Titel: Die Dampf-Lichtmaschine von Ganz und Comp. in Budapest.
Fundstelle: Band 254, Jahrgang 1884, S. 401
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Die Dampf-Lichtmaschine von Ganz und Comp. in Budapest. Mit Abbildungen. Ganz's Dampf-Lichtmaschine. Einen bemerkenswerthen Gegenstand der elektrischen Ausstellung in Wien 1883 bildete die zur Erleuchtung des Theaters dienende, von Ganz und Comp. in Budapest ausgestellte Dampf-Lichtmaschine, bestehend aus einer Compound-Receiver-Dampfmaschine, deren Schwungrad unmittelbar die Spulen einer Wechselstrommaschine und den Gramme'schen Ring einer Mechwart-Zipernowsky'schen Erregermaschine trägt. Einem in der Zeitschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1884 S. 217 veröffentlichten Berichte ist folgende Beschreibung dieser Maschine entnommen.In der oben genannten Zeitschrift ist über die Internationale Elektrische Ausstellung in Wien 1883 eine Reihe von Berichten von Ingenieur E. R. Leonhardt, Schriftführer der Ausstellungscommission, veröffentlicht worden, welche nun gesammelt in einem kürzlich bei Craz und Gerlach zu Freiburg i. S. erschienenen Buche vorliegen. Vorzugsweise ist hier der Organisation sowie den maschinellen und insbesondere den baulichen Anlagen dieser Ausstellung Beachtung geschenkt; das empfehlenswerthe Buch enthält einen Farbendruckplan, 4 Tafeln und über 100 Textabbildungen.Bei anderer Gelegenheit wurde bereits das im Verlage von L. W. Seidel und Sohn in Wien erscheinende Werk angezeigt: Bericht über die internationale elektrische Ausstellung in Wien 1883. Unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner herausgegeben vom Niederösterreichischen Gewerbe-Vereine. Redacteur: Dipl. Ingenieur Franz Klein. Die vorliegenden Lieferungen (1 bis 4 zu je 1,30 M.) enthalten: „Generatoren und Motoren“ von Moritz R. von Pichler, „Elektrische Maschinen“ von Josef Kolbe, „Galvanische Batterien und Thermosäulen“ bezieh. „Accumulatoren“ von W. Ph. Hauck jun., „Galvanoplastik“ von Richard Reuter, „Telegraphie im Allgemeinen“ bezieh. „Leitungsmaterial für schwache Ströme“ von Josef Kareis, „Telephonie“ von Prof. Dr. F. J. Pisko u.s.w. Mit zahlreichen Textabbildungen. Fig. 1., Bd. 254, S. 401 Die von der Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft, vormals Ruston und Comp. in Prag gelieferte Dampfmaschine ist, wie aus Textfigur 1 zu entnehmen, ähnlich den Schiffsmaschinen, stehend, mit oben neben einander befindlichen Cylindern angeordnet. Der zwischen den Cylindern liegende Raum, welcher mit letzteren von einem gemeinsamen Dampfmantel umgeben ist, dient als sogen. Receiver. Das Gestell wird einerseits durch einen etwas schräg stehenden, hohl gegossenen, starken Bock, welcher auf der vorderen Seite zugleich die Gleitschienen für die einseitig geführten Kreuzköpfe trägt, andererseits durch zwei gleichfalls schräg stehende schmiedeiserne Streben gebildet. Die Kurbelwelle hat zwei um 90° versetzte, mit Ausgleichgewichten versehene Kröpfungen und trägt an dem einen freien Ende ein Schwungrad B von 3m Durchmesser, welches, wie erwähnt, den Ankerring und die Spulen der Dynamomaschine trägt, während auf dem anderen Ende der Welle Zahnräder, Riemen- oder Seilscheiben befestigt werden können. Von den drei auf die Grundplatte aufgegossenen Lagern L (Textfig. 2) hat das neben dem Schwungrade befindliche eine Länge von 550mm und einen Durchmesser von 180mm; die beiden anderen besitzen eine Länge von je 250mm und einen Durchmesser von 165mm. Die verhältniſsmäſsig groſse Länge namentlich des erstgenannten Lagers, durch welche die Abnutzung möglichst herabgezogen wird, ist bei der gewählten Anordnung der Dynamomaschine sehr wesentlich. Die beiden Cylinder haben 290mm bezieh. 