Titel: Untersuchung einiger Gemüsearten auf ihren Gehalt an Eiweissstoffen.
Fundstelle: Band 247, Jahrgang 1883, S. 340
Download: XML
Untersuchung einiger Gemüsearten auf ihren Gehalt an Eiweiſsstoffen. Böhmer's Untersuchung einiger Gemüsearten. Bekanntlich enthalten alle grüne, zur Ernährung dienenden Pflanzen auſser den Proteïnstoffen noch andere Stickstoff haltige Verbindungen, welche zur thierischen Ernährung in durchaus verschiedenartigem Verhältniſs stehen (vgl. 1880 235 469. 237 414). Nach Untersuchungen von C. Böhmer (Landwirthschaftlichen Versuchsstationen, 1882 Bd. 27 S. 247) hatten die gebräuchlichsten Gemüsearten, wie sie auf den Markt gebracht werden, in der bisher üblichen Weise untersucht, folgende Zusammensetzung: Gemüseart Wasser Trocken-substanz Proteïn Fett N freieExtract-stoffe Holz-faser Asche Spinat 84,88 15,12   4,31 0,67   6,51   1,25 2,38 Erbse 72,28 27,72   8,13 0,61 15,70   2,43 0,85 Buffbohne 80,00 20,00   6,97 0,39   8,84   2,86 0,93 Spargel 96,03   3,97   1,03 0,12   1,55   0,74 0,53 Steckrübenstengel 94,13   5,87   1,75 0,12   1,48   0,90 1,62 Kopfsalat 95,14   4,86   1,47 0,23   1,67   0,70 0,79 Möhre 90,00 10,00   1,20 0,27   6,55   1,13 0,85 Kohlrabi 92,04   7,96   2,31 0,13   3,48   1,15 0,89 Blumenkohl 93,04   6,96   2,22 0,17   2,60   1,07 0,90 Schminkbohne 91,06   8,94   2,42 0,16   4,48   1,08 0,81 Zuckerhut 93,74   6,26   1,91 0,13   2,83   0,75 0,63 Champignon   6,66 93,34 27,31 1,13 48,99 11,37 4,54 Trüffel   4,35 95,65 26,98 2,20 36,25 22,93 7,33 Um aber die Menge der wirklich vorhandenen Proteïnstoffe zu bestimmen, wurde die von Stutzer empfohlene Fällung mit Kupferoxydhydrat, die mit Bleioxydhydrat und die Differenzmethode angewendet, nach welcher das Filtrat von Kupferoxydniederschlag eingedampft und darin der Stickstoffgehalt bestimmt wurde; danach ergaben sich für Proteïn folgende Zahlen: Gemüseart Proteïn-Stickstoff gefällt mit Proteïn-StickstoffMittel Proteïn Gesammt-stickstoffderTrocken-substanz Cu(OH)2 Pb(OH)2 Bestimmtaus derDifferenz Spinat 3,54 3,45 3,54 3,51 21,94 4,56 Erbse 3,64 3,39 3,64 3,56 22,25 4,69 Buffbohne 4,28 4,38 4,50 4,39 27,44 5,57 Spargel 3,44 3,21 3,33 3,33 20,81 4,13 Steckrübenstengel 1,65 1,72 1,69 10,56 4,76 Kopfsalat 2,96 2,97 2,97 18,56 4,85 Möhre 1,57 1,57 1,55 1,57   9,81 1,91 Kohlrabi 2,13 1,94 2,09 2,05 12,61 4,64 Blumenkohl 2,66 2,38 2,76 2,60 16,25 5,11 Schminkbohne 2,74 2,60 2,67 2,67 16,69 4,32 Zuckerhut 2,58 2,45 2,50 2,51 15,69 4,89 Champignon 3,31 3,37 3,34 20,88 4,68 Trüffel 3,55 3,72 3,63 22,69 4,50 Demnach entfallen erhebliche Mengen Stickstoff in den Gemüsearten auf Nichteiweiſsstoffe, namentlich neben den Brassica-Arten im Kopfsalat und in der Schminkbohne. Es ist ferner auch bei Befolgung des Will-Varrentrapp'schen Verfahrens der Stickstoffbestimmung gleichgültig, ob man hierzu den mit dem Eiweiſsniederschlag vereinigten unlöslichen Rückstand oder das von Eiweiſs freie Filtrat verwendet; eine Oxydation des Ammoniaks durch Kupferoxyd findet also nicht statt. Es wurde nun der Ammoniakgehalt nach dem Schlösing'schen Verfahren festgestellt. Für die Bestimmung der Säureamide und Amidosäuren wurden 9g Substanz