Titel: Einige Untersuchungen über die jetzigen Erdöllampen; von L. Schmelck,
Autor: L. Schmelck
Fundstelle: Band 255, Jahrgang 1885, S. 39
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Einige Untersuchungen über die jetzigen Erdöllampen; von L. Schmelck, Chemiker bei dem königl. norwegischen Seebeleuchtungsamte. Schmelck, Untersuchungen über Erdöllampen. Oel und Docht. Der Docht einer Lampe bildet bekanntlich ein System von Capillarkanälen, durch welche das Oel zur Flamme hinaufsteigt. Die Kraft, mit welcher das Oel durch den Docht hinaufgesaugt wird, nimmt mit dem Sinken des Oeles ab, da hierdurch die Reibung immer gröſser und die Geschwindigkeit des Oelstromes geringer wird. Das allmähliche Abnehmen der Oelzufuhr bewirkt natürlich, daſs die Lichtstärke der Flamme geschwächt wird. In wie hohem Grade dies geschieht, wird zuvörderst auch auf den Eigenschaften des gebrauchten Leuchtmaterials beruhen. In dieser Richtung stellt das schwerflüssige Rüböl sich bedeutend ungünstiger als das Erdöl und bedurfte deshalb wie bekannt künstlicher Apparate, um zur Flamme hinaufgehoben zu werden. Aber auch bei Anwendung des letztgenannten Leuchtmaterials ist das Abnehmen der Lichtstärke während der Verbrennung deutlich zu bemerken und tritt bei den verschiedenen Lampenconstructionen mehr oder weniger deutlich hervor. Sehr oft nimmt man an, specifisch schwerere Erdölarten stiegen schwieriger durch den Docht hinauf, als die specifisch leichteren. Beilstein (1883 250 169) zeigte aber, daſs das russische Erdöl eine gröſsere Aufsaugungsfähigkeit besitzt als das amerikanische, obwohl letzteres specifisch leichter ist als das erste. Kurz nach Anzündung einer Erdöllampe wird die Flamme gröſser; aber dieses Auflodern ist doch nur von kurzer Dauer, da es von der allmählichen Erhitzung des Brenners durch die Flamme herrührt, indem diese eine stärkere Verdampfung des Oeles zur Folge hat. Gewöhnlich wird nach Verlauf von etwa 20 Minuten der Brenner die höchst mögliche Temperatur erreicht haben und bei den meisten Lampenconstructionen in den ersten 2 Stunden mit unveränderter Höhe brennen, um darauf nach und nach wieder zu sinken. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, pflegt man ja gewöhnlich den Docht etwas höher zu schrauben. Allerdings läſst sich dadurch zeitweilig die vorherige reichlichere Oelverdampfung und in Folge dessen eine ebenso groſse Flamme wie früher hervorrufen; aber der Docht steht nun in Gefahr verkohlt und mit einer Kruste belegt zu werden, wobei die feinen Poren sich verstopfen und die Verdampfung, somit auch die Flamme verringert wird. Wäre es möglich, durch Aufschrauben des Dochtes für einen längeren Zeitraum dieselbe Oelzufuhr zu unterhalten, so würde die Flamme doch gleichzeitig mit dem Sinken des Oeles im Behälter an Gröſse und Lichtstärke abnehmen. Eine ganz befriedigende Deutung dieser Erscheinung ist allerdings schwer zu finden. Es wäre ja denkbar, daſs das Oel während der Verbrennung seine Zusammensetzung derart ändert, daſs die an Leuchtkraft reichsten Bestandtheile desselben von dem Dochte vorzugsweise aufgesaugt werden. Nachfolgende Untersuchungen zeigen zwar eine geringe Veränderung des Oeles; doch ist es kaum wahrscheinlich, daſs sie in erwähnter Richtung eine Bedeutung haben kann. Die Oele zeigten zu den verschiedenen Brennzeiten folgende specifische Gewichte: Snowflake-Oil Diamond-Oil Kaiser-Oel Young'sParaffin-Oil Ursprüngliches Oel 0,7901 