440mm Durchmesser und 440mm Hub, also ein Verhältniſs von 1 : 2,3 zu einander. Die ziemlich langen Kolben sind mit Stahldichtungsringen von Mather und Platt versehen. Die aus Stahl geschmiedeten Kreuzköpfe tragen einen bronzenen Gleitschuh. Die Kurbelstangen haben 5 fache Kurbellänge. Die Dampfvertheilung erfolgt bei beiden Cylindern mittels Meyer'scher, von Hand verstellbarer Steuerung, wobei die Bewegungsübertragung von den innerhalb der Lager befindlichen Excentern auf die weiter auſsen liegenden Schieberstangen durch Hebel vermittelt wird. Zur Regelung des Ganges der Maschine dienen zwei auf Drosselventile wirkende FederregulatorenPickering's Construction, welche * S. 357 beschrieben ist.Red., von denen der eine, wie gewöhnlich, die Einströmspannung für den kleinen Cylinder bestimmt; der andere drosselt mehr oder weniger den überströmenden Dampf ab, d.h. vermindert bei steigender Geschwindigkeit die Einströmspannung für den groſsen Cylinder und vermehrt zugleich die Ausströmspannung für den kleinen Cylinder. Fig. 2, Bd. 254, S. 403 Durch diese Anordnung soll bei plötzlich eintretenden Aenderungen des Widerstandes eine schnelle und energische Einwirkung auf die Leistung der Maschine erzielt und ferner ermöglicht werden, daſs der Betrieb nötigenfalls auch mit einem Cylinder allein unterhalten werden kann. Mit Rücksicht auf die Art und den groſsen Durchmesser der Dynamomaschine war eine besonders hohe Umlaufzahl der Dampfmaschine nicht erforderlich; dieselbe war für 180 Umdrehungen berechnet, lief jedoch während des Betriebes in Wien gewöhnlich nur mit 140 Umdrehungen. Bei 180 Umläufen (entsprechend 2m,64 mittlerer Kolbengeschwindigkeit), einer Kesselspannung von 10at Ueberdruck und 1/9 Füllung des kleinen Cylinders leistete die Maschine 105e effectiv, während 123e indicirt wurden. Hervorgehoben wird, daſs die Ausführung der Maschine eine ganz vorzügliche, die Oelung aller Theile, namentlich der Lager, eine sehr gute war und daſs die Maschine sich durch einen gleichmäſsigen, geräuschlosen Gang auszeichnete. Alle umlaufenden Theile der beiden Dynamomaschinen sind nun unmittelbar auf die Schwungrad welle der Dampfmaschine aufgesetzt, z. Th. auch auf das Schwungrad, was mit dem Wegfallen aller Riemen oder sonstigen Uebertragsmitteln und Kuppelungen zugleich auch alle aus diesen Theilen entspringenden Fehlerquellen beseitigt. In der Schnittfigur 2 liegt rechts die Dampfmaschine, links die Dynamomaschine mit der centrisch in dieselbe eingeschobenen Erregermaschine, welche letzteren zwei, ohne weitere Lager, auf die verlängerte Schwungrad welle aufgekeilt sind. Diese beiden in Textfig. 3 perspectivisch dargestellten Dynamomaschinen umgibt als äuſserster Mantel eine feststehende Trommel A von 3m lichtem Durchmesser, welche an der von der Dampfmaschine abgekehrten Seite durch ein starkes Gestell von acht centrischen Rippen abgesteift ist. An der Innenwand des Trommelcylinders, welcher auſsen mit Eisendraht umwickelt ist, liegen neben einander angeordnet 36 längliche Inductionsspulen r. Diesen gegenüber sitzen auf dem äuſseren Umfange des Schwungrades B der Dampfmaschine ebenso viele Elektromagnete m, welche mit ihren flachen Polschuhen, indem sie gleichzeitig mit dem Schwungrade umlaufen, stetig an den feststehenden Spulen r vorübergeführt werden. Die Stromführung in den Drahtwindungen der 36 Elektromagnete m ist nun eine solche, daſs die magnetische Polarität stetig abwechselt, also in dem einen positiv, in den beiden