Titel: Ueber die Untersuchung von Erdöl.
Fundstelle: Band 250, Jahrgang 1883, S. 169
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Ueber die Untersuchung von Erdöl. Mit Abbildungen. Ueber die Untersuchung von Erdöl. Die Apparate zur Untersuchung des Erdöles von Abel, Engler und Anderen (vgl. 1881 240 * 129) geben nach Versuchen von F. Beilstein (Zeitschrift für analytische Chemie, 1883 S. 309) bei gehöriger Behandlung zwar übereinstimmende Resultate, verlangen aber, daſs die Construction derselben genau eingehalten wird, da man sonst bei verschiedenen Exemplaren desselben Apparates verschiedene Werthe erhält. Zwei Engler'sche Apparate von scheinbar gleichen Gröſsenverhältnissen zeigten z.B. für ein und dieselbe Erdölsorte Unterschiede von 2°, weil die Marken, bis zu welchen das Erdöl einzufüllen ist, nicht genau in derselben Höhe angebracht waren, so daſs in den Apparaten eine verschieden hohe Luftschicht über dem Erdöle blieb. In den Apparaten von Engler und Abel ist diese Luftschicht ganz willkürlich gewählt und müssen daher die Angaben dieser Instrumente von einander abweichen. Bei dem Verfahren von Liebermann und Stoddard (vgl. 1883 247 * 29) hängen die Angaben von den Gröſsenverhältnissen und der Art des Entflammens ab. Beträgt die Länge des Apparates das 5- bis 7fache der Breite, so fallen die Resultate übereinstimmend aus; übersteigt man diese Grenze, so erhält man zu hohe Angaben. Haben die Apparate die richtige Höhe, so ist es gleichgültig, ob man dieselben zu ¼ oder ⅔ mit Erdöl füllt, nur darf die durchgeleitete Luftmenge nicht zu klein sein. Ferner ist es wesentlich, wie lange man die Zündflamme an die Oeffnung des Apparates hält. Beilstein empfiehlt nun folgendes Verfahren. Ein cylindrisches Glasgefäſs (Fig. 1) von 35mm Durchmesser und 175mm Länge erhält 60mm vom Boden einen Theilstrich und 70mm vom Boden einen zweiten. Bis zum untersten Theilstriche wird Erdöl eingegossen. Die Luft leitet man aus einem Gasometer oder mittels einer Kautschukbirne durch ein feines Messingrohr e, welches in eine mit feinen Löchern versehene Brause eingelöthet ist. Die Kugel des Thermometers t reicht bis in die Mitte des Oeles. Der Apparat kommt in ein Wasserbad, dessen Temperatur langsam um 1° in 2 bis 3 Minuten steigt. Jedesmal, wenn die Temperatur des Erdöles um 1° zugenommen hat, leitet man 5 Secunden lang Luft durch und zwar so rasch, daſs der Schaum bis zum oberen Theilstriche am Apparate reicht. Gleichzeitig hält man ein Flämmchen an die Mündung des Apparates. Fig. 1., Bd. 250, S. 169 Die erste Bestimmung gibt nur ein annäherndes Resultat. Man gieſst das Erdöl aus, füllt frisches ein und fängt die Beobachtungen mit dem Entzünden erst bei derjenigen Temperatur an, bei welcher im ersten Versuche Entzündung erfolgte. Man kann nun alle halbe Grade beobachten. Der Apparat gibt die Entzündungstemperatur um 5° höher an als der Engler sehe. Erwärmt man das Erdöl nicht unnütz rasch, etwa so, daſs die Temperatur des Wasserbades immer nur etwa 1° höher ist als die Temperatur des Erdöles, so schwanken die einzelnen Bestimmungen um höchstens ¼°, eine Genauigkeit, wie sie die bis jetzt verwendeten Apparate nicht erreichen. Durch die Entzündungstemperatur wird man nur über die Feuergefährlichkeit des Erdöles unterrichtet; ob dasselbe aber zum Brennen