Titel: Zur Kenntniss der Gerbsäuren.
Fundstelle: Band 253, Jahrgang 1884, S. 340
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Zur Kenntniſs der Gerbsäuren. Zur Kenntniſs der Gerbsäuren. O. Nasse (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1884 S. 1166) hat gefunden, daſs wässerige oder alkoholische Lösungen von Tannin, in Gegenwart von neutralen oder sauren, das Tannin übrigens weder fällenden noch färbenden Salzen durch Jodlösung schön purpurroth gefärbt werden. Die Färbung ist keine bleibende und geht um so schneller vorüber, je wärmer die Flüssigkeit ist. An Stelle des Roth tritt dann ein schmutziges Braun. Die gleiche Färbung wie das Tannin und unter den gleichen Bedingungen wie dieses zeigen Gallussäure und Pyrogallol, nicht aber irgend eines der anderen bekannteren dreifach-hydroxylirten Benzolderivate (näher geprüft sind Phloroglucin, Querciglucin und Ellagengerbsäure) und ebenso nicht die zweifach- oder einfach-hydroxylirten Benzolderivate. Mit dieser für eine Gruppe der dreifach-hydroxylirten Benzolabkömmlinge geltenden Jodpyrogallolreaction läſst sich leicht in Pflanzen oder Pflanzentheilen das Fehlen oder das Vorkommen von Gallussäure oder Digallussäure neben anderen in der Eisenreaction mit diesen Verbindungen nahe übereinstimmenden Stoffen feststellen, das Fehlen mit völliger Sicherheit freilich nur, wenn gar keine Färbung eintritt, und ebenso das Vorkommen nur, wenn das Purpurroth rein ist und nicht durch eine bereits in dem Pflanzenauszuge vorhandene oder eine erst durch das Reagens bedingte Farbe verdeckt wird. Von Wichtigkeit ist besonders der zuletzt erwähnte Umstand, weil Färbungen meist unbestimmter Art, alle übrigens auch vorübergehend, beim Zufügen von Jodlösung zu wässerigen Auszügen von Pflanzen nicht selten vorkommen, so u.a. bei den Wurzeln verschiedener Rosaceen, bei den Myrobalanen u. dgl. Eine schöne, reine blaue Färbung, welche übrigens keinen Verdacht auf die Anwesenheit einer Pyrogallol-Verbindung aufkommen lieſs, kam zur Beobachtung bei der Prüfung von Eicheln. Hier ist wahrscheinlich Quercetin die Ursache der Färbung. Perret (Bulletin de la Société chimique, 1884 Bd. 41 S. 22) kocht zur Bestimmung des Gerbsäuregehaltes die Probe 2 mal je 15 Minuten lang mit Wasser aus, dampft die Auszüge auf 100cc ein, filtrirt heiſs, bringt auf 70° und setzt unter Umrühren eine Lösung von 1 Th. trockenem Eiweiſs in 4 Th. Wasser hinzu, bis kein Niederschlag mehr erfolgt. Dann erhitzt er zum Sieden und läſst eine 20procentige Lösung von Aluminiumsulfat zuflieſsen, bis sich der Niederschlag leicht absetzt. Nach dem Erkalten wird derselbe auf einem gewogenen Filter gesammelt, ausgewaschen und auf einer Gypsplatte im Trockenschranke getrocknet. Zieht man von dem Gewichte desselben das des Eiweiſs, des Filters und des Aluminiumsulfates ab, so ergibt der Rest die Menge des vorhandenen Gerbstoffes. Nach A. Guyard (daselbst S. 336) wirkt reine Luft auf Tannin in verdünnter wässeriger Lösung nicht ein, die Umwandlung desselben in Gallussäure wird vielmehr durch atmosphärischen Staub bezieh. Fermente anscheinend ohne Mitwirkung von Sauerstoff bewirkt. In alkalischer Lösung wird Tannin aber auch durch reine Luft angegriffen. Gallussäure und Tannin lassen sich durch mit Essigsäure versetztes Bleiacetat trennen, da hierin Bleigallat, nicht aber Bleitannat löslich ist. Man kann dieselben aus den Bleiverbindungen mit Schwefelsäure abscheiden, oder mit Kaliumpermanganat titriren. Nach F. Musset (Pharmaceutische Centralhalle, 1884 S. 179) kommen in der Eichenrinde zwei Gerbsäuren vor, welche beide durch Leim gefällt und durch übermangansaures Kalium oxydirt werden, so daſs die Bestimmung bei einem Gemenge beider wegen ihres sehr verschiedenen Wirkungswerthes gegen übermangansaures Kalium ungenau werden muſs. Man sollte daher den Eichenrindenauszug wiederholt mit Essigäther ausschütteln, bis der klare Aether beim Schütteln mit essigsaures Eisenoxyd haltendem Wasser nicht mehr blau wird; der Essigäther enthält dann die Eichengerbsäure, während die Eichenrothgerbsäure, nach Musset die Muttersubstanz des Eichenroth, in der wässerigen Lösung bleibt. Da dieses Verfahren lästig ist, so empfiehlt Musset die Titrirung mit Jod. Von reinstem, bei 100° getrocknetem Tannin werden 0,07 bis 0g,1 in ein 50 bis 60cc fassendes Glas gebracht, welches etwa 20cc warmes luftfreies Wasser enthält, nach dem Auflösen mit 20cc 0,1-Jodlösung versetzt, gemischt und das Glas mit luftfreiem Wasser vollgefüllt und luftdicht verschlossen. Nachdem die Flasche über Nacht unberührt gestanden hat, wird ihr Inhalt in ein Becherglas entleert, mit Wasser nachgespült und das freie Jod mit unterschwefligsaurem Natrium in der Weise zurücktitrirt, daſs man Stärkekleister, darauf unterschwefligsaures Natrium bis zur Entfärbung, dann noch bis zum nächsten halben oder ganzen Cubikcentimeter und nun ohne Säumen wieder Jodlösung bis zur Blaufärbung zufügt. Die hierzu verbrauchte Jodlösung wird vom verbrauchten unterschwefligsauren Natrium und der Rest des letzteren von 20cc Jodlösung abgezogen. Die übrige Jodlösung entspricht der abgewogenen Menge Tannin. Die Ueberschreitung der Endreaction geschieht hier der Gleichmäſsigkeit halber, da sie bei der Eichenrinde nicht wohl umgangen werden kann. Zur Werthbestimmung der Eichenrinde wird eine Durchschnittsprobe von 15g bei 100° getrocknet und hiervon werden 10g abgewogen, in einem Literkolben mit luftfreiem Wasser übergossen, bis dasselbe an den Kolbenhals reicht, der Kolben mit einem Stopfen lose verschlossen und ins Wasserbad gebracht. Nachdem der Kolbeninhalt die Temperatur des Bades angenommen hat und die Luft aus der Rinde entwichen ist, wird der Stopfen fest aufgesetzt und das Ganze mehrere Stunden digerirt. Man läſst dann auf die Normaltemperatur erkalten, füllt bis zur Marke, schüttelt und filtrirt durch ein voll zu haltendes Filter. Es werden nun in zwei 150cc-Gläsern (I bezieh. II) je 100cc Eichenauszug mit 20cc 0,1-Jodlösung versetzt, worauf man mit Wasser bis zur Marke füllt und die verstopften Gläser ruhig stehen läſst. Ferner verreibt man 4 bis 5g Zinkoxyd mit dem Eichenauszuge, bringt das Gemenge in eine 300cc fassende Flasche, füllt mit Eichenauszug bis zur Marke und läſst unter häufigem Schütteln 24 Stunden stehen. Man braucht zwar von dem Filtrate nur 100cc; allein da die Flüssigkeit schlecht filtrirt, ist es rathsam, 300cc anzuwenden. Der Rest des Eichenauszuges wird in Gläser zu 150cc gefüllt und für den Fall des Miſslingens eines Versuches zurückgestellt. Nach 24 Stunden filtrirt man eine kleine Probe vollkommen klar ab und prüft dieselbe mit Leim oder mit essigsaurem Eisenoxyd auf Gerbsäure. Der erstere darf nicht gefällt werden, letzteres nur eine kaum merkliche Farbenänderung hervorbringen. Ist auf diese Weise die vollständige Abscheidung beider Gerbsäuren erwiesen, so filtrirt man das Ganze durch ein doppeltes Filter. 