Titel: Ueber Neuerungen an Drehbänken.
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, S. 384
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Ueber Neuerungen an Drehbänken. Patentklasse 49. Böhler's bezieh. Behr's Neuerungen an Drehbänken. G. Böhler in Stuttgart (* D. R. P. Nr. 29797 vom 16. Mai 1884) hat eine Leitspindel-Drehbank angegeben, bei welcher eine ungleichmäſsige Abnutzung der Wangen und der Leitspindel vermieden werden soll, obgleich dieselbe anhaltend für nur kurze bezieh. sehr lange Werkstücke verwendet werden kann. Zu diesem Zwecke ist der Support nicht, wie gewöhnlich, mittels einer langen Leitspindel unmittelbar auf dem Drehbankbette verschiebbar, sondern es wird derselbe (während der Arbeit) auf nur kurzen Wangen eines auf dem Drehbankbette angebrachten besonderen Schlittens mittels einer der Länge dieses Schlittens angepaſsten und in letzterem gelagerten kurzen Leitspindel verschoben, indem diese Schlittenspindel mit einer seitlich an der Drehbank angebrachten Nuthenwelle durch Stirnräder verbunden ist, während diese Welle von der Drehbankspindel aus gedreht werden kann. Hat dabei der Support die Schlittenlänge durchlaufen, so wird derselbe mittels einer Handkurbel zurückgeführt und dann der Schlitten auf dem Drehbankbette um eine entsprechende Strecke nachgeschoben; letzteres erfolgt mit Hilfe eines Zahnstangengetriebes entweder von Hand, oder durch geeignete Räder von dem Vorgelege aus. Auf dem Bette ruht, wie sonst, der Spindelstock sowie der Reitstock. Unter dem Spindelstocke und dem Bette ist die Antriebswelle mit einer Stufenscheibe gelagert, so daſs die Drehbank oben vollständig frei ist und unter einen Laufkrahn gestellt werden kann; dabei ist man im Stande, dieselbe – unter Anwendung eines Winkelriementriebes – rechtwinkelig zum Hauptwellenstrang aufzustellen. An der Auſsenseite des Spindelstockes sind zwei Vorgelegewellen vorgesehen, welche in Verbindung mit den bekannten Wechselrädern sehr groſse Winkelgeschwindigkeitsänderungen der Nuthenwelle herbeiführen, während ein Zahnkranz an der Planscheibe eine langsame Spindelumdrehung vermittelt, so daſs man auf dieser Drehbank auch sehr steile Gewinde schneiden kann. Um kegelförmige Arbeitstücke mit Selbstgang des Supportes abzudrehen, läſst sich der obere kleine Schlitten des Supportes durch Drehung um eine Achse gegen den unteren groſsen Schlitten unter jedem Winkel ein- und feststellen. Diese Achse trägt zwei Kegelräder, welche eine Verbindung zwischen der Supportspindel, der Schlittenspindel und der Nuthenwelle vermitteln. Auſserdem ist noch die Spindel der Drehbank vollständig durchbohrt, so daſs man, nach Fortnahme der Gegenspitze, schwächere Wellen durch dieselbe hindurch zu stecken vermag; ferner ist die Drehbank zum Bohren gleichfalls geeignet, indem man in die Drehbankspindel eine Bohrspindel einsetzt, welche gleichfalls mit Selbstgang vorgeschoben wird. Schlieſslich ist der Reitstock in seiner Höhe derart aus zwei Theilen zusammengesetzt, daſs sein Obertheil unmittelbar auf den Supportschlitten aufgesetzt werden kann, um auf der Drehbank auch ganz kurze Stücke bearbeiten zu können. Die Doppeldrehbank von K. H. Behr in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 29804 vom 27. Juni 1884) hat den Zweck, Riemenscheiben, Walzen, Wellen u. dgl. Massenartikel billiger als bisher abdrehen zu können und ist in folgender Weise eingerichtet: An der Drehbankwange sind senkrecht zur Länge zwei prismatische Ausladungen angegossen, auf welchen zwei Spindelstöcke unabhängig von einander und rechtwinkelig zur Wangenrichtung mittels zweier Schraubenspindeln verschoben werden können. Die Spindeln der Spindelstöcke werden von einer Hauptwelle aus durch mehrere Kegelrädergetriebe umgedreht, wobei diese Hauptwelle gleichzeitig durch Stirnräder mit der Leitspindel der Drehbank für den Doppelsupport in Verbindung gebracht ist. Auf der Drehbankwange ist auſser dem von der Leitspindel aus bewegbaren Doppelsupporte noch ein Querschlitten angebracht, welcher die den Spindelstöcken entsprechenden Reitstöcke trägt und auf der Drehbankwange verschoben und festgestellt werden kann; dabei lassen sich die Reitstöcke ebenfalls unabhängig von einander durch Schraubenspindeln auf dem Querschlitten verschieben. Damit die Spindel- und Reitstöcke leicht genau in die richtige Lage zu einander gebracht werden können, sind an diesen Theilen und ihren Trägern Eintheilungen angebracht. Da bei dieser Drehbank das Werkstück behufs Einstellung des Durchmessers verschoben wird, so ist eine Verstellbarkeit der Drehstähle auf dem von der Leitspindel aus bewegten Doppelsupport überhaupt nicht erforderlich; es sind jedoch für die Drehstähle auf dem Doppelsupporte Querschlitten angebracht, welche mittels Schrauben innerhalb enger Grenzen verschiebbar angeordnet sind, um die Stähle ganz genau einstellen, d.h. die etwaige Abnutzung derselben ausgleichen zu können.