Titel: Notizen von der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich 1883; von Friedr. Kick.
Autor: Friedrich Kick [GND]
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 49
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Notizen von der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich 1883; von Friedr. Kick. Kick, Notizen über die schweizerische Landesausstellung. Welcher Techniker unserer Zeit hätte nicht schon Ausstellungen betreten mit dem Streben, das Neue, welches sie bieten, kennen zu lernen, und wem wäre es hierbei nicht zugestoſsen, an Neuem achtlos vorübergeschritten zu sein, weil es vielleicht umstellt war von Bekanntem. – Der Besuch von Ausstellungen kann mit Entdeckungsreisen gar wohl verglichen werden; für beide ist die Art der Vorbereitung wesentlich. So wie mangelhafte, an Lücken reiche Berichte eines ersten Reisenden die Arbeit des zweiten dennoch wesentlich erleichtern können, so vermögen vielleicht auch diese Zeilen dem Zwecke zu dienen, vorwaltend in mechanisch-technologischer Beziehung den folgenden Besuchern der sehr gelungenen Schweizerischen Ausstellung die Auffindung von besonders Sehenswürdigem zu erleichtern; keinesfalls vermögen sie Vollständiges, auch nicht in der bezogenen Richtung zu bieten. Die Schweizerische Ausstellung liegt, von der Kunsthalle abgesehen, dicht am Bahnhofe. Sie zerfällt in zwei durch die Sihl getrennte Theile: die in einem Parke nahe dem Eingange liegende Industriehalle einerseits, die Maschinenhalle andererseits. Die Kunsthalle ist etwa 20 Minuten entfernt, dicht am Züricher See bei der Tonhalle gelegen. In der Industriehalle finden sich zunächst die Erzeugnisse der Textilindustrie (Seide, Baumwolle, Wolle, Leinen, Stickerei), welche in dieser Vielseitigkeit und Vorzüglichkeit kein zweites Land gleicher, ja selbst mehrmal gröſserer Einwohnerzahl aufzuweisen hat. Laie und Fachmann werden im vollsten Sinne durch das Gebotene befriedigt. Besonders mag hier die Aufmerksamkeit auf die theils aus Winterthur, theils aus Glarus stammenden Baumwollstoffe aus Feingarn gelenkt sein, welche durch seidenartigen GlanzVielleicht „verseidet“ nach Hosemann's Patent (vgl. 1882 243 268, ferner 1879 234 432. 1880 238 93). überraschen, sowie auf die im Stücke gefärbten Seidenstoffe von Kasp. Honegger und die gleichfalls im Stücke gefärbten, aus Winterthur stammenden Stoffe aus Baumwolle und Schafwolle, welche zweifarbiges Muster (Dessin) aufweisen, als wären sie aus Garnen zweierlei Farbe hergestellt, während doch das Färben im Stücke stattfand, aber so, daſs die eine Farbe nur auf der Wolle, die zweite nur auf der entsprechend gebeizten Baumwolle anfiel. Die Kattundruckerei bietet unter den ausgestellten mannigfachen Gattungen auch solche, welche den Laien befremden, indem die ziemlich groſsen, farbenreichen Muster so gedruckt sind, daſs die Farben nicht correct passen. Es mag bemerkt werden, daſs diese für den Orient bestimmten Waaren Handdruckerei imitiren sollen und, weil in dieser Art verlangt, auch, wie hervorgehoben, absichtlich unvollkommen hergestellt werden. Unter den Stickereien ist insbesondere die Ausstellung von Rittmeyer und Comp. in St. Gallen hervorzuheben und wohl auch zu bemerken, daſs dieser Industriezweig für die Schweiz bereits zur gleichen Bedeutung gelangte wie die viel ältere Uhrenindustrie. Beide weisen eine Ausfuhr im Werthe von 80 Mill. Franken aus. An die Textilindustrie reiht sich die Ausstellung der Uhren, Bijouterien und wissenschaftlicher Instrumente an, welche den Centralraum der Industriehalle einnehmen. Von der Schweiz kann man hierin Groſses erwarten; ist ja die westliche Schweiz die Taschenuhrenfabrik Europas, gegen welche sämmtliche andere Producenten weitaus zurückstehen. Auch hohen Erwartungen ist völlig entsprochen, das Gebotene ist reichhaltig in jeder Beziehung. Unter den wissenschaftlichen Instrumenten sind Amsler's Apparate zur mechanischen Integration (auch für