Titel: | Neuerungen an Drahtseil-Strassenbahnen. |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 302 |
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Neuerungen an
Drahtseil-Straſsenbahnen.
Mit Abbildungen.
Neuerungen an Drahtseil-Straſsenbahnen.
Einer weiteren Verbreitung der in neuerer Zeit auch für Neuanlagen in Deutschland
mehrfach vorgeschlagenen Straſsenbahnen mit Seilbetrieb stehen in erster Linie die
Schwierigkeiten entgegen, welche bei diesem Systeme Curven und Kreuzungen bieten,
ein Umstand, welcher allerdings bei Ausführungen in den regelmäſsig gebauten Städten
Amerikas weniger in Betracht kommt, daher sich derartige Straſsenbahnen dort auch
immer mehr verbreiten (vgl. 1883 248 * 193, ferner 1885
256 * 428). Neuerdings ist nun von der California
Belt Railway Company in San Francisco
(* D. R. P. Kl. 20 Nr. 28307 vom 31. Oktober 1883) eine
Anordnung des Seilbetriebes für Straſsenbahnen getroffen worden, durch welche
wenigstens bis zu einem gewissen Grade die oben erwähnten Schwierigkeiten umgangen
sind.
Anstatt eines runden Kabels ist hier ein sogen. Kabelriemen verwendet, welcher – wie aus Fig.
2 hervorgeht – aus zwei Flachseilen zusammengesetzt ist, die in bekannter
Weise aus mehreren runden Litzen mittels Bindedraht zusammengenäht und in
regelmäſsigen Abständen durch je zwei eingeflochtene Stege e zu einem Ganzen verbunden sind. Dieser Kabelriemen wird auf den geraden
Strecken nahe unter der Oberfläche der Straſse auf Tragrollen hingeführt und ist bis
auf einen engen Spalt verdeckt. Durch diesen greift ein schmales, in einem
besonderen Führerwagen gelagertes Zahnrad H (Fig. 1) von gleicher Theilung wie die Stege des
Kabelriemens.
Fig. 1., Bd. 258, S. 302Fig. 2., Bd. 258, S. 302Fig. 3., Bd. 258, S. 302Ist dieses Zahnrad lose drehbar, so wird es von dem Riemen mitgenommen,
aber der Führerwagen bleibt stehen, bis derselbe durch Festbremsen des Rades H sich ohne Stoſs in Bewegung setzt und schlieſslich
mit der Geschwindigkeit des Kabelriemens fortgezogen wird. Durch einfaches Lösen der
Bremse des Rades H kann dann die Geschwindigkeit des
Wagens vermindert bezieh. derselbe ganz zum Stehen gebracht werden.
Um nun ohne Störung Curven durchfahren zu können, ist folgende Einrichtung getroffen:
Der Kabelriemen wird, wie aus Fig. 1 und 3 zu ersehen, erst etwas herabgeführt, halbgeschränkt
um die 3 Räder E, G und E1 herum und dann in der neuen Richtung
weiter geleitet. Mit den Rädern E, G und E1 sind noch 3
Zahnräder fest verbunden, um welche eine eigenthümliche Gliederkette herumgelegt
ist. Diese Kette soll zur Fortbewegung des Wagens durch die Curve dienen und ist zu
diesem Zwecke mit der Theilung des Rades H entsprechend
gestellten Vorsprüngen versehen und über eine Leitschiene längs der Curve
hingeführt. Um die Reibung zwischen Leitschiene und Kette herabzumindern, ist
letztere auf ihrer ganzen Länge mit kleinen Tragrollen ausgerüstet. Kommt nun ein
Wagen auf einer geraden Strecke an, so braucht derselbe nur ein ganz kurzes Stück
vermöge seiner Trägheit weiter zu laufen, bis das Rad H
von der Kette erfaſst und der Wagen durch die Curve hingezogen wird, an deren Ende
die Kette das Rad H frei läſst, worauf der Wagen
vermöge seiner Trägheit ein kleines Stück weiterläuft und das Rad H mit dem Kabelriemen aufs Neue in Eingriff kommt. Auch
bei Kreuzungen wird der Kabelriemen der einen Strecke einfach durch Leitrollen herab
und unter dem der anderen hingeführt. Die Wagen der ersteren Strecke überfahren
dabei die Kreuzungsstelle vermöge ihrer Trägheit. Für die Bremsung des Rades H ist eine Bandbremse vorgesehen, welche indeſs
zweckmäſsiger durch eine hydraulische Bremsung (vgl. C.
Heinrich 1884 252 480) zu ersetzen sein dürfte,
da eine solche sich den verschiedenen geforderten Geschwindigkeiten besser
anpaſst.
Die Erfahrung wird lehren müssen, ob insbesondere die beschriebene Anlage der Curve
ihren Zweck erfüllt; zu befürchten steht immer, daſs die Spalten für den Durchtritt
des Zahnrades H über den Curven zu weit ausfallen
müssen und dem Straſsenverkehre hinderlich sein werden.