Titel: Ueber Neuerungen an Turbinen.
Autor: H–s.
Fundstelle: Band 252, Jahrgang 1884, S. 49
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Ueber Neuerungen an Turbinen.Vgl. Pfannkuchen's Lager 1883 250 * 57. Bêché's Regulirung 1883 248 * 439. Regulatoren 1883 248 * 151.* 476. Goetjes und Schulze's Ventilation 1882 246 297. Heyn's Klappenschütze 1882 245 92 u.s.w. Patentklasse 88. Mit Abbildungen auf Tafel 4 und 7. Ueber Neuerungen an Turbinen. Die Neuerungen an Turbinen beziehen sich zumeist auf die Regelung der Aufschlagswassermenge. Der wünschenswerthe Grad der Vollkommenheit einer solchen Regelung hängt davon ab, welcher Zweck mit der letzteren verfolgt wird: Handelt es sich lediglich darum, bei überschüssigem Betriebswasser die Leistung des Motors dem Kraftverbrauche anzupassen, um erhebliche Schwankungen in der Umdrehungszahl zu verhindern, so liegt nichts daran, wenn die Regulirung des Wasserverbrauches Effectverluste mit sich bringt, und es kann deshalb in solchen Fällen die Regulirung mit den einfachsten Mitteln erzielt werden. Eine gröſsere Sorgfalt aber ist derselben zuzuwenden, wenn es bei ohnedies knapper Anlage gilt, die veränderliche Aufschlagswassermenge immer mit dem gröſstmöglichen Nutzeffect auszubeuten, oder wenn aus ökonomischen Gründen an den Motor die Anforderung gestellt werden muſs, daſs der Wasserverbrauch sich innerhalb gegebener Grenzen immer dem Kraftbedarfe anpassen muſs, wie dies der Fall ist, wenn das Betriebswasser einer öffentlichen Wasserversorgung entnommen wird und Wassersparen dann eben Geldsparen bedeutet. Zwei den zuletzt genannten Bedingungen sehr gut entsprechende Turbinen waren nach der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1884 * S. 58 auf der schweizerischen Landesausstellung in Zürich 1883 ausgestellt. Als Kleinmotoren, welche geringe Wassermengen bei hohem Gefälle (Drucke) nutzbar zu machen haben, waren dieselben selbstverständlich als Partial- und zwar als Girard'sche Turbinen mit horizontaler Achse und mit nur einer Leitzelle von veränderlicher Weite ausgeführt. Bei der in Fig. 1 und 2 Taf. 4 dargestellten Turbine von Ch. L. Schnider in Neuveville ist die bewegliche Wand der Leitzelle J durch die entsprechend geformte Endfläche eines segmentförmigen, mit Zahnbogen versehenen Schiebers H gebildet, welcher bei Geschwindigkeitsänderungen durch ein von einem Centrifugalregulator bethätigten Getriebe verstellt wird. Das Laufrad B umschlieſst ein auf die Grundplatte A aufgesetztes, nur nach unten zu offenes Gehäuse G, welches zugleich bei E eines der Lager für die Turbinenwelle C enthält. Weitere Lagerung findet diese Welle in einem Lagerständer D und in einer Büchse F am Einlaufstücke. Das Laufrad, dessen äuſserer Durchmesser 480mm beträgt, ist ganz aus Guſseisen hergestellt. Für die Turbine ist bei 5 Secundenliter Aufschlagwasser und 85m Gefälle eine Nutzleistung von 4c, also ein Nutzeffect von 70,5 Proc. angegeben; ihr Gewicht beträgt 250k ohne und 300k mit Regulator, der Preis 520 M. bezieh. 