Zwecke des Schiffbaues), die geodätischen Instrumente von Coradi und von Kern sowie die Hipp'schen Chronoskope und Chronographen technisch besonders interessant; die physikalischen Apparate, welche, insbesonders die elektrischen, in reicher Zahl sich finden, seien nur nebenbei bemerkt. Amsler hat auch eine Garnwage eigenartiger Construction ausgestellt, mit welcher man nahezu ebenso rasch wie mittels der Zeigerwage, aber wesentlich genauer und verläſslicher wiegt. Das Garn wird an einem kleinen äquilibrirten Balken aufgehängt, welcher mit einem Röllchen auf dem eigentlichen, doppelarmigem Wagebalken aufruht. Letzterer kann sammt seinem Drehpunkte horizontal unter dem Röllchen hin verschoben werden. Am rechten Ende des Wagebalkens ist ein kleines Gewicht angeschraubt, auf den linken Arm drückt durch die Vermittelung des Röllchens das Garngewicht des angehängten Strähnes. Mittels der durch ein Getriebe bewirkten horizontalen Verschiebung des Wagebalkens bringt man diesen endlich in jene Stellung, bei welcher trotz des auf dem linken Arme lastenden Garngewichtes der Wagebalken einspielt (d.h. eine Marke die horizontale Stellung erkennen läſst). Nachdem nun das Gewicht eines Strähnes verkehrt proportional der Nummer des Garnes ist, für das Einspielen des Wagebalkens aber das statische Moment der Belastung (Garngewicht mal wirksame Länge des Hebelarmes) eine Constante seih muſs, so wird die zur Wirkung gebrachte Länge des Wagebalkens proportional der Nummer des Garnes sein, woraus folgt, daſs der Wagebalken für jede folgende um eine Einheit höhere Nummer um eine gleiche Länge nach rechts verschoben werden muſs. Diese bestimmte Länge bildet die Einheit eines Maſsstabes, welcher mithin, indem er die Verschiebung erkennen läſst, auch unmittelbar gestattet, die Garnnummer des gewogenen Strähnes abzulesen, da die an den Theilstrichen angebrachten Ziffern direkt den Garnnummern entsprechen. In unmittelbarer Nähe des Raumes, welcher die wissenschaftlichen Instrumente birgt, dicht neben dem in der Mitte der Längsfront des Industriegebäudes angebrachten Eingange, befindet sich Amsler's aufklappbare Rettungsleiter, Jede Sprosse ist durch zwei Gelenke mit den Leiterstangen verbunden und, hebt man die vordere bewegliche Stange auf, so drehen sich sämmtliche Sprossen und legen sich endlich derart ein, daſs die ganze Leiter wie ein an der Wand befestigter, viereckiger Balken aussieht. Die Leiter kann nur von der Gallerie aus geöffnet werden; sie klappt sich dann auf. Die bedeutende Bijouterie-Industrie Genſs ist aus merkantilen Gründen nur schwach vertreten; Aehnliches gilt von den Hilfsmaschinen der Uhrmacherei, welche (im Anschlüsse an die Uhren) sich in geringer Zahl vorfinden, was nicht Wunder nehmen darf, da in der Schweiz Patentschutz nicht besteht und der Abnehmerkreis für diese Maschinen vorwaltend in der Schweiz selbst zu suchen ist. Das Industriegebäude enthält ferner noch die für Jeden hochinteressante Kartographie und die Unterrichtsabtheilung, des weiteren Bekleidungsgegenstände, Papier, Vervielfältigung (Buchdruck u. dgl.), Stroh, Holzschnitzerei, Möbel, Zimmereinrichtungen. In getrenntem Anbaue ist das Hotelwesen zur Anschauung gebracht und zeigt diese originelle und interessante Abtheilung, mit welchem Ernste die Schweiz die Pflege des Fremdenverkehres behandelt. Die Jagd, das Forstwesen und der Alpenclub finden ihre Darstellung in drei an einander stoſsenden Gebäuden, gegenüber der Längsseite der Industriehalle tiefer in der Parkanlage gelegen, deren Aeuſseres, die Verkleidung mit Tannenrinde, den forstlichen Inhalt errathen läſst, welcher übrigens auch lehrreiche orographische Arbeiten, so über die Gletscherbewegung u.a.m., enthält. Schreitet man längs der Hauptfront der Industriehalle entlang über die Sihlbrücke, so sieht die Maschinenhalle entgegen, welche aus zwei auf einander senkrecht stehenden Flügeln von zusammen etwa 240m Länge und 30m Breite besteht, an