Titel: Untersuchungsmethoden für Sodafabriken.
Fundstelle: Band 243, Jahrgang 1882, S. 418
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Untersuchungsmethoden für Sodafabriken. Mit Abbildungen. Untersuchungsmethoden für Sodafabriken. Nach dem Bericht an die Generalversammlung des Vereines deutscher Sodafabrikanten von G. LungeSonderabdruck aus der Chemischen Industrie, 1881 Nr. 11, vom Verfasser gef. eingeschickt. hat derselbe, unter Mitwirkung einer vom Verein ernannten Commission, die für Sodafabriken erforderlichen Untersuchungsverfahren kritisch gesichtet, zweifelhafte Angaben durch gemeinschaftliche Untersuchungen mit H. Schäppi klar zu stellen gesucht, um so die zur Abfassung eines Taschenbuches für Sodafabrikanten erforderlichen Grundlagen zu schaffen. Bezüglich der Untersuchung von Brennstoffen wird das Verfahren von J. Löwe empfohlen, nach welchem man zur Abhaltung der Feuergase den Platintiegel in ein passendes rundes Loch eines thönernen Tiegeldeckels o. dgl. steckt, welchen man über einem Bunsen'schen Brenner schief aufstellt, so daſs die Verbrennungsgase unten abströmen, während oben die Luft in den Tiegel dringt und die Kohle verascht. Den Thondeckel ersetzte Lunge mit bestem Erfolg durch ein Stück Asbestpappe, in welcher ein solches Loch mit dem Federmesser eingeschnitten werden kann. Von der Berthier'schen Heizprobe wird mit Recht Abstand genommen.Vgl. Ferd. Fischer: Chemische Technologie der Brennstoffe, (Braunschweig 1880) S. 114 und 129. Zur Untersuchung der Rauchgase genügt die Bestimmung von Kohlensäure, Kohlenoxyd und Sauerstoff (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1880 * S. 231). Für die Bestimmung des Wasserstoffes und der Kohlenwasserstoffe fehlt augenblicklich noch für kleine technische Anlagen ein passender Apparat.Ohne Quecksilberwanne wird man derartige Untersuchungen wohl nicht genau ausführen können (vgl. 1880 237 * 387.)F. Als Anemometer empfiehlt Verfasser den neuen Zugmesser von Fletcher. Zu den besten Pyrometern werden gezählt das Thalpotasimeter von Schäffer und Budenberg und das Graphitpyrometer von Steinle und Härtung (1878 230 * 321); aber auch diese Instrumente bedürfen jedenfalls von Zeit zu Zeit der Controle bezieh. Rectification. Diese wird sich am leichtesten durch einen einfachen calorimetrischen Versuch, z.B. mit F. Fischers Calorimeter (vgl. 1877 225 * 467.1878 230 322) ausführen lassen; für die regelmäſsige Betriebscontrole wäre die calorimetrische Methode zu umständlich. F. H. Weber hat speciell für technische Zwecke ein Instrument construirt, welches auf Grund der Veränderung des Leitungswiderstandes eines Platindrahtes Temperaturdifferenzen mit derselben Leichtigkeit und Schnelligkeit wie ein Thermometer aber bis zur Glühhitze zu messen gestattet, d. i. das Princip des Siemens'schen Pyrometers, aber in weit handlicherer, billigerer und für die Praxis brauchbarerer Form. Die Anfertigung dieses Instrumentes ist schon in die Hand genommen und werden weitere Mittheilungen darüber in Aussicht gestellt. Bestimmung von Stickoxyd in den Kammeraustrittgasen. Während die Methoden zur Bestimmung der meisten aus den Schwefelsäurekammern entweichenden Gase, namentlich des Sauerstoffes und der Säuren des Schwefels und Stickstoffes, hinreichend ausgebildet sind, fehlt es noch an einer