mit Kupferoxydhydrat gefällt, das Filtrat wurde auf dem Wasserbade unter Zusatz von Knochenkohle stark eingedampft, filtrirt, mit wenig Wasser nachgewaschen und in 3 gleiche Theile getheilt; ⅓ wurde direkt, ⅓ nach 2stündigem Kochen mit Salzsäure und Neutralisiren im Azotometer (1881 241 159) mit Bromlauge zersetzt. Der Unterschied beider Bestimmungen gab den Stickstoff der Carboxylgruppe bezieh. die Menge der Amidosäure-Amide. Die 3. Portion wurde nach dem Kochen mit Salzsäure zur Entfernung des Ammoniaks mit Kalihydrat und etwas Knochenkohle eingedampft und zur Bestimmung der reinen Amidosäuren verwendet. Eine vorhergehende Entfärbung mit Knochenkohle erwies sich als unbedingt nöthig, um bei der folgenden Behandlung mit salpetriger Säure ein zu starkes Schäumen zu vermeiden. Da nun Asparagin und Glutamin als Amidosäure-Amide mit N2O3 das doppelte der Stickstoffmenge entwickeln, welche sie nach dem Kochen mit Salzsäure im Azotometer abzugeben im Stande sind, so muſs man, um den Gehalt an reinen Amidosäuren, Leucin und Homologen zu erhalten, von dem mit N2O3 entwickelten Stickstoff das doppelte des mit Bromlauge erhaltenen abziehen und den Rest noch durch 2 dividiren: \mbox{C}_2\mbox{H}_3\mbox{NH}_2\left\{\mbox{CONH}_2\atop \mbox{COOH}\ \,\right.+\left \mbox{HCl}\atop \mbox{H}_2\mbox{O}\right. = \mbox{C}_2\mbox{H}_3\mbox{NH}_2\left\{\mbox{COOH}\atop \mbox{COOH}\right.+\mbox{NH}_4\mbox{Cl} \mbox{C}_2\mbox{H}_3\mbox{NH}_2\left\{\mbox{COOH}\atop \mbox{COOH}\right.+2\mbox{HNO}_2 = 2\mbox{C}_2\mbox{H}_3\mbox{OH}\left\{\mbox{COOH}\atop \mbox{COOH}\right.+2\mbox{H}_2\mbox{O}+2\mbox{N}_2 2(\mbox{NH}_4\mbox{Cl})+3\mbox{NaBrO}\ 2\mbox{NaHO} = 2\mbox{N}+3\mbox{NaBr}+2\mbox{NaCl}+5\mbox{H}_2\mbox{O}. Zur Beseitigung des aus der Salpetrigsäure nebenher sich entwickelnden Stickoxydes wurde übermangansaures Kalium und Chromsäure verwendet. Es wurden so für Ammoniak, Amidosäure-Amid und Amidosäure folgende Gehalte an Stickstoff gefunden: Gemüseart Stickstoff als Säure-amidAmido-säureProc. Amido-säureProc. Am-moniakProc. Spinat (Spinacia oleracea) 0,123 0,068 0,021 Erbse (Pisum sativum) 0,052 0,361 0,020 Feldbohne (Vicia faba) 0,027 0,059 0,013 Spargel (Asparagus officinalis) Steckrübenstengel (Brassica Napus rapifera) Kopfsalat (Lactuca sativa viriceps) 0,155 0,154 0,024 Möhre (Daucus carota) 0,013 0,142 0,006 Kohlrabi (Brassica oleracea caulorapa) 0,151 0,231 0,018 Blumenkohl (Brassica oleracea botrytis) 0,104 0,566 0,017 Schminkbohne (Phaseolus vulgaris) 0,061 0,442 0,010 Zuckerhut (Brassica oleracea conica) 0,158 0,178 0,015 Champignon (Agaricus campestris) 0,092 0,416 0,011 Trüffel (Tuber cibarium) 0,072 0,202 0,008 Zieht man diese Stickstoffgehalte von dem Nichteiweiſs-Stickstoff ab, so bleiben als Rest noch erhebliche Mengen übrig, welche nur zum geringsten Theile unter die noch fehlenden bekannten Stickstoff haltigen Verbindungen untergebracht werden können. Da in grünen Pflanzen Peptone nicht vorkommen, so werden diese Stoffe nur zum geringsten Theil zu den Peptonen zu zählen sein, sondern zu den Stoffen, welche zwischen den Peptonen und den krystallinischen Endproducten der Eiweiſszersetzung stehen.