Titel: | Material-Prüfungsmaschine von Heinr. Thomasset in Paris. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 127 |
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Material-Prüfungsmaschine von Heinr. Thomasset in
Paris.
Mit Abbildungen auf Tafel 8.
Thomasset's Material-Prüfungsmaschine.
In Fig.
4 bis 7 Taf. 8 ist
nach Iron, 1882 Bd. 19 S. 361 und Engineer, 1881 Bd. 51 S. 41 eine
Materialprüfungsmaschine von Heinr. Thomasset
dargestellt., wie sie von der Société Anonyme
L'Hydraulique in Paris gebaut wird. Diese Maschine, welche bereits in Paris
1878 ausgestellt warVgl. Moritz R. v. Pichler: Die
Materialprüfungsmaschinen (Leipzig 1879. G.
Knapp), S. 23., nimmt in mehrfacher Beziehung das
Interesse in Anspruch, da sie manche zweckmäſsige Einrichtungen zeigt, welche
geeignet sein dürften, Materialprüfungen mit gröſserer Schnelligkeit und Genauigkeit
zu vollführen, als es bei den meisten derartigen Maschinen der Fall zu sein
pflegt.
Die Maschine ist auf einem länglichen horizontalen Bette aufgebaut; auf der einen
Seite desselben befindet sich ein Cylinder B, dessen
Kolben, unter hydraulischen Druck gesetzt, in dem Probestück Spannung hervorbringt,
während auf der anderen Seite eine Vorrichtung zur selbstthätigen Ausbalancirung und
zum Messen dieser Spannung angebracht ist. Um die Druckzunahme in dem Cylinder B vollständig gleichförmig und ununterbrochen zu
machen, wie dies bei Herstellung des Druckes durch eine gewöhnliche Pumpe mit hin-
und hergehendem Kolben nicht erreicht werden kann, wird in dem Cylinder A, welcher durch eine Rohrleitung mit B in Verbindung steht, der Plunger mittels Handrades,
eines starken Rädervorgeleges und Schraubenspindel allmählich nach unten bewegt. Die
Uebersetzung ist dabei so bemessen, daſs beispielsweise bei der 50t-Maschine 2 Arbeiter mit Leichtigkeit diese
Spannung im Probestück hervorzubringen vermögen; bei schwereren Maschinen tritt eine
Transmission an die Stelle des Handbetriebes.
Das Probestück wird an seinen beiden Enden durch Klauen gehalten, von denen die eine
mit der Kolbenstange des Preſscylinders B, die andere
durch Hebelübersetzung mit der Vorrichtung zum Selbstausbalanciren der Spannung in
Verbindung steht. Um nicht gezwungen zu sein, stets Probestücke von ein und
derselben Länge zu verwenden, ist die Kolbenstange selbst hohl gemacht; die zweite
Stange, welche vorn zur Klaue ausgebildet ist, geht durch sie hindurch, ist am
äuſseren Ende mit Gewinde versehen und kann der Länge des Probestabes entsprechend
mittels Handrad eingestellt werden. Nach beendigtem Versuche wird der Kolben in
seine ursprüngliche Lage zurückgebracht durch beiderseitig vom Cylinder befindliche
Gegengewichte, welche in Aussparungen des Fundaments auf- und niedergehen.
Besonders interessant ist die Vorrichtung zum selbstthätigen Ausbalanciren und Messen
der Spannung. Wie die Detailfigur 5 zeigt, wirkt die zweite Klaue mittels einer
Schneide auf den kürzeren Arm eines Winkelhebels C von
5facher Uebersetzung, während der längere Arm dieses Hebels auf eine Platte D von verhältniſsmäſsig groſsem Querschnitte drückt.
Der Druck wird fortgepflanzt durch eine zum Abschluſs nothwendige Gummihaut hindurch
auf die in dem sehr flachen Cylinder E befindliche
Flüssigkeit. Ein Kupferrohr stellt die Verbindung zwischen dem Cylinder E und dem Manometer F her
und wird demnach in dem Manometer die Flüssigkeit auf diejenige Druckhöhe steigen,
welche der im Cylinder E herrschenden Spannung das
Gleichgewicht hält. Als manometrische Flüssigkeit ist Quecksilber verwendet, während
der Cylinder E und das Röhrchen mit Wasser gefüllt
sind.
