Titel: | Untersuchungen über die festeste Bronze. |
Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 377 |
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Untersuchungen über die festeste
Bronze.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 27.
Untersuchungen über die festeste Bronze.
Die Versuche, welche Prof. Thurston in Stevens Institute of Technologie in Hoboken, Nordamerika, im J. 1880/81 angestellt hatte, um die Zusammensetzung der festesten
Bronze zu bestimmen, ergaben nach dem Journal of the
American Society of Civil Engineers, 1881 Bd. 214 als vortheilhafteste
Mischung: 55 Kupfer, 43 Zink und 2 Zinn. Die graphische Verknüpfung der
Versuchszahlen zeigte aber dann, daſs voraussichtlich auch mit anderen
Mischungsverhältnissen ähnliche Werthe zu erzielen seien; nur müſsten die
Untersuchungen innerhalb weiterer Grenzen ausgeführt werden, als geschehen. E. H. Jobbins hat deshalb fernere Versuche angestellt
und berichtet über dieselben im Journal of the Franklin
Institute, 1884 Bd. 117 S. 184 ff. bezieh. im Engineering, 1884 Bd. 38 S. 17. Bevor jedoch die Ergebnisse derselben
wiedergegeben werden, sei kurz auf das sinnreiche Verfahren aufmerksam gemacht,
welches Thurston anwendet, um die Versuchszahlen
bildlich zur Anschauung zu bringen. Da Bronzen drei
Bestandtheile: Kupfer, Zink und Zinn enthalten, genügt offenbar die gewöhnliche
Methode, welche die Festigkeitscurven auf zwei zu einander senkrecht stehende Achsen
bezieht, nicht mehr, um den Einfluſs der drei verschiedenen Elemente klar zu legen.
Thurston hat deshalb ein gleichseitiges Dreieck gewählt und trägt die Ergebnisse nach einem
Verfahren ein, dessen Richtigkeit aus der nachfolgenden Entwickelung erhellen
wird.
Zieht man, wie aus Textfigur 1 zu entnehmen, in einem
Dreiecke BCD von einem Punkte A aus nach den Seiten Senkrechte AF, AG, AH
und nach den Endpunkten Strahlen AB, AC, AD, so erhält
man Dreiecke ABC, ACD, ABD, deren Summe natürlich
gleich dem Dreiecke BCD ist. Ist das Dreieck gleichseitig, so folgt, wenn noch CE die Senkrechte von der Spitze C aus auf die gegenüber liegende Seite BD ist:
\frac{C\,E\,.\,B\,D}{2}=\frac{A\,F\,.\,B\,D}{2}+\frac{A\,G\,.\,B\,C}{2}+\frac{A\,H\,.\,C\,D}{2}
C\,E\,.\,B\,D=(AF+AG+AH)\ B\,D,
somit
C\,E=A\,F+A\,G+A\,H=\mbox{Constant.}
Diese Gleichung gilt für jede Lage des Punktes A, folglich auch für jeden Punkt des gleichseitigen
Dreieckes BCD.
Fig. 1., Bd. 254, S. 378
Fig. 2., Bd. 254, S. 378
Theilt man nun die Höhe CE in 100 Theile, dann ist: AF + AG + AH = 100. Wird
diese Theilung für alle drei Höhen durchgeführt und zieht man durch die Theilpunkte
der Höhen Parallele zu der betreffenden Grundlinie, so theilt man das Gesammtdreieck
in lauter kleine Dreiecke, deren Scheitelpunkt immer um ganze Hunderttheile von den
Seiten entfernt sind und welche somit ein bequemes Netz für die einzelnen Punkte
abgeben.
Bezeichnet man jede Seite des Dreieckes mit einem der drei Elemente der Legirung und
gibt der Abstand eines Punktes, gemessen in Hundertsteltheilen der Höhe, die
procentuale Menge des betreffenden Metalles in der Zusammensetzung an, so stellt
offenbar jeder Punkt eine Legirung aus den drei Metallen dar, aber auch nur eine ganz bestimmte.