welche sich der gesammten Ausdehnung nach Seitenflügel anschlieſsen, in denen Rohproducte, Baumaterialien, die Metallindustrie, das Verkehr- und Ingenieurwesen, der Hochbau und die „Einrichtung des Hauses“ ihre Aufstellung finden. Mit dem Querflügel der Maschinenhalle in unmittelbarer baulicher Verbindung stehen ferner noch weitere, ziemlich umfangreiche Gebäude, welche der chemischen Production, den Nahrungs- und Genuſsmitteln, der Hygiene und dem Rettungswesen, endlich der Landwirtschaft und deren Maschinen zugewiesen sind. Im Folgenden soll nur von den Objekten der Maschinenhalle gesprochen werden. Schon das Portal ist ein sehenswürdiges Ausstellungsstück der v. Roll'schen Eisenwerke, dessen aus Achsbüchsen gebildete Bogen trefflich in das Ganze eingefügt sind. Dieses Portal läſst die Bestimmung des Gebäudes sofort errathen, obwohl dasselbe im Uebrigen in Holz ausgeführt werden muſste. Betritt man die Maschinenhalle selbst, so fällt auf, daſs die Transmissionen unter den Boden gelegt sind, eine Eigentümlichkeit, welche dem Räume, selbst in den Arbeitsstunden, den Eindruck des Ruhigen gibt und die Zugänglichkeit zu den Maschinen erhöht. Die Betriebsmaschinen sind natürlich zugleich Ausstellungsgegenstände und ist als ein wahres Prachtstück in Construction und Arbeit die von der Locomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur ausgestellte 50e-Dampfmaschine mit Ventilsteuerung, Patent Brown, welche sich im Querflügel befindet, in erster Reihe zu nennen, hiernach Sulzer's Compound-Ventildampfmaschine in dem Längsflügel. Besonders reichhaltig ist die Ausstellung auch an Turbinen und kleinen Wassersäulenmaschinen, sowie auch die kinematische Umkehrung des Schmid'schen Motors in seiner Verwendung als Pumpe hervorgehoben werden muſs. Die Ausstellung Schmidt's, welcher durch seine Wasser-Kleinmotoren bekannt geworden ist, befindet sich dort, wo der Längs- an den Querflügel stöſst und enthält auch einen Luft-Federhammer eigentümlicher, interessanter Construction (vgl. 1882 244 * 430). Wenn auch dieser Hammer kaum so wenig Reparaturen erheischen dürfte als die bekannten amerikanischen Frictionshämmer oder Stielhämmer, so hat er doch den wesentlichen Vortheil, an die Höhe des Lokales nicht die Forderungen der Stielhämmer zu stellen, und im Vergleiche mit Federhämmern jenen, daſs die nicht sehr dauerhaften Stahlfedern durch die zwischen Kolben und Cylinder eingeschlossene Luft vertreten sind. Ruht der Hammer am Ambosse auf, so steht der Kolben etwa in der Mitte des Cylinders. Die Kolbenstange ist zugleich Hammerklotz bezieh. mit demselben verbunden. Der Hammerklotz sowohl, als der Cylinder ist an den Ständersäulen gerade geführt. Der Cylinder ist durch Gelenk mit der Pleuelstange verbunden und diese mit der gekröpften Welle (Kurbelwelle). Die durch Riementrieb bedingte Bewegung der Kurbelwelle bewirkt die auf- und abgehende Bewegung des Cylinders. Steigt derselbe, so findet zunächst Zusammenpressen der Luft unter dem Kolben statt * dieser und der Hammerklotz wird durch den Druck der Luft gehoben und bei der abwärts gehenden Bewegung des Cylinders kommt Kolben und Hammerklotz zum Falle. Der Weg des Hammers wird durch die Luftpolster über und unter dem Kolben allerdings etwas verringert, wird aber durch angebrachte Ventile, welche von einer stellbaren Steuerschiene aus zu entsprechender Wirkung gebracht werden, einigermaſsen beeinfluſst. Indem der über dem Kolben befindliche Luftpolster wesentlich zur Beschleunigung des Hammers beiträgt, gestattet derselbe sehr raschen Gang bei guter und leichter Regulirbarkeit der Stärke der Schläge durch die erwähnten Luftventile. Ingenieur A. Schmid hat auch Absperr- und Sicherheitsventile, sowie eine Luftcompressions- und Vacuumpumpe eigener Construction ausgestellt. Eine besonders interessante Compressor-Construction ist von Burckhardt und Comp. in Basel im Längsflügel (nahe dem Querflügel) ausgestellt. Die erhöhte Leistung