Titel: Neuerungen in der Gespinnstfabrikation; von Hugo Fischer.
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 202
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Neuerungen in der Gespinnstfabrikation; von Hugo Fischer. Patentklasse 76. Mit Abbildungen auf Tafel 14. Hugo Fischer, über Neuerungen in der Gespinnstfabrikation. Im Anschlüsse an die früheren Berichte (vgl. 1882 243 * 119.* 195) ist im Nachfolgenden versucht, in kurzen einfachen Darstellungen den wesentlichen Inhalt derjenigen Deutschen Reichspatente wiederzugeben, welche die Gespinnstfabrikation betreffen und seit der Niederschrift der genannten Referate bis jetzt durch das Reichspatentamt veröffentlicht wurden. Allerdings war auch hier, wie früher, eine Auslese zu halten, da nicht alle der ertheilten Patente für die Besprechung geeignet erschienen. Die folgenden Zeilen sind demnach als Fortsetzung der früheren Darlegungen zu betrachten. Zur Erleichterung der Uebersicht ist auch hier die Eintheilung des Stoffes in einzelne Kapitel erfolgt, welche solche Gegenstände zusammenfassen, die gleiche Arbeitsziele verfolgen. Einzelne Abweichungen von der früheren Eintheilung wurden durch den Mangel geeigneter Unterlagen bedingt, da sich die Erfinderthätigkeit nicht gleichmäſsig auf alle Theile des Spinnereigebietes erstreckte. 1) Vorbereitung vegetabilischer Faserstoffe.Vgl. Hugo Fischer 1880 238 * 34. Spencer 1881 239 352. Mülhauser Vorschriften 1881 240 361. Holt's Wolf und Schlagmaschine 1881 241 * 356. Miauton's Carbonisirapparat 1882 244 * 380. Clough's bezieh. Mehl's Wollwaschmaschine 1882 244 * 432 und 1883 247 * 368. O. Schimmel's bezieh. Polster's Wolltrockenapparate 1883 248 * 357. Die Gewinnung der spinnbaren Fasern aus den Stengeln des Hanfes, Flachses und anderer Pflanzen ist durch H. C. Fricke in Bielefeld (* D. R. P. Nr. 18195 vom 17. November 1881) um ein neues Arbeitsverfahren und eine auf demselben gegründete Brechmaschine bereichert worden; – ob zum Vortheile muſs allerdings vorläufig dahingestellt bleiben und wird erst durch eingehende Versuche zu erweisen sein. Bei der Beurtheilung dürfte jedenfalls der Umstand, daſs aller Voraussicht nach bei ungenügender Aufmerksamkeit des Arbeiters die Fasern beträchtlichen Zugspannungen und daher Schädigung ihrer Festigkeitseigenschaften unterworfen werden können, nicht auſser Acht zu lassen sein. Nach den Angaben des Erlinders erfolgt die Zerstörung der die Fasern bedeckenden Holzschicht dadurch, daſs die Stengel an zwei oder mehreren Stellen ihrer Länge von Zangen erfaſst werden, welche abwechselnd eine auf- und niedergehende Bewegung erhalten derart, daſs je zwei benachbarte Zangen immer entgegengesetzte Bewegung besitzen. Hierdurch werden die zwischen den Zangen frei liegenden Stengeltheile abwechselnd nach entgegengesetzten Richtungen durchgebogen und an den Zangenwänden gerieben. Die Stengelfaser widersteht dem hierbei auf sie ausgeübten Zuge; die holzige, scharf getrocknete Umhüllung wird dagegen zerbrochen und theilweise von der Faser abgestreift. Die Zangen sind, wie Fig. 1 und 2 Taf. 14 zeigen, von zwei hölzernen Hebeln a und h gebildet, deren Drehpunkte in dem Gestelltheile c liegen. Den Schluſs der Zangenbacken und den Druck derselben gegen die Pflanzenstengel bewirken Schrauben federn d, welche an dem kleinen Winkelhebel e hängen. Die Kurbelscheibe f und Treibstangen g vermitteln die schwingende Bewegung der Backen a, b. Die Lagerung der Hebel bedingt es, daſs bei der Schwingung die Zangenflächen, welche die Stengel halten, auf einander gleiten und somit die Holztheile von den Fasern abzureiben streben. Für das Durchziehen der Stengel zwischen den Zangenbacken rechnet Fricke auf die Trägheit des rasch schwingenden oberen Backens, welcher, da nicht direkt angetrieben, bei