benachbarten negativ ist; es müssen demzufolge in den Inductionsspulen r des äuſseren Trommelcylinders Wechselströme erzeugt werden. Diese wurden durch Kupferstangen zur Beleuchtungsanlage im Theater geleitet. Die Haupteigenthümlichkeit der Mechwart-Zipernowsky'schen Construction liegt nun darin, daſs die Erregermaschine, welche den Strom an die Elektromagnete m abzugeben hat, auf derselben Achse wie die Wechselstrom-Maschine selbst sitzt, indem der Gramme'sche Ring R (dessen mittlerer Durchmesser 1m,5 beträgt) der ersteren auf der von der Dampfmaschine abgekehrten Seite in das Schwungrad hinein gesetzt ist und mit demselben umläuft. Die Textfigur 2 läſst deutlich die 24 Elektromagnete P der Erregermaschine erkennen, welche 12 von auſsen, 12 von innen den Grammeschen Ring umfassen, indem sie zwei Kränze bilden, welche an den acht Speichen ähnlichen Gestellarmen der festen Trommel befestigt sind. Die Polschuhe für die 12 inneren und die 12 äuſseren Elektromagnete sind nun derart angeordnet, daſs der Gramme'sche Ring stets zwischen zwei gleichnamigen Polen hindurchläuft. Ein Commutator C leitet die im Gramme'schen Ringe erzeugten Inductionsströme durch Bürsten ab, während die beiden isolirt auf der Maschinenachse aufgekeilten zwei Schleifringe S und S1 diesen Strom den Elektromagneten m der Wechselstrom-Maschine zuführen. Fig. 3., Bd. 254, S. 405 Mittels der beiden parallel zur Schwungradachse liegenden starken Eisenstangen d, des Speichenrades b, der Zahnräder c und der Schraubenspindeln a kann die feststehende Trommel mit allen ihren Theilen (in Fig. 2 nach links) verschoben und auf diese Weise alle Theile der beiden Dynamomaschinen frei und somit für Untersuchungen und im Bedarfsfalle für Ausbesserungen leicht zugänglich gemacht werden. Die während der Ausstellungsdauer oft und von verschiedenen Seiten aufgestellte Behauptung, daſs diese groſse Dampf-Lichtmaschine „nur zum Scheine laufe“ und daſs das Theater von anderen Wechselstrom-Maschinen, deren ja Ganz und Comp. eine ganze Reihe in Betrieb ausgestellt hatten, gespeist werde, hat das Directions-Comité der Ausstellung in der Zeitschrift des elektrotechnischen Vereins in Wien, 1883 S. 303 officiell widerlegt. Wenn also an der Leistungsfähigkeit und an der ungestörten Betriebsleistung der den Strom für die Lampen liefernden Wechselstrom-Maschine nicht gezweifelt werden kann, ist andererseits einzugestehen, daſs allerdings die zu dieser Maschine gehörige Erregermaschine durch irgend welche nicht bekannt gewordene Umstände (wie solche ja bei elektrischen Maschinen leichter als irgend wo anders eintreten und nirgends schwerer als hier gefunden werden können) nicht entsprechend gearbeitet hat und als Erregermaschine eine andere der von der Firma ausgestellten vierpoligen Dynamomaschinen (von etwa 60 Volt Spannung und von 90 Ampère Stromstärke) verwendet werden muſste. Gegenwärtig soll die groſse Ausstellungsmaschine mit sammt ihrer Erregermaschine in Budapest (s. unten) zur vollen Zufriedenheit arbeiten. Von der wissenschaftlichen Commission der Ausstellung ist diese Dampflicht-Maschine, vielleicht aus dem eben berührten Grunde, nicht untersucht worden. Die Fabrik macht bezüglich der elektrischen Gröſsen folgende Angaben: Die 36 Inductionsspulen der Wechselstrom-Maschine, welche sämmtlich parallel geschaltet waren, besaſsen einen Widerstand von 0,0039 Ohm, die 36 in 6 Stromkreise geschalteten Elektromagnete einen Widerstand von 0,41 Ohm, der Ring der Erregermaschinen mit 6 Bürsten am Stromsammler 0,165 Ohm und die 24 in 6 Stromkreisen angeordneten Elektromagnetspulen der