Titel: | Ursachen falscher Wasserstands- und Druckanzeigen an Dampfkesseln. |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 89 |
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Ursachen falscher Wasserstands- und Druckanzeigen
an Dampfkesseln.
Ueber falsche Wasserstands- und Druckanzeiger an
Dampfkesseln.
Im Verein zur Beförderung des Gewerbfleiſses,
Sitzungsberichte Juli 1884 S. 161, sprach M. Krause
über einige Erscheinungen, welche im Betriebe von Dampfkesseln selbst bei
sorgfältiger Wartung vorkommen und zu erheblichen Gefahren führen können.
Wassermangel wurde in mehreren Fällen durch ein
plötzliches Leckwerden herbeigeführt, nachdem der Heizer soeben den Kessel auf
normale Höhe gespeist hatte. Ein solches plötzliches Undichtwerden kann namentlich
bei Röhrenkesseln leicht vorkommen. In einer englischen Kabelfabrik hatte der Heizer
beim Probiren des Ablaſsventiles einen Kesselsteinsplitter zwischen Ventil und Sitz
eingeklemmt und in einer Berliner Eisenbahnwerkstatt hatte sich ein solcher Splitter
in dem Rückschlagventile des Speiserohres festgesetzt. Wenn durch die so
entstehenden Oeffnungen in kurzer Zeit eine groſse Wassermenge entweicht, so kann
dies auch einem aufmerksamen Kesselwärter leicht entgehen.
Daſs die Wasserstandsgläser den Wasserstand höher erscheinen lassen, als derselbe im
Kessel wirklich vorhanden ist, soll häufiger vorkommen, als allgemein angenommen
wird. Die Ursache hiervon ist meistens ein Verstopfen der Verbindungsröhren, was
durch allmähliche Ablagerung von Schlamm, aber auch plötzlich durch Hineinspülen von
Kesselsteinsplittern erfolgen kann. Das häufige Abblasen durch jeden der beiden
Hähne bietet einigen Schutz hiergegen; aber gerade beim Probiren des unteren Hahnes
hat sich z.B. auf den Tegeler Wasserwerken bei Berlin der untere Gummiring vor die
Oeffnung gelegt und so mitten im Nachtbetriebe den erwähnten gefährlichen Zustand
herbeigeführt. Bezüglich des Schwankens des Wassers im Glase sollen häufig
Täuschungen vorkommen, z.B. bei bewegten Kesseln (auf Schiffen), oder durch das sich
niederschlagende, an der Glaswand herunterlaufende Wasser. Bemerkenswerth sind
besonders zwei Fälle, in welchen durch eine geringe Druckentlastung in dem oberen Theile des Wasserstandsanzeigers eine
falsche Angabe des Wasserstandes bewirkt wurde. An einem Kessel auf der
Hygiene-Ausstellung in Berlin 1883 waren zwei Wasserstandsgläser an einem
Guſseisenkörper angebracht, welcher in bekannter Weise durch zwei weite guſseiserne
Röhren mit dem Kessel verbunden war. Nach einigen Wochen des Betriebes war im oberen
Rohre auf etwa ⅝ des Umfanges ein feiner Riſs entstanden. Durch denselben entwich
eine feine Dampfwolke, welche aber, da beide Verbindungsröhren im Mauerwerke lagen,
nicht deutlich bemerkt wurde. Dieser Umstand bewirkte eine Druck Verminderung im
oberen Wasserstandskopfe, welche den Wasserstand um 5cm höher erscheinen lieſs, als derselbe im Kessel war.
Bei einer anderen Berliner Kesselanlage wurde die auffallende Thatsache beobachtet,
daſs, sobald das Dampfabsperrventil geöffnet wurde, der Wasserstand im Glase sofort
um 5 bis 7cm, ja bei höherer Spannung und
vermehrter Dampfentnahme um 10cm stieg. Das Ventil
war nämlich an der Kesselstirnwand in geringer Entfernung über dem oberen Rohre des
Wasserstandsglases angebracht. Da nun im Kessel in der Nähe einer Oeffnung, durch
welche der Dampf ausströmt, immer eine Druckverminderung eintreten muſs, so muſste
sich dieselbe auch in dem benachbarten Wasserstandsglase bemerkbar machen. Es ist
dabei zu beachten, daſs eine Wassersäule von 5 bis 10cm einer Spannungsdifferenz von nur 0,005 bis 0at,01 entspricht.
Unrichtige Angaben der Dampfspannung sollen bei den
gebräuchlichen Federmanometern sehr häufig sein. Der Dampfkessel-Revisionsverein zu
Offenbach a. M. gibt in dem Jahresberichte von 1883 an, daſs bei den 734 Kesseln
seines Bezirkes 113 falsch zeigende Manometer gefunden wurden, von welchen 16 Stück
bis zu 0at,25 ungenau anzeigten und 97 Stück
Fehler von 0,25 bis 1at,75 aufwiesen.
Sowohl derartig falsch zeigende Manometer wie auch die erwähnten Ursachen von
falschen Wasserstandsangaben und von Wassermangel sollen wiederholt durch den Schwartzkopff'schen Sicherheitsapparat (vgl. 1882 243 * 41. 244 439) entdeckt
worden sein.