brauchbaren Methode für Bestimmung des Stickoxydes und Stickoxyduls (vgl. 1882 243 * 56). Daſs Stickoxyd in den Kammeraustrittgasen wirklich vorkommt, ist schon mehrfach nachgewiesen worden (vgl. G. Lunge: Soda-Industrie, Bd. 1 S. 423. Bd. 2 S. 956 und 966); selbst bei Ueberschuſs an Sauerstoff, wie derselbe ja jedenfalls vorhanden sein soll, ist doch die Vermischung der Gase in den Kammern, Thürmen und Leitungsröhren nie so vollständig, daſs nicht local auch etwas Stickoxyd übrig bleiben und schlieſslich aus dem Kamin entweichen kann. Noch viel leichter wird dies der Fall sein, wenn man nach dem Vorschlage von Lasne und BenkerEinige Fabrikanten sollen das Princip desselben schon früher angewendet haben, welches auch in Schwarzenberg's Werk S. 396 angedeutet ist, obwohl Lunge die dort sowie von Lasne und Benker gegebene Erklärung auf Grund seiner Versuche unbedingt als unrichtig ansehen muſs. (1882 243 56) Schwefligsäure in den Gay-Lussac-Thurm eintreten läſst, um Untersalpetersäure zu Salpetrigsäure zu reduciren, wobei sicher sehr leicht die Reduction zu weit gehen und Stickoxyd gebildet werden wird. Von den vorgeschlagenen Methoden zur Bestimmung desselben (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1880 S. 230) gaben den besten Erfolg die directe Absorption des Stickoxydes durch Chamäleonlösung, Zusatz von Eisenvitriollösung und endliches Austitriren mit Chamäleon. Nach einer Reihe von Versuchen zeigte sich für die Absorption am meisten zweckentsprechend der in Fig. 1 skizzirte Apparat, welcher auf dem Princip der Pettenkofer'schen Röhre beruht, aber bei groſser Länge der Absorptionssäule handlicher und für das Ein- und Ausfüllen bequemer ist. Ein Rohr von 8 bis 10mm lichter Weite ist in solcher Weise gebogen, daſs die Entfernung von a bis b 50cm und von a bis c 10cm beträgt. Fig. 1., Bd. 243, S. 420 Nimmt man das Rohr zu eng, so reiſsen die Gasblasen die ganze Flüssigkeit mit; bei der angegebenen Weite folgen sie sich in regelmäſsigen Zwischenräumen bis c, wobei die Flüssigkeitsoberfläche sich fortwährend erneuert. Bei gröſserer Weite muſs man zu viel Flüssigkeit anwenden. Es zeigte sich nun, daſs neutrale Chamäleonlösung in einem solchen Rohre Stickoxyd leicht und gut absorbirte, aber unter Ausscheidung von Mangandioxyd, welches sich fest an das Glas anlegte und ein Zurücktitriren unthunlich machte. Dieser Uebelstand tritt nicht ein, wenn man die Chamäleonlösung mit Schwefelsäure ansäuert; es genügt, auf die 30 bis 40cc Halbnormallösung, welche das Rohr faſst, 1cc Schwefelsäure von 1,25 sp. G. zuzusetzen. Man ermittelt den Wirkungswerth des Chamäleons gegenüber einer stark sauren Eisenvitriollösung, wie man sie sonst zur Braunsteinbestimmung u. dgl. anwendet, indem man z.B. 30cc Chamäleon mit 50cc der Eisenlösung versetzt und den Ueberschuſs der letzteren mit Chamäleon bis zur Rosafärbung zurücktitrirt. Wenn man nun wieder 30cc in das Absorptionsrohr gibt, das zu untersuchende Gasgemenge durchleitet, die Röhre entleert, nachspült, 50cc Eisenlösung zusetzt und wieder mit Chamäleonlösung austitrirt, so entspricht die Differenz der beiden zum Zurücktitriren gebrauchten Chamäleonmengen dem Stickoxyd. Analyse von Salpeter mittels des Nitrometers. Die Bestimmung der Stickstoffsäuren nach Crum's Verfahren hat sich, seitdem sie durch das von