Titel: | H. Richter und Paschke's nasser Luftcompressor. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 357 |
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H. Richter und Paschke's nasser
Luftcompressor.
Mit Abbildungen auf Tafel 26.
Undeutsch, über H. Richter und Paschke's nassen
Luftcompressor.
Beim Entwurf einer künstlichen Ventilation für die sächsische Steinkohlengrube
Bockwa-Hohndorf Vereinigtfeld bei Lichtenstein, wozu eine minutliche Menge von 20cbm gesunder, durch Wasser direkt gekühlter Luft
angenommen war, stellte sich der damalige Grubendirektor H.
Richter (jetzt auf dem v. Arnim'schen
Kohlenwerke zu Planitz in Sachsen) in Anbetracht des Umstandes, daſs die Anwendung
nasser Compressoren aus der Maschinenfabrik Humboldt in
Kalk bei Deutz unbequeme Verhältnisse mit sich gebracht hätte, die Aufgabe, eine
Einrichtung zu ersinnen, welche direkte und innigere Berührung zwischen Luft und
Wasser erlaubt, das kalte Speisewasser in der Compressionsperiode aufnimmt, groſse
Kolbengeschwindigkeiten, also relativ kleine Abmessungen der einzelnen Theile
gestattet und bei alledem durch die Wasserfüllung den schädlichen Raum im
Compressionscylinder gleich Null liefert.
Unter Zugrundelegung dieser Forderungen entstand die in Fig. 1 Taf.
26 in ihren Principien veranschaulichte Construction, welche, wie Professor H. Undeutsch zu Freiberg in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1882 S. 51
mittheilt, als eine einfache Abänderung des Harzer Wettersatzes betrachtet werden
kann. a ist ein mit Wasser vollständig gefüllter
vertikaler Cylinder, in welchem sich, durch die Stopfbüchse b abgedichtet, das Plungerrohr c auf- und
abbewegt. Letzteres trägt bei d die Druckventile und
über denselben eine röhrenförmige Verlängerung e,
welche mit Stopfbüchsendichtung f in dem Druckrohr g spielt. Das concentrisch im Cylinder a stehende Rohr h bildet
das Saugrohr und trägt dasselbe am Kopf die Saugventile i, welche bei vollständig gesenktem Plungerrohr dicht unter den
Druckventilen d stehen. Steigt das Plungerrohr, so ist
Saug-, sinkt dasselbe, so herrscht Compressionsperiode, während welcher durch eine
kleine Preſspumpe kaltes Speisewasser in den Cylinder a
eingeführt wird. Der Ueberschuſs an Wasser erfüllt das Rohr e und wird hierauf durch das Druckrohr g nach
dem Windkessel übergeführt, woselbst es von selbst entweicht. Vom Windkessel aus
führt die Windleitung in die Grube.
Wie aus der Beschreibung ersichtlich ist, unterscheidet sich der von Richter erdachte und vom Maschinenfabrikanten Paschke in Freiberg durchconstruirte Compressor vom
Harzer Wettersatz im Wesentlichen nur durch die Anordnung der Stopfbüchse b und erfüllt der Compressor im Uebrigen alle
gestellten Bedingungen.
Da das im Cylinder a befindliche Wasser an der Bewegung
des Kolbenrohres nicht theilnimmt, so sind ohne Entstehung von Wasserstöſsen groſse
Kolbengeschwindigkeiten zuläſsig und werden deshalb die Dimensionen und Gewichte
klein, wegen der vertikalen Anordnung des Cylinders und des Plungerrohres auch die
Widerstände gering. Da ferner die eintretende Luft das gekühlte Saugrohr h durchzieht, das Plungerrohr vollständig in das kalte,
im Cylinder a befindliche Wasser eintaucht und die Luft
sowohl durch die Plungerwandungen und durch die Berührung mit dem im Cylinder a befindlichen Wasser, als auch in Folge
Durchstreichens des über den Druckventilen in dem Rohre e stehenden Wassers Kühlung erfährt, so ist die letztere nicht nur der des
Humboldt-Compressors ähnlich, sondern wesentlich
besser.
Die Versuche an dem Richter'schen Compressor bestätigen
diese Annahmen und darf behauptet werden, daſs die schon hohe zuläſsige
Geschwindigkeit bei geeigneter Anordnung der Compressionscylinder zu dem Motor noch
wesentlich weiter gesteigert werden darf, ohne den hohen Wirkungsgrad zu
beeinträchtigen. Selbst bei groſsen Geschwindigkeiten laufen die Compressoren ruhig
ohne jedes Geräusch der Ventile und im Uebrigen mit geringem Kraftaufwand. Die
Anschaffungskosten des Humboldt-Compressors zu dem Richter'schen sollen sich wie 3 : 2 verhalten.
Trotz erfolgter Patentirung (* D. R. P. Kl. 27 Nr. 1139 vom 4.
November 1877) stellt Undeutsch die Frage, ob eine der
Richter'schen gleiche oder ähnliche Einrichtung
schon früher bestand. Die Literatur berichtet darüber nichts; es befand sich jedoch
zur Speisung des Luftversuchskessels im Polytechnikum zu Zürich eine von Zeuner und Reuleaux
angegebene und von Gebrüder Sulzer in Winterthur
ausgeführte, auf gleicher Grundlage beruhende Luftpumpenconstruction, welche durch
Fig. 2 Taf. 26 genügend veranschaulicht ist. Der Unterschied zwischen
dieser und der Richter'schen Construction besteht nur
in der Vertauschung der Ventile: d wird Saugventil, i Druckventil und h das
direkt nach dem Kessel führende Drukrohr.