760 M. Höchst sinnreich ist die selbstwirkende Leitzellen-Regulirung bei der Girard-Turbine von Ziegler und Boſshard in Zürich, wo das Druckwasser selbst nach Maſsgabe der Stellung des Regulators die jeweilig erforderliche Einstellung der Leitzellen weite herbeiführt, indem dasselbe einerseits auf die im Leitapparate um einen Zahn schwingende Stellzunge a (Fig. 3 bis 5 Taf. 4) und andererseits gegen einen Kolben b wirkt, welcher in einem kleinen, unmittelbar auf den Leitapparat aufgesetzten Cylinder gleitet und mit dem an der Stellzunge angegossenen Hebelarme durch eine Gelenkstange verbunden ist. Durch einen Umgangskanal c kann nun unter gewissen Umständen das Druckwasser auch in den geschlossenen Cylinderraum hinter den Kolben b treten; der letztere ist dann entlastet und die Stellzunge a wird durch das aus der Leitzelle ausströmende Wasser zur Seite gedrückt, die Zellen weite also vergröſsert. Wird aber ein Ventil d geöffnet, welches die Verbindung des Kanales c mit einer seitlichen, ins Freie mündenden Bohrung abschlieſst, so wird die Entlastung des Kolbens b aufgehoben und der einseitige Wasserdruck auf demselben bewirkt durch entsprechende Drehung der Stellzunge a eine Verengung der Leitzelle. Die Regelung der Leitzellenweite erfolgt also durch entsprechende Steuerung des Ventiles d und diese wird durch den Regulator herbeigeführt, indem dessen Stellzeug mittels des Hebels h das Excenter e dreht, das auf die Feder f wirkt, an welche das Ventil d angehängt ist. Geht beispielsweise die Turbine langsamer und fällt der Regulator, so läſst die dadurch bedingte Stellung des Excenters e das Schlieſsen des Ventiles d durch die Spannkraft der Feder f zu. Steigt der Regulator bei wachsender Umdrehungszahl, so drängt das Excenter e die Feder f zur Seite und öffnet das Ventil d, worauf ein gröſserer oder geringerer Theil des in den Kanal c tretenden Wassers ins Freie entweicht, der Druck ober dem Kolben b vermindert wird und der letztere auf Schluſs der Zunge a wirkt. Nach einigen kleinen Schwankungen wird das Ventil d dann so eingestellt, daſs um dasselbe herum ebenso viel Wasser ins Freie austritt, als in den Kanal c vom Leitapparate aus eintritt. Da der Kanal c durch eine Stellschraube i mehr oder weniger verengt werden kann, so läſst sich auch die Empfindlichkeit der Regulirung verändern. Hervorzuheben ist, daſs der Regulator kaum nennenswerthe Widerstände zu überwinden hat. Daſs die Vorrichtung erst bei Gefällen über 10m wirksam ist, kann angesichts ihrer Berechnung für Kleinmotoren nicht als Uebelstand bezeichnet werden. Auch Bergmann und Schlee in Halle a. S. (* D. R. P. Nr. 21606 vom 23. August 1882) benutzen das Druckwasser zur Bethätigung der Regulirungvorrichtung von Hochdruckturbinen. Dieselben verbinden die Platten v, v1 (Fig. 6 bis 12 Taf. 4), mittels welcher einzelne Zellen oder Zellengruppen des Leitrades B abgedeckt werden, mit den Kolben k, k1 der hydraulischen Cylinder G, G1 welche durch die Rohre F, F1 mit dem von einem Regulator gestellten Steuerhahne H in Verbindung stehen. Der Küken des letzteren enthält zwei Räume: der äuſsere Raum p steht durch den Stutzen E beständig mit dem Druckwasser in der Turbinenhaube A in Verbindung, während der innere Raum q ins Freie ausmündet. Diese Räume können durch Kanäle m, n und l bezieh. f, h und i mit den Bohrungen a, b bezieh. c, d der seitlichen Stutzen am Hahngehäuse in Verbindung treten, von welchen Bohrungen a mit dem Cylinder G oberhalb und b unterhalb des Kolbens k, ferner c mit dem