0,8005 0,8019 0,8078 Nach dem Verbrennen von 18% 0,7909 30 0,8005 0,8022 60 0,8029 0,8080 80 0,7910 0,8007 Wider Erwartung zeigte es sich also, daſs die Aenderungen bedeutender sind beim sogen. Snowflake-Oil und Kaiseröl als bei den zwei anderen Oelen geringerer Güte. Der mittels Abel's Apparat geprüfte Entzündungspunkt der Oele erlitt während des Brennens keine merkbare Aenderung. Bei der Frage über die Oelzuströmung sind natürlich die Gröſsenverhältnisse des Dochtes von wesentlicher Bedeutung. Bei Betrachtung der einzelnen Lampenconstructionen findet man oft, daſs die Breite und Stärke des Dochtes zu der Flamme in einem eigenthümlichen Miſsverhältnisse steht. Für die Saugfähigkeit des Dochtes ist die Beschaffenheit der Baumwolle und die Art des Gewebes gewiſs nicht ohne Bedeutung. In dieser Hinsicht habe ich bei der Untersuchung dreier Dochtproben von dem „Christiania Glasmagazin“ keinen Unterschied nachweisen können. Die Dochte waren von gleicher Breite und, dem Anscheine nach, von derselben Stärke. Die Versuche wurden in der Art angestellt, daſs jeder Docht gleich weit in „Snowflake-Oil“ getaucht, nach einer Minute wieder gehoben und dann gewogen wurde. Für jeden Docht wurden 2 Versuche angestellt: Bezeichnung Gewicht der Dochte In 1 Minute auf-gesaugte Oelmenge Ordinärer Docht 6,1g 5,6g 5,3g 5,6g Amerikanischer Docht 6,4 6,3 5,9 5,4 „Non plus ultra“ Docht 5,5 5,8 5,8 5,4 Besonders wichtig ist es, daſs der Docht vollkommen trocken in Gebrauch genommen wird, da jede noch so schwache Wassersammlung in den feinen Poren der Steigung des Oeles hinderlich ist. Als Regel ist deshalb aufzustellen, daſs der neue Docht immer erst getrocknet werden soll. Wenn der Docht nach längerer Verwendung anfängt, weniger brauchbar zu werden, so ist die Ursache oft darin zu suchen, daſs die feinen Kanäle durch Unreinlichkeiten verstopft sind, welche von der ganzen nach und nach vom Dochte aufgesaugten und filtrirten Oelmenge sich angesammelt haben. Deshalb ist es zu empfehlen, öfter, als dies gewöhnlich geschieht, den Docht zu wechseln. Um die Verkohlung des Dochtes unmöglich zu machen, hat man schon längst versucht, die Baumwolle durch unverbrennliche mineralische Stoffe, als Asbest, Schlackenwolle, porösen Thon u. dgl., zu ersetzen. Wie es scheint, haben doch diese Versuche nicht zu befriedigenden Erfolgen geführt. Um das Sinken des Oeles während der Verbrennung zu hindern und so dem erwähnten Abnehmen der Lichtstärke abzuhelfen, ist man wieder zu den Apparaten zurückgekehrt, welche bei den Rüböllampen benutzt wurden. Erdöllampen mit dieser mehr oder weniger umständlichen Einrichtung haben jedoch für den allgemeinen Hausgebrauch nur geringe Anwendung gefunden; sie werden aber bei der Leuchtthurmbeleuchtung viel gebraucht. Einen anderen Versuch, der Flamme ohne Anwendung künstlicher Apparate, reichlich und gleichmäſsig Oel zuzuführen, hat R. Ditmar in Anregung gebracht, welcher nämlich seine Lampen mit zwei Dochten versieht, wovon der „Saugdocht“ bloſs zum Aufsaugen des Oeles bestimmt und deshalb erheblich stärker ist als der nur nur einige Centimeter lange „Brenndocht“. Der Saugdocht geht vom Boden des Behälters bis zum obersten Theil des Brenners, wo er den Brenndocht umschliefst und auf diese Weise demselben das Oel zuführt. Beim Versuche mit einem Saugdochte von derselben Breite als der des oben erwähnten Dochtes, habe ich gefunden, daſs er in demselben Zeiträume eine doppelt so