der Rückkehr des unteren Backens aus seiner höchsten Stellung kurze Zeit in der gehobenen Lage verharrt und somit die eingeklemmten Stengel freigibt. Zur vollständigen Zangeneröffnung dient der Fuſstritt h, welcher den Drehzapfen des Winkelhebels e trägt. Der kurze hakenförmige Arm dieses letzteren stützt sich während der Arbeit gegen den festen Gestellzapfen i; die Feder d ist dadurch fest gehalten, wird aber durch Aushängen des Hebels e, beim Niedertreten des Trittes h und Anheben des freien Endes von e mit der Fuſsspitze ausgelöst. In diesem Falle hebt das am Hebel k befestigte Gewicht l den Tritt empor, gleichzeitig mittels des Bügels m den oberen Zangenbacken von dem unteren abhebend. Erst durch Niedertreten des Trittes findet wieder der Schluſs der Zange und die Spannung der Feder statt. Die von J. Roguet in Paris (* D. R. P. Nr. 18358 vom 22. Oktober 1881) angegebene, in Fig. 3 Taf. 14 dargestellte maschinelle Einrichtung ist die Vereinigung einer Brech- und Schwingmaschine. Die erstere wird aus zwei Cylinderpaaren a1, a2 und b1, b2 gebildet, denen das Material auf dem Tische c zugeführt wird. Die cylindrischen Walzen sind parallel zur Achse gerippt, die unteren von dem Zahnrade d angetrieben, die oberen durch Federn belastet, deren Spannung durch Druckschrauben regulirbar ist. Der Austrittstelle des Walzenpaares b1, b2 gegenüber liegt die Schwingtrommel S, deren aus polirten Holz- oder Metallplatten bestehende, parallel zur Drehachse am Trommelumfange befestigte und durch Kautschukbuffer nachgiebig unterstützte Schwingmesser s dicht an den Walzen und der Innenfläche eines die Trommel concentrisch umschlieſsenden Rostes r aus polirten Stäben vorüber streichen. Die Walzen a2, b2 erhalten Pilgerschrittbewegung, welche hier durch ein Ead'sches Getriebe von der Drehung der beiden Achsen e, f abgeleitet ist. Die Achse e trägt ein Excenter, auf dessen Umfang das durch den Arm g an der Achsendrehung gehinderte Rad h drehbar aufgesetzt ist und die Drehung des Excenters auf den Zahnkranz z1 des Rades d und somit auch auf die mit dem innen verzahnten Kranze z2 dieses Rades in Eingriff stehenden Antriebräder der Walzen a2, b2 überträgt. Dies liefert die Einzugsbewegung dieser Walzen. Gleichzeitig wird aber auch der Arm g von dem Excenter i auf der Achse f der Schwingtrommel in rasche Schwingung versetzt und dadurch dem Rade h eine geringe Vor-und Rückdrehung um seine geometrische Achse ertheilt, welche sich abwechselnd zu der Hauptdrehung dieses Rades und folglich auch zur Drehung der Walzen a2, b2 addirt oder subtrahirt. Diese Walzen erhalten demnach die der Pilgerschrittbewegung eigenthümliche bald vorwärts, bald rückwärts gerichtete Drehung, was das Brechen und Abstreifen der Holztheile wesentlich fördert, ohne doch die Lieferungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Eine eigenthümliche Zuführungseinrichtung zeigt die zur Lösung der spinnbaren Fasern aus unreifem Chinagrase, Flachse, Hanfe und dgl. von der Compagnie industrielle de la Ramie in Paris (* D. R. P. Nr. 10309 vom 7. Januar 1880) angegebene Maschine, deren prinzipielle Einrichtung in Fig. 4 und 5 Taf. 14 dargestellt ist. Diese Einrichtung besteht aus einem um Umfange ausgekehlten und um die vertikale Achse a drehbaren Rade b und dem von der stellbaren Rolle c geleiteten endlosen Seile d (vgl. auch Berthet 1882 244 * 121). Die Pflanzenstengel werden bei x so zwischen Seil und Scheibenrand eingeführt, daſs sie etwa in der Mitte ihrer Länge erfaſst und durch Einpressen in die Scheibenkehle um fast 180° zusammengebogen werden. Die der oberen Scheibenfläche zugekehrten Fasern legen sich hierbei auf den kleinen Tisch e auf und werden von diesem den gerippten Walzen f, g zugeleitet. Diese erfassen die Fasern, brechen die Holztheile und