Titel: Kostenberechnung für Pyrit-Schwefelsäure in Amerika; von G. Lunge.
Autor: Georg Lunge [GND]
Fundstelle: Band 248, Jahrgang 1883, S. 36
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Kostenberechnung für Pyrit-Schwefelsäure in Amerika; von G. Lunge. Lunge, über Kostenberechnung für Pyrit-Schwefelsäure in Amerika. Bekanntlich wird in Amerika noch immer die meiste (bis vor Kurzem alle) Schwefelsäure aus sicilianischem Schwefel gemacht, obwohl im Lande eine groſse Menge von Pyriten zu finden ist. Neuerdings schenkt man den letzteren mehr Aufmerksamkeit; verschiedene Fabriken sollen schon damit arbeiten und eine Anzahl von Gesellschaften sind zur Ausbeutung der Pyritgruben gegründet worden. Der Vicepräsident einer solchen, der Sulphur Mines Company of Virginia, W. G. Crenshaw, veröffentlicht im Engineering and Mining Journal, 1883 Bd. 35 S. 74 folgende Vergleichung der Kosten von Schwefelsäure aus Rohschwefel oder Pyrit, angeblich gegründet auf 1jährige Arbeit mit einem Kammersysteme von 3115cbm (110000 Cubikfuſs) Inhalt, wozu ich mir erlauben werde, einige kritische Anmerkungen zu machen: Aus Rohschwefel. Aus Pyrit. Dollars Dollars Anlagekosten1 30000 Anlagekosten1 32000 ––––– ––––– 1100 Tons2 zu 31,50 34659 2100 Tons2 zu 6,00 12600   88 Tons Salpeter3 zu 55,00 4840     80 Tons Salpeter3 zu 55,00 4400 Arbeit4 1200 Arbeit4 1200 Kohlen 1200 Kohlen 1600 ––––– ––––– 41890 19800 Zinsen, Ausbesserungen, Gene-    ralkosten 20 Proc.5 6000 Zinsen, Ausbesserungen, Gene-    ralkosten 20 Proc.5 6400 ––––– ––––– 47890 26200 ===== ===== Ausbringen 4950 Tons Kam-    mersäure zu 11 Dollars Ver-    kaufspreis6 54450 4050 Tons Kammersäure bei    11 Dollars Verkaufspreis6 44550 ––––– ––––– Gewinn = 13,69 Procent der    Kosten 6560 Gewinn = 70 Proc. der Kosten 18350 ===== ===== Bei 10 Dollars Verkaufspreis 49500 Bei 10 Dollars Verkaufspreis 40500 ––––– ––––– Gewinn 3⅓ Proc. 1610 Gewinn 54 Proc. 14300 ===== ===== Bei 9 Dollars Verkaufspreis 44550 Bei 9 Dollars Verkaufspreis 36450 ––––– ––––– Verlust 3340 Gewinn 39 Proc. 10250 ===== ===== Kosten der Kammersäure7 aus Roh-    schwefel für 1 Ton von 2000 Pfund    engl. Dollars 9,71. Kosten der Kammersäure7 aus Pyrit    für 1 Ton von 2000 Pfund engl.    Dollars 6,47. 1 Der Mehrbetrag der Anlagekosten für Pyritbetrieb muſs viel höher als 2000 Dollars gegenüber Rohschwefel sein, selbst mit Berücksichtigung der um ⅕ niedriger angeschlagenen Production. Für jene Summe kann man unmöglich Kiesöfen, Kiesbrecher u.s.w. herstellen. 2 Unter „Tons“ sind stets die amerikanischen zu 2000 Pfund engl. = 907k,18 verstanden. 3 Der Salpeterverbrauch ist enorm hoch, augenscheinlich weil man keine Wiedergewinnung in Gay-Lussac und Glover hat. Aber der Unterschied im Verbrauche zwischen Rohschwefel und Pyrit dürfte gerade unter diesen Umständen erheblich gröſser als hier angenommen sein. 4 Es ist unsinnig, den Arbeitslohn bei Rohschwefel und Pyrit gleich zu setzen. Bei letzterem dürfte er 2 bis 3mal so hoch kommen, eingerechnet Brechen des Kieses und Ausfahren des Abbrandes. 5 Es ist völlig unzulässig, die Ausbesserungen und Generalkosten bei Pyrit nicht höher, und zwar erheblich höher, als bei Schwefel anzusetzen. 6 Der Preis von Säure aus Pyrit kann unmöglich gleich dem aus Rohschwefel gesetzt werden. Ihres Arsen- und Eisengehaltes wegen ist sie stets weniger werth. 7 Der Preis von Säure aus Pyrit kann unmöglich gleich dem aus Rohschwefel gesetzt werden. Ihres Arsen- und Unter „Kammersäure“ wird wohl solche von 120° Twaddell = 54° Baumé verstanden sein, welche in England die gewöhnliche Basis der Berechnung bildet; doch kann man dies für Amerika nicht bestimmt wissen. Diese Anmerkungen zeigen, daſs die Berechnungen des Hrn. Crenshaw durchaus phantastische und augenscheinlich auf ein „Gründungs“-Publikum berechnete sind. Daſs in Amerika Säure aus dortigem Pyrit erheblich billiger zu stehen kommen wird als solche aus von Sicilien her eingeführtem Schwefel, ist ja selbstverständlich; aber Uebertreibungen obiger Art sind nur schädlich für die Sache, denn sie verleiten das Publikum (und dies scheint eben ihr Zweck zu sein!), unsinnig hohe Preise für die Pyritgruben zu zahlen und damit die darauf beruhende Industrie von vorn herein zum Vortheile einiger Gründer lahm zu legen.