Titel: | Schiebersteuerungen mit Querbewegung des Expansionsschiebers. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 94 |
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Schiebersteuerungen mit Querbewegung des
Expansionsschiebers.
Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 7.
Schiebersteuerungen mit Querbewegung.
Während bei den Trapezschiebersteuerungen (vgl. 1881 242 *
393) eine Querbewegung des Expansionsschiebers nur bei einer Veränderung des Füllungsgrades stattfindet,
im Uebrigen aber der Trapezschieber sich parallel mit dem Grundschieber bewegt, hat
bei einigen patentirten Steuerungen der Expansionsschieber eine regelmäſsig bei
jedem Kolbenhub eintretende Querbewegung, durch welche der Dampfabschluſs
herbeigeführt wird. Es gestattet diese Anordnung, mit einer Schieberstange
auszukommen, wenn derselben auſser der hin- und hergehenden noch eine drehende
Bewegung mitgetheilt wird; doch ist dies nicht bei allen Constructionen benutzt.
Zuerst lieſsen sich Gebrüder Wulff in
Bromberg (* D. R. P. Nr. 7093 vom 2.
Februar 1879) eine derartige Steuerung patentiren, welche jedoch, mit
Ketten und Kettenrädern arbeitend, als ziemlich unvollkommen bezeichnet werden muſs.
Brauchbarer, wenn auch in mancher Beziehung noch mangelhaft, dürfte die spätere
Anordnung von Gebrüder Wulff (* D. R. P. Nr. 8399 vom
20. Mai 1879, Zusatz zu Nr. 7093) sein, welche in Fig. 1 bis
8 Taf. 7 dargestellt ist. Hinsichtlich der Schluſsbewegung der
Expansionsschieber gehört sie (wie auch die erste Anordnung) zu den auslösenden
Steuerungen.
Neben dem Führungsbock für den Kreuzkopf ist auf einer Seite der Regulator, auf der
anderen ein kastenartiges Gehäuse A angebracht, in
welchem ein Gleitstück H mit trapezförmigem Querschnitt
von dem einzig vorhandenen Excenter hin- und herbewegt wird. Die Schieberstange O ist mit diesem Gleitstück gleichwie mit dem
Grundschieber so verbunden, daſs sie die Bewegung auf den letzteren überträgt, aber
zugleich eine Drehung ausführen kann. Sie erhält dieselbe durch eine Klinke C, welche in eine Einkerbung der Schieberstange
eingreift und in einem Stahlklötzchen B drehbar
gelagert ist. Letzteres liegt zwischen zwei Vorsprüngen des Gleitstückes H (Fig. 5 und
6), so daſs es an der hin- und hergehenden Bewegung desselben theilnehmen
muſs und dabei mit seinen schrägen Anlaufflächen (Fig. 5) an
entsprechenden Flächen des Gehäuses aufsteigt, wodurch die Klinke vorgeschoben und
die Schieberstange gedreht wird. Es geschieht dies vor Anfang des Kolbenhubes beim
Vorgang wie beim Rückgang, und zwar noch ehe der Grundschieber öffnet. Wie durch die
Drehung der Stange eine Verschiebung der beiden Expansionsschieber und dadurch die
Oeffnung der Kanäle im Grundschieber herbeigeführt wird, ist aus Fig. 3 und
8 ersichtlich. Die Auslösung der Klinke wird durch den in einer Bohrung
des Gleitstückes H steckenden Stift D bewirkt. Derselbe steht auf einer im Gehäuse A gelagerten und mit dem Regulator verbundenen Welle
E und zwar vor der Auslösung auf dem vertieften
Theil derselben. Sobald er beim Hin- und Hergang von H
auf den stärkeren Theil der Welle aufsteigt, hebt er die Klinke C aus und die Stange O
wird dann durch die Schraubenfeder F schnell in die
Anfangslage zurückgeführt; die Expansionsschieber nehmen darauf wieder die in Fig.
8 gezeichnete Schluſsstellung ein.
Wie ersichtlich, muſs die Auslösung vor der Bewegungsumkehrung erfolgt sein; es sind
mithin nur kleinere als halbe Füllungen erreichbar. Ein quer durch die
Schieberstange gehender Splint, welcher in dem Gleitstück H seinen Anschlag findet (vgl. Fig. 6),
bildet die Hubbegrenzung bei der Rückdrehung der Stange und legt damit die
Schluſsstellungen der Schieber fest. Der ganze Mechanismus liegt in dem Kasten gut
geschützt und ist doch nach Abnahme des Gehäusedeckels bequem zugänglich.