Lunge construirte Nitrometer (1878 228 * 447) zu einer einfachen Operation geworden ist, in den Schwefelsäure-, Salpetersäure-, Nitroglycerinfabriken u.a. allgemein eingebürgert, wo es sich um die Analyse von Säuregemischen, Nitrose u. dgl. handelt. Diese Methode ist so bequem und genau befunden worden, daſs man den Wunsch aussprach, das Nitrometer in der Art abzuändern, daſs man dasselbe auch zur directen Bestimmung der Salpetersäure im Salpeter benutzen könne. Bekanntlich wird in den meisten Fällen keine solche Bestimmung gemacht, sondern nur die Beimengungen (Wasser, Unlösliches, Chlor, Schwefelsäure) werden bestimmt und als „Refraction“ in Abzug gebracht; alles Uebrige wird als Salpeter angesehen. Von den vielen Methoden zur directen Salpetersäurebestimmung hat sich keine hinreichend genau und zugleich bequem erwiesen, um sich allgemeineren Eingang in den Fabriken verschaffen zu können. Das Nitrometer ist in der ihm bisher gegebenen Gestalt, welche es auch in Zukunft als Nitrometer für Säuren beibehalten wird, nicht geeignet zur Analyse von Salpeter, weil es höchstens 50cc Gas faſst. Es läſst sich aber leicht so abändern, daſs es zu dem letzteren Zwecke sehr gut tauglich wird. Die Textfigur 2 zeigt die Gestalt, welche Verfasser ihm nach einigen Versuchen gegeben hat. Das Instrument wird von E. Leybold's Nachfolger in Köln als Nitrometer für Salpeter geliefert. Fig. 2., Bd. 243, S. 421 Fig. 3, Bd. 243, S. 421 Einlauftrichter a und Dreiweghahn b sind ganz wie bei dem früheren Instrumente eingerichtet, jedoch namentlich der Hahn sehr dickwandig. Die 100cc fassende dickwandige Kugel c setzt sich in das Rohr de fort, dessen Theilung bei d mit dem Striche 100 beginnt und bis 140cc geht. Auf der anderen Seite trägt das Standrohr unten eine ebenfalls 100cc fassende Kugel f, darüber ein Rohr gh in gleicher Weite wie de und ebenfalls in Cubikcentimeter getheilt. Um die schwere Quecksilbermasse zu tragen, construirte Lunge einen eigenen Halter, der sich sehr gut bewährt hat. Es ist ein Arm i (Fig. 3), an einer verticalen Stange durch einen seitlich aufgeschnittenen Muff stellbar, vorn in einen mit Kork gefütterten Ring auslaufend, welcher so weit ausgeschnitten ist, daſs man die Röhren de bezieh. gh leicht ein- oder ausschieben kann. Während des Gebrauches ist der Ring vorn durch das bewegliche Stück k geschlossen, welches mit runden Vorsprüngen in entsprechenden Nuthen des Ringes läuft und nach unten, wie die Seitenansicht k1 zeigt, sich etwas verengert, so daſs es nicht herausfallen kann. Die Operation ist folgende. Man wiegt so viel Salpeter ab, daſs derselbe bei der herrschenden Temperatur und dem mittleren Barometerdrucke über 100, besser 110 bis 120cc Gas abgeben wird. Im Sommer beträgt dies in Zürich bei Natronsalpeter etwa 360, bei Kalisalpeter etwa 440mg. Da der Salpeter nur wenige Procent Verunreinigungen zu enthalten pflegt, so wird man ohne Schwierigkeit den Punkt treffen, wo das entwickelte Gas zwischen den Punkten d und e abzulesen ist. Man wiegt die Substanz in einem engen Röhrchen, leert dasselbe in den Becher a aus, so daſs die Substanz ganz auf den Boden des Bechers kommt, und wiegt später das Röhrchen zurück. Nun spritzt man etwa 1cc Wasser in den Becher und wartet einige Augenblicke, bis der Salpeter gröſstentheils zergangen ist. Bei