Titel: Ueber Retortenöfen mit Gasfeuerung; von Ferd. Fischer.
Autor: Ferd. Fischer
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 346
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Ueber Retortenöfen mit Gasfeuerung; von Ferd. Fischer. F. Fischer, über Retortenöfen mit Gasfeuerung. Auf der Hannoverschen Gasanstalt stehen seit fast einem Jahre sechs in einem Blocke zusammengebaute Retortenöfen mit Generatorgasfeuerung im Betriebe. Auf einer Seite stehen 3 sogen. Stettiner Oefen, auf der anderen Seite, mit den Rückwänden daranstoſsend, 2 Oefen nach Klönne (vgl. 1881 240 * 297) und einer nach Liegel (1883 247 * 422). Die Schornsteine führen an den Rückwänden der Oefen in die Höhe, sind also völlig von je 2 Oefen eingeschlossen. Beim Baue derselben waren leider nicht die zu einer vollständigen Untersuchung erforderlichen Einrichtungen vorgesehen, so daſs nachfolgende, an 4 Tagen ausgeführte Versuche nur als vorläufige gelten sollen. Durch ein Porzellanrohr den Generatoren entnommene und in Glaskugeln eingeschmolzene, dann über Quecksilber (vgl. S. 178 d. Bd.) untersuchte Gasproben hatten folgende Zusammensetzung: Ofen Klönne Stettiner I II III IV V VI KohlensäureKohlenoxydMethanWasserstoffStickstoff     3,00  29,99    0    7,63  59,38   13,10  16,39    1,06  16,18  53,27     7,06  27,43    1,22  15,56  48,73     4,40  30,21    0,44  16,65  48,30     5,19  28,19    0    2,58  64,04     5,40  27,76    0    3,98  62,86 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 Bei Entnahme der Probe I war die Dampfzuleitung unter den Rost verhältniſsmäſsig schwach, Probe II wurde bald nach dem Ausschlacken des Generators entnommen, III bei ziemlich verschlacktem Roste, IV bei gutem Betriebe. Auch die beiden Proben V und VI aus den Stettiner Oefen sind bei gutem Gange entnommen; an Ort und Stelle nur auf Kohlensäure entnommene Proben zeigten dagegen oft 6 bis 12 Proc. Kohlensäure. Die Münchener Generatoröfen ergaben dagegen durchschnittlich nach Bunte (vgl. 1880 235 212, 1881 240 * 295. 1883 248 * 27): I II III IV Kohlensäure 9,1 12,2 9,3 8,6 Kohlenoxyd 19,8 17,4 20,4 20,6 Wasserstoff 13,9 14,0 9,8 15,0 Stickstoff 57,2 56,4 60,5 55,8. Auf Methan ist hierbei anscheinend keine Rücksicht genommen. Ob dasselbe aus den noch nicht völlig entgasten Kohlen stammt, oder ob es sich bei der Zerlegung des Wasserdampfes durch die glühende Kohle bildet, ist durch weitere Versuche festzustellen. Jedenfalls haben die Gase des Klönne'schen Generators einen höheren Brennwerth als die der Münchener Oefen. Der geringere Wasserstoffgehalt der Gase aus den Stettiner Generatoren erklärt sich daraus, daſs hier unter den Rost kein Wasserdampf geführt wird, sondern sich nur etwas Wasser im Aschenraume befindet. Beim Liegel'schen Ofen fehlt auch dieses; doch kann hier leider, der niedrig liegenden Luftzufuhr wegen, keine Probe des Generatorgases genommen werden. Eine am letzten Tage genommene Durchschnittsprobe der verfeuerten Kokes enthielt: Kohlenstoff 92,70 Wasserstoff 0,29 Asche 4,95 Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel, Verlust 2,06 ––––– 100,00, entsprechend einem Brennwerthe von rund 7500c. Nimmt man nun für die Gase folgende Durchschnittswerthe an: Klönne Stettiner Kohlensäure   6,9 Proc.   5,3 Proc. Kohlenoxyd 26,0 28,0 Methan   0,4   0 Wasserstoff 14,0   3,3 Stickstoff 52,8 63,4 so gibt 1k Kokes in beiden Fällen 5cbm,16 GeneratorgasVgl. 