Die Wirkungsweise der Steuerung hinsichtlich der Dampfvertheilung wird bei genauer
Ausführung auch nicht viel zu wünschen übrig lassen. Zu fürchten ist nur, daſs
infolge der Stoſswirkungen eine schnelle Abnutzung der Theile eintritt. Auch
erscheint ein Hängenbleiben der Klinke nicht ausgeschlossen.
P. Reuſs in Eisleben (Erl.* D. R. P. Nr. 11704 vom 8.
Februar 1880) hat gleichfalls die Drehung der Schieberstange zur Querbewegung der
Expansionsschieber verwendet, doch in etwas anderer Weise. Die letzteren haben eine
drehende Bewegung und gehören daher mehr zu den Hähnen als zu den Schiebern. Die
Fig. 9 bis 13 Taf. 7
zeigen diese Steuerung. Dieselbe ist zu den Steuerungen mit zwangläufiger
Schluſsbewegung zu rechnen. Die Schieberstange macht hier während jedes Kolbenhubes
nur eine einfache Drehung, bei welcher der eine Expansionsschieber den Kanal, durch
welchen der Dampf einströmt, abschlieſst, der zweite den anderen verdeckten Kanal
für den folgenden Hub öffnet. Der Vertheilungsschieber ist cylindrisch und der
besseren Abdichtung halber aus zwei Theilen zusammengesetzt, einem inneren
geschlossenen und einem äuſseren, in der Längsrichtung aufgeschlitzten und daher
federnden. Die Kanäle gehen direct durch und sind nicht wie bei der vorigen
Steuerung im Grundschieber um 90° gedreht. In Folge dessen haben die schmalen
bogenförmigen Expansionsschieber einen verhältniſsmäſsig groſsen Hub zu machen. Zur
Erzeugung der drehenden Bewegung der Schieberstange m
ist ein zweites Excenter benutzt, von welchem die neben m in Büchsen geführte Stange p hin- und
hergeschoben wird. In diese wie in die Schieberstange ist je eine Kupplung z eingeschaltet, welche die Drehung des nach dem
Schieberkasten zu gelegenen Theiles gestattet. Die Stange p trägt einen Muff c mit zwei seitlichen,
oben keilförmigen Knaggen, die beim Hin- und Hergang der Stange p abwechselnd gegen festgehaltene Rollen stoſsen und
hierdurch die Drehung der Stange p veranlassen, welche
durch Stirnräder verdreifacht auf die Schieberstange übertragen wird. Die Rollen
befinden sich am unteren Ende der beiden nach entgegengesetzten Seiten ausweichenden
Arme d, welche mit den im Beharrungszustande der
Maschine festliegenden Bolzen f verbunden sind.
Letztere sind prismatisch geführt und haben an einem Ende der eine Rechts-, der andere Linksgewinde. Die
zugehörigen Muttern bilden zwei Zahnrädchen, welche in ein gröſseres, mit dem
Regulator verbundenes Rad eingreifen und bei Drehung desselben eine Verschiebung der
Bolzen f nach entgegengesetzten Richtungen verursachen,
was dann ein früheres oder späteres Anstoſsen der Knaggen, also Abschlieſsen der
Expansionsschieber zur Folge hat. Beide Excenter sollen unter denselben Winkeln
aufgekeilt werden wie bei einer Meyer'schen Steuerung; zweckmäſsiger erscheint es
jedoch, den Voreilungswinkel des Expansionsexcenters negativ oder doch kleiner als
den des Grundexcenters zu nehmen, um auch gröſsere als halbe Füllungen zu
ermöglichen.
Bei der Steuerung von P. Steffen in
Haardt a. d. Sieg (* D. R. P. Nr.