streifen diese, da die Fasern durch die Scheibe und das Seil gleichzeitig vorwärts gezogen werden, ab, so daſs die gereinigte Faser bei y aus dem zangenähnlichen Apparate entfernt werden kann. Für das Reinigen der zweiten Faserhälfte werden die gereinigten Enden an einem Haken der oberen Scheibenfläche verschlungen und ebenfalls zwischen die Walzen geführt. Eine Maschine für die Absonderung der spinnbaren Bastfasern aus den Stengeln der chinesischen Nessel empfiehlt P. A. Favier in Villefranche (* D. R. P. Nr. 12 785 vom 15. August 1880). Nach dem der Maschine zu Grunde liegenden Arbeitsverfahren werden die frischen oder gedörrten Stengel durch einen bis zur Mitte des Stengelquerschnittes reichenden Schnitt in der Längenrichtung aufgeschlitzt, zu einem ebenen flachen Streifen gebogen, der innere, jetzt frei liegende Holzkern vielfach gebrochen und von den Bastfasern abgelöst und schlieſslich diese letzteren durch Reibung von der äuſseren Rinde befreit. Die in Fig. 8 Taf. 14 in ihrer prinzipiellen Einrichtung zur Darstellung gebrachte Maschine setzt sich aus zwei Theilen zusammen, der Abschälmaschine A und der Reibmaschine B. Beide Theile verbindet, wenn es sich um die Bearbeitung bereits getrockneter Pflanzenstengel handelt, ein Transporttuch t oder bei der Schälung frischer Stengel eine doppelte Reihe hohler, mit Dampf geheizter Walzen, welche der entholzte Stengel durchläuft, um theilweise getrocknet in die Reibmaschine überzutreten. Vor dem Eintritte in die Walzenpaare a1 bis a4 der Abschälmaschine durchläuft der Stengel die anfänglich kreisförmig gestaltete, nach dem Ende zu flach gedrückte Hülse b. Er wird hierbei von dem bis zur Hülsenachse herabragenden Messer c aufgeschlitzt und gelangt flach gebogen zwischen die Walzenpaare a. Starke Zusammenpressung löst hier den Holzkörper theilweise von dem Baste, so daſs sich nach dem Zerbrechen der Holzschicht mittels des rasch rotirenden Schlägers d die Holztheilchen leicht absondern und zwischen den Transportwalzen e austreten. Die Reibmaschine, welcher die entholzte Bast- und Rindenschicht nun zugeführt wird, besteht aus einer Reihe gröſserer Trommeln f mit parallel zur Achse gerippten Mantelflächen. Diese werden auf der unteren Hälfte ihres Umfanges von einer Reihe parallel zu einander gelagerten, ebenfalls gerippten, dünneren Walzen g umschlossen. Die groſsen Walzen werden direkt angetrieben, die kleineren durch den Eingriff der Riffeln bezieh. durch die Reibung der zwischen den Walzen durchlaufenden Fasern mitgenommen. Den Uebergang zwischen zwei benachbarten Trommeln f vermitteln die Leitwalzen h und Windräder i. Die Riffeltheilung der Walzen nimmt gegen den Austrittspunkt der Maschine hin allmählich ab; sie beträgt z.B. für Maschinen mit sechs groſsen Walzen von 160mm Durchmesser bei je zwei auf einander folgenden Walzen 3mm, 2mm,5 bezieh. 2mm. Die kleinen Walzen erhalten hierbei 50mm Durchmesser. Für die Bearbeitung frischer Stengel empfiehlt es sich, die groſsen Walzen mit Dampf zu heizen; auch ist eine kurze Hin- und Herschiebung dieser Walzen in der Achsenrichtung der Reindarstellung der Faser förderlich. 2) Entkletten der Wolle. Die vollkommene Befreiung der Kammwolle von Kletten und anderen gröſseren Unreinheiten, welche von den Wollhaaren dicht umschlungen werden, gelingt bei den zur Zeit üblichen, mit den Krempelspeiseapparaten verbundenen Entklettungseinrichtungen meist nur unbefriedigend. Es ist dies die Folge des Umstandes, daſs stets nur die eine Seite der die Klettenwalze bedeckenden Wollschicht, nämlich die äuſsere, der Wirkung des Klettenschlägers ausgesetzt ist, während die auf den Grund der Walzengarnitur gedrückten Unreinheiten sich der Schlagwirkung entziehen. Die Firma Klein, Hundt und Comp. in Düsseldorf (* D. R. P. Nr. 11050 vom 