Erregermaschine 0,24 Ohm. Bei 180 Umläufen und einem normalen äuſseren Widerstände von 0,038 Ohm ist die Potentialdifferenz an den Klemmen der Wechselstrom-Maschine 57,6 Volt und zwischen den Bürsten der Erregermaschine während ihrer Magnetisirungsarbeit, d. i. also bei 0,24 Ohm äuſserem Widerstände, 36,4 Volt. Hieraus würde sich eine elektrische Arbeit von 140 Pferdestärken und 85 Proc. Nutzeffect der elektrischen Arbeit berechnen. Das erwähnte Verhalten der Erregermaschine weist darauf hin, daſs man bei der elektrischen Beleuchtung eines Theaters, welches auf andere Weise nicht zu beleuchten möglich ist, stets auf eine doppelte Anlage der Dampfmaschine, Dynamomaschine und – im Falle diese eine Wechselstrom-Maschine ist – zweier Erregermaschinen bedacht sein sollte. Die elektrische Beleuchtung des Budapester Central-Bahnhofes. Im J. 1882 bereits wurde nach Glaser's Annalen für Gewerbe, 1884 Bd. 15 * S. 119 von der Direction der ungarischen Staatsbahnen der Beschluſs gefaſst, das elektrische Licht, vorerst probenweise, in ihrer Budapester Reparaturwerkstätte zu verwenden. Mit der Durchführung der diesbezüglichen Arbeiten wurde die Firma Ganz und Comp. in Budapest betraut und die erwähnte Werkstätte vom 8. Januar 1883 ab mit 14 Bogenlampen erleuchtet. Nach mehr als einjährigem vollkommenen befriedigendem Betriebe in der Werkstätte ging die Direction einen Schritt dem vorgesteckten Ziele näher; um das elektrische Licht für die eigentliche Bahnhofbeleuchtung zu verwerthen, wurde nämlich die früher bloſs versuchsweise errichtete Anlage in der Reparaturwerk statte nach dem Josefstädter Bahnhofe in Budapest verlegt und im März 1884 in Betrieb gesetzt. Mittlerweile war der nach den Plänen des Oberinspector Rochlitz ausgeführte prachtvolle und groſsartige Budapester Central-Bahnhof seiner Vollendung nahe gerückt und die Entscheidung über die Beleuchtungsart zu treffen. Das einzige Bedenken bildete noch die Höhe der Anlagekosten eines so ausgedehnten Beleuchtungsnetzes gegenüber den verhältniſsmäſsig billigen Einrichtungskosten der Gasleitung; allein nach dieser Richtung hin auf Grund der gemachten Erfahrungen angestellte genaue und eingehende Berechnungen zeigten, daſs der Mehrbetrag der Anschaffungskosten durch die im Betriebe erzielten Ersparnisse, bei Zugrundelegung gleich schöner Beleuchtung, weit mehr als aufgewogen und in wenigen Jahren getilgt werden kann. Im Mai 1884 wurde daher die Maschinenfabrik Ganz und Comp. mit der Durchführung der diesbezüglichen Arbeiten betraut, welche bis Mitte Juli beendet waren. Erforderlich erschienen im Ganzen 70 Bogenlampen von je 600 Normalkerzen und 685 Glühlampen, von diesen 250 mit je 20 und 416 mit je 12 Normalkerzen Leuchtkraft. Die Bogenlampen wurden folgendermaſsen vertheilt: 2 Bogenlampen befinden sich an der Stirnwand der Einfahrtshalle gegen die Stadtseite zu, 2 Bogenlampen an der Ankunftsseite, 4 Bogenlampen an den Marquisendächern; die Abfahrtshalle mit ihrem 31m hohen Dache erhält in der Mitte 4, an beiden Perronseiten je 5, zusammen also 14 Bogenlampen. Die Geleisebeleuchtung besorgen 12, auf 8m,5 hohen schmiedeisernen Masten aufgestellte Bogenlampen. Die Auffahrtssteige auf der Abfahrtsseite beleuchten 2 Lampen, die 18m hohen Mittelräume der Abfahrts- und Ankunftsseite, welche die Billetkassen enthalten, zusammen 10, die Arkadengänge vor den Warte- und Speisensälen ebenfalls 10 Bogenlampen. Die Post enthält 4, die Gepäckshallen 5, der Wartsaal 3. Klasse 3 und der gedeckte Hof der Post 2 Bogenlampen. Die Lampen selbst (Patent Zipernowsky, vgl. 1883 249 296) kommen hier in zwei Typen zur