Kalisalpeter tritt dies nur unvollständig ein; man braucht es aber nicht abzuwarten, denn wenn man den Hahn b vorsichtig dreht, so spült das darüber stehende Wasser das ungelöste Salz rein hindurch. Es ist kaum nöthig zu sagen, daſs vorher der Hahn b so gestellt gewesen sein muſs, daſs keine seiner Bohrungen mit a in Verbindung steht. Man spült mit einigen Tropfen Wasser nach und läſst sodann etwa 15cc concentrirte reine Schwefelsäure nachlaufen. Natürlich wird viel Wärme frei und die Gasentwicklung beginnt bald. Sie wird wie gewöhnlich durch Schütteln beendigt, was sehr gut geht, so lange noch Quecksilber in c steht. Schlieſslich ist das Quecksilber nach f hinüber gedrängt und steht theilweise in gh. Man läſst mindestens ½ Stunde, besser 1 Stunde stehen, damit das Instrument die Temperatur des Raumes annimmt, und stellt nun die Röhren ein, um ablesen zu können. Die Säureschicht auf dem Quecksilber in de ist ziemlich hoch; aber wenn man das Quecksilber in gh um so viel höher als in ed stellt, daſs auf je 7 Theilstriche der Säure zu letzterem 1 Theilstrich Quecksilber in gh zugegeben wird, so wird man das Gas so gut wie genau unter Atmosphärendruck gebracht haben. Um ganz sicher zu gehen, gieſst man etwas Schwefelsäure in den Becher a und öffnet vorsichtig den Hahn b. Jetzt soll nur so viel Säure in das Rohr einflieſsen, als dem Ueberdrucke der Säure in a entspricht; die übrige Säure wird durch Capillarität im Hahnrohr festgehalten, wenn nicht das Rohr fgh zu tief stand. Bei vorsichtigem Oeffnen von b sieht man schon an der zu groſsen Schnelligkeit des Einlaufens der Säure, ob letzteres der Fall war, und kann durch sofortiges Schlieſsen von b den Versuch retten. Im Uebrigen ist die Handhabung ganz wie bei dem Nitrometer für Säuren. Die Genauigkeit der Methode ist befriedigend. Chloride stören gar nicht, und organische Substanzen, wie sie etwa hier vorkommen können, beeinflussen ebenfalls das Resultat nicht. Es ist mithin dieses Instrument zur directen, äuſserst schnellen und dabei genauen Bestimmung der Salpetersäure im Salpeter zu empfehlen, nicht nur für Schwefelsäure-, sondern auch für Düngerfabriken, agriculturchemische Stationen u. dgl. Die nöthige Reduction des gefundenen Gasvolumens auf 0° und 760mm Druck wird ja durch die von Lunge berechneten Tabellen (vgl. 1879 231 522) sehr erleichtert. Zur Prüfung der Salzsäure auf Schwefelsäuregehalt hatte Lunge schon vor einer Reihe von Jahren eine Art colorimetrische Methode vorgeschlagen, beruhend auf einer Schätzung der durch Chlorbarium hervorgerufenen Trübung. Er hat diesen Gegenstand jetzt einer eingehenden Untersuchung unterzogen, wonach er jedoch diese Methode nicht zur allgemeinen Einführung in den Fabriken empfehlen kann. Man wird daher auf die Fällung mit Chlorbarium zurückkommen; doch muſs man die Abstumpfung der freien Säure beobachten, ohne welche man erhebliche Mengen von Schwefelsäure in der Salzsäure ganz übersehen und das Resultat viel zu niedrig finden würde. Auch darf man nicht mit Ammoniak abstumpfen, weil das Bariumsulfat in Salmiak mindestens ebenso löslich ist wie in freier Salzsäure, sondern nur mit reiner, Schwefelsäure freier Natronlauge oder kohlensaurem Natron. Chlornatrium übt keine lösende Wirkung auf Bariumsulfat aus. Da bei der Prüfung der Salpetersäure auf Eisengehalt