Titel: Ueber Versuche an einer Corlissmaschine.
Autor: B. Doerfel
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, S. 333
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Ueber Versuche an einer Corliſsmaschine. (Schluſs des Berichtes von S. 289 d. Bd.) Delafond, über Versuche an einer Corliſsmaschine. Um so mehr muſs man es auffällig finden, daſs die Versuche mit Vollfüllung, welche hierdurch ganz besonders betroffen werden, einen Speise Wasserverbrauch ergeben, der kaum das aus dem gefüllten Cylindervolumen berechnete Dampfgewicht deckt. Delafond schlieſst hieraus, daſs die Condensation im Cylinder bei Vollfüllung nur sehr gering, vielleicht Null ist, was annähernd richtig sein mag; von den Versuchen muſs aber jedenfalls zugestanden werden, daſs Fehler im Mindestbetrage der Dampfnässe möglich waren. Bei den Versuchen scheint mehrfach vorzukommen, daſs der Speisewasserverbrauch zu gering gefunden wird, möglicher Weise dadurch, daſs die Ablesung des Wasserstandes im Kessel vor dem Versuche bei ruhigem Stande, nach dem Versuche aber bei durch Wallung gestiegenem Wasserstande ausgeführt wurde. Es empfiehlt sich zur Sicherung gegen solche Falle die Wasserstände schon einige Zeit vor Beginn bis einige Zeit nach Schluſs des Versuches in regelmäſsigen kurzen Zeiträumen abzulesen, zeichnerisch aufzutragen und mit den beobachteten Speiseperioden u. dgl. zu vergleichen; sonst können namentlich bei angestrengtem Kesselbetriebe leicht Irrungen vorkommen. Im Vergleiche mit den vorliegenden Ergebnissen genauer Versuche an anderen Maschinen wird man namentlich die für die minder hohen Spannungen gefundenen Speisewassermengen der Versuchsmaschine erstaunlich niedrig finden. Man vergleiche z.B. die Versuche Nr. 17 und 18, wo bei 15 Proc. und 21 Proc. Füllung bei nur 3,37k/qc bezieh. 3,36k/qc Einströmspannung (Ueberdruck) ohne Mantelheizung im Ganzen 8k,40 und 8k,50 auf 1e indicirt und Stunde gebraucht wurden; oder die Versuche Nr. 34 bezieh. 35, wo einschlieſslich des Verbrauches der Mantelheizung bei 4,28 und 4,35k/qc Einströmspannung (Ueberdruck) 7k,76 und 7k,90 bei 15,3 Proc. und 20 Proc. Füllung gebraucht wurden. Auch 3,5k/qc Einströmüberdruck gibt in den Versuchen Nr. 38, 39 und 40 bei 10, 14 bezieh. 23 Proc. Füllung mit 8k,27 bezieh. 8k,13 und 8k,4 ganz ungewöhnliche Oekonomie. Die zugehörigen Curven der Niederschlagmenge im Cylinder liegen aber auch thatsächlich niedriger, als benachbarte gröſserer Füllung und verlaufen sichtlich unregelmäſsig und wenig wahrscheinlich. Daſs die Curve für 5,5k/qc Spannung bei Auspuff mit Heizung etwas zu hoch liegt, bemerkt Delafond und erwähnt, daſs Verluste beim Kessel stattfanden. Am meisten überraschend sind die Beziehungen, welche sich für den Vergleich der Arbeit mit Auspuff und mit Condensation ergeben. Delafond drückt dieselben dahin aus, daſs die Auslassung oder Anwendung der Condensation nur einen „secundären“ Einfluſs auf die Condensation in der Einströmungsperiode nimmt, und stützt sich auf die Uebereinstimmung der Curven sowie darauf, daſs man bei Vollfüllung auch bei Condensation keine Niederschläge erhielt. Er fügt auch bei, daſs diese Schluſsfolgerung erkläre, warum die eincylindrige Condensations-maschine ökonomische Ergebnisse liefert, welche jenen der Woolf sehen oder Compoundmaschinen gleichkommen. Nach den Versuchsziffern, welche bei 7,75k/qc mit Mantelheizung völlig zusammenfallende Curven (für Condensation und für Auspuff), bei 7,75k/qc ohne Heizung ganz nahe gleiche Niederschlagmengen geben, müſste allerdings für höhere Spannungen gefolgert werden, daſs der Betrieb mit oder ohne Condensation fast gar keinen Einfluſs auf die Gröſse der Niederschläge