Verwendung, als Bogenlampen für 8stündige und als solche für 16stündige Brenndauer. Die letzteren können auch füglich als Doppellampen bezeichnet werden, indem sie mit zwei parallel neben einander stehenden Kohlenpaaren versehen sind, von denen das zweite sofort nach Erlöschen des bereits ausgebrannten ersten Kohlenpaares selbstthätig entzündet wird. Diese Lampen eignen sich vorzüglich für solche Räume, wo eine ganznächtliche Beleuchtung erforderlich ist, weil bei dieser Anordnung weder ein Kohlenauswechseln, noch sonst eine Vorrichtung an der Lampe während der Beleuchtungsdauer nöthig ist. Die Lampen sind theils an verlaſslich ausgeführten, auf hohe Mastbäume aufgebrachten, schmiedeisernen Laternen, theils in zierlich hergestellten Gehängen angebracht, oder in geschmackvoll ausgestatteten Laternen, welche auf Kandelabern ruhen. Die Zuleitungsdrähte werden, von auſsen unsichtbar, im Inneren der Mastbäume oder Kandelaberschäfte zugeführt. Die mit gut ausgewogenen Flaschenzügen versehenen Lampengehänge sind an sehr biegsamen, 49fachen feinen Kupferseilen befestigt, welche gleichzeitig als Leitung dienen. Die ganze Bogenlichtanlage ist in 7 Stromkreise getheilt; mithin entfallen auf jeden Stromkreis 10 Bogenlampen, deren jede 40 Volt Spannung und 14 Ampère Stromstärke erfordert. Die Hauptleitung besteht aus 4mm starken, blanken Kupferdrähten, welche vom Maschinenhause aus auf Isolatoren zu den einzelnen Bogenlampen als Luftleitung geführt werden. Zu den Ausschaltern der einzelnen Bogenlampen führen je 4, durch Asbest und Asphalt gut isolirte Drähte von 3mm,5 Querschnitt, welche in Holzverschalungen zugeführt werden. Zwei dieser Drähte stehen mit dem Ausschalter, die anderen zwei unmittelbar mit der Hauptleitung in Verbindung, so daſs jede einzelne Lampe vollständig aus dem Stromkreise ausgeschaltet werden kann. Die einzelnen Stromkreise haben Längen von 700 bis 1100m. Die Gesammtlänge der für die 70 Bogenlampen verwendeten Drähte beträgt 10600m. Bei der Vertheilung der Glühlampen wurde beachtet., daſs in den für das Publikum bestimmten Haupträumlichkeiten überall ein vollkommen hinreichendes Licht herrsche, auf je 25cbm Rauminhalt etwa 15 Normalkerzen Lichtstärke. Die Glühlampen sind den einzelnen Räumlichkeiten entsprechend auf mehr oder weniger fein ausgeführten, aber überall geschmackvoll, mitunter auch sehr reich und kunstvoll ausgestatteten Lüstern, Wandarmen oder Ständern aufgesetzt und die Lampen brennen bei sämmtlichen Lüstern und Wandarmen gröſstentheils nach abwärts. Die Leitungsdrähte werden im Inneren der Schäfte der einzelnen Beleuchtungskörper den Glühlampen zugeführt. Jede Lampe ist mit einem Ausschalter versehen; überdies ist noch für jeden Lüster ein Hauptausschalter zum vollständigen Abstellen desselben angebracht. Die Hauptleitung für die Glühlampen ist aus 17mm starken Kupferstangen hergestellt; diese werden vom Maschinenhause bis zu den beiden Hallen des Bahnhofes Im tief in der Erde geführt. Die Kupferstangen sind durch eine doppelte Lage von in Schellack getränkten Schirtingbändern und Jute isolirt und in zweitheilig hergestellten schmiedeisernen Röhren mit in Firniſs getränkten Holzlagern gebettet und überdies gegen das Eisenrohr durch eine Asphaltguſshülle isolirt, während sorgfältig angebrachte Schrauben und Dichtungen gegen das Einsickern von Wasser Sicherheit bieten. In den einzelnen Gebäuden werden die blanken Kupferstangen längs des Dachbodens in getheerten und mit Deckeln versehenen Holzkästen geführt. Die Kreis- und Zuleitungen zu den Lüstern und den übrigen Beleuchtungskörpern bestehen aus doppelt