Die drei Eckpunkte B, C und D veranschaulichen also die Metalle selbst: Kupfer, Zinn und Zink.
Errichtet man in jedem Punkte der Dreiecksfläche Senkrechte zur Dreiecksebene, welche
der Zugfestigkeit, der Dehnbarkeit oder dem Brucharbeitsmodul proportional sind, so
erhält man Flächen wie in Textfig. 2, welche ein getreues Bild geben von dem Gesammtverlaufe der
betreffenden Eigenschaft in der Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Legirung.
Auf diesen Flächen lassen sich dann wieder Höhenlinien
angeben, welche Punkte von gleicher diesbezüglicher Eigenschaft, also von gleichem
Werthe verbinden.
Die Voruntersuchungen ergaben, daſs bestimmte Legirungen von den Hauptuntersuchungen
ohne weiteres ausgeschieden werden konnten und zwar diejenigen, welche auf der
Zinn-Zink-Seite lagen und von einer Linie abgetheilt wurden, die von 70 Kupfer, 30
Zinn und Null Zink nach dem Punkte 40 Kupfer, Null Zinn und 60 Zink lief; dieselben
waren entweder zu weich, oder zu spröde, oder zu wenig haltbar, um überhaupt in
Betracht zu kommen.
Die Festigkeitsfläche Textfig. 2 läſst auf den ersten
Blick erkennen, daſs der festesten Legirung durch die Spitze des Berges nahe der
hinteren, der Zink-Kupfer-Seite entsprochen wird. Jobbins zog deshalb nur das Feld um die Spitze jenes Berges herum in den
Bereich seiner engeren Untersuchungen und wählte eine Gruppe von 23 Bronzen, welche
in der Zusammensetzung immer um ein Procent abwichen; von jeder Mischung wurden zwei
Versuchstücke A und B geprüft, so daſs dies im Ganzen 46 Versuche lieferte. Das
verwendete Kupfer war „Lake Superior“, das Zink Bergener und das Zinn Phosphorzinn von Alf. Barber
und Comp. in Hamburg.
Als Grenzen für das Untersuchungsfeld wurden genommen:
Kupfer
höchstens
60,
wenigstens
50
Zink
„
48,
„
38
Zinn
„
5,
„
0.
Diese Grenzen umschlossen ebenso wohl das so genannte
„Tobin-Metall“, als auch die von Prof. Thurston als festeste bezeichnete Bronze. Tabelle I
gibt die Zusammensetzung der 23 geprüften Legirungen an:
Tabelle I.
Nr.
Cu
Zn
Sn
Nr.
Cu
Zn
Sn
Nr.
Cu
Zn
Sn
1
55
43
2
9
53
43
4
17
58
40
2
2
54
44
2
10
55
41
4
18
54
45
1
3
54
43
3
11
57
41
2
19
53
44
3
4
55
42
3
12
57
43
0
20
54
42
4
5
56
42
2
13
55
45
0
21
56
41
3
6
56
43
1
14
52
46
2
22
57
42
1
7
55
44
1
15
52
43
5
23
58
41
1
8
53
45
2
16
55
40
5
Die Versuchsstangen hatten ein Gewicht von 0k,658 und wurden in einer Eisenform von 203mm Länge und 6qc,45 (1 Quadratzoll engl.) Querschnitt gegossen. Zum Ausstreichen der Form
benutzte man eine Schwärze von Wasserblei und Wasser. Das Kupfer wurde zuerst in den Schmelztiegel
gebracht und dann mit gepulverter Holzkohle bedeckt, um den Luftzutritt
abzuschlieſsen. Nachdem das Kupfer geschmolzen war, wurde die Temperatur so weit
gesteigert, daſs beim Zusetzen des reinen sorgfältig in Papier gewickelten Zinkes
kein theilweises Festwerden zu befürchten stand. Zuletzt fügte man das Zinn
unter
Tabelle II.
