Titel: Zur Darstellung von Chlor aus Chlormagnesium.
Autor: N.
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, S. 368
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Zur Darstellung von Chlor aus Chlormagnesium. Weldon's Darstellung von Chlor aus Chlormagnesium. W. Weldon macht im Journal of the Society of Chemical Industry, 1885 S. 171 weitere Mittheilungen über seinen in der Fabrik von Pechiney und Comp. in Salindres in Ausarbeitung begriffenen Prozeſs zur Darstellung von Chlor aus Magnesiumchlorid. Wie früher (1884 253 * 156) mitgetheilt, wird das Chlormagnesium durch Mischen mit Magnesia in Oxychlorid umgewandelt und aus letzterem durch Behandeln mit Luft bei bestimmter Temperatur das Chlor ausgetrieben. Um die Temperatur unverändert halten zu können, wird ein nach dem Prinzipe des Backofens gebauter Zersetzungsapparat verwendet. Derselbe besteht aus mehreren senkrechten Kammern mit sehr dicken Scheidewänden; letztere werden beim Durchleiten von Feuerungsgasen auf die nöthige Temperatur gebracht; dann wird das Oxychlorid in die Kammern eingefüllt und an Stelle der Verbrennungsgase Luft durch dieselben geleitet, wobei eine Mischung von Chlor, Salzsäure, Stickstoff und überschüssiger Luft entweicht. Es ist möglich, allen Sauerstoff der Luft durch Chlor zu ersetzen. Nach Weldon's Ansicht soll es aber vortheilhafter sein, nur etwa die Hälfte in Chlor umzuwandeln (vgl. 1885 255 * 170). Während man beim alten Weldon'schen Prozesse auf 100 Th. in der Salzsäure vorhandenem Chlor nur 30 Th. als Chlorgas erhielt und die anderen 70 Th. als Chlorcalcium verloren gingen, erhält man bei dem neuen Verfahren auf 100 Th. Chlor im Chlormagnesium 50 Th. als freies Chlor und 50 Th. als Salzsäure. Bei dem Trennen der Mischung von Salzsäure und Chlorgas wird das Gas genügend abgekühlt, um gleich zur Darstellung von Chlorkalk dienen zu können. Das Chlor, da es mit Stickstoff und Luft verdünnt ist, kann nicht in gewöhnlichen Chlorkalkkammern verwendet werden. Nach Weldon ist dies aber eher als Vortheil zu betrachten, da die gewöhnliche Methode zur Darstellung von Chlorkalk mangelhaft ist, viel Verluste mit sich bringt und schon lange durch eine mechanische Vorrichtung ersetzt sein sollte. Concentrirtes Chlorgas läſst sich aber in mechanischen Apparaten nicht verwenden, da die bei der Absorption entwickelte Wärme zu bedeutend ist. In Salindres soll jetzt eine mechanische Chlorkalkkammer für verdünntes Chlorgas in Betrieb sein, welche nach Art eines Drehofens gebaut ist. Dieselbe soll fast allen Verlust an Chlor vermeiden und der Chlorkalk soll, weil er bei niederer Temperatur dargestellt ist, beständiger sein und sich besser halten als nach der gewöhnlichen Methode erhaltener Chlorkalk. Der Apparat soll auch mit Vortheil zur Absorption des bis jetzt beim Oeffnen der Chlorkalkkammern verloren gehenden Chlores Verwendung finden. Die Gewinnung von Chlor aus Chlormagnesium ist seit der Auffindung der Staſsfurter Kalisalzlager eine Frage von der gröſsten Wichtigkeit und der Erfolg des oben beschriebenen Prozesses würde jedenfalls eine Umwälzung dieser chemischen Industrie zur Folge haben. Bis jetzt war es aber immer ein bedeutender Nachtheil, wenn ein Verfahren verdünntes Chlorgas lieferte. Dies zeigte sich besonders bei Deacon's Chlorprozeſs. Trotz jahrelangen unermüdlichen Versuchen konnten zuletzt nur die sehr kostspieligen, aus Schiefertafeln gebauten Etagenkammern zur Darstellung von Chlorkalk aus verdünntem Chlor verwendet werden. Die Angabe Weldon's, daſs das verdünnte Chlor kein Nachtheil sei, muſs daher jedenfalls durch die Praxis noch weitere Bestätigung finden und vor der Hand nur mit Vorsicht aufgenommen werden. N.