Titel: Abänderung des Siemens'schen Pyrometers; von J. Spohr.
Fundstelle: Band 257, Jahrgang 1885, S. 315
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Abänderung des Siemens'schen Pyrometers; von J. Spohr. Mit Abbildung. Spohr's Abänderung des Siemens'schen Pyrometers. Der Mangel eines leicht zu handhabenden und zuverlässigen Pyrometers ist noch nicht gehoben. Die Anwendung von Pyrometern ist daher auch noch immer eine ganz unzureichende. Daſs dies mit der Zeit anders werden muſs, daſs das Pyrometer in Zukunft ein nothwendiges Hilfsinstrument bei jeder richtig geleiteten Feuerungsanlage bilden und für die Ausführung von chemischen Prozessen, welche an eine bestimmte höhere Temperatur gebunden sind, unentbehrlich werden wird, unterliegt kaum einem Zweifel. Es erscheint daher angezeigt, an die Vereinfachung der bisher gebräuchlichen Pyrometer zu denken. Von allen in der Praxis verwendeten Instrumenten ist nun das Siemens'sche elektrische Widerstandspyrometer (vgl. 1875 217 * 291. 1878 230 322) allseitig als das zuverlässigste anerkannt. Die Nachtheile dieses Instrumentes sind folgende: 1) Die Batterie von 6 Elementen zur Wasserzersetzung in den Voltametern ist kostspielig und schwerfällig zu handhaben, 2) die Voltameter-Anordnung ist umständlich und wegen der Glastheile zerbrechlich, 3) die Einstellung des Apparates, das Ablesen der entwickelten Gasvolumen, die Berechnung des Widerstandes und das Aufsuchen der entsprechenden Temperatur nach der Tabelle für die Praxis sind zu umständlich. Sonst ist aber das geistreich erdachte Instrument, wie allseitig anerkannt, vorwurfsfrei. Mir scheint nun die Verwendung des Telephons an Stelle der Voltameter sehr geeignet, das Siemens'sche Pyrometer einer vielseitigeren Benutzung zugänglich zu machen. Die Idee der Verwendung des Telephons zur Messung von Widerständen im Allgemeinen rührt von F. Kohlrausch her; ihre Ausnutzung für vorstehenden Zweck würde sich durch nachfolgendes Schema veranschaulichen lassen. Textabbildung Bd. 257, S. 315 Der von dem kleinen Element E ausgehende Strom setzt den Inductionsapparat J Bewegung und von diesem geht der Strom nach a und b, wo er sich verzweigt in ac, cb, cd, ad und db mit den Intensitäten i1 bis i5 und bei den Widerständen W1 bis W5. Nach dem bezüglichen Gesetze ist aber die Summe der Stärken der in einem Punkte zusammenlaufenden elektrischen Ströme gleich Null, daher: i2 + i3i1 = 0          i5i3i4 = 0. Wird i3 = 0, so folgt: i2 = i1 und i5 = i4, also \frac{i_2}{i_5}=\frac{i_1}{i_4} und     \frac{i_4}{i_5}=\frac{i_1}{i_2}. Da aber die Stromstärken sich umgekehrt wie die Widerstände in den entsprechenden Stromzweigen verhalten, so folgt: \frac{W_5}{W_4}=\frac{W_2}{W_1}, woraus W_5=\left(W_4\,\frac{W_2}{W_1}\right). Wir können also einen unbekannten Widerstand W5 bestimmen, wenn i3 = 0 wird, was daran zu erkennen ist, daſs ein eingeschaltetes Telephon T schweigt, während es in jedem anderen Falle (wenn i3 > 0 ist) das Gesumm des Inductionsapparates stärker oder schwächer hörbar wiedergeben würde. W4 wird als bekannter Widerstand eingeschaltet. Das Verhältniſs (W2 : W1) ist mittels des gleitbaren Contactstiftes an c variabel und auf einer angefügten Skala unmittelbar ablesbar. Bei der praktischen Verwendung des beschriebenen Prinzipes wird der Gleitcontact an c so lange hin und her an dem Rheochorddrahte acb verschoben, bis das Telephon schweigt, also i3 = 0 geworden ist. Man ersieht dann an der Rheochordskala das Verhältniſs ac (W2 : W1) welches natürlich gleich dem Längen Verhältnisse (bc; ac) ist, multiplizirt mit der Gröſse des bekannten Widerstandes W4, und findet damit W5. Aus W5 ergibt sich nach der auf Grund der Siemens'schen Untersuchungen festgestellten Tabelle die diesem Widerstände entsprechende Temperatur des Raumes, in welchem der Platindraht eingebracht war. Man kann jedoch bequemer für jeden Punkt der Rheochordskala vorher die demselben entsprechende Temperatur berechnen und ziffermäſsig auftragen. Die praktische Ausführung wird sich bezüglich des der Wärmequelle, deren Temperatur gemessen werden soll, auszusetzenden Platindrahtes ganz der von C. W. Siemens getroffenen Anordnung anschlieſsen. Dasselbe gilt von den Drahtverbindungen und dem bekannten Widerstände (nach Siemens von Neusilber). Dagegen wird die 6-Elementen-Batterie durch ein kleines Element und kleines Inductorium ersetzt, das Voltameter durch das eingeschaltete Telephon und den Rheochorddraht, welcher in geeigneter spiralförmig angeordneter Lage befestigt wird. Die zu erzielenden Vortheile nach der beschriebenen Aenderung sind: 1) Verkleinerung, Vereinfachung und Verbilligung des Apparates an sich, 2) denkbar bequemste Verwendung desselben (unmittelbare Ablesung der Temperatur nach erfolgter Einstellung des Gleitcontactes bis zum Schweigen des Telephons). Hierdurch scheint das umgestaltete Pyrometer den Anforderungen der Praxis weit mehr angepaſst als die ursprüngliche Construction desselben.