nimmt. Indessen zeigen die Versuche mit niedrigeren Spannungen für Auspuff wesentlich kleinere Niederschlagmengen und auch die Curve für 5,5k/qc Auspuff läſst, da sie zu hoch liegt, solches vermuthen. Die Entscheidung darüber, ob sich bei höheren Spannungen das Verhalten wirklich so weit ändert, wie die Versuche bei 7,75k/qc zeigen, oder ob bei letzteren Störungen unterliefen, wäre wohl am besten durch eine Wiederholung der betreffenden Versuche zu erbringen. Dabei müſste aber die Versuchsdauer mit je 8 bis 12 Stunden gewählt, die Dampfnässe ermittelt und der Versuch womöglich auch calorimetrisch nachgeprüft werden. Aller Erfahrung nach sind die Niederschlagsmengen bei Auspuff oder im Hochdruckcylinder der Compoundmaschine wesentlich geringer als bei Condensation, sowie es auch ziemlich sicher feststeht, daſs die eincylindrische Corliſsmaschine wohl die Oekonomie der älteren Woolf sehen Maschinen erreicht, von der heutigen Zweicylindermaschine aber wesentlich übertroffen wird. Delafond sieht den Hauptfaktor der Eintrittscondensation in dem Temperaturunterschiede zwischen Anfang und Ende der Expansionsperiode, nachdem Expansionsgrad und Dampfspannung allein den gröſsten Einfluſs auszuüben scheinen. Condensator, Ausmaſs der Wandungen der schädlichen Räume u. dgl. kämen erst in zweiter Linie. Er fügt bei, daſs „ein geringer Unterschied in dem Temperaturgefälle der Expansion groſse Aenderungen in der Eintrittscondensation herbeiführt“. Z.B. sei bei 10facher Expansion für Dampf von 8k/qc absoluter (169°) und 4k/qc (143°) die Endspannung beiläufig 0,8k/qc (93°) und 0,4k/qc (76°). Die Verschiedenheit der Temperaturunterschiede, 76° gegen 67°, sei sehr gering (9°); indessen sind die Niederschlagmengen im ersten Falle doch fast doppelt so groſs als im zweiten. Die Wirkung des Dampfmantels werde erklärlich; die Heizung erhöht durch Nachdampfen die Endspannung der Expansion, steigert die Endtemperatur derselben, verkleinert also den Temperaturunterschied. Es läſst sich nun nicht verschweigen, daſs diese Folgerung im Widerspruche steht mit den Versuchen, auf welche sie sich stützt; denn gerade bei jenen Versuchen mit 7,75k/qc, wo Condensation und Auspuff gleiche Niederschläge ergaben, ist dieser Niederschlag am gröſsten bei etwa 16 Proc. Füllung und etwa gleich groſs bei 10 und 24 Proc. Die Temperaturunterschiede betragen im letzten Falle (120° Endtemperatur) nur 49°. Auch mit den anderen Versuchen stimmt die Folgerung nicht; sie ist übrigens auch ohnedies theoretisch unhaltbar. Im Allgemeinen sehr klar drückt sich aus den Versuchen der Einfluſs der Mantelheizung aus. Obzwar die aus der Heizung abgezogenen Niederschlagwässer theilweise etwas zu gering scheinen und nicht ganz regelmäſsig sind (vielleicht weil bei den kurzen Versuchen der Beharrungszustand der Heizung nur unvollkommen eintritt), ist die Zunahme der Mantelthätigkeit mit höherer Spannung und kleinerer Füllung unverkennbar. Bei Condensation ist die im Mantel niedergeschlagene Menge (etwas) gröſser als bei Auspuff. Ein Gramm im Mantel gebildetes Wasser erspart bis 98 Niederschlag im Cylinder, was – abgesehen von der sonstigen Umständlichkeit des Vorganges – vielleicht dadurch zu erklären ist, daſs im Mantel die ganze Verdampfungswärme abgegeben wird, während das im Cylinder niedergeschlagene Wasser schlieſslich (bei niedrigerem Drucke) groſsentheils wieder auf Kosten der Wandungen verdampft wird. Der Einfluſs der Heizung ist auch an der vermehrten Wiederverdampfung in der Expansionsperiode zu finden. Delafond gibt in der mitgetheilten Tabelle die Werthe der Wiederverdampfung (oder auch der Condensation), welche sich aus den DiagrammenNoch werthvoller wäre allerdings die Wiedergabe mittlerer Diagramme für jeden Versuch gewesen, wie dies z.B. in dem mustergültigen Berichte Schröter's über die Versuche an der Compoundmaschine der Kammgarnspinnerei Augsburg erfolgte (vgl. 1880 237 337. 