Titel: Der Bentheimer Asphalt unter Hinweisung auf analoge Vorkommen in Italien in geologisch-bergmännischer und chemisch-technischer Beziehung.
Fundstelle: Band 250, Jahrgang 1883, S. 317
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Der Bentheimer Asphalt unter Hinweisung auf analoge Vorkommen in Italien in geologisch-bergmännischer und chemisch-technischer Beziehung. (Schluſs der Abhandlung S. 265 d. Bd.) Engler und Strippelmann, über den Bentheimer Asphalt. 3) Untersuchung des Petroleums der Terra di Lavoro (Italien); von Prof. C. Engler. Das zu den folgenden Versuchen verwendete Petroleum verdanke ich der Freundlichkeit des Hrn. Fr. Compagnoni zu Mailand, welcher mir wiederholt sowohl Rohpetroleum, als auch schon raffinirte Producte zur Verfügung gestellt hat. Allgemeine Eigenschaften. Das Rohöl bildet eine dunkelbraun schwarze, flicke Flüssigkeit von sehr widerlichem, hauptsächlich von Schwefelverbindungen herrührendem Gerüche. Das specifische Gewicht bei 21° ist 0,970. Elementaranalyse und Schwefelbestimmung ergaben bei je zwei Analysen: I II III IV Kohlenstoff 83,72 83,52 Wasserstoff 10,71 10,88 Schwefel 1,08 1,30 Es liegt sonach ein sehr unreines Rohpetroleum vor, welches neben Kohlenwasserstoffen erhebliche Mengen Sauerstoff haltiger harziger Substanzen, auch Schwefelverbindungen enthält. Obgleich sich aus obigen Procentzahlen ein Verhältniſs von C : H gleich 1 : 1,5 berechnet, laſst doch das sonstige Verhalten der Einzelfractionen des Oeles, insbesondere das weiter unten beschriebene Verhalten zu Salpetersäure und Schwefelsäure, darauf schlieſsen, daſs es vorwiegend aus gesättigten Kohlenwasserstoffen, nur theilweise vielleicht aus Kohlenwasserstoffen der Aethylenreihe besteht. Der verhältniſsmäſsig zu geringe Wasserstoffgehalt rührt wahrscheinlich von dem hohen Gehalte an Sauerstoff haltigen Verbindungen und sonstigen Beimischungen her. Paraffin läſst sich in dem rohen Oele gar nicht nachweisen; ganz geringe Mengen zeigen sich dagegen bei den Erstarrungsproben mit Einzelfractionen der höher siedenden Bestandtheile, wobei es jedoch dahin gestellt bleiben muſs, ob sich dasselbe durch die Destillation nicht erst gebildet hat. Auch in diesem Petroleum gelang es, das Cumol, einen im hiesigen Laboratorium bis jetzt in sämmtlichen zur Untersuchung gebrachten Petroleumsorten (Petroleum von Pennsylvanien, Galizien, Baku, Elsaſs) aufgefundenen Kohlenwasserstoff, wenngleich nur in sehr geringer Menge, nachzuweisen. Zur Erkennung des Cumols unterwirft man das Rohöl einer wiederholten Rectification und sondert die zwischen 140 und 210° siedenden Theile – sie betragen nur etwa 1 Proc. – ab. Schüttelt man diese mit dem dritten Theil ihres Volumens von Salpeter-Schwefelsäure (Verhältniſs 1 : 2) wiederholt durch, so bildet sich nach 10 bis 14 Tagen an der Grenze beider Flüssigkeiten eine geringe Menge einer gelblichen krystallinischen Ausscheidung, die sich als identisch erwies mit der Nitroverbindung, welche wir im hiesigen Laboratorium aus anderen, besonders pennsylvanischen Petroleumsorten in gröſseren Mengen isoliren konnten und als ein Gemisch von Trinitropseudocumol und Trinitromesitylen erkannt haben. Beim Waschen des Rohöles mit concentrirter Schwefelsäure, Natronlauge und Wasser verschwindet der widerliche Geruch groſsentheils; auch nimmt das Oel eine hellere Färbung an. Die Schwefelsäure dagegen färbt sich in Folge von Aufnahme harziger Stoffe dunkelschwarz und scheidet beim Verdünnen mit Wasser