isolirten Asbestkabeln und Drähten, welche in Asphalt getränkt wurden und in Holzverschalungen theils unter den Fuſsböden, theils in den Mauerritzen gelegt sind. Sämmtliche Abzweigungen für Kreisleitungen und einzelne Räumlichkeiten sind mit sogen. Haupt-Bleieinschaltungen versehen; auſserdem besitzt auch der Zuleitungsdraht jeder einzelnen Glühlampe je eine Bleieinschaltung, wodurch jedes Warm werden der Leitungen vermieden und mithin etwaige Kurzschlüsse unschädlich gemacht sind. Die Querschnitte sämmtlicher Leitungen sind derart berechnet, daſs eine Vermehrung der Flammen bis zu 15 Proc. zulässig ist. Um an Leitungsmaterial möglichst zu sparen, wurde das Maschinenhaus in unmittelbarer Nähe der Anlage neben dem sogen. Hofpavillon errichtet. Dasselbe steht in seinem Aeuſseren gefällig und in seinem Stile dem gesammten Prachtbaue entsprechend da, als 27m langer, 13m,5 breiter und 5m hoher Ziegelrohbau mit Schieferdach und einem Anbaue für das Kohlenlager, einem Magazine und einer kleinen Werkstätte. Das Innere ist durch eine Zwischenwand in zwei gleiche Theile geschieden. In dem einen Theile befinden sich 3 Dampfkessel; es sind dieses Röhrenkessel mit je 2 Unterkesseln und einem Dampfsammler; jeder Kessel besitzt eine Heizfläche von 90qm. Der gemeinsame Rauchkanal, mit Registern versehen, liegt über dem Fuſsboden und verbindet die Kessel mit dem nahestehenden, 25m hohen Schornsteine, welcher 1300mm lichte Weite besitzt. Die 3 Kessel sind durch ein quer über denselben liegendes schmiedeisernes Dampfrohr mit einander verbunden, dessen Verlängerung in den Maschinenraum hinabführt, wo entsprechende Abzweigungsrohre unmittelbar zu den Dampfmaschinen hergestellt sind. Diese Kessel erzeugen Dampf von 10at Spannung und sind von der Prager Maschinenbau-Aktiengesellschaft, vormals Ruston und Comp. in Prag geliefert. Im Kesselhause befinden sich noch eine Wanddampfpumpe und zur Vorsorge ein Körting'scher Injector zum Speisen der Kessel mit bis zu 75° vorgewärmtem Wasser. Auſserdem enthält der Kesselraum noch einen Vorwärmer, welcher mit einem Einspritzrohre für kaltes Wasser, gegen das Ausströmungsrohr der Dampfmaschine gerichtet, versehen ist. Vom Vorwärmer geht der restliche, nicht durch den kalten Wasserstrahl niedergeschlagene Auspuffdampf ins Freie. Als Betriebsmaschinen dienen 3 Dampfmotoren und zwar zwei kleinere von je 70e und eine groſse von 140e. Die beiden ersteren, von der Maschinenfabrik Kogler und Roszner in Budapest geliefert, sind stehende Hochdruck-Zweicylindermaschinen für 10at Spannung, haben Cylinderdurchmesser von 230mm bezieh. 400mm Hub und arbeiten mit 240 Umläufen in der Minute. Die dritte Dampfmaschine ist von der Prager Maschinenbau-Aktiengesellschaft geliefert und ihre Einrichtung oben schon beschrieben worden. Als Stromerzeuger dienen ebenfalls 3 elektrische Maschinen und zwar den Dampfmotoren entsprechend zwei 70pferdige und eine 140pferdige; diese letztere, System Mechwart-Zipernowsky-Déri, gleicht der vorstehend beschriebenen. Die Trommel dieser Maschine besitzt 36 Magnetspulen, von denen eine zur Erregung der übrigen Spulen dient und bildet das eigentliche Schwungrad der Dampfmaschine; dasselbe kreist in einem entsprechend groſsen guſseisernen Ringe, welcher die Inductionsspulen trägt und durch eine mechanische Schaltvorrichtung und Uebersetztung von dem feststehenden Schwungrade oder der Magnettrommel leicht weggezogen werden kann, behufs leichter Montirung und Vornahme etwa vorkommender Ausbesserungen. Die kleinen 70pferdigen, selbsterregenden Maschinen sind ähnlich der groſsen gebaut; sie besitzen je 22 