der Burckhardt'schen Vacuumpumpen und Compressoren beruht darauf, daſs zu Ende jedes Hubes der schädliche Raum unter dem einen Kolben mit dem vollen Räume unter dem anderen Kolben für kurze Zeit durch ein Steuerungsorgan in Verbindung gesetzt wird. Hierdurch erlangt bei den Vacuumpumpen die Luft im schädlichen Räume, welche am Ende des Hubes sonst die Pressung der äuſseren Luft besitzt, jene niedrigere Spannung, welche unter dem zweiten Kolben herrscht, bei den Compressoren jene Pressung, welche im Luftbehälter oder der Luftleitung vorhanden ist. Hierdurch ist ein im quadratischen Verhältnisse höherer Grad des Vacuums bezieh. der Compression ermöglicht. Bezeichnet α die Verhältniſszahl des Volumens des schädlichen Raumes zum Räume des Pumpencylinders, so ist der erreichbare Compressionsgrad bei gewöhnlichen Compressoren durch 1 : α, bei der neuen Anordnung durch 1 : α2 ausdrückbar. An die Schmid'sche Ausstellung reihen sich im Querflügel die in mehrfacher Beziehung sehr interessanten Objekte der Werkzeug- und Maschinenfabrik Oerlikon. Schon die äuſsere Ausstattung ist abweichend; denn um die dieser Fabrik eigenthümliche, an die Sellers'sche Anordnung lebhaft erinnernde Transmissionsanlage zeigen zu können, ist hier die Transmission auf einem besonderen eisernen Gerüste angebracht. Dieselbe ist sehr beachtenswerth; in ausgezeichneter Weise ragen aber die von dieser Firma ausgestellten Werkzeugmaschinen durch Originalität der Construction und mustergültige Ausführung hervor. Bei der ausgestellten Metallhobelmaschine wird das Meiſselhaus beim Rückgange gehoben, so daſs der Stahl hierbei gar nicht mit dem Arbeitstücke in Berührung ist, was jedenfalls zur Schonung der Schneide etwas beiträgt. Die ausgestellte Schraubenschneidmaschine für Schraubenbolzen bearbeitet nach Art ähnlicher amerikanischer Constructionen durch entsprechend eingestellte, nach einander zur Wirkung gebrachte Werkzeuge die achsial zur rotirenden Spindel zugeführte Stange; indem zuerst der Bolzen abgedreht, dann dessen Ende gerundet, hierauf die Schraube (ähnlich wie dies bei den Maschinen zur Holzschrauben-Erzeugung geschah und auch noch bei den einfacheren Maschinen geschieht) mittels eines in einem Hebel eingesetzten Stahles eingeschnitten wird. Bei dieser Operation wird die geradlinige Bewegung dem Messerhebel durch eine Patrone ertheilt. Endlich wird der Kopf abgestochen und hierbei zugleich gerundet. – Besondere Beachtung verdient eine Schleifmaschine für Spiralbohrer. Der Stein rotirt gegen das zu schleifende Werkzeug, welches unter dem geeigneten Winkel eingespannt 3 Bewegungen gleichzeitig erhält: Eine horizontale Rückkehrbewegung parallel zur Steinachse, eine Schaukelbewegung um eine nahe der Schneidkante gedachte Linie und eine oscillirende Drehbewegung um die Werkzeugachse entsprechend der Lage der Schneide am Spiralbohrer. Hierzu gesellen sich die nöthigen Einstellbewegungen, worunter auch jene gehört, vermöge welcher man das eingespannte Werkzeug, ohne seine sonstige Lage zu ändern, um 180° drehen kann, um die zweite Schneide anzuschleifen. Die Maschine arbeitet, vom Einspannen und Umschalten abgesehen, selbstthätig und ist constructiv vollendeter als Haagen's Maschine (vgl. 1876 222 * 401), welche in Philadelphia 1876 zu sehen war. Auch an den übrigen Ausstellungsgegenständen dieser Firma: einer Walzenriffelmaschine, Egalisirbank, Plandrehbank, Fräsmaschine, finden sich neue Constructionseinzelheiten. Auch Wernly aus Genf hat sich amerikanische Muster zum Vorbilde genommen, u.a. eine kleine Handhobelmaschine für feinere Metallbearbeitung ausgestellt, welche ihrer praktischen Construction (leichte Einstellbarkeit für verschiedene Formen des Arbeitstückes) und schönen Ausführung wegen hervorgehoben zu werden verdient. Die Objekte dieses Ausstellers stehen nahe am Ende des Querflügels, wo sich auch die vorzüglich ausgeführten und mannigfachen Maschinen zur Blechbearbeitung von