Nr.
derLegirung
Torsionsmomentin mk
Zugspannung k/qmm
Drehwinkel in Grad
Bruch-moment
Mittel-werth
Bruch-belastung
Mittel-werth
an derElasticitäts-grenze Θe
beimBruch Θ
1
AB
37,3734,84
36,09
54,3550,83
52,59
1,51
43 40
2
AB
24,6628,82
26,73
37,6142,05
39,83
1,1 0,7
5,05 40
3
AB
34,8430,42
32,62
53,1346,38
49,76
11
13,77 10
4
AB
33,6635,73
34,68
51,3352,66
52,00
22
19,8 30,3
5
AB
37,1936,45
36,82
53,3052,80
53,05
4,62
55 46
6
AB
31,4930,51
31,00
45,1444,43
44,78
2,52
53,3 42,1
7
AB
39,6634,69
37,18
56,8849,73
53,31
22
54 53
8
AB
26,9225,49
26,20
41,0538,87
39,96
2 2,69
9,1 5,72
9
AB
30,8231,89
31, 35
47,0048,63
47,82
1,5 1,79
5,78 4,5
10
AB
34,4434,97
34,71
52,5253,33
52,93
2,1 2,8
4,6 8,8
11
AB
36,0532,83
34,44
52,2144,97
48,59
2,4 1,9
39,8 35
12
AB
31,4833,36
32,43
42,9043,42
43,16
2,3 1,6
95,2131,4
13
AB
31,4928,81
30,15
45,1440,71
42,92
2 1,1
52,4 65
14
AB
22,6424,50
23,57
34,5337,37
35,95
2,32
4,9 7,2
15
AB
26,2531,49
28,87
40,0548,02
44,03
2,62
4 5
16
AB
31,2235,02
33,12
47,6153,40
50,51
1,6 1,6
3,8 6,8
17
AB
31,4934,71
33,10
44,4351,66
48,05
1,4 1,8
54 43,2
18
AB
35,2436,05
35,64
51,2350,27
50,75
1,6 1,8
43,4 54
19
AB
32,0327,19
29,61
48,8341,48
45,15
2,2 1,4
8 4,8
20
AB
31,7635,78
33,77
48,4354,56
51,49
1,6 1,8
6,4 7,2
21
AB
40,3731,75
36,06
57,2148,43
52,82
2,9 2,4
38 8
22
AB
42,2130,67
36,44
60,3042,87
51,58
2 2,5
56 76
23
AB
31,2224,24
27,73
44,3531,66
38,01
1,6 1,2
63128
denselben Vorsichtsmaſsregeln zu. Die Form war vor dem
Gusse angewärmt und wurden nach dem Gusse die Metallstücke möglichst rasch
abgekühlt.
Die Proben wurden auf Thurston's
selbstregistrirender Zerreiſsmaschine (vgl. 1875 216 1.
1880 237 10) geprüft. Die Maschine miſst die Torsionsfestigkeit der Probestücke. Aus den so
erhaltenen Werthen ist Tabelle II abgeleitet, welche nach der Originaltabelle in das
metrische System umgerechnet ist.
Durch diese Versuche hat Jobbins die Gruppe der
„festesten Bronzen“ ziemlich scharf umgrenzt und spätere Untersuchungen
dürften wohl nur noch geringe Verschiebungen an den erhaltenen Werthen
hervorbringen. Die Textfigur 3 ist ein Grundriſs des
Gipfels des Berges von Fig. 2 im gröſseren
Maſsstabe. Die Nummern im Scheitelpunkte der kleinen Dreiecke geben die Nummern der
Legirungen nach Tabelle I an.