1881 240 245). Die wie dort ohne Condensationswassermessung durchführbare calorimetrische Nachrechnung wäre besonders hier sehr aufklärend gewesen. berechnete. Da diese von den übrigen Beobachtungen unabhängig ermittelt sind, können sie den Versuchen zur Nachprüfung dienen, wenn auch – wegen verschiedener Dampfnässe und mehr oder minder energischer Heizung – einige Unregelmäſsigkeit zu erwarten ist. Im Allgemeinen zeigt sich, daſs bei bestimmter Einströmspannung mit steigender Füllung das Nachdampfen absolut und relativ zum Gewichte des im Cylinder befindlichen Gemenges abnimmt; bei einer gröſseren Zahl von Versuchen tritt schlieſslich Niederschlag an die Stelle des Nachdampfens. Bei den Versuchen mit Condensation treten die gröſsten Werthe des Nachdampfens bei mittleren Einströmspannungen auf; bei Auspuff entsprechen sie den gröſsten Spannungen. Bei Heizung sind die Werthe des Nachdampfens stets gröſser mit Ausnahme der Versuche Nr. 15 und 16, welche für mangelnde Heizung so starkes Nachdampfen zeigen wie die entsprechenden Versuche Nr. 37 und 38 mit Heizung und wohl irgend gestört erscheinen. Sehr unregelmäßig verlaufen in bezeichnender Weise die schon von früher als auffällig bekannten Versuche mit 7,75k/qc Einströmdruck. Bei Condensation ohne Heizung ist auch noch die Reihe mit 6,25k/qc abweichend von den übrigen Versuchen derselben Gruppe, bei welchen die kleinsten Füllungen stets ansehnliches Nachdampfen aufweisen. Bei 6,25k/qc zeigt nur der erste Versuch sehr geringes Nachdampfen; die anderen haben mit der Füllung steigend Niederschlag. Die Versuche bei 7,75k/qc besitzen aber mit der Füllung steigendes (geringes) Nachdampfen. Die Versuche bei Auspuff ohne Heizung zeigen nur Niederschlag, welcher bei der kleinsten Füllung von 13 Proc. mit 6,77k/qc wirklicher Einströmspannung 5,8 Proc.5,8 Procent vom Gewichte des im Cylinder befindlichen Gemenges. und ebenso viel bei 17 Proc. und 7,04k/qc Einströmspannung beträgt, während bei 20 Proc. Füllung und 7,17k/qc Einströmdruck nur 1,2 Proc. Niederschlag stattfand. Die späteren Versuchsreihen haben durchaus bei kleinster Füllung noch Nachdampfen. Die Versuche mit Condensation und Heizung sowie auch jene mit Auspuff und Heizung gehorchen dem allgemeinen Gesetz: Die Wiederverdampfung verringert sich mit der Zunahme der Füllung; nur sind die gefundenen Werthe bei ersteren zu klein; dieselben sind geringer als bei den niedrigeren Spannungen der eigenen Gruppe und auch geringer als bei Auspuff, wo doch die Füllungen weit gröſser sind. Delafond bemerkt nur die Unregelmäſsigkeit der ersten Gruppe (Condensation ohne Heizung), findet aber keine Erklärung dazu. Referent möchte von sämmtlichen Versuchen bei 7,75k/qc nur die letzte Gruppe (Auspuff mit Heizung) als richtig ansehen. Das etwas groſse Nachdampfen ist für mäſsig nassen Dampf immerhin nicht unmöglich und die sonstigen Versuchsziffern sind auch annehmbar. Dagegen zeigen alle anderen Gruppen dieser Einströmspannung durchwegs zu geringes Nachdampfen und zwar am meisten bei den kleinsten Füllungen. Der Fehler ist weniger in den sonstigen Beobachtungen zu suchen, obzwar bei diesen Versuchen die Umlaufszahl (laut Bemerkung) und somit auch die Füllung der abschnappenden Steuerung etwas schwankte; vielmehr ist zu vermuthen, daſs der Fehler in der Bestimmung der Einströmdampfmenge liege. Ein solcher Fehler konnte thatsäehlich sehr leicht durch die Indicator-diagramme herbeigeführt