Cylinder G1 oberhalb des Kolbens k1 und d unterhalb des letzteren verbunden ist. Die aus Fig. 9 ersichtliche Hahnstellung entspricht der mittleren Belastung der Turbine. Das Druckwasser tritt aus p durch m und a über den Kolben k und durch l, d unter den Kolben k1, während der Raum unterhalb des Kolbens k durch b, f, q und der Raum oberhalb des Kolbens k1 durch c, h, q ins Freie münden. Die Platte v ist somit niedergedrückt und schlieſst die betreffenden Leitzellen ab, während die Platte v1 gehoben ist. Tritt eine Beschleunigung im Gange der Turbine ein und steigt in Folge dessen der Regulator, so gelangt der Hahnküken schlieſslich in die aus Fig. 10 ersichtliche Stellung. Der Cylinder G wird beiderseits abgesperrt, die Platten bleibt also niedergehalten, wogegen am Cylinder G1 Ein- und Ausströmung verwechselt werden, weshalb nun auch der Kolben k1 mit der Platte v1 niedergedrückt wird. Der umgekehrte Vorgang findet beim Sinken des Regulators statt, welches also Oeffnen sämmtlicher Leitkanäle herbeiführt. Auſser der selbstthätigen Regulirung ist auch noch eine Handregulirung angewendet: Zwei eine gewisse Anzahl von Leitkanälen deckende Segmente z sind an einem Zahnkranze R angebracht, welcher mittels des auf der Welle w sitzenden Getriebes r gedreht wird. Die Abschätzung der Leitkanäle von auſsen beaufschlagter Radialturbinen bewerkstelligen M. und J. Feder in Eupen (* D. R. P. Nr. 22311 vom 2. September 1882) durch den aus Fig. 13 bis 15 Taf. 4 ersichtlichen Mechanismus. Zur Abschätzung dienen die auf vertikalen Achsen steckenden Absperrklappen k, deren Drehung erfolgt, sobald gegen den auf ihrer Achse befestigten Hebel f einer der Daumen e oder i stöſst, welche auf dem mit einem Zahnkranze a verschraubten, um die Turbinenachse drehbaren Ringe b sitzen. Diese Daumen treten durch einen Schlitz in der vertikalen Ringwand, wo sie zugleich ihre Hubbegrenzung finden, und sind durch eine Stange c so mit einander gekuppelt, daſs immer nur einer der Daumen genügend vorsteht, um an das Ende der Hebel f stoſsen zu können. Bei der Drehung des Ringes b im Sinne des Pfeiles 1 bewirken die Daumen e sofort die Drehung der zunächst liegenden Klappen, während eine Drehung nach dem Pfeile 2 zuerst zur Folge hat, daſs die Daumen e beim Anstoſsen am zunächst liegenden Klappenhebel f ausweichen und dadurch die Daumen i vorgeschoben und an ihre Hubbegrenzung angelegt werden, worauf diese letzteren dann das Drehen der Klappen bewirken. Jedes zufällige Verstellen der Klappen ist dadurch gehindert, daſs die von den Hebeln f getragenen Rollen g in eine kreisförmige Nuth des Ringes b eingreifen. Damit diese Nuth nicht zugleich ein Hinderniſs für die Bewegung der von den Daumen erfaſsten Klappenhebel bilden kann, ist sie an passenden Stellen nach innen ausgebaucht und mit zwei theilweise zusammen arbeitenden Federn h (vgl. Fig. 14 und 15) versehen. Die Bethätigung der Regulirung kann natürlich ebenso wohl von Hand, als auch durch einen Regulator erfolgen. K. Leverkus in Manchester (* D. R. P. Nr. 24488 vom 30. December 1881) erblickt die wesentlichsten Fehler der bestehenden Turbinen darin, daſs dieselben einestheils einen Leitapparat mit Schaufeln nöthig haben, anderentheils aber (bei geringen Wassermengen oder groſsem Gefälle