R. Jäcklin aus Basel befinden. Wesentlich Neues ist hier nicht hervorzuheben; doch ist das Sortiment der ausgestellten Maschinen so reichhaltig, wie es auf wenig Ausstellungen vereint zu finden war. Als besonders praktisch gebaut – namentlich betreffs der von der Stuttgarter Ausstellung 1881 her bekannten Trittanordnung – sind die Holz- und Metalldrehbänke von Geiger und Comp. (Filialwerkstätte in Kreuzungen, Hauptgeschäft in Stuttgart) noch zu erwähnen; dieselben befinden sich am Beginne des Querflügels neben Schmidts oben besprochenen Gegenständen. Holzbearbeitungsmaschinen sind zwar mehrseitig ausgestellt; doch wird es genügen, Joh. Weber's Band-Brettsäge (Bandsäge für Stammholz) zu nennen, an welcher eine einstellbare Sägenführung erwähnenswerth ist. Die kleineren Maschinenbauer der Schweiz stehen im Vergleiche zu jenen Württembergs zurück; namentlich mangelt jene Specialisirung, welche bei der Stuttgarter Ausstellung 1881 mehrfach hervorgetreten ist, groſsentheils. Es mag dies theilweise seine Begründung in dem mangelnden Patentschutze finden; theilweise aber ist die in Württemberg ersichtlich gewordene Specialisirung gewiſs eine Folge des Einflusses der dortigen Centralstelle für Gewerbe. Bevor von den Arbeitsmaschinen für specielle Zwecke gesprochen wird, wollen wir der Dynamometer, Winden u. dgl. Hilfsmaschinen gedenken. Auf der Rückseite des Headstockes des von Rieter ausgestellten Selfactors (Maschinenhalle, Längsflügel, Mitte) ist ein Dynamometer beigefügt, welches prinzipiell mit dem Hartig'schen Dynamometer verwandt ist, constructiv aber in mehreren Beziehungen sehr wesentlich abweicht. Der treibende Riemen bethätigt eine fixe Achse a1 am Gestelle des Dynamometers; von einer zweitem fixen Achse a2 führt ein Riementrieb zu der zu treibenden Maschine. Mit a1 und a2 sowie einer zwischen beide gelegten dritten Achse c, sämmtlich horizontal neben einander, sind drei gleich groſse Zahnräder verbunden, durch deren Vermittelung die Bewegung von a1 auf a2 übertragen wird. Die Zahndrücke wirken am Zwischenrade in gleicher Gröſse nach abwärts und, da die Zwischenachse c auf einem einarmigen Hebel gelagert ist, welcher durch eine kräftige Feder gehalten ist, so bewirken diese Drücke eine entsprechende Spannung der Feder, zugleich eine geringe Ortsveränderung des Hebels proportional den Drücken. Diese Ortsveränderung bewirkt die gleichfalls proportionale Ortsveränderung eines zeichnenden Stiftes, welcher seine Stellung auf einem proportional der Tourenzahl bewegten endlosen Papierstreifen markirt und dadurch ein Diagramm der übertragenen Arbeit liefert, dessen Ordinaten proportional den Drücken und dessen Abscissen proportional den Wegen sind. Ein Zählwerk bestimmt zudem noch eigens die Umlaufszahlen. – Zwei weitere Dynamometer, das eine ebenfalls für Riementrieb, das zweite für Einschaltung in Wellentrieb hat Bourry-Séquin und Comp. in Zürich ausgestellt. Diese Dynamometer liefern kein Diagramm, sondern gestatten die Ablesung der Tourenzahl, der übertragenen Kraft, des statischen Momentes der Kraft und der Kraftarbeit an Zeigerwerken (vgl. 1883 247 229). Der Geschwindigkeitsmesser, System Klose, ist sowohl von den Vereinigten Schweizerbahnen (neben dem Querflügel der Maschinenhalle), als von der Werkzeug- und Maschinenfabrik Oerlikon ausgestellt. Dieser Geschwindigkeitsmesser wird durch Reibung bethätigt, braucht keinen besonders vorzubereitenden Antrieb und liefert Diagramme auf einem durch ein Uhrwerk bewegten Papiere, läſst aber nur die verschiedenen Geschwindigkeiten erkennen, nicht aber die Rückwärtsbewegung unterscheiden. Constructiv ist der Apparat sehr gelungen. Joh. Jac. Rieter in Winterthur (Längsflügel, Mitte) hat einen hydraulischen Bremsregulator ausgestellt, dessen Aufgabe darin besteht, in einer Arbeitstätte, in welcher gleichbleibende Tourenzahl ein wesentliches Bedürfniſs ist, jenen ergänzenden Widerstand selbstthätig beizufügen, welcher zur Einhaltung