13542 vom 7. October 1880) ist statt eines Expansionsschiebers ein
ununterbrochen rotirender Hahn angewendet; doch ist sie in der Wirkungsweise den
anderen Steuerungen sehr ähnlich. Sie ist in Fig. 14 bis
17 Taf. 7 dargestellt. Der Vertheilungsschieber ist wie bei der vorigen
Steuerung cylindrisch und hier durch vier Ringe abgedichtet; zwischen ihm und dem
gleichfalls cylindrischen Hahn ist ein festliegender Cylinder eingeschaltet, welcher
gleichwie der Hahn trapezförmige Oeffnungen hat. Die Aussparungen i1, i2 im Hahn sind um 180°
gegen einander versetzt und so angeordnet, daſs sie bei der Drehung mit den neben
einander liegenden Oeffnungen g1, g2 des festen Cylinders abwechselnd zusammentreffen.
Die Kanäle des Grundschiebers bleiben mit g1, g2 stets in Verbindung. Die mittels Kegelräder
getriebene Hahnwelle, welche mit der Kurbelwelle gleiche Umlaufzahl hat, ist mit
einer Kupplung versehen, die auch eine gewisse Längsverschiebung des Hahnes
gestattet. Er erhält diese vom Regulator mit Hilfe eines in einen Ringkamm
eingreifenden Zahnbogens.
Die hiernach sich ergebende Wirkungsweise des Hahnes ist durch die Abwicklung Fig.
17 veranschaulicht. Denkt man sich die beiden neben einander befindlichen
Trapezöffnungen g1, g2 festliegend und den
abgewickelten Hahnmantel in der Richtung 1 darüber
fortbewegt (der Drehung entsprechend), so erkennt man, daſs nach 2/8 Umdrehungen (=
½ Kolbenhub) rechts der gröſstmöglichste freie Einströmungsquerschnitt in Form eines
Parallelogramms hergestellt ist und nach 4/8 Umdrehungen der Dampf an der Ecke y abgeschnitten wird. Es würde dies einer Vollfüllung
entsprechen. Früheren Dampfabschluſs erhält man, wenn man den abgewickelten
Hahnmantel zunächst in der Richtung des Pfeiles 2 etwas
vorrückt und dann die Bewegung 1 ausführen läſst. – Die
Hauptnachtheile dieser Steuerung werden langsames Oeffnen und Schlieſsen der Kanäle
und eine schwer zu erhaltende Abdichtung des Hahnes und des Kolbens sein.
Die drei folgenden Steuerungen haben das Gemeinsame, daſs bei ihnen die
Expansionsschieber als ebene Gitterschieber ausgeführt sind und mittels einer Schieberstange
bewegt werden, welche nach oben (einen liegenden
Cylinder vorausgesetzt) durch eine Stopfbüchse aus dem Schieberkasten herausgeführt
ist. Man kann für diese Anordnungen dieselben Mechanismen verwenden, welche man für
die Expansionsventile benutzt, mit denen man zuweilen die Schiebersteuerungen
versehen hat. Sie gestatten beliebig groſse Füllungen.
Die in Fig. 18 bis
22 Taf. 7 abgebildete Steuerung von C. Daevel in
Kiel (* D. R. P. Nr. 3311 vom 19. Mai
1878) schlieſst sich den bekannten Steuerungen mit besonderem
Expansionsventil am meisten an. Auf der Regulatorspindel, welche die gleiche
Geschwindigkeit wie die Kurbelwelle hat, ist ein Muff mit zwei Daumen o angebracht, deren Abfallkanten schraubenförmig
verlaufen. Dieselbe wirkt auf eine mit Rolle versehene Zugstange, welche durch einen
Winkelhebel mit der den Expansionsschieber auf- und abbewegenden Stange verbunden
ist. Diese greift jedoch nicht direct an den Schieber an, sondern ist an einem
vertical geführten Gleitstück befestigt, in dessen horizontalen Schlitz ein am
Schieber befindlicher Zapfen hineinragt. Der Expansionsschieber selbst hat in dem
Grundschieber seine Querführung und macht dessen hin- und hergehende Bewegung mit.
Der Daumenmuff, welcher zugleich als Hülsenbelastung dient, ist an zwei dünnen
Ketten oder Darmsaiten aufgehängt (vgl. Fig. 20),
welche über Rollen in der Regulatorhülse laufen und am Gestell befestigt sind.
Hierdurch ist erreicht, daſs der Hub der Daumenmuffe doppelt so groſs ausfällt als
der Hub der Hülse.