namentlich) zu groſse Umdrehungszahlen besitzen. Diese Auffassung, bei welcher anscheinend Partialturbinen gar nicht in Betracht gezogen sind, dürfte eine so vereinzelte sein, daſs Referent es unterläſst, den Entwickelungen des Erfinders, welche auf Bestimmung einer archimedischen Spirale als Schaufelform für Radialturbinen ohne Leitrad abzielen, weiter zu folgen. Bemerkt sei nur, daſs die Regulirung durch Drosselung des Aufschlagwassers erfolgt, indem ein birnförmiger Rotationskörper (Ventil * D. R. P. Nr. 23 551 vom 30. December 1881) in einer Ausbauchung des Fallrohres verschoben wird. Eine Einrichtung von Radialturbinen mit äuſserer Beaufschlagung, welche eine – allerdings nur sprungweise – Regulirung zuläſst, ohne daſs hierdurch die Wirkungsweise der Turbine als Vollturbine eine Aenderung erfährt, wurde von A. Goldmann in Karchowitz bei Peiskretscham, Oberschlesien (* D. R. P. Nr. 19416 vom 6. Oktober 1881) angegeben. Zwischen Lauf- und Leitrad wird eine Ringschütze d (Fig. 1 Taf. 7) bis an einen der in das Laufrad eingegossenen Zwischenböden ba niedergelassen, wenn die wirksame Laufradhöhe bei Wassermangel vermindert werden soll. (Vgl. Zeidler 1875 217 * 134. 1877 224 134.) Bei solchen Turbinen, welche radial von auſsen beaufschlagt werden, jedoch in achsialer Richtung ausgieſsen, führt E. Davies in London (* D. R. P. Nr. 23 985 vom 1. November 1882) mit einfachen Mitteln eine Entlastung des Spurzapfens durch. Erfolgt bei solchen Rädern nämlich der Austritt des Wassers nach oben (Fig. 2 Taf. 7), so hat der Druck des austretenden Wassers gegen die entsprechend gebogenen Schaufelenden das Bestreben, das Rad zu heben; damit diese Wirkung jedoch nicht zu kräftig und nur eine theilweise Zapfenentlastung herbeigeführt wird, ist an der unteren Stirnfläche des Turbinenrades ein Boden D angebracht, dessen Durchmesser nach Bedürfniſs kleiner als der äuſsere Raddurchmesser gewählt wird. Ferner vereinigt derselbe Erfinder zwei derartige Räder (Fig. 3), von denen eines nach oben, das andere aber nach unten ausgieſst und entgegengesetzte Drehungsrichtung hat zu einer Reversirturbine, welche nach der einen oder anderen Richtung umläuft, je nachdem sie aus der oberen oder unteren Kammer des doppelten Leitapparates gespeist wird. An Jones'schen Turbinen hat sich Friedr. Haag in Nürnberg (* D. R. P. Nr. 24538 vom 8. März 1883) verschiedene Neuerungen patentiren lassen. Während die muschelförmigen Schaufeln an der Auslaufstelle bisher radial (nach der Linie no Fig. 4 Taf. 7) begrenzt waren, soll deren Begrenzung nunmehr nach der Linie np erfolgen, um eine Erhöhung des Nutzeffectes durch den Einfluſs der Centrifugalkraft zu erzielen. Zum Zwecke der Regulirung sind Klappen r (Fig. 5 und 6 Taf. 7) angebracht, welche mittels der auf ihren Achsen s sitzenden Hebel t gedreht werden. Endlich sei noch ein Vorschlag von Léauté zu einer Verbesserung an Jonval'schen Turbinen (Comptes rendus, 1883 Bd. 96 S. 10031) erwähnt, nach welchem bei Rohrturbinen die Effectverluste, welche durch das Abdeckeln einzelner Leitkanäle bedingt sind, durch Einführen von Luft unmittelbar unter dem Laufrade zu vermeiden wären. Es scheint hierbei der Charakter der Jonval'schen Turbinen als Reactionsturbinen auſser Acht gelassen zu sein. H–s.