ein Titriren nicht thunlich ist, so versuchte Verfasser auf colorimetrischem Wege mittels Rhodankalium zu arbeiten. Alle Versuche schlugen jedoch fehl, weil die rothe Färbung zu schnell ausbleichte. Man wird also wohl auf die Fällung des Eisens mit Ammoniak, Abfiltriren und Glühen zurückkommen und, da dies bei den geringen Mengen von Eisenoxydhydrat ungemein schnell vor sich geht, diesen Gang vielleicht auch bei Salzsäure dem Titriren mit Chamäleon vorziehen, welches ja wegen der nothwendigen Reduction immerhin etwas umständlich ist. Die anderen volumetrischen Eisenbestimmungen bieten keine gröſseren Vortheile dar. Indicatoren für Alkalimetrie. Schon vor längerer Zeit hatte Lunge (1879 231 192) an Stelle des Lackmus als Indicator für die Alkalimetrie das Dimethylanilinorange (damals bekannt als Orange III von Poirrier) empfohlen. Man kann damit kohlensaure Alkalien in der Kälte ganz scharf austitriren; auch Schwefelalkalien stören die Reaction durchaus nicht, da der Schwefelwasserstoff den Farbstoff ebenso wenig wie die Kohlensäure verändert; unterschwefligsaure Salze wirken ebenfalls nicht ein. Als Probesäure darf man nicht Oxalsäure, sondern nur Mineralsäuren anwenden. Verfasser hat verschiedene Indicatoren mit einander verglichen, findet jedoch immer noch, daſs der oben genannte Farbstoff (von Th. Schuchardt in Görlitz) allen anderen vorzuziehen ist. Die groſse Ersparniſs an Zeit, gar nicht von derjenigen an Brennmaterial zu reden, beim Titriren von Rohsoda, calcinirter Soda und in allen anderen Fällen, wo man die Operation bei Lackmus nur durch Kochen beenden kann, wird Jedem, der sich einmal dieses Verfahrens bedient hat, so in die Augen springen, daſs er wohl kaum zu Lackmus zurückgreifen wird. Der etwas hohe Preis des Methylorange ist kein Hinderniſs, da wenige Gramm davon für Jahre ausreichen und es dadurch viel billiger als Lackmus zu stehen kommt. Man kann dabei auch ohne die mindeste Unbequemlichkeit die Normalnatronlauge durch eine so viel sicherer herzustellende und im Gebrauch angenehmere Lösung von kohlensaurem Natron ersetzen. Man darf übrigens mit Methylorange nur in der Kälte arbeiten, was beim Gebrauche zu berücksichtigen ist, und soll von der wässerigen Lösung nur ganz wenig zusetzen. Für die Bestimmung von Aetzalkalien neben kohlensauren Alkalien und von Aetzkalk sind bis jetzt hauptsächlich zwei Methoden üblich, nämlich die Fällung mit Chlorbarium und Bestimmung der Alkalinität des Filtrates oder aber Titrirung des niedergeschlagenen Bariumcarbonates, ferner die Austreibung und directe Bestimmung der Kohlensäure. Letztere Methode ist viel umständlicher als erstere, wird aber von Manchen vorgezogen, weil die Chlorbariummethode nur dann richtige Resultate ergibt, wenn man mit aller Sorgfalt den Einfluſs der Luft-Kohlensäure abhält, worauf in Fabriklaboratorien nicht stets hinreichend geachtet wird. Es ist nun von Degener (Zeitschrift des deutschen Vereines für Rübenzuckerindustrie) 1881 S. 357) ein neues Reagens empfohlen worden, das gestatten soll, Aetzalkalien für sich zu titriren, indem es Salze derselben, selbst mit Kohlensäure, anders als freie Alkalien färbt. Zur Herstellung dieses sogen. Phenacetolins soll man gleiche Molecüle Phenol, concentrirte Schwefelsäure und Essigsäureanhydrid längere Zeit am Rückfluſskühler