1882 245 400. In Folge eines Schreibfehlers ist die Formel Zeile 3 unrichtig gesetzt; wie sich schon aus dem Zusammenhange ergibt, muſs sie heiſsen:\frac{11/3\,c}{100}+1,43\,O+1,257\,N+\frac{2\,s}{100}+w_1Kilogramm. und darin als brennbar: Kohlenoxyd 1,34cbm 1,44cbm Methan 0,02 0 Wasserstoff 0,72 0,17 entsprechend einem Brennwerthe von 6100 und 4800c, bezogen auf Wasserdampf als Verbrennungsproduct. Im Klönne'schen Generator wurden daher für je 1k Kokes 1400c entwickelt, welche die entweichenden Gase auf etwa 8000 erhitzten, im Stettiner Generator aber 2700c – für gewöhnlich sogar noch mehr –, so daſs die Gase aus diesem mit erheblich höherer Temperatur in den Ofen treten. Dieser heiſsere Gang des Generators stellt jedenfalls auch höhere Ansprüche an das Mauerwerk, namentlich wenn dasselbe nicht der Zusammensetzung der Schlacke entsprechend ausgewählt ist, und bedingt um so gröſseren Wärmeverlust durch Leitung und Strahlung, als der Generator hier vor den Oefen liegt, bei Klönne und Liegel aber gleichsam hineingebaut ist. Für letzteren ist dies um so wesentlicher, als derselbe voraussichtlich mit noch höheren Temperaturen arbeitet als die Stettiner, weil hier keine Wasserzersetzung stattfindet. Beim Klönne'schen Generator ist dieser Umstand der niederen Temperatur wegen weniger wichtig. Der durch die Wasserzersetzung gebildete Wasserstoff trägt vielleicht auch zur gleichmäſsigen Wärmevertheilung im Ofen bei; ein Wärmegewinn ist damit aber wohl nicht verbunden, da dem höheren Brennwerthe eine niedrigere Temperatur des Generatorgases entspricht und der durch den verminderten Wärmeverlust des Generators an die Umgebung erzielte Gewinn dadurch mehr als aufgehoben wird, daſs der bei der Verbrennung gebildete Wasserdampf mit etwa 600° entweicht. Für Generatoren, welche von der Verbrauchsstelle des Gases entfernt liegen, ist dagegen eine solche Dampfzuführung sehr vortheilhaft. Die abziehenden Feuergase hatten anfangs bei den Stettiner Oefen nur 8,6 bis 11 Proc. Kohlensäure, beim Liegel'schen Ofen 13 bis 15 Proc; der Gehalt stieg hier aber durch entsprechende Schieberregulirung auf 15,4 bis 18,1 Proc., bei einem Klönne'schen Ofen von 15,6 auf 18,6, beim anderen von 16,6 auf 18,2 Proc.Kohlensäure, ohne daſs Kohlenoxyd auftrat. Am 5. Mai und 7. Juni ausgeführte Versuche ergaben, daſs beim Liegel'schen Ofen die Gase durchschnittlich mit 16 Proc. Kohlensäure und 730° abzogen. Bei einem Klönne'schen Ofen entwichen die Gase (bei ziemlich verschlacktem Generator) aus dem Ofen mit 15,3 Proc. Kohlensäure und 4,8 Proc. Sauerstoff', während sie am Ende der Regeneration nur 10,6 Proc. Kohlensäure und 9,9 Proc. Sauerstoff enthielten und 445° heiſs waren, oben im Schornsteine aber 610°. Die Verbrennungsgase nehmen also aus den neben den Rauchkanälen laufenden Luftkanälen atmosphärische Luft auf, ferner beim Aufsteigen im Schornsteine erhebliche Wärmemengen, welche theils dem Ofen selbst wieder entzogen wurden, theils dem daran stoſsenden Stettiner Ofen. Die Wärme