Titel: | W. Becker's Verfahren zum Kochen von Speisen. |
Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 460 |
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W. Becker's Verfahren zum Kochen von Speisen.
W. Becker's Verfahren zum Kochen von Speisen.
Nach dem bisher üblichen Kochverfahren geschieht die Zubereitung der Speisen unter
Einwirkung ein und derselben hohen Temperatur, nämlich der Siedehitze. Dagegen will
W.
Becker in Berlin (* D. R. P. Kl. 53 Nr. 21270 vom 8. März 1882) den zu
bereitenden Speisen nur die zweckmäſsigste Summe von Wärmeeinheiten bei
entsprechender Temperatur zuführen, um den Geschmack der Speisen zu erhöhen und eine
bedeutende Ersparniſs an Brennmaterial zu erzielen.
Um nun Speisen, welche verschiedener Temperaturen bedürfen, gleichzeitig kochen zu
können, bedient sich Becker des Wasser- und Dampfbades
in folgender Weise. Ein innen mit Kupfer ausgeschlagener Holzkasten ist durch
Doppelwandungen mit Einlage von schlechten Wärmeleitern so vollkommen wie möglich
gegen Wärmeverluste geschützt. Dieser Kasten ist nach Bedarf durch Scheidewände in
Kammern getheilt und mit möglichst dicht schlieſsendem, ebenfalls doppelwandigem
Deckel versehen. In den Kasten bezieh. in jede Kammer mündet in der Nähe des Bodens
ein innerhalb des Kastens mit feinen Löchern versehenes Dampfrohr, welches mittels
Ventil verschlieſsbar ist. In diese Kammern sind die Kochtöpfe entweder fest
eingesetzt, oder werden auf einen durchbrochenen Boden oberhalb des
Dampfeinströmungsrohres lose gestellt. Die Gefäſse sind mit Deckeln geschlossen,
welche mit ihren Kanten
unter das in die Kammern bis zu gewisser Höhe eingefüllte Wasser reichen, so daſs
die in den Töpfen sich entwickelnden Dämpfe weder austreten, noch die aus dem
Wasserbade sich entwickelnden Dämpfe an die Speisen gelangen können. Man kann die
Töpfe auch luftdicht verschlieſsen und statt des Wasserbades nur Dampf zum Kochen
benutzen. Diese letztere Methode schlägt Becker
besonders für tragbare Kücheneinrichtungen vor. Nachdem die Töpfe mit den zu
kochenden Speisen unter Zusatz des nöthigen Wassers und etwa beizugebender Gewürze
gefüllt sind, wird der Deckel des Kochkastens geschlossen und der Dampf durch
Oeffnen des Ventiles in das Wasserbad geleitet. Beim Vorhandensein mehrerer Kammern
kann man in jeder Abtheilung eine andere Temperatur erzielen und zwar immer
diejenige, welche erfahrungsgemäſs zum Kochen der betreffenden Speisen erforderlich
ist. Sobald die gewünschte Temperatur erreicht ist, was mittels Thermometer
festgestellt werden kann, wird der Dampfzutritt zu der betreffenden Kammer
abgesperrt und die Speise wird ohne neue Wärmezufuhr zu Ende gekocht.
Dieses neue Verfahren hat auſser den angegebenen Vortheilen noch denjenigen, daſs die
Speisen vermöge der gleichmäſsigen Temperatur lange Zeit frisch bleiben, so daſs man
sie mehrere Stunden vorher kochen kann.
Die Erfindung läſst sich jedem Bedürfnisse anpassen; für groſse Kochanstalten, wie
Militär- und Volksküchen ist sie jedenfalls von Bedeutung. Die Firma Rietschel und Henneberg in Berlin hat die Verwerthung
dieser Erfindung übernommen und gibt in einer kleinen Schrift mehrere Grundformen
der Becker'schen Kochapparate an, welche feststehende
oder fahrbare Kochherde mit festen oder losen Kesseln darstellen. Der nothwendige
Dampfentwickler wird als senkrechter Locomobilkessel entweder ganz aus Kupfer, oder
mit schmiedeisernem äuſserem Mantel und kupferner Feuerbüchse mit Siederohren aus
gleichem Materiale gebaut, um hohen Nutzeffekt zu erzielen. Um jede Explosionsgefahr
zu verhüten, wird nur mit Dampf von 0at,5
Ueberdruck gekocht; für ein Bataillon in Kriegsstärke genügt ein Dampfentwickler von
3qm Heizfläche. Die abgehenden
Verbrennungsgase des Kessels werden zweckmäſsig zum Heizen eines Bratofens benutzt.
Für Kochapparate, welche bei Truppentransport oder Sanitätszügen in einem Güterwagen
eingerichtet sind, wird der Dampf von der Locomotive entnommen. Fahrbare Feldküchen
erhalten den Dampfentwickler mit dem (für 250 bis 300 Mann ausreichenden)
Kochapparat auf einem leichten 2spännigen Wagen zusammen montirt.