sodalauge
angewendet wird, kann man annehmen, daſs die Bildung des Gay-Lussits bei dem
Auslaugungsprocesse durch Einwirkung des in der Rohsoda enthaltenen Aetzkalkes auf
die Rohsodalauge hauptsächlich so lange stattfindet, als die abflieſsende
Rohsodalauge concentrirt ist. In der Rohsoda selbst ist natürlich die Existenz der
wasserhaltigen Verbindung Na2CO3.CaCO3.5H2O unmöglich; diese Verbindung kann erst durch
Einwirkung des Wassers auf die Bestandtheile der Rohsoda entstehen.
Die Krystalle von Na2CO3.CaCO3.5H2O werden von kaltem Wasser langsam, von heiſsem Wasser schneller zerlegt;
sie werden von auſsen nach innen undurchsichtig weiſs, während kohlensaures Natron
in Lösung geht; eine völlige Lösung der Krystalle in Wasser gelang nicht. Die von
verschiedener Seite beobachtete Thatsache, daſs das unlösliche Natron sowohl des
Rohsodarückstandes, als des beim Kausticiren von Sodalaugen verbleibenden
Kalkrückstandes zum Theil löslich werden kann, sowohl durch Kochen, als durch
längere Einwirkung von kaltem Wasser, dürfte auf die Zersetzbarkeit der Verbindung
Na2CO3.CaCO3.5H2O
zurückzuführen sein (vgl. 1881 240 315).
Aus dem von Heinr. Rose in Poggendorff's Annalen, 1854 Bd. 39 S. 609 über das Verhalten der
wasserfreien Kalknatronverbindung Gesagten scheint eine bekannte Erscheinung bei dem
Rohsodaschmelzprocesse und bei der Auslaugung der Rohsoda erklärt werden zu können.
Wird nämlich eine normal geschmolzene Rohsodaschmelze, welche eine gut auslaugbare
Rohsoda geben würde, im Schmelzofen etwas überhitzt, so wird die Masse
leichtflüssig. Die erkaltete Schmelze zeigt nicht, wie die normale, ein amorphes,
sondern ein krystallinisches Gefüge; sie klingt hell, wenn sie zerschlagen wird,
während gut geschmolzene Rohsoda, wenn sie zerschlagen wird, dumpf tönt. Die
überhitzte Rohsoda laugt sich schwerer aus als die normale. Diese Punkte erklären
sich, wenn man annimmt, daſs bei der überhitzten Rohsoda fertig gebildetes
kohlensaures Natron sich mit überschüssigem kohlensaurem Kalk zu leichtflüssigem
Kalk-Natroncarbonat vereinigt, welches beim Erkalten krystallinische Structur zeigt
und sich schwerer auslaugt als ein nicht zusammengeschmolzenes Gemisch beider
Carbonate. Wird die etwas überhitzte Rohsoda im Schmelzofen noch stärker überhitzt,
so wird die erhaltene Rohsoda roth, die daraus entstehende Rohsodalauge enthält dann
viel Schwefelnatrium; diese rothe Rohsoda klingt ebenfalls beim Zerschlagen und löst
sich noch schwieriger als die weniger überhitzte.
Wenn die hier versuchte Erklärung richtig ist, so liegt die Temperatur, bei welcher
nach dem Leblanc-Processe das kohlensaure Natron gebildet wird, etwas unter der
Temperatur, bei welcher kohlensaurer Kalk mit kohlensaurem Natron zusammenschmilzt;
es ist, um eine leicht auslaugbare Rohsoda zu erhalten, rathsam, die Temperatur der
Schmelze nicht über den Schmelzpunkt des wasserfreien Natrium-Calciumcarbonates zu
bringen; eine Ueberhitzung der Schmelze ist an der Structur der Rohsodabrode
ersichtlich.
Denselben Gegenstand haben W. Smith
und T. Liddle in der Chemical
News, 1881 Bd. 43 S. 7 bearbeitet (vgl. 1881 240
315). Schon A. Wright fand, daſs die Bildung von
Natriumcalciumcarbonat einen groſsen Theil des etwa 20 Procent betragenden
Gesammtverlustes an Na2O darstellt, und zwar gehen
von der Auslaugung verloren:
Unzersetztes Natriumsulfat
3,49 Proc.
Unlösliche Natriumverbindungen
5,44
Durch Verdampfung von Natriumverbindungen
1,14
Während
und nach der Auslaugung:
Lösliches Alkali in der Sammelgrube
3,61
Anderweitige Verluste
6,56
–––––––––
Gesammtverlust
20,24 Proc.
Durch besondere mit der Rohasche angestellte Auslaugeversuche zeigte Wright ferner, daſs nach etwa 6 stündigem Kochen mit
Wasser die unlösliche Natrium Verbindung zersetzt wurde. Bei gleicher Behandlung der
in den Auslaugekästen erschöpften Massen konnten denselben nur 3,81 von den 5,08
Proc. vorhandenen unlöslichen Soda entzogen werden.
Mit der Menge des Kalkes in der Schmelze wuchs auch die Menge des unlöslich werdenden
Natrons, eine Beobachtung, welche auch von Scheurer-Kestner bestätigt wird. Bei den von den Verfassern hierüber
angestellten Versuchen gab ein bei 60° eine Stunde lang mit Wasser behandelter
Sodarückstand 0,22 Proc. Na2O ab, während sich der
Gesammtgehalt an Natron auf 2,4 Proc. belief. Eine andere Probe ergab 0,31 Proc.
lösliches bei 2,22 Proc. Gesammtnatron. Dem beim Kausticiren des Natrons bleibenden
Kalkschlamm lieſs sich durch Wasser noch 2,62 Natron entziehen, entsprechend 3,84
Procent der trockenen Masse, während es in unlöslicher Form 2,5 bis 3 Proc.
enthielt. Aus ihren umfassenden Versuchen schlieſsen die Verfasser, daſs beim
Kausticirungsproceſs die im Kalkschlamme unlöslich bleibende Soda dem
Fabrikationsprocesse nicht entzogen wird, wenn der Kalkschlamm bei der Herstellung
der Sodamischung Verwendung findet, wogegen da, wo eine solche Verwendung
ausgeschlossen ist, wie in Seifenfabriken, durch den Schlamm ein Verlust von etwa
7,5 Proc. Soda erwächst, bezogen auf den trockenen Schlamm. Wenn man bei der
Herstellung der Mischung von Rohsoda die zulässig geringste Menge von Kalk anwendet,
so wird in dem nach dem Auswaschen erhaltenen unlöslichen Sodarückstande eine
entsprechend geringere Menge Soda verloren gehen.