31. März 1880) beseitigt diesen Mangel in einfacher Weise durch Anfügung einer weiteren Klettenwalze mit Schläger zwischen Trommel und dem das Wollvlieſs an diesen abgebenden Wender. Die Einrichtung ist durch Fig. 9 Taf. 14 veranschaulicht. Die auf dem Lattentuche a ausgebreitete und von den Einziehwalzen b erfaſste Wolle tritt in den Beschlag der ersten Klettenwalze k1 ein, auf welcher die oberhalb der Zahnspitzen liegenden Kletten von dem Schläger s1 in die Mulde m1 abgeworfen werden. Durch eine zweite Klettenwalze k2 mit kleinerer Umfangsgeschwindigkeit als k1 findet eine Theilung der Wollschicht in der Dicke statt, derart, daſs die obere Schichthälfte auf diese Walze übergeht, um hier nochmals der Wirkung des Schlägers s2 unterworfen und dann an die Wenderwalze w abgegeben zu werden. Die in k1 zurückgebliebene Vlieſshälfte wird an der Berührungsstelle von k1 und w ebenfalls von letzterer aufgenommen und vereinigt sich somit wieder mit der über k2 gegangenen Hälfte. Sie bildet aber jetzt nicht mehr die untere Schicht, sondern steht auf den Spitzen der Kratzenzähne, wird in dieser Lage auf die neu zugefügte dritte Klettenwalze k3 übertragen und hier von dem rotirenden Schläger s3 gereinigt. Die beiden vom Wender w und von der Klettenwalze k3 kommenden Vlieſsstreifen vereinigen sich sodann auf der Krempeltrommel T. L. Offermann in Leipzig (*Erl. D. R. P. Nr. 10000 vom 6. Januar 1880) bemüht sich die bei der Verarbeitung der Kammwolle auf der Krempel aufgerollten und in Fasern verschiedener Länge zerlegten Ringelkletten dadurch für die Abscheidung aus dem Vlieſse vorzubereiten, daſs er dieselben zerstückelt und somit die Ablösung von der Faser bei dem Kämmprozesse erleichtert. Die Einrichtung besteht aus zwei über einander gelagerten und fest zusammengepreſsten Walzen a und b (Fig. 6 Taf. 14). Die untere Walze b besitzt eine glatt abgedrehte Mantelfläche, die obere a ist mit ringsum laufenden, scharfkantigen Rippen versehen. Der Durchmesser des mittleren Walzentheiles ist wenig kleiner als derjenige der Endscheiben c und d, so daſs die Schneiden der Rippen um einen kleinen Betrag von der Umfläche der Walze b abstehen. Hierdurch soll eine Verletzung der stark elastischen, in dünne Schicht zwischen die Walzen geführten Wollfasern vermieden, dagegen die Zertrümmerung der stärkeren und spröden Klettenfasern herbeigeführt werden. Vorzugsweise für die Reinigung des durch Zerfaserung von wollenen Lumpen erhaltenen Fasergemenges (Kunstwolle) von fremden Festkörpern ist ein von J. S. Bolette in Pepinster (* D. R. P. Nr. 16537 vom 5. April 1881) angegebener Krempelspeiseapparat bestimmt. Die Eigenthümlichkeit dieser in ihren wesentlichen Theilen durch Fig. 7 Taf. 14 wiedergegebenen Einrichtung besteht darin, daſs die Speisung der Krempeltrommel T periodisch mit kleinen Fasermengen erfolgt, die ein rotirender oder, wie in der Zeichnung dargestellt, durch ein Kurbelgetriebe geradlinig hin und her bewegter Kamm k den Speisewalzen a entnimmt und an die Walze b abgibt. Auf dem Wege von a nach b läuft dieser Kamm an einem rasch rotirenden Klettenschläger s vorüber, welcher die auf den Kammzähnen ruhenden Festkörper abschlägt und in die Mulde m wirft. Kurze, hierbei mit fortgeschleuderte Faserenden scheidet ein durch den Ventilator v erzeugter Luftstrom von den herabfallenden Unreinheiten und führt sie der Walze c und der Krempeltrommel T zu. Die Reinigung der Fasern ist in Folge der von dem Schläger s getroffenen geringen Fasermenge jedenfalls eine vorzügliche; doch läſst es die periodische Speisung der Krempel fraglich erscheinen, ob die Leistungsfähigkeit der letzteren als eine für die Praxis genügende zu betrachten ist. (Fortsetzung folgt.)

Tafeln

Tafel Tafel 14
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