der constanten Geschwindigkeit erforderlich ist, wenn Schwankungen im Kraftbedarfe eintreten. Das Wesen dieses Bremsregulators (Patent Schrieder) besteht darin, daſs Wasser oder Seifenwasser durch ein Kapselradpumpwerk beständig aus einem Gefäſse entnommen und wieder in dasselbe zurückgeführt wird. So lange das Rücklaufrohr frei ist, ist eine sehr geringe Arbeit zum Betriebe dieser Pumpe erforderlich; sowie aber durch den Centrifugalregulator ein Schieber den freien Querschnitt mehr und mehr verengt, wird der Wasserbewegung ein bedeutendes Hinderniſs entgegengesetzt und der so geschaffene Widerstand durch den das Kapselwerk treibenden Riemen ebenso auf die Transmission zurückgeleitet, wie dies mit dem Widerstände jeder anderen Arbeitsmaschine geschieht, und dadurch die Geschwindigkeit, wenn zu hoch, vermindert, also regulirt. (Zeichnungen finden sich im 40. Hefte des Uhland'schen Skizzenbuches.) Der Apparat soll vorzüglich arbeiten. R. Rieter in St. Georgen und Winterthur hat Krahne, Aufzüge und Winden eigenartiger, interessanter Construction ausgestellt. Die Winde für 150k Last ist so eingerichtet, daſs bei dem Heben der Last unter Rechtsdrehung der Kurbel, ein Sperrrad unter einen nun ausgehobenen Sperrkegel vorübergeht, während bei der geringsten Linksdrehung der Sperrkegel zuvörderst einfällt und, indem er an einer Bremsscheibe sitzt, ein weiteres Sinken der Last nur dann zuläſst, wenn der Bremswiderstand durch kräftige Linksdrehung der Kurbel überwunden wird. An der Kurbelachse sitzt ein Kettenrad, welches auf die Lastkette einwirkt, die durch eine gröſsere Führungsrolle an dem Kettenrade gehalten, im Uebrigen aber frei ist. Wir gehen nun zu den speciellen Arbeitsmaschinen über und seien hier zunächst die Steinbohrmaschinen hervorgehoben, unter welchen besonders die durch Sulzer in Winterthur ausgestellte Maschine von Brandt (1878 227 * 56) und die von Roy und Comp. in Vevey ausgestellte, gleichfalls in Thätigkeit gezeigte Maschine von Ferroux (1875 215 * 495) das Interesse der Besucher erwecken werden; denn diese sonst wohl ziemlich allgemein bekannten Maschinen waren noch auf keiner Ausstellung zu sehen. Dieselben befinden sich in einem Nebenraume, welchen man erreicht, wenn man den Längsflügel der Maschinenhalle im linken Gange völlig durchschreitet. Maschinen zur Thonbearbeitung. Henggeler, Hämmerli und Comp. in Landquart haben eine Maschine für die Erzeugung von Dachziegeln ausgestellt (Längsflügel, Mitte), bei welcher die Nase aus einer Wulst entsprechend ausgeschnitten wird. Die Presse selbst unterscheidet sich von den gebräuchlichen für Hohlziegel, Drainröhren u. dgl. verwendeten nicht wesentlich- doch ist das Mundstück der Presse nach innen zu so geformt, daſs die oberwähnte Wulst rein entsteht; ferner ist die Einrichtung des Abschneidetisches bemerkenswerth, auf welchem durch einen vertikal bewegten Draht in gewöhnlicher Weise das Querschneiden, durch einen zweiten horizontal und dann vertikal bewegten Draht jenes Wegschneiden der Wulst eintritt, welches nur die Nase stehen läſst. (Vgl. 1883 247 * 159. 248 319.) Von demselben Aussteller ist auch eine beachtenswerthe Cement-Schlackenziegelpresse ausgestellt. Nicht leicht zu übersehen sind die in der zweiten Hälfte des Querflügels aufgestellten Maschinen von Blösch, Neuhaus und Comp. in Biel zur Erzeugung von Holzschrauben, Drahtstiften und Schuhnägeln. Diese Maschinen arbeiten sämmtlich selbstthätig und sehr vorzüglich. Den bekannten Constructionen am ähnlichsten ist die Drahtstiftenmaschine; die beiden übrigen sind origineller Construction, wenn auch die Holz-schraubenschneidmaschine an die französische Construction von 1867 erinnert und die Schuhnägelmaschine in Bezug auf die Art der Arbeit einer früheren Construction von Egli verwandt ist. Müllerei-Maschinen sind in ziemlich bedeutender Zahl meist im Längsflügel der Maschinenhalle ausgestellt. Sogleich beim Eintritte in dieselbe fällt ein