Titel: Ueber Gerste und Malz.
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 133
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Ueber Gerste und Malz. Ueber Gerste und Malz. Nach H. Bungener und L. Fries (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1883 S. 39) löst mit 1 Proc. Salicylsäure versetztes siedendes Wasser so viel Stärke auf, daſs man einen ziemlich dicken Syrup erhält, aus welchem beim Erkalten die Stärke sich in scheibenförmigen Krystallen ausscheidet, während die Verzuckerung nur äuſserst langsam bewirkt wird. Kocht man während ¾ Stunden 4 bis 5g fein gemahlene Gerste mit 150cc Wasser und 1g,5 Salicylsäure, so geht alle Stärke in Lösung. Die heiſse, etwas opalisirende, aber ganz farblose Flüssigkeit wird durch ein in einem Heiſswassertrichter befindliches Papierfilter mit Hilfe der Luftpumpe von den hellgelben Trebern getrennt. Man wäscht mit siedendem Wasser, bis ein Tropfen des Filtrates mit Jod keine Reaction mehr gibt, verzuckert die Stärke im Filtrate mit Salzsäure und bestimmt die gebildete Glykose mit Kupferlösung. Die erhaltenen Resultate sind um 1 bis 2 Proc. höher, als wenn man die Stärke durch Wasser bei 135° zur Auflösung bringt. Da in letzterem Falle eine dunkel gefärbte Lösung erhalten wird, so ist es möglich, daſs hierbei ein Theil der Stärke zersetzt wird. Nach L. Aubry (Daselbst S. 85) enthielten 5 Proben Chevaliergerste aus dem Elsaſs, 1882er Ernte, berechnet auf Trockensubstanz: I II III IV V Stärke 62,73 58,20 60,39 65,49 66,34 Stickstoff   1,9008   1,9456   1,6208   1,6400   1,7456 Entspr. Proteïnstoffe 11,88 19,16 10,13 10,25 10,91 Phosphorsäure   1,053   1,082   1,064   1,030   1,062 Entsprechende Gerstenproben von 1880, im Laboratorium der wissenschaftlichen Station für Brauerei in München vermälzt, bei 81° gedarrt und dann untersucht, ergaben folgende Resultate: Die Gerste enthielt Keim-fähigkeit Extract-AusbeuteausTrocken-SubstanzProc. Maltosedes Ex-tractesProc. Maltose:Nicht-Maltose= 1 zu Ver-zucke-runginMinuten Stärke Stickstoff Phosphor-säure 62,57 1,659 1,015   99 81,62 63,96 0,56 30 65,35 1,443 0,910   99 84,36 62,32 0,60 45 65,14 1,646 1,115   98 84,09 65,25 0,53 30 61,20 1,646 1,023   97 83,26 63,02 0,58 30 64,12 1,625 0,965 100 80,67 64,17 0,55 30 65,78 1,819 1,098 100 79,70 64,49 0,55 30 M. Schwarz (Amerikanischer Bierbrauer, 1883 S. 65 u. 99) hat verschiedene Sorten amerikanischer Gerste untersucht. Verf. zeigt, daſs das Korngewicht zu keinem Schlüsse berechtigt auf den Gehalt der Gerste an Trockensubstanz, Stärke, Proteinstoffen (Stickstoff × 6,25) und an Aschebestandtheilen, daſs somit die Höhe des Korngewichtes bei der Werthschätzung der Gerste nicht benutzt werden kann. Die wesentlichsten Resultate der Untersuchung sind in folgender Tabelle zusammengestellt: Gerstensorte Korn-gewicht Wasser-gehalt Die Trockensubstanz enthält Stärke Proteïne Asche Phosphor-säure mg Proc. Proc. Proc. Proc. Minnesota Barley 30,9 14,13 67,31 13,58 2,77 1,05 Scotch II. Qual. 35,4 14,35 63,77 13,34 2,82   0,985 Scotch I. Qual. 34,5 11,90 64,85 11,93 2,86   1,031 Choice Scotch 31,2 14,33 65,20 11,67 3,28   0,934 Wisconsin Barley 32,6 16,14 65,47 10,80 2,83   0,997 Scotch Wisconsin Barley 35,2 14,34 66,12   9,25 2,74   0,929 Canada II. Qual. 29,0 15,31 65,33 10,27 3,16   0,969 Canada II. Qual. 32,8 16,96 68,53 12,73 3,74   0,996 Canada West 30,7 13,29 67,54 11,01 3,02   0,954 Chevalier California 43,7 13,31 68,33 10,42 2,86   0,980 State Barley 35,0 11,24 66,35 11,45 2,72   0,935 Canada Barley 28,6 10,46 66,48 10,47 2,92   0,856 Versuche über die Volumen- und Gewichtsveränderung