Titel: Poetsch's Verfahren des Abteufens in schwimmendem Gebirge.
Fundstelle: Band 252, Jahrgang 1884, S. 101
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Poetsch's Verfahren des Abteufens in schwimmendem Gebirge. Poetsch's Verfahren des Abteufens in schwimmendem Gebirge. Die Verteufung von Schächten in schwimmendem Gebirge wird bekanntlich um so schwieriger, je flüssiger die Beschaffenheit der zu durchsinkenden Masse ist, und es wachsen mit den bei der Arbeit zu überwindenden Hindernissen gleichzeitig die Kosten in Folge vermehrter Wasserhaltung, der gröſseren Mühe, das Aufquellen der Schachtsohle zurückzudämmen u.s.w.; ja oft genug erzielt man, trotz aller aufgewendeten Mühe und Kosten, gar keinen Erfolg. Diesen Uebelständen abzuhelfen erscheint das von Herm. Poetsch in Aschersleben (* D. R. P. Kl. 1 Nr. 25015 vom 27. Februar 1883) vorgeschlagene und noch dazu unter besonders ungünstigen Umständen auf Zeche Archibald bei Schneidlingen erprobte Verfahren, das zu durchteufende Gebirge gefrieren zu lassen, ganz geeignet. Man geht hiernach, um zum Ziele zu gelangen, in folgender Weise vor: Zunächst wird der Schacht vom Tage nieder bis auf den Wasserspiegel in nicht unbeträchtlich gröſseren Maſsverhältnissen, als solche ihm an sich zugedacht sind, niedergeteuft und darauf in der Sohle des Vorschachtes, nahe den Stöſsen desselben, eine Anzahl je 1m von einander abstehende Bohrlöcher bis auf das Liegende der Schwimmsandschicht niedergebracht. Hiernach bohrt man einen Ring von Löchern innerhalb der zukünftigen Schachtstöſse und setzt endlich noch ein Bohrloch in das Schachtmittel. Sämmtliche Löcher werden während ihrer Herstellung ausgerohrt und in die Rohre setzt man mit Hahn Verschlüssen versehene Kupferröhren von geringerem Querschnitte, bis auf die Bohrlochsohlen hinabgehend, ein und verbindet die letzteren über der Sohle des Vorschachtes durch ein Vertheilungsrohr unter einander. Durch sehr schnelle Verdunstung von flüssig gemachtem Ammoniakgase wird über Tage ein möglichst hoher Kältegrad (–35 bis 40°) erzeugt und einer Lauge von Chlormagnesium und Chlorcalcium mitgetheilt, die man sodann mittels Druckpumpen dem Vertheilungsrohre zuführt, aus welchem sie in den engen Kupferröhren bis zu den Bohrlochsohlen niederfällt, um in den Futterrohren wieder aufzusteigen, hierbei ihre Kälte an das schwimmende Gebirge abzugeben und dieses zum Gefrieren zu bringen. Die aufgestiegene Lauge wird wieder dem Kühlbottiche zugeführt und beginnt, erneut in ihrer Temperatur erniedrigt, den Kreislauf von vorn. Ist nunmehr die so im Gebirge und vorzugsweise in den künftigen Schachtstöſsen erzeugte Eismauer hinreichend stark, so wird das Abteufen durch Heraushauen der gefrorenen Massen, unter gleichzeitiger Nachführung von Senkmauer oder eines eisernen Cylinders niedergebracht, wobei dann natürlich jede Wasserhaltung ebenso wie ein Auftrieb der Schachtsohle von selbst wegfällt. Natürlich muſs der Kreislauf der kalten Lauge so lange fortgesetzt werden, bis der Fuſs des Senkschachtes einen dichten Abschluſs im Liegenden des Schwimmsandes gefunden hat. Ueber die Kosten des Verfahrens und deren Verhältniſs zu dem gewöhnlichen Vorgehen beim Abteufen in schwimmendem Gebirge können zuverlässige Angaben noch nicht gemacht werden, da, wie oben bereits bemerkt, der bis jetzt ausgeführte einzige Versuch unter ganz besonderen Verhältnissen durchgeführt wurde, unter denen nicht streng nach der beabsichtigten Weise verfahren werden konnte, man sich vielmehr damit begnügen muſste, die Kältemischung nur auf einer Seite der zukünftigen Schachtstöſse und zwar innerhalb derselben, statt gleichzeitig auſserhalb, niederzuführen. Trotzdem wurde von den Röhren ab eine über 1m starke Eismasse gemessen und entsprach der Versuch vollständig den davon gehegten Erwartungen.