Titel: Conservirung der Hölzer durch Kupfervitriol.
Fundstelle: Band 242, Jahrgang 1881, S. 444
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Conservirung der Hölzer durch Kupfervitriol. De Lafollye, über Conservirung der Hölzer durch Kupfervitriol. Stellt man zur Jahreszeit, in welcher der Holzsaft in dem lebenden Baume emporsteigt, einen Zweig weichen Holzes, an dessen äuſserstem Ende man ein Büschel stehen läſst, in eine conservirende Flüssigkeit, so tritt diese bald an die Stelle des verdunstenden Holzsaftes und schützt dadurch das Holz gegen die Verwesung. In diesem Vorgange liegt das Princip, auf welches Boucherie's bekanntes Verfahren sich gründet. Unmittelbar, nachdem der Baum geschlagen und seiner Zweige beraubt worden ist, bringt man an der unteren Schnittfläche eine Kammer an und verbindet diese mit einem etwas höher gelegenen Behälter, in welchem sich eine 1 procentige Kupfervitriollösung befindet. Der durch den Druck der antiseptischen Flüssigkeit verdrängte Saft flieſst an dem freien Ende des Stammes aus und ist nach einer Zeit, welche je nach der Beschaffenheit des Holzes und dem Alter des Baumes wechselt, durch die conservirende Flüssigkeit vollständig ersetzt. De Lafollye (Bulletin de la Société d'Encouragement, 1881 Bd. 8 S. 422) hatte nach Boucherie's Verfahren nur harzhaltige Hölzer zuzurichten, welche der Durchdringung mehr wiederstehen als die gewöhnlichen weichen Holzgattungen. Inzwischen geht auch hier der Proceſs in gewünschter Weise vor sich, wenn man die Schnittfläche, wo die Flüssigkeit eintritt, von Zeit zu Zeit durch Hinwegnahme einer dünnen Holzschicht erneuert. Zur Zeit der ersten Anwendung des Boucherie'schen Verfahrens auf Telegraphenstangen i. J. 1846 beschränkte sich Verfasser darauf, dieselben, das dicke Ende nach oben gekehrt, aufrecht zu stellen und das letztere mit einem kupfernen oder bleiernen Behälter zu umgeben. Dieser Behälter hatte die Form eines abgestumpften, an beiden Enden offenen Kegels, war auf das dicke Ende der Stange mittels Thon gekittet und wurde, nach Maſsgabe des Eindringens der Flüssigkeit in das Holz, beständig aufgefüllt. Zu jener Zeit waren die Telegraphenstangen klein; sie bestanden aus gutem, etwa 20 jährigem Holz und ihre Zurichtung nahm 2 oder 3 Tage, die Nacht eingerechnet, in Anspruch. Als es sich jedoch später darum handelte, Stangen zu behandeln, welche 8 bis 10m lang und an ihrem unteren Ende unter der Rinde 20 bis 24cm dick waren, muſste man in anderer Weise vorgehen. Man legt nämlich die Bäume horizontal neben einander, indem man die dicken Enden in dem Rande einer geneigten Rinne einbettet, welche dazu bestimmt ist, die etwa entweichende Flüssigkeit zu sammeln. Den Schnittflächen gegenüber wird ein dickes Brett, die sogen. Platform, an den Baum geschraubt und zwischen diesem Brett und der Schnittfläche durch Anziehen der Muttern ein starker Kautschukring eingeklemmt, wodurch man eine hinreichend wasserdichte Kammer erhält. In diese Kammer gelangt die Flüssigkeit durch eine an dem Brette angebrachte hölzerne Rohrleitung, welche durch eine Kautschukröhre von geringem Durchmesser aber hinreichender Wanddicke, um den Druck von 1at auszuhalten, mit einem langen horizontalen Kupferrohre in Verbindung steht; letzteres ist mit der erforderlichen Anzahl von Rohrstutzen versehen und steht selbst mit einem höher gelegenen geräumigen Behälter in Verbindung, dessen Höhe über den zu imprägnirenden Stämmen mit dem Widerstand wechselt, den das Holz dem Eindringen der Kupfervitriollösung entgegensetzt. Man nimmt an, daſs diese Höhe 8m nicht übersteigen darf, obgleich ein positiver Nachtheil gröſserer Höhen nicht mit Bestimmtheit nachgewiesen ist. Bei 30 bis 40 jährigen Stämmen geht die Imprägnirung langsam vor sich; es sind 8 bis 10 Tage dazu erforderlich, so daſs ein für die Zurichtung von täglich 30 Stämmen