Titel: | Zur Kenntniss des sogen. Hederichöles; von E. Valenta. |
Autor: | E. Valenta |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 36 |
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Zur Kenntniſs des sogen. Hederichöles; von
E. Valenta.
Valenta, zur Kenntniſs des sogen. Hederichöles.
Als im J. 1880 die Oelsaat-Ernte in Ungarn über Erwarten schlecht ausfiel, dachte man
an die Möglichkeit der Verwendung eines Ersatzes für die Rübölsamen, aus welchem ein
dem Rüböl nahe stehendes Product erhalten werden könne. Nach vielen Versuchen,
welche mit den Samen verschiedener Pflanzen angestellt wurden, zeigte es sich, daſs
jene des gemeinen Hederichs (Raphanus raphanistrum L. Raphanistrum arvense Wall.) auch Heiden- oder Ackerrettig
genannt, sich vorzüglich zur Oelgewinnung eigne und das daraus dargestellte Oel
obiger Anforderung vollkommen entspreche. Damals wurde aus diesen Samen zum ersten
Male im groſsen Maſsstabe Oel gewonnenVgl. C. Schädler; Technologie der Fette des Pflanzen-
und Thierreiches, Berlin 1882 S. 442. Nach anderen Angaben soll nun
der Hederichsamen bereits im J. 1877 zu Zwecken der Oelgewinnung mit Rübsen
vermengt verarbeitet worden sein.; heute wird die Stammpflanze,
welche im sandigen Boden sehr gut gedeiht, nach Mittheilungen meines Gewährsmannes
in Ungarn kultivirt und das gewonnene Oel sowohl für sich, als mit Rüböl gemischt
unter letzterem Namen in den Handel gebracht.
Der Hederich hat eine schottenförmige Frucht, deren
kleine, den Rübsen ähnliche Samen 30 bis 35 Proc. Oel enthalten, welches durch
Pressen gröſstentheils daraus gewonnen werden kann. Das mir zur Verfügung stehende
Oel verdanke ich der Güte eines ungarischen Oelproducenten. Es zeigt eine dunkel
olivengrüne Farbe. Geruch und Geschmack sind jenen des Rüböles sehr ähnlich; nur ist
letzterer anfangs milde, hinterher kratzend zu nennen.
Schädler gibt in seinem Buche die Dichte des
Hederichöles bei 15° zu 0,9135, den Erstarrungspunkt als bei – 8° liegend an. Diese
Angaben mögen für
raffinirtes Hederichöl gelten, welches zu erhalten mir leider nicht gelungen ist.
Das rohe Hederichöl, das ich untersuchte, zeigt bei 15° eine Dichte von 0,9175 und
erstarrt weit unter der früher angeführten Temperatur; es läſst sich ziemlich schwer
verseifen und bedarf 1g des Oeles 174mg Aetzkali, wogegen 1g rohes Rüböl 177mg Aetzkali benöthigt.
Da die Differenz zwischen diesen Zahlen eine sehr geringe ist, so kann dieses
Verhalten nicht zur Nachweisung des Hederichöles bei Gegenwart von Rüböl benutzt
werden. Von mancher Seite wird das Versetzen des Rüböles mit Hederichöl, obschon
beide Oele, wie bereits erwähnt, sehr ähnliche Eigenschaften zeigen und das letztere
Oel dem ersten in Bezug auf seine Verwendbarkeit nicht viel nachstehen dürfte, als
eine Verfälschung
Reagenz
Reaction
Anmerkungen
Schwefelsäure von 1,635 Dichte „ „ 1,530
„ „ „ 1,470 „
dunkel grün.olivengrün, bei län-gerem Stehen
nach-dunkelnd.dunkel grün.
Läſst man das 3. Gemisch einige Zeit stehen, so bil- den
sich 2 Schichten. Bei Hederichöl ist die obere Schicht
grasgrün, die un- tere spangrün gefärbt; Rüböl zeigt ein fast
gleich- förmiges Olivenbraun- grün in beid. Schichten.
Salpetersäure von 1,18 Dichte „ „ 1,22
„ „ „ 1,33 „
olivengrün m. einemStich ins
Gelbbraune.olivengrün m. einemStich ins
Gelbe.dunkel braungrün.
Bei längerem Stehen bil- den sich zwei Schichten.
Die obere ist gelb, die untere grünlich gefärbt.Rüböl zeigt eine
braune ins rothe ziehende Färbung.
Nitroschwefelsäure.Gleiche Theile von Schwefel- säure
(D = 1,845) und Sal- petersäure (D = 1,330)
dunkelbraun.
Rüböl gibt eine kaffee- braune Färbung
Königswasser.25 Vol.-Th. conc.
Salzsäure 1 „ „ Salpetersäure
dunkel gelbgrün.
Salpetersäure D = 1,33 undNatronlauge D = 1,33
chocoladefarbenesGemisch.
Nach längerem Stehen bil- den sich zwei Schichten, deren
untere weiſs, bei Gegenwart von gröſseren Mengen Rüböl gelb
ge- färbt erscheint.
Natronlauge D = 1,34
gelbgrün
Rüböl zeigt eine gelbbraune Färbung.
Concentrirte Lösung von dop- pelt chromsauren Kali mit
Schwefelsäure versetzt
braun ins Oliven-grüne ziehend.
Rüböl erscheint licht roth- braun gefärbt.
Barbot's Reagenz.Mit Stickoxyd gesättigte con-
centrirte Salpetersäure
dunkel olivenbraun.
Rüböl zeigt eine braune ins rothe ziehende Fär- bung.
Syrupdicke Lösung von Phos- phorsäure
olivengrün.
bezeichnet; es tritt daher an den Chemiker die Frage heran,
wie es möglich sei, ein solches „falsches Rüböl“ vom echten zu
unterscheiden.
Auf Veranlassung des Hrn. Prof. Dr. J. J. Pohl habe ich
mir zum Zwecke der Vergleichung Proben beider Oele, wie sie von Ungarn aus in den
Handel gelangen, verschafft und deren Verhalten gegen die gebräuchlichsten
Reagentien zur Oelanalyse im Laboratorium des Genannten einer Prüfung unterzogen,
deren Resultate in der vorstehend angeführten Tabelle verzeichnet sind, wobei ich
jene Reactionen, welche nur sehr geringe oder gar keine Anhaltspunkte zur
Vergleichung dieser Oele liefern, auſser Acht lieſs. Charakteristisch für das
Hederichöl erscheint mir folgendes Verhalten: Etwa 5g des fraglichen Oeles werden mit Kalilauge und Weingeist unter Erwärmen
theilweise verseift und die erhaltene Seife darauf von dem noch unverseiften,
goldgelb gefärbten, fast geruch- und geschmacklosen Oele durch Filtriren getrennt.
Das eingeengte Filtrat färbt sich, wenn gröſsere Mengen von Hederichöl vorhanden
sind, beim Versetzen mit Salzsäure bis zur stark sauren Reaction deutlich grün.
Gegenüber den gebräuchlichsten Reagentien zur Untersuchung von fetten Oelen verhält
sich das rohe Hederichöl, wie aus der Tabelle S. 37 zu entnehmen ist. (Es wurden 5
Vol.-Th. Oel mit 1 Th. des betreffenden Reagenz vermischt, einige Zeit – etwa 3
Minuten – geschüttelt, dann stehen gelassen.)
Wien, den 10. December 1882.