Titel: Darstellung von reinem Stärkezucker.
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 121
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Darstellung von reinem Stärkezucker. Darstellung von reinem Stärkezucker. Zur Herstellung von reinem wasserfreiem Stärkezucker-Dextroseanhydrid, C6H12O6, concentrirt man nach F. Soxhlet in München (D. R. P. Kl. 89 Nr. 17465 und 17520 vom 11. Oktober 1881) Stärkezuckerlösung im Vacuum, bis eine Probe nach dem Erkalten kaum noch knetbar ist. Der so erhaltene, nicht über 70° warme Syrup wird in geschlossenen Gefäſsen mit kochend heiſsem Methylalkohol gemischt. Die Menge des zu verwendenden Holzgeistes hängt von der Reinheit des Stärkezuckers und von der erwarteten Beschaffenheit des Produktes ab. Verwendet man gewöhnlichen, 20 bis 30 Proc. Nichtzucker enthaltenden Stärkezucker, so nimmt man auf 100 Th. Syrup 70 bis 80 Th. Holzgeist und läſst in geschlossenen Gefäſsen bei einer Temperatur von 30 bis 40° krystallisiren. Die Krystallisation wird durch Einwerfen von wasserfreiem, krystallisirtem Stärkezucker beschleunigt. Die körnige Masse kann man mittels Schleudern oder Pressen von der Flüssigkeit trennen und durch Aussüſsen weiter reinigen. Um körnigen, porösen Stärkezucker in festen Stücken, mit deutlich ausgebildeten, glänzenden Krystallen von dem Ansehen der Zuckerraffinade zu erhalten, concentrirt man eine vollkommen klare und farblose, von fremden Stoffen möglichst freie Stärkezuckerlösung im Vacuum bis zur genannten Beschaffenheit. Der Syrup muſs dabei völlig klar bleiben, da ein in Folge von Krystallbildung auch nur wenig getrübter Syrup für die nachfolgende Behandlung, der gebildeten wasserhaltigen Krystalle wegen, ungeeignet ist. Man mischt nun 100 Th. des klaren, 70° warmen Syrups mit 10 bis 25 Th. kochend heiſsen, möglichst reinen Methylalkoholes, bis die Masse gleichförmig dünn syrupös wird, und füllt noch heiſs in verschlieſsbare conische Formen. Man läſst nun langsam auf 30 bis 35° abkühlen und erhält die Masse auf dieser Temperatur, bis die Krystallisation nach 2 bis 3 Tagen beendigt ist, worauf das Flüssiggebliebene abgesaugt wird. Wünscht man dichten und festen Zucker, so sättigt man nach dem Absaugen des Flüssiggebliebenen die poröse Masse ein- oder zweimal mit einer Mischung von 100 Th. concentrirten Syrup und 80 bis 100 Th. Holzgeist. Diese Operation, wie die fernere Krystallisation kann bei gewöhnlicher Temperatur erfolgen. Ist die gewünschte Dichtigkeit erreicht, so wird der flüssige Theil abgesaugt und mit möglichst reinem Methylalkohol verdrängt und ausgedeckt; 5 Procent vom Gewicht des Zuckers genügen für letzteren Zweck. Man nimmt nun die festen Brode aus den Formen und beseitigt den Methylalkohol aus denselben, indem man sie in eine Vacuumpfanne mit gut gekühlter Vorlage bringt und den Methylalkohol abdestillirt. Man thut dies anfänglich bei einer Temperatur von 30° und steigert erst die Temperatur auf 50 bis 60°, wenn die gröſste Menge abdestillirt ist. Wenn der Zucker einige Stunden bei der letzteren Temperatur in der Luftleere erhalten wird, so kann man weder durch den Geschmack, noch durch den Geruch eine Spur von dem Methylalkohol wahrnehmen. Von der abgesaugten Flüssigkeit erhält man den Methylalkohol gleichfalls wieder durch Destillation im Vacuum oder in gewöhnlicher Weise. Der ganze Verlust an Methylalkohol beträgt 