hohes Gerüste auf, welches die Anlage einer sehr einfachen Mühle darstellt und Ingenieur G. Daverio in Zürich zum Aussteller hat. Bemerkenswerth sind nur einige Detailverbesserungen an seinem bekannten und ziemlich weit verbreiteten Dreiwalzenstuhl und der Antrieb des Centrifugalsichters ohne Rädervorgelege. Es kann erlaubt sein, viele hierher gehörige Ausstellungsgegenstände und ihre Aussteller unerwähnt zu lassen, da besonders in diesem Zweige sich selbst bedeutendere Fabriken begnügten, von der in der Schweiz gestatteten Nachahmung auswärtiger Patente Gebrauch zu machen. Theilweise Originelles haben Millot, Weber und Ernst geboten. Wegmann hat leider nicht ausgestellt. A. Millot in Zürich hat Walzenstühle mit sehr handsamer Ausrückvorrichtung, eine Knoblauch-Auslesemaschine und Gries- bezieh. Dunstputzmaschinen neuerer Construction, nebst den zahlreichen Kleinerfordernissen zur Ausstellung gebracht; Weber in Uster jenen Detacheur, welcher bereits in diesem Journale (1880 237 * 197) beschrieben wurde, nebst Walzenstühlen u.a.; von Gebrüder Ernst in Müllheim endlich ist ein sehr solid gebauter Desintegrator zu erwähnen, bei welchem der Zwischenraum der rotirenden Scheiben gegen den Umfang abnimmt. Die in der Schweiz in neuerer Zeit mit recht gutem Erfolge angewendeten Bürstmaschinen für erstes Schrot gelangten nicht zur Ausstellung. Hier mag bemerkt werden, daſs sich in Gruppe 25a (in der Nähe des Querflügels der Maschinenhalle) von Maggi und Comp. in Zürich und Roussy Fils in Vevey sehr interessante Darstellungen des Vermahlungsprozesses finden, vom Ersteren in einem Schema des ganzen Prozesses mit Beifügung der Gewichtsmengen gegeben, von Letzterem durch Ausstellung sämmtlicher Zwischenproducte des Weizenmahlprozesses. Baumwollspinnerei. Ein vollständiges Sortiment hierher gehöriger Maschinen hat Joh. Jac. Rieter in Winterthur ausgestellt (Längsflügel Mitte). Obwohl an diesen Maschinen keine wesentliche Neuerung sich findet, so sei doch auf die ausgezeichnete Lagerung der Flyerspindeln aufmerksam gemacht. Weberei und deren Hilfsmaschinen. Das Beste in dieser Gruppe hat Kaspar Honegger in Rüti mit seinen Kraftstühlen für Halbseidenstoffe geboten; auch eine sehr genau arbeitende Seidenspulmaschine, sowie eine Maschine zum Zusammenlegen (Falten) der Seidenstoffe sind zu erwähnen (Längsflügel gegen die Mitte). An der rechten Wand des Längsflügels stehen kleine Winde- und Spulmaschinen, unter welchen besonders die von J. Brunner in Oetweil hervorzuheben ist, welche sich für kleine Seidenwebereien sehr gut eignet. Eine sehr genau arbeitende, selbstthätige Maschine zum Litzenstricken für Webstuhlschäfte ist von Joh. Müller in Kempten, Canton Zürich, (im Längsflügel, Mitte) ausgestellt. Strickmaschinen nach Lamb's System sind in mehrfachen Verbesserungen für gemusterte Gestricke von Ed. Dubied in Couvet und von der Schaffhauser Strickmaschinenfabrik in Schaff hausen ausgestellt; erstere im Längsflügel an der rechten Wand nahe am Eingänge, letztere an der linken Wand nahe am Ende dieses Flügels. Wesentlich Neues hat für die Herstellung mehrfarbiger Gestricke die Schaffhauser Strickmaschinenfabrik gebracht; auch ist die musterhafte Ausführung dieser Maschinen hervorzuheben. Stickmaschinen sind in der Maschinenhalle zahlreich vertreten, entsprechend dem mächtigen Aufschwünge der Stickerei-Industrie der Schweiz. Ausnahmslos sind es solche, welche mit vielen Nadeln gleichzeitig arbeiten; jene sogen. Kettenstich-Stickmaschinen, die u.a. von Schatz in Württemberg gebaut werden und nach Art der Nähmaschinen mit meist nur einer Nadel arbeiten, werden wohl zum Aufnähen von Mustern, auch nach Mustern ausgeschnittener Stoffe, nicht aber zu eigentlichen Stickereien, sogen. „Plattstich-Stickereien,“ verwendet. Die Maschinen, womit diese letzteren hergestellt werden, arbeiten theils mit 2 (bezieh. 