Auch bei der Anordnung von R. Barz in
Düsseldorf (* D. R. P. Nr. 9587 vom
8. October 1879), welche in Fig. 23
Taf. 7 veranschaulicht ist, wird der Expansionsschieber durch einen Daumenmuff c gehoben und gesenkt und zwar – wie bei der vorigen
Einrichtung – während jeder Kurbeldrehung 2mal. Der Muff c liegt hier direct über dem Schieberkasten auf einer horizontalen Welle
und wirkt auf einen Rahmen r ohne Rolle. Die
Abfallflächen sind radial gehalten, so daſs der Schieber eine freie Schluſsbewegung
hat. Derselbe wird zwischen festen Rippen vertical geführt und nimmt daher an der
Bewegung des Grundschiebers nicht theil. Die ganze Construction ist übrigens
mangelhaft. Um ein schnelles Oeffnen zu erreichen, soll der Muff durch zwei
Excenterräder von einer vorgelegten Welle angetrieben werden. Aber abgesehen davon,
daſs zwei Excenterräder gar nicht mit einander arbeiten können, wird eine derartige
Uebertragung für eine Steuerung ebenso wenig passend sein wie das zum Antrieb der
vorgelegten Welle benutzte Kettengetriebe. Ein schnelles Oeffnen ist durch
Daumenmuffen allein immer zu erreichen. Der Hauptübelstand derselben ist die
schnelle Abnutzung, welche allerdings durch Anwendung von Rollen etwas vermindert
werden kann.
Ein vollständiger Klinkenmechanismus, wie er für die auslösenden
Ventilsteuerungen in Anwendung kommt, ist von H. Flieget in
Breslau (* D. R. P. Nr. 6229 vom 9.
Januar 1879) auch für Expansionsschieber mit Querbewegung benutzt. Wie
aus den Fig. 24 und
25 Taf. 7 ersichtlich, sind hier auf dem Grundschieber zwei Expansionsschieber in Schwalbenschwanzführung
gelagert, welche unabhängig von einander durch zwei Excenter g bewegt werden. Die kurze Excenterstange ist mit dem einen Ende des
Hebels e verbunden, dessen anderes mit Stahlplatte
versehenes Ende unter die in der Schieberstange gelagerte Stahlklinke c greift und dessen Drehpunkt in horizontaler Richtung
durch den Regulator verstellt werden kann. Je nach der Lage des Drehpunktes wird der
Hebel e früher oder später auslösen und dadurch einen
früheren oder späteren Schluſs des Schiebers herbeiführen. Die Verrückung des
Hebeldrehpunktes geschieht mittels der Arme n durch
Verschiebung des horizontal geführten kleinen Gleitstückes o, in welchem die Hebelachse gelagert ist. Die Schieberstangen können auch
hier mit den Expansionsschiebern nicht verbunden sein, da diese die Bewegung des
Grundschiebers mitmachen; es sind deshalb die Stangen an Rahmen befestigt, welche
die kleinen Schieber umfassen und ihnen für die Horizontalbewegung zur Führung
dienen.
Diese Steuerung muſs allerdings vollkommener genannt werden als die vorhergehenden;
doch ist sie auch nicht sehr einfach. Wie die meisten auslösenden Steuerungen mit
directer Beeinflussung durch den Regulator wird auch diese ziemlich unruhig
arbeiten, zumal wenn kein Bremscylinder am Regulator vorhanden ist. Die für die
Schluſsbewegung benutzten Blattfedern m sind, da solche
Federn leicht brechen, wohl passend durch die gebräuchlichen Schraubenfedern zu
ersetzen.
Wenn auch die vorstehend beschriebenen Steuerungen im Allgemeinen nicht so
zweckmäſsig erscheinen wie die besseren Constructionen der Doppelschiebersteuerungen
mit Parallelbewegung der Schieber, so dürften doch ebenso gute Steuerungen auch mit
Querverschiebung der Expansionsschieber möglich sein. Als ein Vortheil dieser
Anordnung für den Fall, daſs die Expansionsschieber nicht im Grundschieber, sondern
zwischen fest liegenden Leisten geführt werden, läſst sich anführen, daſs das
Ausarbeiten von Rillen und Riefen vermieden wird, ein Vorzug, welcher in gewissem
Maſse auch den Steuerungen mit Querverstellung (Trapezschiebersteuerungen) eigen
ist.
Whg.