eingerichteter Holzplatz Raum für 300 in der Behandlung befindliche Stämme haben muſs. Die Bütten, worin die Flüssigkeit zubereitet wird, sind am Fuſse des Gerüstes, welches den Speisebehälter trägt, angeordnet. Man läſst den kohlensauren Kalk, welcher durch den Kupfervitriol gefällt wird nebst den im Wasser befindlichen Unreinigkeiten sich setzen. Nachdem sich die Lösung geklärt hat, wird sie in andere in den Boden eingegrabene Bütten decantirt und von da durch eine kupferne Druckpumpe in den Speisebehälter gehoben. Ist der letztere hinreichend geräumig, so dient dies wesentlich zur Vereinfachung des Nachtdienstes. Nichts desto weniger ist eine regelmäſsige Aufsicht nothwendig, nicht allein wegen der Abnahme und Wiederbefestigung der Vertheilungsröhren oder Verstopfung etwaiger Lecke, sondern auch um die Speisung im Gang zu erhalten, da eine Stockung derselben den Erfolg der Arbeit sehr beeinträchtigen würde. Ist die Imprägnirung eines Stammes vollendet, so tritt aus dem dünnen Ende mit dem verdrängten Holzsaft eine beträchtliche Menge Flüssigkeit von vermindertem Gehalte und bei harzhaltigen Stämmen eine kleine Menge von Harz und sonstigen organischen Substanzen Es wäre wünschenswerte, den auf diese Weise verlorenen Kupfervitriol zu sammeln und zu reinigen; doch läſst sich dies ohne viel Umstände und Kosten nicht ausführen. Um zu ermitteln, wie sich der die Hölzer durchdringende Kupfervitriol selbst hält, stellte Verfasser i. J. 1865 vergleichende Analysen mit frisch zugerichteten, im Dienste und in verschiedenen Stadien der Zersetzung befindlichen Hölzern an. Danach enthalten die frisch behandelten Hölzer eine groſse Menge freien Kupfervitriols. Bei ihrer Verwendung, insbesondere aufrecht in den Boden gestellt, verlieren sie dasselbe nach und nach, ohne sich indessen zu verändern, und man trifft öfters Telegraphenstangen, welche nach langem Gebrauche keine Spur freien Sulfates mehr zeigen und sich dennoch in ausgezeichnetem Zustande befinden. Diese Beobachtung möchte zu der Annahme führen, daſs nicht das freie Salz allein das conservirende Element ist, sondern daſs im Gegentheil die antiseptische Wirkung eher durch eine gewisse Menge in den Holzzellen gebundenen Kupfervitriols erzeugt wird. Und so verhält es sich in der That. Wenn man ein Stück imprägnirten Holzes zu Mehl zerreibt, so läſst sich durch Auswaschen der darin enthaltene freie Kupfervitriol sehr leicht vollständig ausscheiden. Aeschert man alsdann das Mehl ein und behandelt die Asche mit einer Säure, so findet man in der Flüssigkeit eine neue Menge Kupfer. Sucht man aber den Kupfervitriol in einem bereits in Zersetzung begriffenen Holze, so findet man nicht nur keinen freien, sondern es stellt sich auch heraus, daſs die Menge des gebundenen sich in dem Maſs vermindert, in welchem der Zersetzungsproceſs fortschreitet. Was speciell die Telegraphenstangen betrifft, so sind junge Bäume leichter zu imprägniren und halten sich besser als ältere. Eine Anzahl ums J. 1850 imprägnirter kleinerer Telegraphenstangen sind z.B. noch heute in Gebrauch, während dicke Stämme schwerlich über ein Dutzend Jahre halten. Auch das letztere ist schon ein sehr gutes Resultat; denn die nämlichen Hölzer dauern unter gleichen übrigen Umständen keine 2 Jahre, wenn sie nicht imprägnirt sind. Die Imprägnirung weicher Hölzer während der Jahreszeit des emporsteigenden Saftes und unmittelbar nach dem Schlagen, ist demnach ein sicheres Mittel der Conservirung. Trockene Hölzer werden in geschlossenen Behältern behandelt, indem man letztere möglichst luftleer macht und dann die Kupfervitriollösung einströmen läſst. Die Flüssigkeit dringt auf diese Weise sehr gut in die Poren des Holzes. Da die Menge des aufgenommenen Salzes um so reichlicher ist, je trockener das Holz, so hält sich dieses so lange, als das Salz nicht durch den Regen herausgewaschen ist.