Die groſsen Vortheile dieser Einrichtung sind unverkennbar: Zunächst geschieht die
Ausbalancirung selbstthätig; Beobachtungsfehler, wie sie bei Maschinen ohne
Selbstwägevorrichtung durch das nothwendige Berühren dieser Apparate zum Zwecke der
Veränderung der Gewichte oder ihrer Hebellänge vorkommen, sind also hier
ausgeschlossen und die Beobachtung wird schon aus diesem Grunde einfacher und
genauer. Dann sind aber ferner auch diejenigen Unvollkommenheiten, welche anderen
selbstthätig arbeitenden Maschinen anhaften,
erheblich vermindert. Namentlich ist bei der geringen Hebelübersetzung von 1 : 5 und
den verhältniſsmäſsig groſsen Längen, die man dabei den Hebelarmen hat geben können,
ein gröberer Fehler in der Bestimmung des wirklichen Uebersetzungsverhältnisses, wie
er bei einer starken, durch Combination verschiedener Hebel erreichten Uebersetzung
leicht vorkommen kann, ausgeschlossen und die sonst durch Reibung in den Schneiden
hervorgerufenen Ungenauigkeiten sind hier gleich Null zu setzen, da ja die Bewegung
des Hebels nur eine ganz minimale ist.
Verkennen läſst sich nicht, daſs die getroffene Anordnung die Anbringung eines
selbstthätigen Registrirapparates erheblich erschwert (erleichtert würde dieselbe
vielleicht, wenn statt des Quecksilbermanometers ein Federmanometer zur Verwendung
käme); im Uebrigen dürfte die Maschine zu den vorzüglichsten dieser Gattung gehören
und die zahlreiche Verwendung, welche sie bereits namentlich in Frankreich und
Belgien gefunden hat, bestätigt dies.
Eine besondere Vorrichtung zum genauen Messen der Verlängerungen bei Spannungen
innerhalb der Elasticitätsgrenze ist der Maschine hinzugefügt durch Ingenieure des
Bureau Veritas in Brüssel, für welches eine derartige
Maschine geliefert wurde. Dieser Apparat ist in Fig. 7 Taf.
8 dargestellt. Ein Sector a ist durch Reibungsrollen an
dem mit der Klaue b fest verbundenen Arm c gelagert und auſserdem durch Führung in einer Nuth des
Stiftes d gegen seitliche Verschiebung gesichert. An
denjenigen Stellen des Probestabes, zwischen welchen die Verlängerung gemessen
werden soll, sind Klemmen angebracht, von denen die eine zwischen vorspringende
Stifte des Sectors faſst (wobei jeder Spielraum durch eine aufgestellte konische
Hülse e vermieden wird), während die andere mittels
einer kleinen Stellschraube ein dünnes Kupferband aufnimmt, welches um die Nabe
eines im Mittelpunkt des Sectors drehbaren Zeigers f
geschlungen ist. Dehnt sich nun in Folge der eintretenden Spannung der Probestab
zwischen den Klemmen aus, so ist die nothwendige Folge, daſs ein Verdrehen des
Zeigers vom Nullpunkte aus nach der Pfeilrichtung hin stattfindet und zwar
proportional der Verlängerung. Da der Sector mit entsprechender Skala versehen ist,
so kann man in jedem Augenblicke die vorhandene Verlängerung ablesen und zwar mit
Hilfe des am Zeiger angebrachten Nonius auf 0mm,05
genau. Nach beendigtem Versuch bringt ein kleines Gegengewicht g in Gemeinschaft mit einer Spiralfeder h den Zeiger wieder auf seine Nullstellung zurück.
Zum Schluſs mag bemerkt werden, daſs Thomasset es für
unzweckmäſsig hält, ein und dieselbe Maschine für Untersuchungen auf Verhalten von
Probestäben bei Spannungen verschiedener Art zu verwenden, theils weil die
Auswechselung der einzelnen Vorrichtungen die Versuche selbst umständlicher und
weniger zuverläſsig macht, theils auch, weil die Maschine durch die nothwendig
complicirtere Construction thatsächlich eben so theuer zu stehen kommen würde, wie
die einzelnen Specialmaschinen zusammen genommen. Es werden daher Maschinen nach Thomasset's System nicht combinirt hergestellt, sondern
stets als Specialmaschinen für Untersuchung von Probestäben auf Zug, Druck, Torsion
bezieh. Biegung.
Fr.