der Gerste und des Malzes von Chodounsky (Allgemeine Zeitschrift für Bierbrauerei, 1883 S. 328) ergaben, daſs Darrmalz frisch nach dem Abdarren eine Volumenverminderung zeigt; mit der Ablagerung des Malzes nimmt das Malz etwas an Gewicht und Volumen zu. 100hl Gerste geben meist 97 bis 99hl frisch abgedarrtes und 99 bis 101hl abgelagertes Malz. Malzbereitung. Nach K. Lintner (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1883 S. 25) liegen die Hauptübelstände der jetzigen Mälzungsmethode in den ungleichen Temperaturen, welche in dem keimenden Haufen herrschen, und dem verschiedenen Feuchtigkeitszustande, in welchem sich die einzelnen Schichten befinden. Ebenso ist die langsame Abführung der Kohlensäure und der mangelhafte Zutritt von Sauerstoff sicher nicht selten nachtheilig. Sammelt sich im Haufen zu viel Kohlensäure an, so entwickelt sich nicht der von den Mälzern beliebte Gurkengeruch, sondern ein eigenthümlicher Apfelgeruch. Dieses Auf treten von Apfelgeruch dürfte sich darauf zurückführen lassen, daſs jede lebende Pflanzenzelle, wenn sie von dem atmosphärischen Sauerstoffe abgeschnitten wird, eine alkoholische Gährung durch sich selbst erzeugt. In einer Luft mit 20 Proc. Kohlensäure keimen Gerstenkörner nicht mehr. Die pneumatische Mälzerei soll nun alle diese Uebelstände beseitigen. Die angekeimte Gerste wird auf ein fein durchlöchertes Blech geschüttet und der Raum unter demselben luftleer gemacht. Die Tennenluft, welche vorher gereinigt und auf die gewünschte Temperatur gebracht wird, dringt mit einer gewissen Geschwindigkeit durch den Haufen und führt Wärme und Kohlensäure gleichmäſsig ab, so daſs das keimende Korn in einem reinen Luftbade liegt, welches stets gleiche Temperatur und gleichen Feuchtigkeitsgehalt hat. Der Haufen wird alle 12 Stunden umgesetzt und um so viel verschoben, daſs auf der ersten Stelle von neuem Quellgerste aufgeschüttet werden kann. Die Arbeit rückt so bis zum fertigen Grünhaufen regelmäſsig vor. Dabei ist die keimende Gerste stets der Controle durch Auge und Thermometer zugänglich und die höchste Reinlichkeit gewahrt. Eine derartige von C. Völkner für J. Schilcher in Puntigam bei Graz erbaute Mälzerei ist seit Mai 1882 im Betriebe. Dieselbe besteht aus der pneumatischen Tenne nebst Zubehör, 2 Darren, Silo- und Putzeinrichtungen und ist für eine jährliche Erzeugung von 20000hl Malz berechnet. Da ein Haufen 15hl enthält und sich die Arbeit, sowie das Nachschütten täglich 2 mal wiederholt, so werden in 10 Tagen 300hl für jede Bettung fertig. Diese gebrauchen einschlieſslich der Gänge einen Flächenraum von 200qm, während sie auf der gewöhnlichen Haufentenne mindestens 600qm beanspruchen würden. Bei einer im Juni 1882 vorgenommenen Untersuchung zeigte das Thermometer in der Tenne und in sämmtlichen keimenden Haufen eine gleichmäſsige Temperatur von 11,75°; die Auſsenluft hatte dagegen 25,5°. Durch den Haufen von 120qm Fläche strömten stündlich 14400cbm Luft. Wie nun bei der offenen pneumatischen Mälzerei sich der ganze Wachsprozeſs vor den Augen des Mälzers abspiegelt, der jeden Augenblick eingreifen und reguliren kann, dessen Blicke sich kein Korn zu entziehen vermag, so ist das Entgegengesetzte bei der mechanischen Mälzerei der Fall, bei welcher sich während des ganzen Verlaufes der Keimung die Körner in geschlossenen, schwer zugänglichen Behältern befinden, deren Reinigung schwierig und bei denen die Controle des Vorganges nur durch herausgenommene Proben möglich wird. Auſserdem ist bei den meisten mechanischen Keimapparaten die Luftzuführung mangelhafter als bei den gewöhnlichen