würde daher noch besser ausgenutzt werden, als es schon jetzt geschieht, wenn die durch die Vorwärmung der Verbrennungsluft – dieselbe hat im vorletzten Kanäle bereits 545° – abgekühlten Feuergase nicht zwischen den heiſsen Oefen selbst aufstiegen. Wie sich z.B. aus folgender Zusammenstellung ergibt, entspricht der durch die höhere Temperatur der Feuergase bedingte Wärmeverlust bei 18,6 Proc. Kohlensäure und 595° für je 1k Kokes 2020° oder 27 Procent des Gesammtbrennwerthes; bei 445° würde dieser Verlust nur 1500° oder 20 Proc. betragen: Oefen Zusammensetzung der Gase TemperaturimSchornsteine Wärme-verlust für je1k Kohle Proc. desGesammt-brennwerthes Kohlen-säure Kohlen-oxyd Sauerstoff Stickstoff Klönne 18,6 0    1,4 80,0     595° 2020c 26,9 10,6 0    9,9 79,5   610 3340 44,4 Liegel 16,0 0    4,4 79,6   730 2700 36,0 13,0 0    7,5 79,5   715 3200 42,6 Stettiner 18,9 0    1,2 79,9 1160 4000 53,3 16,1 0    4,4 79,5 1105 4300 57,3 18,3   4,7 0 77,0 1220 4400 58,6   8,6 0 12,0 79,4   900 6000 80,0 Der Einfluſs des übermäſsigen Luftzutrittes ergibt sich daraus, daſs, wenn bei verschlacktem Roste und schadhaftem Mauerwerke der Kohlensäuregehalt auf 10,6 Proc. fällt, der Wärmeverlust sich, wie die Tabelle zeigt, auf 3340c steigert. Treffen aber beide Verlustquellen zusammen, wie in dem einen Falle beim Stettiner Ofen – 8,6 Proc. Kohlensäure und 900° –, so steigert sich der Verlust sogar auf 80 Proc. Bei unvollständiger Verbrennung, wie sie am letzten Tage der eine Stettiner Ofen mit 18,3 Proc. Kohlensäure und 4,7 Proc. Kohlenoxyd zeigte, ergibt sich der Wärmeverlust durch folgende Berechnung. Die Gesammtmenge der trockenen Verbrennungsgase für 1k Kokes (vgl. 1882 245 400) ergibt sich zu 0,927 : (0,23 × 0,5395) = 7cbm,47 und daraus bei 30° warmer und mit Feuchtigkeit gesättigter Luft, da sie über Wasser streicht: 1k Kokes gibt 1190 × Sp. Wärme Wärmeverlust Kohlensäure 1cbm,37 714    978c Kohlenoxyd 0cbm,35 366   128 Stickstoff 5cbm,75 364 2093 Wasserdampf 0k,23 571   131 Brennwerth des Kohlenoxydes 1071 ––––– 4401c Die dem normalen Betriebe dieser Oefen entsprechenden Resultate – in der Tabelle mit einem t versehen – ergeben, daſs durch die Verwendung der abziehenden Feuergase zur Vorwärmung der Luft bei den Klönne'schen und Liegel'schen Oefen die Wärme gut ausgenutzt wird, während die Stettiner Oefen selbst im günstigsten Falle mehr als die Hälfte der gesammten Wärme durch den Schornstein entweichen lassen, so daſs sie in dieser Beziehung kaum besser erscheinen als gut bediente Retortenöfen mit gewöhnlicher Rostfeuerung (vgl. 1879 232 527). Für je 100k Kohlen sind dem entsprechend beim Klönne'schen Ofen 13k, beim Liegel'schen 15k, beim Stettiner Ofen 19k und bei gewöhnlicher Rostfeuerung etwa 23k Kokes erforderlich. Dieses günstige Resultat der Gasfeuerung ist wesentlich mit der sorgfältigen Betriebsleitung zu verdanken. Von einem Aufseher werden mit dem vom Verfasser angegebenen ApparateFerd. Fischer: Taschenbuch für Feuerungstechniker. (Stuttgart 1883. J. G. Cotta'sche Buchhandlung.) täglich in den Generatorgasen Kohlensäure und Kohlenoxyd, in den Verbrennungsgasen Kohlensäure und Sauerstoff bestimmt und danach Schieberstellungen u. dgl. geregelt.