werden. Der Indicatorkolben klemmt bei hohen Dampfspannungen, besonders wenn keine Compression sein Hinauffliegen einleitet, sehr häufig in höchster Stellung und reiſst sich hierauf bei beginnender Expansion zu spät los. Die Füllung erscheint dann gröſser; man erkennt aber die Störung an der steil abfallenden Expansionscurve. Bei gröſseren Füllungen macht sich der Indicatorkolben gewöhnlich noch rechtzeitig während der Einströmung los und gehorcht nachher willig. (Nur bei sehr schnellem Gange verschleppt der Kolben die Füllung auch.) Wenn man diesen Fehler nicht berichtigt, oder durch sehr steife Federn mildert, so kann man besonders bei kleinsten Füllungen starke Fehler begehen und zu viel Füllung ablesen. So könnte denn auch hier vielleicht zu Ende der Einströmung zu viel Dampf (daher zu wenig Wasser, weil die Speisewassermenge feststeht) berechnet worden sein und es wäre in Wirklichkeit nicht nur das Nachdampfen gröſser, als berechnet, sondern auch die Condensation am Ende der Einströmung größer. Weil dies aber hauptsächlich die mit sehr kleinen Füllungen durchgeführten Versuche mit Condensation betrifft, so entfiele die unwahrscheinliche Unabhängigkeit der Niederschläge von Auspuff oder Condensation, vielleicht auch die allzu grelle Erscheinung eines Maximums bei gröſseren Füllungen, welche nur bei den hohen Spannungen auftrat. Selbstverständlich soll hiermit nur eine Vermuthung ausgesprochen sein, deren Richtigstellung auf Grund beigefügter Diagramme sofort ermöglicht worden wäre. Der Rest der umfangreichen Abhandlung behandelt die Versuche mit Compression, welche in der Reihe der Versuche als Nr. 68, 69 und 70 schon früher angeführt wurden und bei 3,50k/qc ohne Heizung etwa 6 Proc. bei 5,50k/qc und Heizung 2,77 Proc. gegenüber ähnlichen Versuchen ohne Compression sparten. Die Niederschlagmengen erschienen nicht geringer als ohne Compression; hieraus könnten aber keine verläſslichen Schlüsse auf die Thätigkeit der Wandungen o. dgl. zu ziehen sein. Die Compression betrug nur etwa 7 Proc. und erhob sich auf 2,5k/qc. Weitere Versuche bei etwa 50 Proc. Füllung und 4,28k/qc bezieh. 4,41k/qc Einströmdruck – ersterer bei 39, letzterer bei 83 Umläufen – bewiesen den Vortheil des schnelleren Ganges, indem der Verbrauch von 9,94 auf 9k,15 für 1° indicirt und Stunde sank. Die Condensation während der Einströmung war im ersten Falle 45, im letzteren 23g. Endlich ergaben zwei Versuche den Vortheil der Heizung mit höher gespanntem Dampfe. Der Kessel hielt 7k/qc Druck und es wurde mit dem Einströmventile gedrosselt, so daſs bei etwa 57 Proc. Füllung der Einströmdruck zu Anfang 3,79, zu Ende 1,95k/qc (ohne Mantel) und 4,15 bis 2,27k/qc betrug, wo bei letzterem Versuche der Mantel mit Dampf von voller Spannung geheizt wurde. Der Mantel verringerte den Verbrauch von 10,55 auf 10k auf 1e, während die gewöhnliche Mantelheizung bei so hoher Füllung und niedrigem Drucke in den Hauptversuchen fast keinen Nutzen gebracht hat. Diese Versuche erfolgten ohne Condensation. Referent schlieſst die Besprechung der Versuche, indem er der Opferwilligkeit der Unternehmung, welche die an Reichhaltigkeit und Umfang einzig dastehenden Untersuchungen erfolgreich durchführte, vollste Anerkennung zollt. Die Ergebnisse zeugen von groſser Gewissenhaftigkeit in den Arbeiten und Rechnungen und weisen namentlich in Anbetracht der kurzen Versuchszeiten befriedigende Uebereinstimmung auf. Im Interesse der Wissenschaft kann die Ergänzung der Veröffentlichung durch weitere Versuche und durch die Vornahme ähnlicher umfangreicher Untersuchungen von Seite anderer Maschinenfabriken oder Dampfbesitzer als sehr wünschenswerth bezeichnet werden. B. Doerfel.