100cc des Filtrates bringt man in ein 150cc fassendes Glas, fügt 20cc 0,1-Jodlösung zu, füllt mit Wasser und läſst wohlverkorkt über Nacht stehen (III). Nun wird der Inhalt der Probe I in ein Becherglas entleert, mit Wasser nachgespült, unbekümmert um den Niederschlag mit Kleister versetzt und das freie Jod mit unterschwefligsaurem Natrium zurücktitrirt. Die Entfärbung der Stärke läſst sich hier nicht gut erkennen, weil der Niederschlag Jod mit niedergerissen hat, weshalb man die Endreaction bis zum nächsten halben, oder, wenn dieser zu nahe liegt, bis zum nächsten ganzen Cubikcentimeter überschreitet und den Ueberschuſs mit Jodlösung zurücktitrirt. Zieht man die zum Zurücktitriren gebrauchte Jodlösung vom verbrauchten unterschwefligsauren Natrium und den Rest des letzteren von 20cc Jodlösung ab, so hat man die Jod menge, welche der Eichenauszug gebunden hat. In ganz gleicher Weise verfährt man mit dem Inhalte III und erhält so die Jodmenge, welche die Eichenrindenbestandtheile ausschlieſslich der beiden Gerbsäuren gebunden haben. Letztere, von dem Gesammtjod abgezogen, ergibt die Jodmenge, welche von den beiden Gerbsäuren gebunden ist. Der im Glase II entstandene Niederschlag von jodirter Eichenrothgerbsäure wird durch ein kleines Saugfilter unter einer Decke von Petroleumäther abfiltrirt, mit 20cc luftfreiem, mit Jod gesättigtem Wasser ausgewaschen, im Kohlensäurestrome bei 110° getrocknet und gewogen. Zum Gewichte desselben werden 0,005, welche in Waschwasser gelöst wurden – in der Mutterlauge ist der Niederschlag unlöslich – zugezählt und das Filtergewicht in Abzug gebracht; derselbe enthält 7,8 Proc. Jod. Man rechnet nun die Menge des im Niederschlage enthaltenen Jodes aus, bringt, da die gleiche Menge als Jodwasserstoff gebunden wurde, die doppelte Menge der von beiden Gerbsäuren gebundenen Jodmenge in Abzug und erhält als Rest die Menge des von der Eichengerbsäure allein gebundenen Jodes. Man berechnet diese Jodmenge auf Tannin und sagt, eine Eichenrinde enthält beispielsweise 7,5 Proc. Eichengerbsäure „als Tannin ausgedrückt“, bis die Reindarstellung der Eichengerbsäure gelungen ist und die Jodlösung auf dieselbe eingestellt werden kann. Das Gewicht der Eichenrothgerbsäure erfährt man, indem man den Jodgehalt vom Gewichte der jodirten Säure abzieht und die äquivalente Menge Wasserstoff zuzählt. Deutsche Rinden enthalten nach Musset 7 bis 8 Proc. Eichengerbsäure und 6 bis 10 Proc. Eichenrothgerbsäure. Da letzere die thierische Haut ebenfalls gerbt, so erscheint die Werthschätzung einer Eichenrinde nach ihrem Gehalte an Eichengerbsäure allein, wie dies seither geschah, nicht mehr für ausreichend, sondern es ist auch die Bestimmung der Eichenrothgerbsäure als nothwendig zu empfehlen, um so mehr, als sich beide Gerbsäuren dem Praktiker wahrscheinlich als verschiedenwerthig erweisen werden. Die sogen, schwerlösliche Gerbsäure, welche Neubauer u.a. für eine Modification der Gerbsäure hielten, ist nur ein Antheil Rothgerbsäure, welche von der Faser hartnäckiger zurückgehalten wird. Aus dem ungleichen Verhältnisse, in welchem beide Gerbsäuren in verschiedenen Rinden vorkommen, erklärt sich die verschiedene Zusammensetzung der Kupferniederschläge und ihr schwankender Gehalt an Kupferoxyd. Nach C. Böttinger (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1884 S. 1041 und 1123) wird der Hemlockrindegerbstoff in Nordamerika in ungeheuren Mengen gebraucht und gelangt in Form von Extract in den Handel. Eine Probe Extract, welche auf Tannin bezogen etwa 20 Proc. Gerbstoff enthielt, bildete