geeignet ist, erfährt man nicht. Ein an schweren Oelen reiches Erdöl zeigt natürlich eine sehr befriedigende Entzündungstemperatur, kann aber zum Brennen in den gewöhnlichen Lampen nicht verwendet werden. Ueber das Vorhandensein solcher Beimengungen gibt die Destillation des Erdöles allein Aufschluſs. Dadurch erfährt man aber auch zugleich, ob ein Erdöl feuergefährlich ist. Die Destillationsprobe ist daher das einfachste und vollkommen ausreichende Mittel, um sich über die Natur eines solchen Oeles in jeder Hinsicht zu unterrichten. Um hierbei übereinstimmende Resultate zu erhalten, wägt man einen mit dem Glinsky'schen DephlegmatorVgl. Beilstein; Organische Chemie, * S. 44. versehenen Rundkolben, gieſst etwa 200g Erdöl hinein und wägt wieder. Man befestigt nun an den Dephlegmator ein etwa 0m,75 langes Ableitungsrohr ohne Kühler und leitet die Destillation so, daſs die Flüssigkeit möglichst gleichmäſsig in die gewogene Vorlage flieſst und daſs in 1 Minute etwa 2g überdestilliren. Man fängt bis 150° und dann von 150 bis 270° auf. Steht das Thermometer auf 270°, so unterbricht man die Destillation und wägt nun den Kolben sammt Dephlegmator und Destillationsrückstand. Amerikanisches Erdöl soll höchstens 5 Procent unter 150° siedendes leichtes Oel und weniger als 15 Proc. schweres Oel, dessen Siedepunkt über 270° liegt, enthalten. Kaukasisches Erdöl enthält die Wasserstoffadditionsproducte CnH2n der aromatischen Kohlenwasserstoffe, hat in Folge dessen ein höheres specifisches Gewicht, aber auch eine gröſsere Leuchtkraft als das amerikanische Erdöl. Biel (1879 232 354) hat gezeigt, daſs das kaukasische Erdöl trotz seines bedeutenden specifischen Gewichtes viel leichter vom Dochte aufgesaugt und auf eine gröſsere Höhe gehoben wird. Dadurch wird es möglich, den Gehalt an schwerem Oele im russischen Erdöle zu steigern, ohne die Verwendbarkeit desselben zu beeinträchtigen. So stellt die Firma Gebrüder Nobel in Baku und St. Petersburg ein Leuchtöl her, welches ein specifisches Gewicht von 0,836 bei 15° besitzt. Nach dem eben vorgeschlagenen Verfahren geprüft, zeigt es eine Entzündungstemperatur von 67°. Es enthält: Leichtes Oel, Siedepunkt bis 150° 0,0 Leuchtöl, 150 bis 270° 80,0 Schweres Oel über 270° 20,0 ––––– 100,0. Das Oel brennt vortrefflich in allen Lampen. Man wird aber die Menge des schweren Oeles noch weit mehr steigern können. Dadurch wird die Entzündungstemperatur erhöht und es können die kaukasischen Fabrikanten ihre schweren Oele (in Baku Solaröl genannt) besser verwenden. Das kaukasische Rohpetroleum besteht fast zu ⅓ aus diesen schweren Oelen, welche zum Brennen in den gewöhnlichen Lampen nichts taugen, aber auch wegen ihrer Dünnflüssigkeit als Schmiermittel nicht benutzt werden können. Ungeheure Vorräthe von diesem Solaröle stauen sich in Baku auf, so daſs der Werth dieser Oele fast auf Null gesunken ist. Je mehr nun von diesem Oele dem Leuchtöle beigemischt werden kann, um so billiger und auch um so gefahrloser wird dieses. Ein solches schweres Erdöl verlangt aber möglichst flache Behälter in den Lampen und überhaupt eine Construction, bei welcher sich der brennende Docht nicht zu hoch über der Erdölschicht in der Lampe befindet. Ein Erdöl, welches nicht mehr als 5 Proc. leichte Oele enthält, ist nach Beilstein völlig gefahrlos. Nach