Titel: W. Meyer's Hebewerk mit Selbstbremsung.
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, S. 152
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W. Meyer's Hebewerk mit Selbstbremsung. Mit Abbildungen auf Tafel 10. W. Meyer's Hebewerk mit Selbstbremsung. Bei den bisher bekannten Flaschenzügen und Hebezeugen mit Selbstbremsung (vgl. H. Mohr * S. 101 d. Bd.) erfolgt letztere in der Regel auf Kosten des Güte Verhältnisses und ohne daſs es möglich ist, das Senken der Last nach Belieben zu regeln. Das vorliegende Hebewerk mit Selbstbremsung von Wilhelm Meyer in Andritz bei Graz (* D. R. P. Kl. 35 Nr. 29956 vom 25. December 1883) ist von diesen beiden Uebelständen frei und im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daſs beim Aufwinden der Last die Bremswirkung aufgehoben, beim Niederlassen aber nach Belieben vermindert oder aufgehoben wird; zur Erreichung dieses Zweckes wird der Zug benutzt, welcher in dem zum Antriebe des Hebewerkes dienenden Zugkraftorgan (Seil oder Kette) beim Betriebe auftritt. Beim Aufhören dieses Zuges tritt die selbstthätige Bremse sofort in Thätigkeit, eine Sperrvorrichtung ist demnach überflüssig. Die Lastrolle oder Trommel ist in einem drehbaren Hebel oder einem beweglichen Hebelwerke derart gelagert, daſs im Ruhezustande eine mit dieser Lastrolle oder Trommel verbundene Bremsvorrichtung durch den an dem Hebel bezieh. Hebelwerke wirkenden Lastdruck in Thätigkeit gesetzt wird. Beim Beginne des Betriebes bewegt die an der Zugkette wirkende Triebkraft das Hebel werk derart, daſs die Bremswirkung aufgehoben wird, während beim Niederlassen der Last mittels der Haspelkette allein, oder auch unter Beihilfe eines besonderen Zugseiles die Bremswirkung aufgehoben oder vermindert wird. Die Ausbildung des Hebelmechanismus sowie der Bremse und des Triebwerkes der Hebevorrichtung kann sehr verschieden sein, weshalb die in Fig. 12 und 13 Taf. 10 dargestellten Ausführungen nur als Beispiele aufzufassen sind. In Fig. 12 ist die Lasttrommel r in dem kürzeren Ende eines um den Punkt i am Gestelle drehbaren Hebels H gelagert. Mit der Achse der Lasttrommel ist die Bremsscheibe n fest verbunden, welche sich an einen am Gestelle angebrachten Backen k anlegen kann. Ist das Verhältniſs des Trommel- und Bremsscheibendurchmessers passend gewählt, so bewirkt die Last Q die Selbstbremsung. In dem Hebel H ist ferner das Triebwerk des Hebezeuges gelagert, wobei der Einfachheit halber ein Stirnradvorgelege p, q, s, t angenommen ist, um die Drehung der Haspelrolle R auch auf die Lasttrommel r zu übertragen. Wäre das Triebwerk starr mit dem Hebel H verbunden, so wäre bei Vernachlässigung der Reibung der am Trum c der Haspelkette nöthige Zug Kh zum Anheben der Last Q bei wagerechter Lage des Hebels H: K_h=\frac{a}{b}\,Q wenn a den Hebelarm der Last Q, b den Hebelarm der Kraft bezeichnet. Wird dagegen der Hebel H festgehalten, beispielsweise durch einen festen Anschlag e, so ist die im Trum c der Haspelkette erforderliche Kraft Kr zum Anheben der Last Q mittels des gezeichneten Triebwerkes: K_r=\frac{r}{R}\ \frac{p}{q}\ \frac{s}{t}\ Q, wenn die Buchstaben der einzelnen Räder deren Radien bezeichnen. Ist nun Kh < Kr, so bewegt sich beim Niederziehen des Trums c zuerst der Hebel H und legt sich an e; sodann erfolgt das Aufwinden der Last in gewöhnlicher Weise und zwar bei völlig freier Bremse. Sobald man die Haspelkette losläſst, tritt wieder Selbstbremsung ein. Mit Rücksicht auf die Reibung kann natürlich das Verhältniſs Kh zu Kr von dem oben angegebenen abweichen. Am Ende des Hebels H ist noch die Zugleine l angebracht und das Niederlassen der Last kann nun auf verschiedene Weise erfolgen. Zunächst kann man mittels der Leine oder Kette l allein die Last niederbremsen und mit regelbarer Geschwindigkeit senken. Oder man kann durch geringen Zug am Trum d der Haspelkette die Reibung der Bremse vermindern, bis derselbe Zug, durch das Räderwerk wirkend, vereint mit der Schwere der Last hinreicht, diese zu senken. Oder man erfaſst c und d mit je einer Hand und kann nun entweder durch Nachgreifen