eine dicke, kaum flüssige, braune Masse, welche sich mit Hinterlassung eines rothbraunen amorphen Rückstandes in Wasser zu einer klaren, braunen Flüssigkeit löste. Von den Lösungen des Hemlockgerbstoffes bezieh. Eichenrindegerbstoffes gleicher Concentration sind die des ersteren stärker gefärbt. Der wässerigen Lösung des Hemlockgerbstoffes wird dieser durch Essigäther aber nur schwierig entzogen. Gegen Alkalien, Salzsäure und Schwefelsäure verhält sich die Lösung des Hemlockgerbstoffes wie die des Eichenrindegerbstoffes; doch sind die aus der ersteren durch Säuren abscheidbaren Stoffe, welche man der Analogie nach Hemlockroth nennen könnte, entschieden kupferiger als das Eichenroth gefärbt. Schüttelt man die aus dem Extracte hergestellte wässerige Lösung des Hemlockgerbstoffes mit Brom, so färbt sie sich vorübergehend dunkel und hernach fällt ein gelber Stoff in reichlicher Menge heraus. Derselbe wird abfiltrirt, mit Schwefligsäure enthaltendem Wasser ausgewaschen und im Exsiccator getrocknet. Zur weiteren Reinigung muſs der Körper aus Alkohol umkrystallisirt werden, wobei weiſse Flocken ungelöst bleiben. Dieselbe Verbindung, aber sofort rein, wird gewonnen, wenn der wässerigen Lösung des mit Essigäther ausgeschüttelten und vom demselben getrennten Hemlockgerbstoffes Brom zugesetzt und im Uebrigen wie angegeben verfahren wird. Aus der Analyse berechnet sich die Formel C20H14Br4O10, somit für die Muttersubstanz C20H18O10, so daſs also der Hemlockgerbstoff der Eichenrindegerbsäure C19H16O10 homolog wäre. Die Tetrabrom-Hemlockgerbsäure gibt beim Erwärmen mit Essigsäureanhydrid die Pentacetylverbindung, in Chloroform suspendirt mit Brom: C20H10Br6O10. Um die Bromverbindungen der Rindengerbsäuren zu erhalten, müssen die Loheauszüge möglichst in der Kälte bereitet sein und nach dem Filtriren einige Tage stehen, bis sich kein feines Pulver mehr daraus abscheidet. Man versetzt die Brühen unter stetem Umschütteln nach und nach mit Brom, bis dieses gerade im Ueberschusse ist. Die Brühen färben sich vorübergehend miſsfarbig, dunkel, hellen plötzlich wieder auf und scheiden gelbe flockig-pulverige Niederschläge ab, welche abfiltrirt, gut mit Wasser, dem anfangs Schwefligsäure zugesetzt ist, ausgewaschen und hernach bei gewöhnlicher Temperatur getrocknet werden. Während den Bromderivaten der Eichen- und Fichtengerbsäure ein mehr bräunliches Gelb zukommt, können die Bromderivate der Hemlock-, Quebracho- und Manglerindegerbsäure, der Blättergelbsäure röthlich gelb genannt werden im Gegensatze zu den Bromderivaten der Chestnutoak-, Mimosa- und Terrajaponicagerbsäure, welche ganz licht gelb sind. Die Bibrom-Eichenrindegerbsäure, die Bromhemlock-, Bromquebracho- und Bromblättergerbsäure spalten bei gewöhnlicher Temperatur keine oder doch nur spurenweise Bromwasserstoffsäure ab; die anderen Bromgerbsäuren verlieren, wenn sie trocken sind, Bromwasserstoffsäure, anfangs ziemlich rasch, später langsam. Die Niederschläge haben folgenden Bromgehalt: Eichenrinde 28,4 Proc. Mimosa 49,36 Proc. Hemlockrinde 43,6 Proc. Chestnutoak 50,48 Quebrachonolz 44,5 Terrajaponica 53,2 Manglerinde 42,15 Fichtenrinde 52,8 Dieselben lösen sich in Alkohol und in Eisessig, nicht in Aether, zerflieſsen aber mit demselben. Durch concentrirte Salzsäure werden dieselben bei 180 bis 190° in schwarze, kohlenähnliche Stoffe umgewandelt, welche indessen nur vollständige, durch innere Condensation erzeugte Anhydride sind. Die Bromgerbsäuren verlieren das Brom als