Haufentennen. Der gröſste Fehler der mechanischen Keimapparate ist aber die denselben anhaftende Unreinigkeit, da viele derselben vollständig unzugängliche Ecken und Winkel bieten, in denen die Schimmelbildung alle Bedingungen vorfindet. Werden unter gleichen Verhältnissen aus verschiedenen Darrmalzen Maischen bereitet und wird die Verzuckerungstemperatur in jeder so lange eingehalten, bis das Malz vollkommen aufgelöst, die Stärkereaction in der Maische verschwunden ist, so findet man, daſs bei einigen Malzen diese Erscheinung rasch, bei anderen langsam eintritt und daſs je nach der Beschaffenheit des Malzes sowohl in den rasch, als in den langsam verzuckernden Maischen das Verhältniſs des Zuckers zum Nichtzucker ein günstiges und auch ein ungünstiges sein kann. Die rasche Auflösung mit günstigem Verhältnisse des Zuckers zum Nichtzucker in der Maische erklärt sich daraus, daſs von den diastatisch wirkenden Stoffen im Malze auf der Darre nur ein kleiner Theil geronnen und unwirksam geworden ist. Eine schnelle Auflösung des Malzes mit einem ungünstigen Verhältnisse des Zuckers zum Nichtzucker in der Maische ist darauf zurückzuführen, daſs der noch wirksam gebliebene Diastaserest die Stärke wohl rasch verflüssigt und löst, aber mehr Dextrin als Zucker liefert. Bei solchen Malzen ist die Temperatur auf der Darre zu rasch gesteigert worden und der noch vorhandene Feuchtigkeitsrest hat zwar nicht ausgereicht zur Glasmalzbildung, wohl aber zur Gerinnung eines groſsen Theiles der wirksamen Protinoide. Es steht diese Erscheinung im Zusammenhange mit der Erfahrung, daſs die Invertirung der Stärke beim Maischen bis zu 70° rascher stattfindet als bis zu 60°, aber mehr Dextrin als Zucker gebildet wird. Die Ursache einer langsamen Auflösung des Malzes, verbunden mit einem günstigen Verhältnisse des Zuckers zum Nichtzucker in der Maische, dürfte darauf zurückgeführt werden, daſs die diastatischen Stoffe im Malze zwar sehr ausgetrocknet, aber nicht zerstört worden sind. Es ist ja eine bekannte Thatsache, daſs stark getrocknetes Eiweiſs nur langsam aufquillt und sich löst. Eine langsame und dabei unvollkommene Verzuckerung weist darauf hin, daſs der gröſste Theil der diastatischen Stoffe auf der Darre unlöslich geworden ist. Bekanntlich hat sich nach den vergleichenden Resultaten in der Praxis beim Versieden von untersuchten Malzen mit den Untersuchungsresultaten der im Laboratorium ausgeführten Maischproben in der Regel ergeben, daſs die besten, vorzüglichsten und haltbaren Decoctionsbiere aus Malzen hervorgingen, deren Maltosegehalt in den erhaltenen Würzen zwischen 65 und 69 Procent des Extractes schwankte, entsprechend Maltose: Nichtmaltose = 1 : 0,45 bis 0,54 (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1882 S. 844). Die Klagen über hohe Vergährung, geringen Schaum und Kraft der Biere treffen in der Regel auf die Malze, deren Verhältniſs von Maltose zu Nichtmaltose in der Würze bei den Laboratoriumsversuchen unter 1 : 0,45 gefunden wurde, während langsame Hauptgährung, schlechte Vergährung und Klärung der Biere, schwieriges Absetzen der Hefe im Lagerfasse, geringe Haltbarkeit und baldiges Schalwerden der Biere mit der Zunahme des Nichtzuckers Hand in Hand gehen. Zu der folgenden Zusammenstellung wurden die Resultate von 250 in Weihenstephan ausgeführten Malzuntersuchungen ausgewählt, zu welchen die aus verschiedenen Mälzereien stammenden Darrmalze nach ihren äuſseren Eigenschaften als normal zu bezeichnen waren, und darin berücksichtigt, wie viele von denselben sich in einer gewissen Zeit auflösen und wie sich dabei das Verhältniſs