Versuchen von D. Mendelejew (Journal der russischen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 189) über die zwischen 15 und 150° siedenden Antheile des Erdöles von Baku nimmt nicht immer das specifische Gewicht zugleich mit dem Ansteigen der Siedetemperatur zu. Für den zwischen 29 und 30° siedenden Antheil ist das specifische Gewicht = 0,626, bei 56° = 0,675, bei 62° = 0,672, bei 80° = 0,7483, bei 90° = 0,7337, bei 100° = 0,7609, bei 110° = 0,7539, bei 120° = 0,7659, bei 140° = 0,7807 und bei 150° = 0,7908. Die Coefficienten der Veränderungen des specifischen Gewichtes mit der Temperatur verhalten sich ähnlich. Für den bei 80° siedenden Antheil ist derselbe = – 0,00093, bei 86° = – 0,00086, bei 90° = – 0,00084, bei 98° = – 0,00086, bei 100° = – 0,00088, bei 110° = – 0,00081, bei 114° =– 0,00079; weiterhin nimmt diese Gröſse ganz allmählich ab. Nach Mendelejew enthält das Erdöl von Baku zwar ebensolche Kohlenwasserstoffe wie das amerikanische; aber schon die niedrig siedenden Antheile desselben enthalten geringe Mengen eines bei 55° siedenden Kohlenwasserstoffes, welcher ein höheres specifisches Gewicht als das Hexan hat. Die Hauptmasse der Kohlenwasserstoffe des Erdöles von Baku, auſser den Grenzkohlenwasserstoffen, entspricht der Formel CnH2n. Das Verhalten der Erdölkohlenwasserstoffe gegen Brom, Salpetersäure, übermangansaures Kalium und Quecksilberchlorid macht es ferner wahrscheinlich, daſs auch Kohlenwasserstoffe der Acetylenreihe zugegen sind. Zur Nachweisung aromatischer Kohlenwasserstoffe in Erdöldestillaten versetzt G. Gustavson (Daselbst S. 401) 1 bis 2g Brom in einem Proberöhrchen unter Abkühlung mit 10 bis 15mg Aluminium und fügt zu dem gebildeten Aluminiumbromid 1 bis 2cc des zu untersuchenden Erdöles hinzu. Man gieſst das Gemisch auf ein Uhrgläschen, verdunstet vorsichtig, worauf die nadelförmigen Krystalle des etwa vorhandenen Benzols oder Toluols zurückbleiben. Der von Alex. Ehrenberg in Dresden (* D. R. P. Kl. 42 Nr. 23235 vom 3. Januar 1883) angegebene Prüfer auf Entflammbarkeit des Erdöles nach dem Prinzipe der Spritze besteht aus zwei bei E verbundenen Schenkeln A und B (Fig. 2), von denen der eine einen Spritzenstempel, der andere das Thermometer C enthält. Vom Schenkel B führt oben eine Röhre D zur Zündflamme a. Beim Gebrauche wird der mit dem zu prüfenden Erdöle gefüllte Apparat im Wasserbade erwärmt oder abgekühlt, bis das Thermometer C die Versuchstemperatur anzeigt; dann drückt man den Spritzenstempel nieder und führt so einen Theil der Oelgase der Zündflamme zu. Nach Wiederheben des Stempels kann der Versuch erneuert werden, so daſs sich bequem von 0,1 zu 0,1° der Entflammungsversuch wiederholen läſst. Fig. 2., Bd. 250, S. 172 Die Construction gestattet Ausführung in Glas oder Metall. Die Versuche ergaben, daſs die vom Apparate angezeigten Entflammungspunkte unter Einhaltung der bekannten Versuchsbedingungen (gleiche Maſse des Metallapparates, gleiche Füllung, gleich groſse Zündflammen, gleichartiges Arbeiten, Reduction des Barometerstandes u.s.w.) genau übereinstimmten. Im Vergleiche mit dem Abel'schen Apparate (1882 245 * 165) stellt sich der Preis um etwa 75 Proc. niedriger, die Handhabung ist bei gleicher Genauigkeit einfacher. – Der Apparat ist von L. O. Kummer in Dresden, Waisenhausstraſse 27, zu beziehen.