jene Stoffe in Form dunkler harziger Massen groſsentheils wieder aus. Dagegen gibt das Oel an die Natronlauge nur wenig ab; letztere erscheint nach dem Schütteln mit dem Oele kaum dunkler gefärbt und auch eine Zwischenschicht von „Kreosotnatron“ ist nicht wahrzunehmen. Ebenso zeigt sich beim Schütteln des warmen Oeles mit Wasser beim Zusätze von Eisenchlorid zu dem wässerigen Theile keinerlei Färbung. Carbolsäure bezieh. Kreosot artige Körper sind sonach nicht vorhanden. Die fractionirte Destillation wurde in einer etwa 1l,5 groſsen Glasretorte mit 845g (I) bezieh. mit 850g (II) Rohöl ausgeführt. Beginn der Destillation bei etwa 100°: I II Bis 150° (Oele u. wenigst Wasser)     0,2     0,3 Von 150 bis 290°   22,5   21,8 Rückstand   76,3   77,1 Verlust (Gasbildung u.a.)     1,0     0,8 ––––– ––––– 100,0 100,0 Zur genaueren Beurtheilung der einzelnen Theile des Oeles wurden weitere 850g in kleinere Theilfractionen zerlegt. Es wurden erhalten: Bis 150° 0,34 Proc. 250 bis 270°   7,77 Proc. 150 bis 210° 0,94 270 290 11,77 210 230 0,70 290 340   1,35 230 250 2,18 Es folgt hieraus, daſs eine Verarbeitung dieses Oeles auf Brennöl nicht durchführbar ist. Selbst wenn man säinmtliche bis 290° siedende Theile als Brennöl rechnet, ergeben sich nur etwa 23 Proc.; bei dem hohen specifischen Gewichte der Oele (die Fraction bis 290° zeigt 0,882 sp. G. bei 22°) und dem Umstände, daſs die Menge der unter 250° siedenden, der für Leuchtöl besonders geeigneten Theile sehr gering, ist hieran nicht zu denken. Es lieſse sich deshalb eine geringe Menge Brennöl nur als Nebenproduct bei Verarbeitung des Oeles auf Schmieröl gewinnen. Bei dem hohen specifischen Gewichte und der Dickflüssigkeit des Oeles war jedoch zu vermuthen, daſs es sich zur Gewinnung von Maschinenschmierölen besonders eignen würde. Die folgenden Versuche haben die Richtigkeit dieser Vermuthung in vollem Maſse bestätigt. Der über 290° siedende Theil des Rohöles (Mittel 76 Proc.) wurde ohne Thermometer so lange destillirt, bis im Rückstande weitergehende Zersetzung auftrat und die übergehenden Oele starke Trübungen zeigten. Es wurden dabei die folgenden 5 Fractionen isolirt: In 100 Th.Rückstand In 100 Th.Rohöl Sp. G. bei18,5° Erstarrungstemperatur 1)   7,40   5,62 0,9289 – 18° noch flüssig u. klar. 2) 19,66 14,94 0,9472 – 18 zähflüssig und klar. 3) 15,76 11,98 0,9550 – 18 schmalzartig, bei   – 12° wieder klar. 4) 12,33   9,37 0,9714 – 18 schmalzartig, bei   – 9° wieder klar. 5)   7,50   5,70 0,9770 – 18 butterartig, bei – 5°   wieder klar. Hier fällt neben sehr niedriger Erstarrungstemperatur vor Allem das ungewöhnlich hohe specifische Gewicht der Einzelfractionen auf. Noch bei keiner der zahlreich von mir untersuchten Petroleumsorten sowie der in groſser Menge in meinem Laboratorium geprüften Handelsmarken russischer, amerikanischer u.a. Mineralschmieröle sind mir Oele von gleich hohem specifischem Gewichte vorgekommen. Das schwerste Cylinderöl zeigte 0,93, andere sehr dicke russische Maschinenöle 0,91 bis 0,92 sp. G. Entsprechend den specifischen Gewichten der Einzelfractionen ist auch ihre Consistenz eine sehr dickflüssige. Nur die erste und zweite Fraction dürften für schwerere Maschinen zu dünnflüssig sein, was sich auch aus der Bestimmung der Ausfluſsgeschwindigkeit im Glasapparate nach Coleman-Albrecht (vgl. 1873 210 * 204) ergibt: Bei 23° Bei 50° 1. Fraction Ausfluſszeit 35 Sec. 20 Sec. 2.      „   46 28 3.      „   60 32 4.      „   94 35 5.      „ 115 44 Gutes amerikanisches Staröl   51 29 Gereinigtes Repsöl 160 77 Daſs neuerdings unter den amerikanischen, besonders aber den russischen Oelen solche mit bedeutend gröſserer Dickflüssigkeit vorkommen, setze ich als bekannt voraus, ebenso aber auch, daſs letztere für den Schmierwerth nicht allein maſsgebend ist. Die direkte Prüfung der Oele auf Schmierfähigkeit geschah in Rücksicht auf ihre Brauchbarkeit für leichtere Maschinen mittels des Apparates von Ingram-Stapher (vgl. 1877 225 * 537), für schwerere Maschinen mit dem durch Westhoven verbesserten Thurston'schen Apparate (vgl. 1875 225 * 538. 1880 236 493) (für bis 30k Belastung auf je 1qc). Die Resultate auf dem Ingram-Stapher'schen Apparate waren im Vergleiche mit einigen anderen Oelsorten die folgenden: Umlaufzahl für 1° R.Erwärmung derLagerschalen Umlaufzahl für 1° R.Erwärmung derLagerschalen 1. Fraction 4843 Repsöl 2118 2. 4799 Westvirgin. Mineralöl 1612 3. 4324 Staröl 1278 4. 2951 Oleonaphta (ält. Marke) 3035 5. 3464 Bestes amerikanisches    Lubricating-Oel 4915 Die mittels des Thurston-Westhoven'schen Apparates erzielten Resultate sind in der folgenden Uebersicht zusammengestellt. Daneben stehen zum Vergleiche die Ergebnisse mit Repsöl und mit 3 Marken notorisch guter Mineralöle: Belastung d. Achseauf 1qc in k Relative Umlauf-zahl. Repsöl = 100 Pendelaus-schlag Umdrehungen f. je 1°Erwärmung d. Achse 2. Fraction ital. Oel 10      68,5     1,72°   88 3. 20      32,8   3,25     45,3 4. 20    109,6   1,46 111 5. 2030    350,7     30,1   0,30  2,66 312  40 Repsöl 30 100         1   73 Oleonaphta Nr. I. 20      35,6 2,1   52 Oleonaphta Nr. II. 30      58,0 1,2 130 Oleonaphta Nr. V. 20      43,8   2,28   52 Sind sonach die sämmtlichen, vor Allem aber die niederen Fractionen des italienischen Erdöles als ausgezeichnet für leichte Maschinen zu bezeichnen, so gilt das Gleiche bezüglich der höheren Fractionen für schwere Maschinen. Die erste (niedrigst siedende) Fraction wurde wegen ihrer Dünnflüssigkeit von der Prüfung mit dem Thurston'schen Apparate von vorn herein ausgeschlossen; auch die zweite Fraction ergab nur ein mittleres Resultat, während Fraction 3, 4 und 5 theils als gut, theils als vorzüglich bezeichnet werden müssen. Oele von gleich hoher Schmierfähigkeit sind mir bis jetzt nur äuſserst wenige vorgekommen und zusammengehalten mit der ihnen eigenen dicken Consistenz, ihrem hohen specifischen Gewichte und niedrigen Erstarrungspunkte erscheinen sie als Maschinenöle der besten Qualität. Vergasungsversuche. Versuche über Menge und Eigenschaften des aus dem italienischen Rohpetroleum von Terra di Lavoro zu erzielenden Leuchtgases sind schon in so umfangreichem Maſsstabe durchgeführt worden, daſs ich von weiteren Untersuchungen dieser Art glaube Abstand nehmen zu dürfen. Ich beschränke mich darauf, einige der wichtigeren Angaben der von Ingenieur QuadriIlluminazione col gaz prodotto dal Petrolio italiano. Rapporto del Sign. Francesco Quadri. (Mailand 1878. G. Civelli.) mitgetheilten Versuchsresultate in der folgenden Tabelle zusammenzustellen: Experimentator Sp. Gew. desPetroleums Menge des zumVersuche ver-WendetenPetroleums Dauer derDestillationIn Stunden Gas für 1kPetroleum Petroleum zurErzeugung von24 cbm Gas,entspr. 100 Flam-men in 1 Stunde P. Jacques, Turin 0,9750,975   10,50k16,80 2,02,0     0,439cbm0,487    9,11k  8,21 L. Ferrario, Rom 0,9750,975 11,0014,90   1,55  2,00 0,4310,426   9,27  9,39 Fr. Scheuer, Lugano 0,975           0,925Die Oele von 0,925 sp. G. sind rectificirtes, die übrigen rohes Petroleum. 