Bromwasserstoff, auſserdem Wasser, Kohlensäure und ein mit grüner Flamme brennendes Gas. Die sämmtlichen Bromderivate reagiren in alkoholischer Lösung mit salzsaurem Hydroxylamin derart, daſs Stickstoff haltige Substanzen entstehen, welche beim Kochen mit concentrirter Salzsäure Hydroxylamin abspalten. Essigsäureanhydrid führt die Bromderivate der genannten Gerbsäuren in Acetverbindungen über. Die Reaction vollzieht sich bei den an Brom reicheren Verbindungen auſserordentlich heftig und nicht ohne daſs Bromwasserstoff abgespalten wird. So verlieren Brom Wasserstoff die Bromderivate der Mimosa-, Chestnutoak-, Terrajaponica-, Fichten- und Manglegerbsäure. Die Acetverbindungen sind hellgelb gefärbt und lichter als die Muttersubstanzen. Concentrirte kalte Salzsäure addirt sich nicht. Phosphorpentachlorid erwärmt sich beim Umrühren damit; es entweicht Salzsäure; bei nachheriger Behandlung bleiben aber Stoffe zurück, welche den angewendeten sehr ähnlich sehen. Die klare Hemlockgerbsäurelösung wurde mit concentrirter Salzsäure oder Schwefelsäure versetzt und dann längere Zeit im Trockenschranke erhitzt. Zunächst scheidet sich eine zusammengebackene, braunrothe Masse aus, später ein rothes Pulver. An den oberen Stellen der Glaswände, welche trocken werden, bildet sich ein schwarzer Ring, welcher entfernt werden muſs. Hernach wird die ausgeschiedene Masse abfiltrirt, gut mit Wasser gewaschen, zerrieben, nochmals mit Wasser gewaschen, hierauf getrocknet, endlich wiederholt mit Aether, dann mit heiſsem Alkohol ausgezogen, so lange sich dieser durch Aufnahme von Anhydroverbindungen stark färbt, schlieſslich getrocknet. So gereinigt bildet das Hemlockroth, das Hauptproduct der Reaction, ein rothes Pulver, welches sich in den vorhin angegebenen Flüssigkeiten nicht löst, von verdünnter, kalter Natronlauge und auch von warmer Sodalösung aufgenommen wird. Die durch Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigte Bromfichtengerbsäure, C21H14Br6O10, zersetzt sich sehr leicht unter Entweichen von Bromwasserstoff. Sie löst sich leicht in verdünnten Alkalien, in Alkohol, Essigäther und Eisessig, aber nur wenig in heiſser Essigsäure, indessen unter beträchtlicher Erhitzung, Abspaltung von Bromwasserstoffsäure und Bildung eines Acetderivates in Essigsäureanhydrid; sie reagirt in alkoholischer Lösung mit salzsaurem Hydroxylamine und liefert ein Stickstoff haltiges Derivat, welches beim Kochen mit concentrirter Salzsäure Hydroxylamin abspaltet. Concentrirte Salzsäure wandelt die Hexabromfichtengerbsäure bei 180 bis 190° in einen schwarzen, bromfreien, bromirbaren Stoff um; dieselbe verliert hierbei Bromwasserstoffsäure, Kohlensäure, Wasser und Methyl. Brom wirkt in Chloroform nur langsam auf die Substanz ein; es entsteht ein in Aether löslicher Körper. Das Acetylderivat ist ein gelbes Pulver, welches sich in verdünnter Natronlauge erst allmählich, leicht in kaltem Aceton und Essigäther, schwierig in heiſsem Alkohol löst; es besitzt die Zusammensetzung C21H5Ac5Br5O10. Durch Kochen des Fichtenrindeauszuges mit Salzsäure oder Schwefelsäure entstehen Anhydride der Fichtenrindegerbsäure, welche im Wasser unlöslich sind. Man reinigt dieselben durch Behandeln mit Aether und Alkohol; letzterer entzieht eine nicht sehr erhebliche Menge eines ebenfalls anhydridischen Abkömmlinges der Fichtengerbsäure. Die dem Eichenroth entsprechenden Körper sind in Alkohol unlöslich; aber es zeigte sich, daſs die mittels Salzsäure oder Schwefelsäure abgeschiedenen