Titel: | Neuerungen an Kleindampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 303 |
Download: | XML |
Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Patentklasse 17. Mit Abbildungen auf Tafel 17 und 21.
(Fortsetzung der Abhandlung S. 253 d.
Bd.)
Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Vielfache Anwendung haben die Maschinen mit zwei oder in der Regel drei auf einem
vierseitigen Kasten neben einander stehenden einfach wirkenden Cylindern und mit
Trunkkolben, welche auf eine durch den Kasten gehende Kurbelwelle wirken, gefunden
(vgl. die Maschinen von Behne und Siegel 1880 236 * 94 und
1881 240 * 250, von Hagelin
1881 241 * 9 und von Morsier
1881 241 * 84). Die Hauptvorzüge dieser Anordnung liegen
darin, daſs der Kasten ein sehr festes stabiles Gestell bildet, daſs die Maschine
wenig Raum einnimmt und der Gang, namentlich mit drei um 120° gegen einander
versetzten Kurbeln, sehr regelmäſsig wird. Wesentlich ist, daſs die Kolben recht
lang und auch die Kurbelstangen nicht zu kurz genommen werden, damit die Abnutzung
in den Cylindern in Folge des Seitendruckes nicht zu groſs ausfalle. Die
verschiedenen Constructionen unterscheiden sich hauptsächlich durch die
Steuerung.
Th. Ch. Watts in London (Erl. * D. R. P. Nr. 3819 vom
25. Juni 1878) hat bei den in Fig. 1 bis
4 Taf. 21 dargestellten Maschinen mit zwei bezieh. vier Cylindern einen
rotirenden Scheibenhahn zur Steuerung benutzt, welcher, wie schon oben bemerkt, nach
auſsen hin leicht undicht wird. Die Spindel desselben ruht hier mit einem Bunde i auf der Hohlschraube i1, durch welche der Scheibenhahn genau
eingestellt und der Druck in der Berührungsebene nahezu auf Null herabgemindert
werden kann. Der Dampf tritt in den Hahn seitlich ein. Der Regulator wirkt auf einen
Drosselschieber. Bei der Anordnung Fig. 3 ist
jeder der beiden Cylinder noch von einem gröſseren Cylinder umgeben, in welchem sich
ein mit dem zugehörigen kleinen Kolben unten verschraubter ringförmiger Kolben
bewegt. Der Dampf tritt aus den kleinen Cylindern in die ringförmigen Räume behufs
besserer Ausnutzung seiner Expansion über und strömt aus diesen durch die centrale
Oeffnung ab. Bei Fig. 4 ist
ein Muschelschieber benutzt. Derselbe wird mittels eines Hebels bewegt, welcher
unten in einer Curvennuth geführt wird.
Die Kolben sind mit Penn'scher Liderung versehen. Die Schubstangen sollen für kleine
Maschinen ganz aus Phosphorbronze und mit H-förmigem Querschnitt hergestellt werden;
für groſse Maschinen wird die Verwendung von Stahlröhren mit Köpfen aus
Phosphorbronze vorgeschlagen.
Der eingangs erwähnte Uebelstand verhältniſsmäſsig langer und enger Dampfkanäle ist
in hohem Maſse vorhanden bei den Maschinen von R. Holtz
in Oevelgönne und H. Haedicke in Kiel (Erl. * D. R. P.
Nr. 6948 vom 15. Jan. 1879) und von H. Haedicke (Erl. *
D. R. P. Nr. 8577 vom 10. Mai 1879). Dieselben sind in so fern recht einfach, als die drei
Kolben sich gegenseitig selbst steuern, also auſser diesen, den Kurbelstangen und
der Welle bewegliche Theile nicht vorhanden sind. In Fig. 5 bis
13 Taf. 21 ist die neuere Construction (D. R. P. Nr. 8577) dargestellt.
Die drei Cylinder haben verschiedene Durchmesser. Beim regelmäſsigen Vorwärtsgang
(die Maschine ist hauptsächlich für kleine Dampfboote bestimmt) wird der Dampf nur
dem kleinsten Cylinder zugeführt, tritt aus diesem in einen Zwischenbehälter, dann
in den zweiten Cylinder, hierauf in einen zweiten Zwischenbehälter und schlieſslich
in den dritten gröſsten Cylinder. Die Maschine wirkt also dann nach dem
Doppelcompoundsystem. Mit Hilfe von recht sinnreich im Deckel angeordneten Kanälen
und einem darüber liegenden Schieber (vgl. Fig. 10 bis
12) kann man jedoch auch allen drei Cylindern frischen Dampf sowohl für
den Vorwärtsgang, wie für den Rückwärtsgang geben. Jeder Cylinder ist oben mit einer
Oeffnung für den Eintritt und Austritt des Dampfes und auſserdem in der Mitte mit
drei Oeffnungen (vgl. Fig. 8)
versehen, von denen die mittlere zu der oberen Oeffnung des folgenden Cylinders
führt. Diese mittlere Oeffnung k wird durch zwei im
Kolben befindliche Mulden (vgl. die Abwickelung des kleinsten Kolbens Fig.
13) abwechselnd mit den beiden anderen und durch diese mit dem Ein- und
Ausströmungskanal, bezieh. den beiden Zwischenbehältern in Verbindung gebracht. So
wird der Kolben II durch I,
III durch II und I durch III gesteuert.