0,1, so daſs der wirkliche Verbrauch davon für das letzte Verfahren nur 2 bis 2,5 Proc. beträgt. Der bisher erzeugte Stärkezucker enthält auſser Wasser 20 bis 30 Proc. unkrystallisirbare und unvergährbare Stoffe von gummiartiger Natur. Um hieraus einen reinen Stärkezucker mit krystallischem Gefüge herzustellen, empfiehlt Soxhlet ferner die Verflüssigung und Entfernung der genannten Stoffe unter Zuhilfenahme von Aethyl- und Methylalkohol und die Krystallisation von Traubenzucker durch Herstellung eines passend concentrirten gereinigten Syrups, welchen man bei einer Temperatur von mehr als 30° erstarren läſst. Man schmilzt festen Stärkezucker im Wasser- oder Dampfbad und mischt den erhaltenen Syrup mit 70 bis 80 Proc. Weingeist von 80° Tr. oder reinem unverdünntem Holzgeist. Diese dünn syrupöse Masse wird mit gepulvertem Stärkezucker gemischt und an einem nicht zu kalten Ort 8 Tage lang der Erstarrung überlassen, während welcher Zeit die Masse oft umgerührt werden muſs. Dasselbe kann auch mit noch nicht erstarrtem Syrup, welcher für die Gewinnung von festem Stärkezucker dargestellt wurde, geschehen und kann man auch den einen oder den anderen Syrup so weit erstarren lassen, daſs er sich noch kneten läſst, und ihn dann mit den angegebenen Mengen Weingeist oder Holzgeist mittels passender Vorrichtungen innig mischen. Der Wassergehalt der Flüssigkeit muſs so groſs sein, daſs bei gewöhnlicher Temperatur keine Abscheidung eines flüssigeren Theiles erfolgt. Für einen stark eingedampften Zuckersyrup kann man einen mehr verdünnten Spiritus und für einen dünneren Syrup einen stärkeren Spiritus anwenden. Der auf die beschriebene Weise erhaltene Krystallbrei wird mit Hilfe einer sehr kräftigen Filterpresse oder hydraulischen Presse stark ausgedrückt und in einer Centrifuge geschleudert. Ein weiteres Aussüssen oder Ausdecken mit den Verdünnungsflüssigkeiten ist sehr empfehlenswerth. Alle diese Operationen werden, so weit als möglich, in geschlossenen Gefäſsen ausgeführt, um Alkoholverluste durch Verdampfung zu vermeiden. Der Alkohol wird von den trockenen und pulverigen Preſskuchen oder den geschleuderten Massen durch Abdestilliren im Vacuum getrennt und in einer gekühlten Vorlage aufgefangen. Der entgeistete Syrup wird mit Wasser gemischt, mit Knochenkohle entfärbt und in der Vacuumpfanne bei einer Temperatur von nicht mehr als 60° eingedampft. Zur Herstellung von festem durchscheinendem Stärkezucker, dem gewöhnlichen Dextrosehydrat, C6H12O6.H2O, mit deutlich krystallinischer Structur soll Stärkezuckersyrup bei einer Temperatur von über 30° erstarren. Während Stärkezuckerlösungen nach Soxhlet bei gewöhnlicher Temperatur in der Weise erstarren, daſs sich undurchsichtige, warzige Anhäufungen mikroskopischer Krystalle von Tafelform bilden, entstehen bei einer Temperatur von über 30° aus Stärkezuckerlösungen von entsprechend hoher Concentration durchsichtige säulenförmige, mit freiem Auge deutlich sichtbare Krystalle. Eine Stärkezuckerlösung, welche nur wenige fremde Bestandtheile enthalten darf, wird im Vacuum concentrirt, bis der Syrup, bei 90° gewogen, ein specifisches Gewicht von 1,37 bis 1,48, am besten aber 1,40 bis 1,42 zeigt. Wird der Syrup während der Verdampfung, oder wenn diese unterbrochen wird, trübe, dann sind Krystalle genug zur Einleitung des kristallinischen Erstarrens vorhanden; bleibt aber der Syrup