erhitzen. Nach mehrmaliger Behandlung mit kaltem Wasser verbleibt das Phenacetolin als eine in heiſsem Wasser leichter lösliche braune Substanz und eine darin schwerer lösliche grüne Substanz zurück. Beide sollen sich als Indicatoren eignen, die erstere jedoch etwas besser; man wendet sie in alkoholischer Lösung an. Bei der Darstellung in Lunge's Laboratorium (Th. Schuchardt in Görlitz wird diese für den Handel besorgen) wurde mehrere Stunden am Rückfluſskühler erhitzt, das Product dann mit kaltem Wasser so lange ausgezogen, bis alle freien Säuren entfernt waren, und der Rückstand mit Wasser ausgekocht. Eine Trennung der braunen und grünen Substanz gelang nicht und scheint auch gar nicht nöthig; es wurde vielmehr die ganze Flüssigkeit zur Trockne eingedampft und der Rückstand in Alkohol aufgelöst. Die dunkelgrüne Flüssigkeit wurde als Indicator angewendet und zeigte sich ebenso brauchbar als ein von Th. Schuchardt dargestelltes rein braunes Phenacetolin. Nach Degener löst sich das Phenacetolin in Aetzalkalien mit blaſs-gelber Farbe, mit kohlensauren Alkalien und alkalischen Erden bildet es sattrothe Verbindungen. Wenn man z.B. zu einem Gemisch von Bariumhydrat und kohlensaurem Barium einige Tropfen Phenacetolinlösung setzt und allmählich verdünnte Säure zufügt, so wird die Farbe nach und nach intensiver roth, blaſst aber wieder ab. Sobald jedoch aller Aetzbaryt verschwunden ist und die Säure den kohlensauren Baryt anzugreifen beginnt, vermehren 1 bis 2 Tropfen der Säure die Intensität der Farbe nicht mehr, veranlassen vielmehr ihr momentanes gänzliches Verschwinden; doch tritt nach wenigen Secunden die rothe Färbung wieder ein, weil gegen Ende der Reaction der Indicator vorübergehend auch das rothe Salz bilden soll, welches aber durch noch vorhandenen Aetzbaryt wieder zersetzt wird. Zuletzt ist nur noch so viel von letzterem vorhanden, um das rothe saure Salz des Phenacetolins zu bilden, dessen geringe Menge durch wenige Tropfen verdünnter Säure zersetzt wird. Das dadurch veranlaſste augenblickliche Verschwinden der Farbe hält an, bis sich das zersetzte Salz neu gebildet hat, immerhin lange genug, um eine genaue Beobachtung zuzulassen. Wenn die Reaction sich ihrem Ende nähert, so setzt sich das suspendirte kohlensaure Salz lebhaft roth gefärbt rasch und vollständig zu. Boden und erscheint von einer farblosen Lösung bedeckt, während vorher die gesammte Flüssigkeit röthlich gefärbt erschien. Um nach dieser Methode z.B. gebrannten Kalk schnell zu untersuchen, wiegt man 100 bis 150g ab, löscht vollständig, bringt den Brei in einen Halbliterkolben, füllt zur Marke auf, pipettirt unter Umschütteln 100cc heraus, läſst dies in einen Literkolben flieſsen, füllt auf und nimmt von dem gut gemischten Inhalt jedesmal 25cc zur Untersuchung. Man läſst diese Menge in eine Porzellan schale laufen, setzt einige Körnchen gefällten kohlensauren Kalk zu, dann etwas von dem Indicator und titrirt unter stetem Umrühren mit Normalsalzsäure; je 1cc der letzteren entspricht 0g,028 CaO. Wenn man auch den kohlensauren Kalk mit bestimmen will, so zersetzt man ihn warm mit überschüssiger Säure und titrirt diese mit Alkali zurück. Ist Magnesia zugegen, so ist die Reaction ebenfalls mit Sicherheit zu beobachten; nur hält die Abblassung etwas kürzere Zeit vor. Will man in rohem Aetznatron