Titel: Ueber den Weldonschlamm. Zur Abwehr von Jul. Post.
Autor: Jul. Post , G. Lunge
Fundstelle: Band 244, Jahrgang 1882, S. 321
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Ueber den Weldonschlamm. Zur Abwehr von Jul. Post. Post und Lunge, über den Weldonschlamm. Erst nach längerer Ueberlegung und nur um der Auffassung zu begegnen, mein Schweigen gegenüber der in Bd. 242 S. 371 dieses Journals enthaltenen Mittheilung von Lunge über den Weldonschlamm bedeute Zustimmung, gestatte ich mir eine kurze Bemerkung; denn irgend eine Entgegnung auf meine Angriffe habe ich in dem ganzen Aufsatze nicht zu entdecken vermocht; derselbe behandelt vielmehr fast ausschlieſslich diejenigen Fragen, welche vor etwa 2 Jahren, anscheinend ohne jedes praktische Ergebniſs, zwischen uns erörtert worden sind. Gründe und Beweise dafür, daſs die von mir angewendeten analytischen Methoden zu anderen Ergebnissen geführt hätten wie die im Fabrikbetrieb gebräuchlichen, daſs die von mir untersuchten Proben durch Auswaschen zersetzt seien u.s.w., hat Lunge nicht beigebracht. Falls daher nicht auch ich mich dem Vorwurf der Wiederholung aussetzen will, kann ich nur auf meine früheren Mittheilungen verweisen. Noch weniger kann ich mich dazu verstehen, dem Beispiel Lunge's zu folgen und auf die Erörterung persönlicher, die Sache gar nicht berührender Umstände einzugehen, wiewohl die in meinen Händen befindliche Correspondenz dazu herausfordert. Keine einzige meiner von Lunge jemals angegriffenen Behauptungen habe ich zurückgenommen, oder kann ich zurücknehmen. Göttingen, im März 1882. Ueber den Weldonschlamm. Schluſswort von G. Lunge. Wenn auch Post in meiner im Obigen angeführten Mittheilung keine Entgegnung auf seine Angriffe zu entdecken vermocht hat, so ist doch vermuthlich jeder andere Leser hierzu im Stande und ich halte es auch für ganz überflüssig, die sehr starken „Gründe und Beweise“ gegen Post's Ansichten und Arbeitsmethoden, die ich zum Theil früher, zum Theil in meiner letzten Mittheilung gegeben habe, hier zu wiederholen, da ein bloſses einfaches Leugnen ihrer Existenz sie doch nicht aus der Welt schaffen kann. Post auf allen seinen, das Wesen der Sache gar nicht berührenden, Seitenwegen zu folgen, habe ich allerdings abgelehnt und die Gründe, warum ich dies thue und mich nur an die Hauptsache halte, das letztemal deutlich genug angegeben. Zu diesem Schluſswort veranlassen mich daher nur die beiden letzten Sätze obiger „Abwehr“. Zu der „Erörterung persönlicher Umstände“, d.h. der Anführung einiger positiven Daten aus unserem Briefwechsel, hat mich Post's Vorwurf, ich habe in seine (seit 1879 noch jetzt nicht beendigte!) Arbeit „vor deren Vollendung eingegriffen“, gerade gezwungen. Ob ich dabei nicht mit gebührender Discretion verfahren bin, mag der Leser beurtheilen, der freilich nicht wissen kann, zu wie viel mehr mich die in meinen Händen befindliche Correspondenz berechtigte. Hr. Post sagt, er habe keine einzige der von mir jemals angegriffenen Behauptungen zurückgenommen, noch könne er dies thun. Nachdem ich eine Anzahl seiner Behauptungen durchaus widerlegt zu haben glaube, zum Theil ohne irgend ernstlichen Widerspruch zu erfahren, und nachdem Post selbst in dem weitaus wichtigsten Punkte, nämlich seiner Leugnung der Existenz und damit der entscheidenden Rolle der „Basis“ im Weldon-Processe, seine ersten Ansichten thatsächlich von Grund aus aufgegeben hat, kann es mir sehr gleichgültig sein, ob er sich zu einer ausdrücklichen Zurücknahme verstehen will, oder nicht. Folgendes genüge als das wichtigste Beispiel unter anderen. In den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft 1879 S. 1455 leugnet Post in klaren Worten die Existenz von salzartigen Verbindungen des MnO2 mit Basen und stellt als Resultat seiner Arbeit hin, daſs man nur Gemische von Hydraten des MnO2 mit kleinen Mengen von Carbonaten u. dgl. vor sich habe. 2 Jahre später aber (Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleiſses, 1881 S. 319) nimmt er doch „lose Verbindungen“ von MnO2 mit Alkalien oder Kalk als wesentlich für den Weldon-Proceſs an und stellt sogar Formeln für dieselben auf; auch findet er (ebenda S. 329) „zwingende Gründe“ dafür, dem MnO2 saure Eigenschaften zuzuschreiben. Wenn er in demselben Athem (S. 330) „trotz Mitwirkung von chemischen Kräften“ die Bildung von „beständigen Salzmolecülen“ leugnet, so kann ich es nicht über mich bringen, eine solche augenscheinlich ad hoc erfundene Theorie über die Natur chemischer Verbindungen ernsthaft zu nehmen.Hierzu macht Prof. Dr. Post folgende Anmerkung: „In jedem meiner Aufsätze, in welchem ich auf Grund der kleinen Mengen von Kalk, Alkali u.s.w., welche ich stets in dem Endproducte des Weldon-Verfahrens fand, die Vermuthung aussprach, es handele sich nur um mechanische Gemenge, habe ich mir die Entscheidung dieser Frage bis zum Abschluſs meiner synthetischen Versuche vorbehalten. Diese führten dann zu dem Ergebniſs, daſs, wenn auch dem MnO2 saure Eigenschaften beizulegen sein möchten, die fraglichen Producte doch nicht „als beständige Salzmolecüle im gewöhnlichen Sinne oder nach den Formeln Weldon's“ aufgefaſst werden dürften, d.h. daſs die vom MnO2 fest gehaltenen Mengen von Alkali, Kalk u.s.w. nicht stets die gleichen und daſs sie nicht unter einander äquivalent seien. Da jedoch an eine Verständigung zwischen Hrn. Lunge und mir nicht zu denken ist, so muſs ich jede weitere Discussion mit ihm ablehnen.“Darauf erwiedert Hr. Prof. Dr. Lunge: „Auch diesen Versuch zur Rettung einer völlig unhaltbaren Position kann ich nicht ernsthaft aufnehmen.“D. Red. Bezeichnend ist das plötzliche Auftreten des hier ganz ungehörigen Wortes „beständig“; als ob ich nicht gerade Post's Irrthum wesentlich mit auf die, seither von Van Bemmelen sicher erwiesene, Unbeständigkeit jener Salzmolecüle beim Auswaschen mit WasserDies ist auch bei Beurtheilung der Resultate von Jezler (1881 239 74) zu berücksichtigen.L. zurückgeführt hätte, die aber natürlich, so lange sie bestehen, eben Salzmolecüle sind und auch zuletzt noch immer andere, wenn auch weniger basische Salzmolecüle zurücklassen 1 Unser Streit hat sich wahrlich nicht darum gedreht, ob die MnO2-Verbindungen beständige Salzmolecüle, sondern ob sie chemische Verbindungen überhaupt seien oder nicht. Zürich, Mai 1882.