klar, dann muſs ein Theil des auf 80 bis 90° erhitzten Syrups stark gerührt werden, bis er trübe wird. Man mischt ihn dem übrigen Syrup bei und füllt in Formen. Um den zähen Syrup leichtflüssiger zu machen, erwärme man ihn vor dem Einfüllen in Formen auf 80 bis 90°. Die Kristallisation erfolgt am schönsten, wenn die Masse bis zu einer Temperatur von 35 bis 50° langsam abgekühlt und bei dieser Temperatur am besten in einem Wasserbad bis zum völligen Erstarren so gleichmäſsig als möglich erhalten wird. Für weniger reine Zuckerlösungen ist eine Temperatur von 35 bis 40°, für reinere eine solche von 40 bis 50° empfehlenswerth. Ist die Masse nach 2 bis 3 Tagen fest geworden, so müssen die Formen umgekehrt werden, um die kleinen Flüssigkeitsreste zu vertheilen und zum Erstarren zu bringen. Die noch im feuchten Zustande aus den Formen genommenen Stücke werden bei gewöhnlicher Temperatur oder mäſsiger Wärme getrocknet, der Alkohol wird aus dem Syrup durch Destillation in einer Vacuumpfanne mit gekühlter Vorlage wiedergewonnen. Der rückständige Syrup kann nach der Entfärbung wie Stärkesyrup verwendet oder mit Schwefelsäure auf festen Stärkezucker gekocht werden. A. Behr macht in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1882 S. 1104 Mittheilungen über Krystallisation des wasserfreien Traubenzuckers aus wässeriger Losung, Als Verfasser krystallisirten, wasserfreien Traubenzucker in die concentrirte Lösung von gewöhnlichem Traubenzucker einrührte, war am nächsten Morgen die Masse mit Krystallen erfüllt, welche sich nach dem Waschen mit Methylalkohol als Traubenzuckeranhydrid erwiesen. Die verwendete Lösung enthielt etwa 18 Proc. Wasser und in 100 Th. Trockensubstanz 87,5 Th. Traubenzucker; doch zeigte es sich bald, daſs sowohl die Reinheit, als auch die Concentration der Masse innerhalb ziemlich weiter Grenzen schwanken kann, die beste Concentration aber einem Wassergehalte von 12 bis 15 Proc. entspricht. Je reiner die Masse ist, um so rascher geht die Krystallisation von statten; doch sollte die Reinheit nicht unter 85 fallen. Die Krystallisation findet am besten bei 30 bis 35° statt. Weitere Versuche zeigten, daſs für concentrirte Lösungen und bei etwas erhöhter Temperatur die Krystallisation des Anhydrids selbst ohne Einführung von wasserfreiem Traubenzucker das normale Verhalten ist. Bei Herstellung eines reineren, höher werthigen Produktes aus dem durch Einwirkung starker Säuren auf Stärke gewonnenen Stärkezucker ist es schwer, das aus wässeriger Lösung erhaltene Hydrat durch Pressen oder Schleudern zu reinigen, da die sehr kleinen und blätterigen Krystalle den Syrup ungemein hartnäckig festhalten und ein Verarbeiten hoch concentrirter Lösungen überhaupt unmöglich ist. Die Krystallisation des wasserfreien Traubenzuckers dagegen ist mehr ähnlich derjenigen des Rohrzuckers: die säulenförmigen Krystalle legen sich nicht so fest an einander und entlassen den Syrup leicht, so daſs man mit sehr concentrirten Lösungen arbeiten kann. Behr hat mit Erfolg verschiedene bei der Raffination des Rohrzuckers gebräuchliche Maschinen für die Raffination des Traubenzuckeranhydrids angewendet. Auch das erhaltene Produkt nähert sich in vielen seiner Eigenschaften dem Rohrzucker und kann denselben in manchen Anwendungen voraussichtlich ersetzen. Seine Süſsigkeit verhält sich zu der des Rohrzuckers etwa wie 1 : 1⅔.