17,7015,90   1,33  1,32 0,3250,384 12,3110,40 Gebr. Sulzer, Win-    terthur 0,9750,925 16,8013,20   1,59  2,00 0,4540,560   8,81  7,13 Anonym. Gesellsch.    für Wasser- und    Gas-Installation,    Wien 0,9750,925 30,0030,70   2,00  1,42 0,4560,457   8,77  8,74 H. Hirzel, Leipzig 0,9750,925 14,7016,00   1,39  1,30 0,4210,264   9,5015,13 Als Mittelausbeute berechnet sich aus obigen Versuchen für 100k Petroleum 42cbm,5 Gas; läſst man aber das rectificirte Petroleum als für Gasfabrikation nicht in Betracht kommend auſser Spiel, so ergeben sich 43cbm Gas für 100k Rohöl. Da das Gas aus schweren Mineralölen die 3 bis 4fache Leuchtkraft des Steinkohlengases besitzt, so reducirt sich die zur Erzielung eines bestimmten Lichteffectes nothwendige Menge des Oeles auf den 3. bis 4. Theil. Gegenüber den sächsischen Mineralölen, welche 50 bis 60cbm Gas für 100k liefern, steht das italienische Oel trotzdem nicht unerheblich zurück. Um endlich noch festzustellen, in wie weit sich die Gewinnung von Maschinenölen mit der Vergasung des italienischen Oeles mit Vortheil vereinigen lieſse, habe ich Vergasungsversuche mit dem nach Abtreiben der Schweröle hinterbleibenden Rückstande im Kleinen durchgeführt. 55g Rückstand ergaben dabei gegen 20l eines hell leuchtenden Gases, was für 100k rund 36cbm Gas beträgt. In beiden Fällen – Vergasung des Rohöles und des Rückstandes – wird eine Koke erhalten, welche als Brennmaterialzusatz noch gut zu verwerthen ist. Berücksichtigt man auf der einen Seite die hohe Eignung des Petroleums der Terra di Lavoro für Gewinnung von Maschinenschmierölen und die hohen Preise, welche zur Zeit für vorzügliche Oele dieser Art bezahlt werden, auf der anderen Seite die Möglichkeit, die Gewinnung der Schmieröle mit der Verarbeitung des Rückstandes auf Leuchtgas zu verbinden, so empfiehlt sich in erster Linie eine Destillation des Oeles unter Gewinnung der Schweröle als Hauptproduct und einer geringen Menge Leuchtöl und Putzöl als Nebenproduct. Der dabei erhaltene steife, fast asphaltartige Rückstand läſst sich als Vergasungsmaterial, insbesondere als Zusatz zu minderwerthigen Materialien, mit Vortheil verwenden, kann aber selbstverständlich auch als Asphalt verwerthet werden. Unter obiger Voraussetzung erhält man aus 100k Rohöl: Leuchtöl (etwa 7k) und Putzöl (16k)   23k Schweröl 1. Fraction, für leichte Maschinen     5,6 2.3.4.5. für schwere Maschinen   14,9  12,0    9,4    5,7 47k,6 Rückstand (= 9cbm;7 Gas)   27,0 Verluste (Gas, Wasser u. dgl.)     2,4 ––––– 100,0. Will man dagegen nicht destilliren, so läſst sich das Rohöl ohne Weiteres als Gasöl oder als Schmieröl verwenden. Ein Vergleich der Kohlenwasserstoffe des Petroleums der Terra di Lavoro mit denjenigen, welche durch Destillation des Bentheimer Asphaltes entstehen, bietet in so fern ein besonderes Interesse, als die beiderseitigen Fractionen gleichen Siedepunktes ungemein verschiedene specifische Gewichte haben; denn während der bis 290° siedende Theil des italienischen Oeles 0,882 sp. G. zeigt, liegt das specifische Gewicht der gleichen Fraction der Oele des Bentheimer Asphaltes unter 0,800. Bis jetzt ist meines Wissens eine so groſse Differenz der specifischen Gewichte gleicher Fractionen verschiedener Mineralöle noch nicht festgestellt worden, ein Fingerzeig dafür, wie verschieden die innere Constitution dieser Kohlenwasserstoffe, selbst wenn sie der Aethan- und Aethylenreihe angehören, sein muſs.