4) Zangenapparaten vor und hinter dem vertikal ausgespannten Stoffe, wobei die Nadeln das Oehr in der Mitte haben und durch den Stoff hindurch gehen und den Faden nachziehen; theils arbeiten sie mit Nadeln, welche das Oehr an der Spitze haben, und ein zweiter Faden wird gleich dem Vorgange an den mit Schiffchen arbeitenden Nähmaschinen zur Schlingenversicherung verwendet. Bei den Maschinen der letztgenannten Gruppe sind hinter dem Stoffe so viele Schiffchen als vor dem Stoffe Nadeln. Als Vertreter der ersten Gruppe sei die von Martini und Comp. in Frauenfeld ausgestellte Maschine (Längsflügel, nahe beim Eingange), als Repräsentant der zweiten J. J. Rieter's Maschine (Längsflügel, Mitte) hervorgehoben; beide Maschinen bieten constructive Verbesserungen; doch finden sich solche auch an Maschinen anderer Aussteller und war überhaupt noch keine Ausstellung so reich an Stickmaschinen als die diesjährige Schweizerische Ausstellung. Maschinen für Papierfabrikation sind von Escher Wyss und Comp. in Zürich und von Theod. Bell in Kriens in tadelloser Ausführung ausgestellt; namentlich hat Bell überraschend Schönes und Interessantes geboten. Seine Papiermaschine weist mehrere Detail Verbesserungen nebst auſsergewöhnlich schöner Ausführung auf. Dieselbe Firma hat eine Papiermaschine mit cylindrischer Form zur Imitation von Handpapier ausgestellt, bei welcher statt eines endlosen Papieres die einzelnen Bogen vom Schöpfcylinder auf den abnehmenden Filz übertragen werden. Hierbei ist das Format der Bogen veränderlich, durch entsprechendes Auflegen von Filzstreifen auf der Schöpftrommel. Bell hat endlich nebst einer Papierquerschneidmaschine nach Verny's System auch eine Holzschleifmaschine eigenartiger Construction ausgestellt. Der Andruck des Holzes findet an beiden Seitenflächen des Schleifsteines statt und soll hierdurch nach der Angabe competenter Fachmänner ein viel langfaserigerer Holzstoff als auf den Maschinen nach Völter's System erzielt werden (vgl. Bach 1883 247 412). Escher Wyss und Comp. haben nebst der groſsen Papiermaschine auch eine Papierschneidmaschine zum Schrägschneiden, für die Erzeugung groſser Couverts, ausgestellt. Im Anschlüsse an diese Maschinen seien auch die Falz- sowie die Falz- und Heftmaschine von Martini in Frauenfeld erwähnt, welche diese Arbeiten mit aller Schärfe ausführen und sehr genau gebaut sind (Längsflügel, Anfang). Das Schweizerische Fabriksinspectorat hat eine gröſsere Zahl von Schutz- oder Sicherheitsvorrichtungen und Einrichtungen zum Schütze der Arbeiter vor Verletzungen zur Ausstellung gebracht (Längsflügel, linke Wand, zweite Hälfte), welche theilweise als sehr gelungen bezeichnet werden können und alle Beachtung verdienen. So ist z.B. ganz besonders einfach (und auch schon anderwärts vielfach im Gebrauche) die Anbringung einer Querschiene bei Satinirwalzen, wodurch die Einführung von Stoff und Papier in keiner Weise gehindert, hingegen das Erfassen der Hand des Arbeiters unmöglich wird. Diese Ausstellung, für welche meist sachverständige Erklärung vorhanden ist, wird der Beachtung bestens empfohlen. Hier sei noch bemerkt, daſs dem Zuge der Zeit entsprechend sich sowohl Maschinen zur elektrischen Beleuchtung, als zur elektrischen Kraftübertragung mehrseitig ausgestellt finden, desgleichen Eismaschinen, Am Ende des Längsflügels, wo derselbe an den Querflügel stöſst,. stehen eine Reihe meist in Thätigkeit befindlicher Maschinen, als: Rundstühle, ein Kettenstuhl, Maschinen der Chokoladefabrikation, Schnellpressen u. dgl., welche, als auſserhalb der Schweiz erzeugt, eigentlich keine Ausstellungsobjekte bilden. Ausgestellt sind die in andere Gruppen gehörigen Fabrikate. Diese Abtheilung der Maschinenhalle ist im Kataloge als Arbeitsgallerie bezeichnet. Aus dem Vorstehenden, welches doch nur das innerhalb weniger Tage Gesehene behandelt, kann entnommen werden, daſs die ausgestellten Objekte sowohl durch ihre Mannigfaltigkeit, als Vorzüglichkeit den Besuch der Schweizerischen Ausstellung empfehlenswerth erscheinen lassen.