groſse Oelmenge aufsaugte als dieser, oder in der Minute 10g,7. Ditmar hat Saugdochte an Lampen von verschiedener Construction angebracht. Die neueste Art derselben ist der so genannte Sonnenbrenner B. Die kleinste Ausgabe dieser Brenner (15''') ist wohl die vollkommenste aller jetzigen Lampenconstructionen. Brenner und Lampenschornstein. Durch den Brenner soll die Flamme die nöthige Luftzufuhr erhalten. Die Aufgabe des Zugglases oder des Schornsteines besteht hauptsächlich darin, die Luft in solche Berührung mit der Flamme zu bringen, daſs die Verbrennung mit der höchst möglichen Lichtentwickelung geschehen kann. Es gilt hier das richtige Verhältniſs zwischen der Flamme und der zugeführten Luftmenge abzupassen. Die Höhe des Zugglases ist natürlich von groſser Bedeutung, da dieselbe für die Schnelligkeit des Luftstromes mitbestimmend ist. Wenn man, ohne gleichzeitiges Höherschrauben des Dochtes das Zugglas einer Lampe erhöht, wird man gewöhnlich finden, daſs die Flamme an Gröſse ab-, aber an relativer Lichtstärke zunimmt. Die vermehrte Luftzufuhr bewirkt wahrscheinlich in diesem Falle, daſs die ausgeschiedenen Kohlenstofftheilchen mit gröſserer Schnelligkeit verbrennen und in kürzerer Zeit in der Flamme schwebend gehalten werden. In der folgenden Tabelle habe ich die Ergebnisse einiger Versuche zusammengestellt, welche für eine bestimmte Lampe den Einfluſs der Zugglashöhe auf die Leuchtwirkung der Flamme zeigt. Die hierzu benutzte Lampe hatte einen sogen. Reformbrenner (14''') und brannte mit Kaiseröl. Die Schluſsfolgerungen dieser Versuche können natürlicher Weise nicht ohne weiteres auf andere Lampenconstructionen und Oele angewendet werden. Bei den Versuchen 1 und 2 wurde die Flamme zum höchsten Punkt hinaufgeschraubt und danach das Zugglas von 27cm bis 40 bezieh. 54cm verlängert. Bei den Versuchen 3 und 4 wurde, nachdem das Zugglas die genannten Verlängerungen erhalten hatte, die Flamme höchst möglich aufgeschraubt. Die Lichtstärke und Leuchtkraft, welche die Lampe nach diesen Versuchen ergab, sind im Verhältnisse zu den Endzahlen berechnet, welche sich mit demselben Brenner unter normalen Verhältnissen erreichen lieſsen: Höhe des Zugglases Lichtstärke Leuchtkraft Stündl. Oel-verbrauch Reformbrenner mit 27cm 100 100     41,7g Versuch 1 40      93,9      80,0 48 2 54      65,6      57,0 48 3 40    131,1      82,2 57 4 54    135,5      81,6 63 Aus den ersten zwei Versuchen folgt also, daſs die verhältniſsmäſsige Vergröſserung der LichtstärkeDiese Vergröſserung kann ohne Apparat und nur durch das Auge beobachtet werden. Wünscht man dieselbe genauer zu bestimmen, so ist ein Schirm, mit einem kleinen Loche von bestimmter Gröſse versehen, vor der Flamme anzubringen, wodurch nur ein Theil des Lichtes gegen den Photometerschirm fällt. (Vgl. die Versuche von F. Fischer 1883 248 377.), welche die Flamme bei den genannten Verlängerungen gewinnt, nicht im Stande ist, den durch Abnehmen an Gröſse eintretenden Verlust zu ersetzen. Mit der stärkeren Luftzufuhr nimmt gleichzeitig auch der Oelverbrauch zu und diese zwei Ursachen zusammengenommen bewirken, daſs die Leuchtkraft, wie obenstehende Zahlen zeigen, so bedeutend sinkt. Wird der Behälter nur halb mit Oel gefüllt, so liefert die Lampe auch in Rücksicht der Lichtstärke ein schlechteres Ergebniſs als unter normalen Umständen; denn dann kann der Docht kaum gröſsere Oelzufuhr als 40g in der Stunde unterhalten. (Schluſs folgt.)