oder Aetzkali den Gehalt an reinem Aetzalkali neben kohlensaurem Salz bestimmen, so muſs man eine Lösung der Producte in der Siedehitze mit so viel Chlorbarium behandeln, daſs alles kohlensaure Alkali in kohlensaures Erdalkali verwandelt wird. Durch Subtraction des so bestimmten von dem durch Titriren auf Gesammtalkali erhaltenen Werthe erhält man das kohlensaure Alkali. Die von Degener angeführten Beleganalysen geben keineswegs wissenschaftlich scharf zu nennende Resultate, beweisen aber immerhin, daſs diese Methode zur Untersuchung von gebranntem Kalk auf Aetzkalk für technische Zwecke mindestens ebenso brauchbar ist als die von Seyferth modificirte Scheibler'sche Methode (Umwandlung des Aetzkalkes in Zuckerkalk), welche letztere den Nachtheil hat, 12stündige Digestion zu erfordern. Wenn man also eine schnelle technische Methode für diesen Zweck sucht, so dürfte Degener's Phenacetolin zu empfehlen sein. Die Beobachtung des Farbenwechsels ist nach Lunge nicht so umständlich, wie es scheinen könnte; man setzt die Probesäure zu, so lange die an der Einfallstelle gelb werdende Flüssigkeit sofort wieder roth wird. Wenn das Rothwerden einige Secunden auf sich warten läſst, liest man ab und setzt wieder zwei Tropfen Säure zu; bleibt die Flüssigkeit jetzt gelb, so war die vorige Ablesung richtig; wird sie wieder roth, so war es noch zu früh. Das Verfahren ist für Aetzkalk sehr bequem und in wenigen Minuten auszuführen. Kaum genügend sind dagegen die Resultate von Degener's wenigen Versuchen für die Bestimmung von Aetznatron in kaustischer Soda. Lunge fand ferner, daſs es unnöthig ist, die verschiedenen Rothfärbungen und Abblassungen abzuwarten, wenn man das Chlorbarium ganz fortläſst und direct mit einer Lösung von käuflicher kaustischer Soda arbeitet, welche stets NaOH und Na2CO3 neben einander enthält. Dabei fand er, daſs das Phenacetolin sich nicht nur als Reagens auf Aetzalkali, sondern durch eine neue Farbenreaction auch auf Gesammtalkali gebrauchen läſst. Zu der alkalischen Lösung wurden einige Tropfen des Indicators gesetzt; sie soll dadurch kaum merklich gelblich gefärbt werden; mehr Färbung ist vom Uebel und zu wenig darf man auch nicht nehmen. Wenn man nun Normalsäure einlaufen läſst, so schlägt die Farbe, sobald alles NaOH gesättigt ist, deutlich in schwach Rosa um; jetzt muſs man ablesen. Die nächsten Tropfen machen das Roth ganz stark und bestätigen die erste Ablesung. Um das an der Einlaufstelle eintretende Gelbwerden kümmert man sich nicht, so lange die Flüssigkeit beim Schütteln sofort rosa und dann wieder fast farblos wird; wenn sie dauernd schwach rosa bleibt, ist alles NaOH gesättigt und nur Na2CO3 übrig. Man setzt nun mehr Säure zu, wobei die Farbe erst stark roth und gegen das Ende zu gelbroth wird; im Augenblicke, wo auch alles kohlensaure Alkali gesättigt ist, geht das Roth oder Gelbroth ganz plötzlich und scharf in Goldgelb ohne allen Stich ins Rothe über. Letztere Reaction ist so scharf, daſs sich dieser Indicator beinahe ebenso gut wie Methylorange zum Titriren in der Kälte benutzen lieſse; er bietet also stets eine willkommene Bestätigung dar. Man erfährt somit durch die Ablesung beim Eintritt der bleibenden Rothfärbung die Menge des NaOH, durch diejenige bei Zerstörung der Rothfärbung die Menge des Na2CO3. (Schluſs folgt.)