Magnetspulen mit 2mm,8 starkem Drahte und ebenso viele Inductionsspulen, von denen 10 für die Bogenlampen-Stromkreise mit 2mm,2 Draht bewickelt und zu 3 Stromkreisen hinter einander verbunden sind. Die übrigen 12 Spulen sind für den Glühlampen-Stromkreis bestimmt, mit 4mm,2 starkem Drahte bewickelt und parallel verbunden. Die Klemmenspannung ist dieselbe wie bei der groſsen Dampf-Lichtmaschine. Es ergeben sich mithin drei Maschinensätze, bei deren jeder einzelnen die elektrische Maschine direkt auf der Kurbelwelle der betreffenden Dampfmaschine sitzt. Die Vortheile, einer unmittelbaren Verbindung des Dampfmotors mit der Lichtmaschine sind im Wesentlichen folgende: Der Maschinist hat dabei nur drei Wellenlager zu warten, während er bei anderen, mit Riemen oder Seilen mittelbar auf die Lichtmaschine wirkenden Dampfmaschinen von derselben Leistung eine weit gröſsere Anzahl von Lagern überwachen muſs. Auſserdem ist bei indirekt wirkenden Dampfmaschinen auch noch eine Anzahl schnell laufender Riemen oder Seile in Ordnung zu erhalten, was ebenfalls bei der direkten Verbindung der Dampfmaschine mit der Lichtmaschine wegfällt. Ganz besonders ist aber diese Anordnung mit Rücksicht auf Betriebssicherheit zu empfehlen. In Folge des in Vergleich mit indirekt betriebenen Lichtmaschinen verhältniſsmäſsig langsamen Laufes aller Lagerhälse wird eine gröſsere Abnutzung derselben oder ein Warmlaufen nicht zu besorgen sein. Ebenso können bei dieser direkten Anordnung keine Riemen herunterfallen, oder durch unvermeidliches Riemenrutschen oder durch zeitweiliges Schlagen an den Verbindungsstellen Störungen in der Beleuchtung entstehen. Hierzu kommt noch der Vortheil eines sehr geringen Raum Verbrauches, was insbesondere bei groſsen Anlagen oft von ganz auſserordentlicher Wichtigkeit ist. Ausgenommen manche Fabrikgebände, welche vielleicht billigen Baugrund haben, dürften fast alle Benutzer von elektrischem Licht in einige Verlegenheit kommen, den Platz zu beschaffen, welche bei indirektem Antriebe der Lichtmaschine von der Dampfmaschine mittels Riemen oder Seil unbedingt nöthig ist. Es braucht insbesondere nicht näher besprochen zu werden, was die Beschaffung von viel Platz für die Beleuchtungsanlage bei Prachtbauten, öffentlichen Anstalten, Theatern, groſsen Vergnügunsgebäuden u. dgl., welche naturgemäſs stets in Mitte der Stadt gelegen sind, zu bedeuten hat. Gewisse bestehende Prachtbauten haben überhaupt fast gar keinen übrigen Raum dafür und neu zu errichtende Bauten müſsten sich diesen Platz schon des theuren Baugrundes wegen mit ganz bedeutenden Unkosten schaffen. Aber auch Fabriken, Bahnhöfe u. dgl., welche den Baugrund unter Umständen billig haben, müssen bei indirektem Antrieb mit Baumehrkosten rechnen, welche durch Benutzung gröſserer Räumlichkeiten entstehen. Hingegen braucht die direkte Verbindung des Dampfmotors mit der Lichtmaschine so wenig Raum, daſs auch die gröſste Sorte dieser Anlage in ein Zimmer oder einen gewöhnlichen Keller bequem hineingeht. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vortheil dieser Dampf-Lichtmaschine besteht schlieſslich in der Möglichkeit der überaus leichten Zerlegung. Mit einer Kurbelbewegung kann ein Mann die Trommel aus dem Mantel kerausziehen und das Innere der Maschine für Ausbesserungen leicht zugänglich machen. Für die Betriebssicherheit der Anlage ist also in reichlichem Maſse vorgesorgt, indem drei Dampf-Lichtmaschinen aufgestellt worden sind, von denen unter normalen Umständen stets die groſse und eine der beiden kleineren laufen, während die dritte vorgewärmt zum Ersatze bereit ganz