Stoffe verschieden sind; erstere enthält 28 Proc. Acetyl, letztere 23,7 Proc. entsprechend C21H13Ac3O8. Wird das mit Salzsäure erhaltene Fichtenroth in Chloroform mit Brom behandelt, so erhält man Pentabromfichtenroth. Die Gerbsäure, welche Wasser der sogen. Terra japonica entzieht, entspricht in ihren Eigenschaften und der Zusammensetzung der Fichtenrindengerbsäure; ein Unterschied zeigt sich nur in der Farbe einiger Verbindungen. So ist die Bromterrajaponicagerbsäure ein ganz hellgelb gefärbter Stoff. Die klare, wässerige Lösung der Terrajaponicagerbsäure liefert bei der Behandlung mit Säuren in der Wärme wesentlich in Alkohol unlösliches Roth; doch unterscheidet sich dieses in Farbe und Zusammensetzung je nach Natur und Concentration der angewendeten Säure und der Temperatur, welche bei der Bereitung eingehalten wurde. Salzsäure liefert damit bei 80°, in mäſsiger Concentration angewendet, einen braungelben Stoff, welcher 4 Acetylgruppen aufnimmt: C21H14(C2H3O)4O9. Concentrirte Salzsäure dagegen erzeugt bei 100° einen braunen Stoff, welcher nur 3 Acetylgruppen aufnimmt: C21H14(C2H3O)3O8. Diese Terrajaponicaroth sind aber nicht ganz rein; bromirt man die Stoffe bei 20° Temperatur in Chloroform, so erhält man stets drei Substanzen, von welchen zwei in Chloroform unlöslich sind, während sich die dritte darin löst. Diese letztere Substanz entsteht in nur geringer Menge; sie löst sich in Aether, Alkohol und Eisessig, krystallisirt in Nadeln, welche sich nicht in Wasser und auch nicht in Soda lösen, von letzteren aber in eine lebhaft blaugrüne Substanz umgewandelt werden. Man kann diese Verbindung nicht aus den in Chloroform unlöslichen Bromderivaten des „Roth“ durch weitere Behandlung mit Brom gewinnen. Die bromirten „Roth“ werden von Alkohol zerlegt in einen leicht löslichen, bromreichen, auch in Natronlauge und Soda leicht löslichen, aber leicht Bromwasserstoffsäure verlierenden und dann nur noch fünf Bromatome enthaltenden Körper und in Pentabromterrajaponicaroth, welches sich zwar leicht in verdünnter Natronlauge, aber nur spärlich in kalter Soda löst. In heiſser Soda löst es sich dagegen auf. Die Eichenrindegerbsäure erscheint nach Böttinger jetzt als der Methyläther des Condensationsproductes des Acetessigaldehydes mit Tannin. Die beschriebenen Stoffe enthalten die Homologen des Acetessigaldehydes. Das Methyl ist an eine Carboxylgruppe gebunden. Nach weiteren Mittheilungen Böttinger's (a. a. O. 1884 S. 1475 und 1503) besitzt die Digallussäure die Formel C14H10O9.2H2O. Trotz der groſsen Aehnlichkeit der Digallussäure mit dem Tannin kann dieselbe vorläufig nicht als identisch mit letzterem angesehen werden, da sie beim Kochen mit verdünnter Salzsäure keine Gallussäure zurückbildet. Verfasser hält die Digallussäure für eine mit dem Tannin isomere Substanz. Krystallwasser haltige Gallussäure löst sich in überschüssigem kaltem Essigsäureanhydrid nicht auf. Beim Erwärmen des Gemisches im Trockenraume des Wasserbades erfolgt allmählich Lösung. Nach 2stündigem Digeriren ist die Gallussäure verschwunden, nach 6 stündigem Erwärmen ist deren Acetylverbindung in reichlicher Menge erzeugt. Die Acetylverbindung scheidet sich beim Eintragen der Lösung in viel Wasser in langen, farblosen, prismatischen Krystallen ab, welche langsam erhitzt bei 165 bis 166° schmelzen. Die Krystalle lösen sich kaum in Wasser, leicht in kaltem Alkohol und Essigäther und farblos in verdünnter, kalter, wässeriger Soda, natürlich auch in Natronlauge