mit beiden Händen, oder durch Nachgreifen mit der an d ziehenden Hand und Gleitenlassen des Trums c in der anderen Hand die Last senken. Endlich kann die Last durch Ziehen mit einer Hand an der Leine l, während die andere Hand das Trum c gleiten läſst, gesenkt werden. Die Bremsvorrichtung kann auch mit einer der Vorgelegewellen statt mit. der Lasttrommel verbunden werden. Fig. 13 zeigt die Anwendung eines Hebelwerkes an Stelle des um einen festen Punkt schwingenden einfachen Hebels. Die Lasttrommel oder Rolle r ist hier an dem unteren Gelenkpunkte des Stangenvierecks efgh gelagert. Das auf der Trommelwelle sitzende Zahnrad t greift in zwei Räder s, s1 ein, mit welchen die sich berührenden Bremsräder n, n1 fest verbunden sind und deren Achsen mit den beiden Gelenkpunkten f und g zusammenfallen. Die beiden Bremsräder n, n1 werden durch die Einwirkung der Last Q gegen einander gepreſst und auf diese Weise entsteht die Selbstbremsung des Hebewerkes. Auf der Welle des Rades s ist das Rad q befestigt, in dessen Zähne das Rad p eingreift, welches mit dem Haspelrade R fest verbunden ist; letzteres kann in dem um g drehbaren Hebel H gelagert sein. Zur Aufhebung der Bremswirkung ist es nur nöthig, die beiden Bremsräder der Wirkung der Last Q entgegen von einander zu entfernen, was beispielsweise durch die auf den Ansatz k der einen Stange wirkende Nase i des Hebels H erfolgen kann. Ist das Uebersetzungsverhältniſs den obigen Angaben entsprechend gewählt, so entfernt beim Anziehen des Trums c der Hebel H zunächst die beiden Bremsräder n, n1 von einander und hebt somit die Bremswirkung auf, bis der Hebel H den festen Anschlage trifft, oder das Hebelwerk in irgend einer anderen Weise in seiner Bewegung gehemmt wird, worauf die Hebung der Last erfolgt. Das Senken der Last kann nach den mit Bezug auf Fig. 12 beschriebenen Arten vorgenommen werden. Auch hier kann die Construction des Hebelwerkes vielfach abgeändert werden, da dasselbe nur der Bedingung zu genügen hat, eine bewegliche Lagerung der Lasttrommel oder Rolle derart zu schaffen, daſs beim Heben der Last mittels der Haspelkette zunächst ein geringes Anheben der Last und damit eine Aufhebung der Bremswirkung eintritt, während beim Nachlassen dieses Zuges unter geringer Senkung der Lasttrommel die Selbstbremsung wieder erfolgt. Wie Verfasser (z. Z. Oberingenieur der Zöptauer und Stefanauer Gewerkschaft in Stefanau bei Olmütz in Mähren) nachträglich bemerkt, erschien ihm anfänglich die Anordnung Fig. 13 bestimmt zur Construction eines Flaschenzuges, da sie der hierbei üblichen gedrängten Anordnung näher kommt; die Figur 12 schien nur besser geeignet zur Erläuterung des Prinzipes. Bei der Zusammenstellung jedoch eines für die Praxis verwendbaren Flaschenzuges zeigte es sich, daſs gerade die Construction Fig. 13 besondere, nicht leicht zu besiegende Schwierigkeiten bot. Da es nun überhaupt für sehr viele Anwendungen des Flaschenzuges werthvoll erschien, daſs die Haspelkette nicht gerade neben dem Lasthaken sich befinde, sondern in einiger Entfernung von demselben (z.B. beim Heben von Formkästen, Zusammenstellen von Maschinenbestandtheilen u. dgl.), so entstand dann gerade für den praktischen Gebrauch eine Construction, die im Wesentlichen auf der Anordnung der Fig. 12 beruht und bereits mehrfach ausgeführt ist. Der Antrieb erfolgt mit doppelter Räderübersetzung, die Flaschenzüge ergaben einen Nutzeffekt von 70 Proc. beim Aufwinden der Last. Das Herunterhaspeln der Last geht mit groſser Leichtigkeit von statten. Besonders aber sollen diese Züge dadurch angenehm und beliebt sein, daſs man, wenn man die Zugleine mit einer Hand hält und die Haspelkette durch die Hand gleiten läſst, die Last mit groſser, aber genau zu regelnder Geschwindigkeit herablassen kann. Die Sicherheit ist dabei eine absolute, da die, Last schon stehen bleibt, wenn man nur die Zugleine losläſst, während man auſserdem noch jene Kette in der Hand hält, durch deren Anziehen die Last in Folge Zwangseingriffes der Zahnräder gehoben wird.

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