Der Dampf muſs hierbei folgenden auſserordentlich langen Weg zurücklegen: Aus dem
Schieberkasten durch Kanal a, Mulde i des groſsen Kolbens (Fig. 5 und
9) und Kanal k1 in den Cylinder C1 (Fig. 5), aus
diesem zurück durch k1
die zweite Mulde e des groſsen Kolbens (Fig. 9), den
Kanal A, den Schieber (Fig. 11)
und den Kanal n in den Raum R1 (Fig. 9), den
ersten Receiver; hierauf durch die Oeffnung x1, die Mulde i
des kleinsten Kolbens und den Kanal k2 in den zweiten Cylinder und zurück durch
k2, die Mulde e des kleinsten Kolbens, den Kanal B (Fig. 9), den
Schieber (Fig. 10)
und den Kanal c in den zweiten Theil des Dampfmantels,
den Receiver R2;
endlich aus diesem durch Oeffnung x2, Mulde i des
mittleren Kolbens (Fig. 9),
Kanal k3 in den
gröſsten Cylinder und zurück durch k3, Mulde e des
mittleren Kolbens, Kanal C und Schieber (Fig.
5) schlieſslich in den Ausströmkanal o. Daſs
hierbei der Dampf nicht viel Nutzarbeit verrichten kann, ist leicht einzusehen.
Sollen alle drei Cylinder Volldampf erhalten, so wird der Schieber so gestellt, daſs
die drei Kanäle a, n und c
(Fig. 8) frei liegen und die Kanäle A, B und
C mit dem Ausströmkanal o verbunden sind. Für den Rückwärtsgang werden umgekehrt die Kanäle A, B und C frei gelegt und
a, n und c mit o in Verbindung gebracht. – Ein Rückschlagventil,
welches in einem aus dem gröſsten Cylinder nach auſsen führenden Kanal angebracht
ist (Fig. 6), läſst Luft in diesen Cylinder eintreten, wenn die Spannung in
demselben unter den Atmosphärendruck sinken sollte.
Die Maschine von F. Th. Nagel in Hamburg (Erl. * D. R.
P. Nr. 10877 vom 21. Januar 1880), welche in Fig. 14 bis
17 Taf. 21) dargestellt ist, wird durch einen rotirenden Hahn mit darin
liegendem verstellbarem Expansionshahn gesteuert. Das Hahngehäuse besteht mit dem
gemeinschaftlichen Deckel der drei Cylinder aus einem Stück. Der nach auſsen ganz
offene äuſsere Hahn, welcher sich in gleichem Sinne mit der Kurbelwelle dreht, aber
nur halb so viel Umläufe macht, ist durch vier im Kreuz stehende Längsrippen in vier
Kammern getheilt. Zwei gegenüber liegende derselben sind nach dem inneren
festliegenden Hahn hin offen, an den Enden abgeschlossen und durch zwei Querwände in
je drei Abtheilungen getrennt; sie dienen für die Einströmung; die anderen beiden
für die Ausströmung bestimmten sind nach innen abgeschlossen, nach dem einen Ende
hin, von dem das Ausströmrohr abgeht, dagegen offen. Der innere Hahn ist mit 6
Schlitzen versehen, von denen je zwei einander gegenüber liegen. Diese drei Paare
sind wie die drei in die Cylinder führenden Kanäle um je 60° gegen einander
versetzt. Die Hähne sind mithin vollständig symmetrisch zur Drehachse und, da die in
die Cylinder führenden Oeffnungen nur schmal sind, auch fast vollständig entlastet.
Der Druck in achsialer Richtung wird von einer Stellschraube b (vgl. Fig. 16 und
17) aufgenommen. Die hohle Spindel des äuſseren Hahnes ruht in einem
Kammlager.
Der Antrieb erfolgt durch Kegelräder unter Einschaltung einer vertikalen Welle i. Auf derselben ist eine Einrichtung angebracht,
welche ermöglicht, die Maschine auch während des Ganges bequem umzusteuern. Das
Zahnrad g ist nicht fest auf der Welle, sondern nimmt
dieselbe, sich auf einen Stellring stützend, durch Vermittelung eines auf die Welle
i aufgekeilten Muffes m mit, welcher mit ihm durch eine Freigangskuppelung (vgl. Fig. 18)
verbunden ist. Soll umgesteuert werden, so wird eine auf der Hülse m verschiebbare Reibungsscheibe r durch Anheben des Gewichtes s (Fig.
14 und 17) mit der
Reibungsscheibe q, welche mit dem Zahnrad f zusammengegossen ist, in Eingriff gebracht. Es wird
dann, da q gröſser ist als r, während die Zahnräder f und g gleich sind, die Welle i
dem Zahnrade g, also auch der Hahn gegen die
Kurbelwelle voreilen, bis die Knaggen k und l der Freigangskupplung (Fig. 18)
sich auf der anderen Seite berühren. Die Dampfvertheilung entspricht dann der
Drehung im entgegengesetzten Sinne.
Während des Stillstandes der Maschine kann die Umsteuerung mittels der Handgriffe u bewirkt werden. Der Expansionshahn muſs beim
Umsteuern ebenfalls in eine andere Lage gebracht werden. Es sind daher an dem
Zahnbogen des Handhebels w zwei Skalen, eine für den
Vorwärtsgang und eine für den Rückwärtsgang angebracht. Die Dampfvertheilung ist für
Vorwärts- und Rückwärtsgang genau gleich gut; Voröffnen, Compression und Auslaſs
sind für alle Füllungsgrade, welche zwischen 0 und 0,85 veränderlich sind, gleich.
Wenn die Hähne dauernd dicht zu halten wären, so würden überhaupt derartige Steuerungen, namentlich für
schnell laufende Maschinen wegen der ruhigen gleichmäſsigen Drehbewegung des
Steuerorganes ganz vorzüglich sein.
(Schluß folgt.)