aber zur gelbbraunen Flüssigkeit. Bei 120° entwässerte Gallussäure gibt auſserdem eine bei 151° schmelzende Acetylverbindung, welche dem Pentacetyltannin ähnlich ist. Das krystallisirte Tannin, welches von kalter gelber Salpetersäure viel langsamer angegriffen wird als die Gallussäure, löst sich schon in kaltem Essigsäureanhydrid völlig und wird beim Erwärmen dieser Lösung im Wasserbade in Pentacetyltannin übergeführt. Dasselbe schmilzt bei 137°, löst sich schwer in kaltem Alkohol, leicht in Essigäther, aber nur ganz allmählich in kalter verdünnter Sodalösung. Aus den wässerigen Auszügen von Dividivi, Algarrobilla und Vallonea setzt sich viel Ellagsäure ab, kenntlich an der rothen Reaction mit gelber Salpetersäure. Werden die wässerigen Auszüge der Algarrobilla, Dividivi und Knoppern mit concentrirter Salzsäure versetzt, so entstehen besonders in den beiden ersten Brühen dicke, gelbe, flockige Fällungen, welche beim Erwärmen teigig werden. Vallonea-Auszug scheidet erst nach halbstündigem Erwärmen mit Salzsäure im Wasserbade Flocken aus, welche sich rasch vermehren. Schüttelt man die Flüssigkeiten, ohne Berücksichtigung des darin befindlichen Niederschlages, mit Essigäther aus, verdunstet diesen, acetylirt den gelben Rückstand, so läſst sich durch geeignete Behandlung des Acetylderivates leicht etwas farbloses krystallisirtes Pentacetyltannin gewinnen. Am reichlichsten erhält man es aus Sumachauszug. Die filtrirten wässerigen klaren Auszüge der genannten Materialien werden nach gutem Absitzen im Wasserbade verdampft. Dividivi und Algarrobilla-Auszug schäumt stark beim Verdampfen. Sobald der Schaleninhalt die Beschaffenheit angenommen hat, daſs derselbe beim Erkalten erstarrt und zerrieben werden kann, nimmt man die Schalen vom Wasserbade. Die gepulverten Rückstände des Auszuges von Dividivi sind braungelb, von Algarrobilla gelb, von Vallonea gelblich grau, von Knoppern braun; sie geben beim Behandeln mit gelber Salpetersäure röthliche Flüssigkeiten, die Reaction ist aber nicht sehr deutlich. Die Rückstände lösen sich in überschüssigem, kaltem Essigsäureanhydrid nicht. Wird im Trockenschranke des Wasserbades erwärmt, so erfolgt allmählich Lösung und Acetylirung. Nur Knoppern lassen einen geringen Rückstand, welcher von der Lösung abfiltrirt und mit Essigsäureanhydrid abgewaschen wird. Die Lösungen werden nach 8 stündigem Erhitzen in Wasser eingetragen, die abgeschiedenen, allerdings dunklen Acetylverbindungen mit Wasser gehörig ausgewaschen und getrocknet. Kalter Alkohol löst nur wenig, ein Gemisch von 3 Th. Alkohol und 1 Th. Essigäther löst mehr, Essigäther allein löst die gröſste Menge. Letztere Lösung abgedampft, gibt bei Vallonea ein weiſses Pulver mit 44,1 Proc. Acetylgehalt, bei den 3 anderen Gerbmitteln ein gelbes Pulver mit 43,2 bis 43,9 Proc. Acetyl. Diese Pulver sowie auch der in Essigäther unlösliche Rückstand lösen sich nicht in verdünnter kalter Sodalösung, leicht in verdünnter Natronlauge. In gelber Salpetersäure lösen sie sich ruhig auf. Die in Essigsäure unlöslichen Rückstände von Dividivi und Algarrobilla sind weiſs und lösen sich in verdünnter Natronlauge mit violettrother Färbung. Böttinger hält den in Essigäther löslichen Theil, also die Hauptmenge, wesentlich für eine und dieselbe Substanz, welche sowohl der Acetgallussäure als auch dem Acettannin nahe steht aber nicht identisch mit denselben ist. Der gefundene Acetylgehalt entspricht dem der Acetylgallussäure, die Eigenschaften fast dem Acettannin.