langsam mitläuft, um, wann immer, an Stelle der einen oder anderen Betriebsmaschine einzusetzen und weiter zu arbeiten. Ueberdies ist die groſse Maschine erforderlichenfalls im Stande, auch die ganze Anlage einige Zeit hindurch allein zu speisen. Nach 11 Uhr Nachts wird ein gröſserer Theil der Stomkreise abgestellt und der gesammte Betrieb dann von einer der beiden kleineren Maschinen besorgt Diese Anordnung hat einen Regulirungs- und Umschaltungsmechanismus erhalten, welcher jede einzelne Maschine sowohl für den Betrieb von Bogen-, als auch Glühlampen verwendbar macht und aus den Stromkreisen der einzelnen Maschinen eine beliebige Anzahl Bogen- oder Glühlampen, ohne daſs hierdurch die Lichtstärke der übrigen beeinfluſst wird, abzustellen gestattet. Da von jeder Maschine sowohl Bogen- als Glühlampen gespeist werden, so ist die Eintheilung derart getroffen, daſs von 7 Stromkreisen zu 10 Bogenlampen unter normalen Umständen der groſsen Maschine der gröſsere Theil und der kleinere einer der beiden kleinen Maschinen zugewiesen wird, oder aber, daſs sämmtliche Bogenlampen-Stromkreise auf die beiden kleineren Maschinen vertheilt werden. Zur Umschaltung der Bogenlampen-Stromkreise von einer Maschine auf die andere ist für jeden Stromkreis ein dreifacher Umschalter nöthig geworden, so daſs jeder Stromkreis den Umständen entsprechend von der ersten, zweiten oder dritten Maschine betrieben werden kann. Bei den Glühlampen ermöglichen zwei groſse Hauptumschalter mit mehrfachen, mächtigen Contacten das Uebergehen von der einen Maschine auf die andere im Bedarfsfalle auch während des Betriebes. Da nun oft bei einzelnen Stromkreisen nicht alle Lampen gleichzeitig brennen, so schaltet ein selbstthätiger Rheostat, der Anzahl der abgestellten Bogenlampen entsprechend, Widerstände in den Stromkreis ein und erhält so die Stromstärke stets gleich. Wenn bei einzelnen Stromkreisen schon sämmtliche Lampen abgestellt sind, so wird durch das Herabsinken des Regulators auf den untersten Punkt mittels eines Glockensignales dem Maschinisten angezeigt, daſs dieser Stromkreis ganz ausgeschaltet werden kann, was mit Hilfe einer einfachen Kurbelbewegung bewirkt wird. Auſser den selbstthätig wirkenden Rheostaten ist noch ein kräftiger Hand-Rheostat in Verwendung, welcher dann in Thätigkeit kommt, wenn in Folge auſsergewöhnlicher Beanspruchung der Maschine die Selbst-Rheostate bereits alle Widerstände ausgeschaltet haben und trotzdem eine genügende Stromstärke nicht vorhanden ist, was ein zweites, von dem ersteren verschiedenes Glockensignal dem Maschinenwärter bekannt gibt. Im Maschinenhause sind zur Abschätzung der Lichtstärke der Glühlampen Vergleichslampen angebracht. Auſserdem sind genau eingestellte Warnapparate vorhanden, welche – mit zwei Signalwerken versehen – ein Mehr oder Weniger des Stromes schon dann anzeigen, wenn dessen Wirkung für das Auge noch nicht gut bemerkbar ist. Von den Umschalte- und Regulirungsvorrichtungen zweigen sich die Glühlampenleitungen im Maschinenhause den verschiedenen Bedarfsstellen entsprechend in verschiedenen Zweigen ab und werden dann wandabwärts geführt, um in einem Kanäle mit der unterirdischen Hauptleitung und von da mit jenen Leitungen in Verbindung zu kommen, von wo die Ströme an ihre Verwendungsstellen geführt werden. Auf die beschriebene Weise ist ein nach jeder Richtung hin gesicherter Betrieb erzielt, so daſs von der Einführung der Gasbeleuchtung für den Nothfall mit voller Beruhigung Abstand genommen werden konnte. Die beschriebene Anlage ist am 16. Juli d. J. in Betrieb gesetzt worden und arbeitet seither tadellos.