Fig. 3., Bd. 254, S. 381
Fig. 10 und
11 Taf.
27 enthalten noch die Rangziffern, den Legirungsnummern
von Textfig. 3 beigesetzt: Fig. 10 nach den
Torsionsversuchen, Fig. 11 nach den Reiſspannungen. In Fig. 12 endlich ist die
Rangziffer unter Berücksichtigung von Fig. 10 und
11 und
der allgemeinen Eigenschaften der Mischungen zu
bestimmen versucht worden. Es sind in den Figuren 10 und 11 mit einem
beigefügten A die Mittelwerthe bezeichnet; der Buchstabe B ist
den Nummern angehängt, wenn sie nur nach den höchsten der Versuchswerthe geordnet
sind, und mit C endlich ist eine Rangziffer nach
folgenden Beurtheilungsgrundsätzen bezeichnet: Sind die Versuchswerthe wenig von
einander abweichend, so erscheint der Mittelwerth als wahrscheinlich; weichen aber
die Werthe bedeutender von einander ab, so dürfte nur der höhere Werth als der
voraussichtlich richtigere anzusprechen sein. Unter Zugrundelegung dieser Anschauung
ist nun noch eine dritte Rangliste aufgestellt und sind
die betreffenden Ziffern mit C benannt worden.
In Fig. 10 steht neben dem
Orte für Legirung 1 z.B.: 4 A,
4 B, 5 C, d.h. die Legirung 1 hat, wenn man
nur die Mittelwerthe berücksichtigt (Rangleiter A), die
4. Stufe; werden nur die höchsten Werthe als maſsgebend betrachtet (B), so nimmt Probe 1
ebenfalls die 4. Stufe ein; endlich nach der dritten Eintheilung (C) ist der Legirung 1 die
5. Stelle von oben herein zuzusprechen.
Jetzt fragt es sich, welche Mischung ist als beste
anzuerkennen? An der höchsten Stelle stehen Nr. 7 und Nr. 22.
Nr. 7 war eine schön aussehende Legirung mit einem gleichförmigen,
ebenen Bruche von zähem, faserigem Aussehen; das Auseinanderdrehen der Bruchstücke
ging besonders langsam und glatt von statten. Probe 22 war von goldener Farbe, sehr
fein gekörnt und gab einen ähnlichen Bruch wie Nr. 7. Benutzt man nur die
Mittelwerthe der Torsionsversuche und der Reiſsspannungen (Fig. 10 und 11), so steht
Legirung Nr. 7 obenan und Nr. 22 folgt erst in 3. bezieh. 7. Linie. Nach der oben
erwähnten Anschauung wurden für Legirung Nr. 7 die Mittelwerthe als maſsgebend für
die Beurtheilung gewählt, bei Nr. 22 dagegen der höhere Werth, da durch
Blasenbildung und andere Ursachen das eine Probestück gelitten hatte. Dieser eine
Werth von Nr. 22 ist der höchste, welcher gefunden wurde, während Nr. 7 erst in
zweiter Linie steht.
Als nächst festeste Legirung weist die Liste Nr. 21 auf; auch hier
ist wegen der groſsen Abweichung der beiden Proben nur die höhere Zahl
berücksichtigt. Nr. 5
reiht sich an 4. Stelle ein. Diese Legirung wird vielleicht bei weiteren Versuchen
noch eine etwas gröſsere Festigkeit ergeben, da die untersuchten Stangen auf dem
Bruche einige Unregelmäſsigkeiten zeigten. Nr. 1, welche Thurston ehedem als festeste Bronze bezeichnete, war ein zähes Metall und
der Bruch erfolgte durch langsames Abdrehen, nicht plötzlich.
Für praktische Zwecke ist Nr. 5 noch der Legirung Nr. 22
vorzuziehen, weil einmal geringe Abweichungen in den Mischungsverhältnissen nicht
gleich gröſseren Abfall in der Festigkeit hervorbringen und dann, weil die
Elasticitätsgrenze höher liegt.
Die Zusammensetzung dieser beiden vortheilhaftesten, festesten Bronzen ist also:
Nr.
5
56
Kupfer,
42
Zink
und
2
Zinn.
Nr.
22
57
„
42
„
„
1
„