der Maltose zur Nichtmaltose in den daraus erhaltenen Würzen gestaltete: Von den 250 Malzen lösten sichnach der Erreichung der Ver-zuckerungstemperatur: Davon erreichten das Verhältniſs desZuckers zum Nichtzucker in derMaische noch: in Minuten Malze gut mittelmäſsig schlecht 15 36 14 12 10 20 69 38 19 12 25 57 18 25 14 30 28 14 10   4 35   2   1   1 40   2   2 45 26 10   9   7 50   3   1   1   1 60 21   4 12   3 70   6   3   3 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 250 99 94 57 Die Auflösungszeit verschiedener Darrmalze ist somit auch bei gleichen Maisch verfahren verschieden; die günstigsten Resultate lieferten die Malze mit 30 Minuten Lösungszeit. Die strenge Einhaltung der Verzuckerungstemperatur und besonders das langsame Erwärmen der Dickmaische beim Decoctionsverfahren ist daher sehr wesentlich. Das Darren des Malzes ist eine der wichtigsten Operationen, da das beste Grünmalz verdorben werden kann. Nach L. Aubry (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1883 * S. 125) soll eine gute Malzdarre viel Luft mit dem Malze in Berührung bringen und eine leichte Regulirung der Wärmezufuhr gestatten, damit eine vorzeitige Ueberhitzung des Schwelkmalzes vermieden wird. Entsprechende Versuche mit einer Ulrich'schen Malzdarre (1882 243 * 244), deren Blechhorden von je 20qm,6 Fläche von etwa 1500k Grünmalz 15 bis 17cm hoch bedeckt waren, während die Sauen 3,9, der Darrraum 3m,65 hoch waren, ergaben sehr günstige Resultate. Während einer 4tägigen Beobachtung nahmen bei höchstens 3° Auſsentemperatur die Temperaturen auf beiden Darren sehr gleichmäſsig zu, wie z.B. folgende Versuchsreihe zeigt: Stunde Trockenhorde, Grad Reaumur Darrhorde, Grad R. 1m unterder Horde auf derHorde imMalze der Luftim Darr-malze RelativeFeuchtig-keit auf derHorde imMalze der Luftim Darr-raume 10 Uhr Morgens 34 31 18    15,1    80% 40 37    30,3 11 35 32 16    15,1 80 46 39 35 12 36 34 17    15,3 80 44 43    35,2   1 Uhr Mittags 37 30 18 17 78 48 45 40   2 38 33 31 18 80 51 47 42   3 38 36 35 19 75 52 50 43   4 40 38 36    20,2 70 55 56 46   5 40 35 37 20 63 61 60    48,2   6 39 32 36 22 54 67 68    58,3   7 39 35 35 23 40 75 73 60   8 38 32 32 24 33 80 78 60   9 37 32 30 22 19 82 80 60 Die erhaltenen Malze, deren Zusammensetzung in folgender Tabelle gegeben ist, waren sehr mürbe und gaben feine Würzen von goldgelber Farbe; Malz VII war röstiger, für bayerisches Bier bestimmt, was sich auch durch eine etwas langsamere Auflösung ausdrückte: I II III IV V VI VII VIII Aus Saalgerste von der Ungarmalzvon der Aus Landgerste Trocken-horde Darr-horde Trocken-horde Darr-horde Trocken-horde Darr-horde Darr-malz Darr-malz Wassergehalt des luft-    trock. Malzes Proc.       6,44       1,76       7,98       2,14     5,92       2,35       2,15       2,75 Extract aus lufttrocke-    nem Malze. Proc.   74,0   76,9   71,8   76,5   75,5   77,3   75,3   74,6 Malztrockensubstanz:     Extract Proc.   79,1   78,3   78,0   78,2   80,2   79,3   77,0   76,7     Mit Maltose Proc.   57,8   49,4   54,4   50,6   52,8   49,6   49,3   50,8 Maltose: Nichtmaltose    = 1 zu       0,37       0,55       0,43       0,54       0,52       0,59       0,56       0,51 Beim Maischprozesse    Auflösungszeit in    Minuten 40 45 15 40 25 45 55 30 Bei der Verwendung der Malze in der Brauerei lösten sich die Maischen schön, die Würzen liefen schnell und blank vom Bottich, der Bruch im Hopfenkessel war schön, grobflockig. Im Gährkeller befanden sich sämmtliche Gährungen in tadellosem Zustande, die Biere waren von reinem, vollmundigem Geschmacke, gut schaumhaltend und glanzhell.