Titel: Ueber die calorische Behandlung des Hochofenbetriebes.
Fundstelle: Band 248, Jahrgang 1883, S. 123
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Ueber die calorische Behandlung des Hochofenbetriebes. [Ueber die calorische Behandlung des Hochofenbetriebes.] Die ersten Versuche, den Hochofenprozeſs calorisch zu behandeln, gingen von C. Schinz aus (vgl. 1868 189 513); seine Voraussetzungen weichen jedoch so sehr von dem wirklichen Betriebe eines Hochofens ab, daſs seine Berechnungen ohne bedeutende Correctionen nicht nutzbar zu machen sind. Die wichtige Arbeit von J. L. Bell über Entwicklung und Verwendung von Wärme in Hochöfen wurde von P. v. Tunner (Leipzig 1870) und Grüner (vgl. 1872 204 39. 1874 212 224. 1876 220 247) weiter ausgeführt. Bemerkenswerthe Untersuchungen über den Hochofenbetrieb wurden dann von Wolters (1876 222 329. 539), Friderici (1882 246 477) und Schellhammer (vgl. Wagner 's Jahresbericht, 1882 S. 59) ausgeführt. E. F. Dürre zeigt nun in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1883 S. 127 ff., daſs die Wärmeproduction im Hochofen sich zusammensetzt aus der bei chemischen Prozessen erzeugten Wärme, der durch den heiſsen Wind und durch heiſs aufgegebenes Material dem Betriebe zugeführten Wärme. Die berechenbaren Verbindungswärmen des Hochofenprozesses bestehen fast allein aus dem bei der Oxydation des Kohlenstoffes und Wasserstoffes der Brennstoffe gelieferten Wärmemengen. Die sonstigen Reactionen, welche die Bildung neuer Verbindungen zur Folge haben, sind von Zersetzungen begleitet, daher calorisch mehr oder weniger unbedeutend. Man hat sie deshalb auch meistentheils vernachläſsigt oder nicht beachtet, wiewohl einzelne derselben noch ganz ununtersucht geblieben sind und ein festes Urtheil über ihre Bedeutung eigentlich noch unmöglich ist. Die Wärmeabsorption bei der Bildung der Schlacken z.B. ist noch durchaus dunkel und wird, wenn ihre Untersuchung gelingt, manche widersinnig scheinende Resultate der Hochofenwärmelehre in ganz natürlichem Lichte auftreten lassen. Da die im Schachte aufsteigenden Gasströme mit zunehmender Weite des Ofens und zunehmender Dichtlage der Materialien bedeutende Unregelmäſsigkeiten in der Temperatur wie in der Zusammensetzung zeigen, so ist es unmöglich, die Wirkung der im Hochofen verbrannten Kohle anders als durch Bezug auf die Ergebnisse sehr vieler Gasanalysen, für welche das Material aus der alle Ströme vereinigenden Hauptleitung genommen werden muſs, zu berechnen. Gruner machte zuerst auf die Wichtigkeit des Verhältnisses CO2 : CO als Kriterium des Hochofenganges aufmerksam und bestimmte bei einem gegebenen Durchschnittsverhältnisse zwischen Kohlenverbrauch und Metallgehalt des Erzes den Ausdruck CO2 : CO für den idealen Gang des Hochofens, bei welchem keine nochmalige Reduction der Kohlensäure stattfindet. Um aus dem Ausdruck CO2 : CO = m die Menge der Gase zu berechnen, ist zu berücksichtigen, daſs die Menge des Kohlenstoffes in den Gasen bestehen wird aus dem Kohlenstoffe a des gesammten Möllers und aus dem Kohlenstoffe b des Brennstoffes, nach Abzug des zur Kohlung des Eisens verbrauchten Kohlenstoffes c. Der Rest p = a + b – c vertheilt sich, sobald der Gehalt an Methan vernachlässigt wird, nach der von Gruner aufgestellten Formel (3y : 7) + (3my : 11) = p, wo y die Menge des Kohlenoxydes, my die der Kohlensäure bedeutet. Folglich y = 77 p : (33 + 21m). Will man auch die Kohlenwasserstoffe berücksichtigen, so berechnet man aus p und dem bei der Gaszusammensetzung ermittelten Kohlenstoffgehalt die ganze Gasmenge und dann die Mengen der einzelnen Kohlenverbindungen (vgl. 1882 245 400). Die aus dem Möller in die Gase getretenen Sauerstoffmengen bestehen zunächst aus dem Sauerstoffgehalte der ausgetriebenen Kohlensäure der Fluſsmittel und Zuschläge, dann der Menge, welche die in das Eisen übergegangen Elemente bei ihrer Reduction abgegeben haben, und endlich der Sauerstoffmenge, welche einzelne Oxyde beim Uebergange in niedrigere Oxydationsstufen während des Verschlackens abgegeben haben müssen. Gruner hat nachgewiesen, daſs die angegebene Methode der Luftberechnung das einzig zuverlässige Resultat zu geben vermag, da die zur Berechnung der Luftmengen aus der an den Düsen beobachteten Spannung und dem Düsenquerschnitte anwendbaren Formeln zu viel Mängel haben, um richtige Resultate zu ergeben. Die chemische Rechnungsmethode dagegen bedarf nur eines durch möglichst zahlreiche Versuche ausreichend richtig geführten Nachweises der Zusammensetzung der abziehenden Gase, sowie einer ebenso wahrscheinlichen Bestimmung der sonstigen Verhältnisse des Hochofenbetriebes. Die Wärmezufuhr durch die erhitzte Gebläseluft macht sich geltend in einer Ermäſsigung des Kohlen Verbrauches. Da aber dieser Ersatz der Verbrennungswärme durch eingeführte Wärme niemals ganz ohne Temperatursteigerung im Hochofen, d.h. heiſseren Gang vor sich geht, so ändert sich durch Erhitzung der Gebläseluft stets der Gang und Verlauf der Kohlenstoffverbrennung. Zunächst wird die Menge der zu verbrennenden Kohle kleiner; in Folge dessen nimmt die Gasmenge ab und steigt langsamer auf, so daſs sie besser Zeit und Veranlassung hat, ihre Wärme an die Bestandtheile der Schmelzsäule abzugeben. Es ist in den meisten Fällen beobachtet worden, daſs mit Einführung der Winderhitzung bei einem Hochofen die Gichttemperatur sank, während sie bei Steigerung der Pressung, also der Windmenge, stieg. Die Wärmezufuhr durch vorgängige Röstprozesse kommt nur da in Betracht, wo, wie dies bei steirischen und einzelnen skandinavischen Hochöfen der Fall ist, das Rösten der Erze mit Hochofengasen und in solcher Nähe der Gicht geschieht, daſs die Erze ohne erhebliche Mühe heiſs aufgegeben werden können.