Titel: Ueber die Reinigung von Rübensäften (Patentkl. 89).
Fundstelle: Band 259, Jahrgang 1886, S. 321
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Ueber die Reinigung von Rübensäften (Patentkl. 89). Ueber die Reinigung von Rübensäften. Die Société anonyme de Raffinage spécial des Mélasses in Paris (D. R. P. Nr. 31163 vom 27. Mai 1884) will den Saft von Rüben oder Zuckerröhr innerhalb der Schnitzel reinigen. Zu diesem Zwecke wird bei Ausführung der Diffusion der aus einem mit frischen Schnitzeln gefüllten Gefäſse abgezogene Saft in ein mit neuen Schnitzeln gefülltes Diffusionsgefäſs übergepumpt, auf 70 bis 75° erwärmt und etwa 0,1 bis 0,3 Procent vom Rübengewichte an Kalk oder Eisenchlorid, Eisensulfat, Zinkchlorid, Calciumsulfit, Essigsäure, Oxalsäure o. dgl. zugesetzt. Nun soll auf 85 bis 90° erwärmt werden, um die Proteinstoffe auszuscheiden. Der Saft soll klar und rein ablaufen; die Schnitzel werden abgepreſst. Die so gewonnenen Rückstände enthalten zwar mehr Eiweiſsstoffe als die bei dem gewöhnlichen Verfahren verbleibenden Schnitzel; der Nährwerth derselben wird aber namentlich bei Verwendung von Chlorzink sehr fragwürdig sein. Die Société nouvelle des Raffineries de sucre de St. Louis in Marseille (Oesterreichisch-Ungarisches Patent vom 18. August 1885) will die Zuckersäfte durch Zusatz von Zinnsalzen reinigen. Die Flüssigkeit wird zum Sieden erhitzt und mit einer Base neutralisirt, so daſs Zinnoxyd ausfallt. Bei Verwendung von Zinnchlorür und Kalkmilch bleibt dann allerdings Chlorcalcium in Lösung. Soll kein neues Salz in der gereinigten Flüssigkeit bleiben, so kann man das in Wasser unlösliche, durch Fällung gewonnene Zinnoxyd benutzen. Das Verfahren beschränkt sich dann auf das Sieden der mit Zinnoxydul versetzten Flüssigkeit durch einige Minuten und folgendes Filtriren. Man kann auch Zinndioxyd anwenden. Besser ist aber, wenn man das Zinnoxyd in dem zu reinigenden Zuckersafte selbst herausfällt. Unter den billigen Zinnsalzen, deren Säure mit einer leicht anzuwendenden Base ein unlösliches Salz zu geben vermag, wurde namentlich das schwefelsaure Zinnoxydul gewählt. W. Lauke (Deutsche Zuckerindustrie, 1885 S. 996) versucht, Rübensäfte durch Zusatz von Thon und Kalk zu reinigen. Der abgepreſste Scheideschlamm wird mit der erforderlichen Menge gemahlenem kohlensaurem Kalk zu Steinen geformt, diese gebrannt und als Cement verwendet. Nach G. Fritsche in Schönau, Mähren (D. R. P. Nr. 31251 vom 5. November 1884) wird zur Reinigung der Rübensäfte Walkerde mit verdünnter Schwefelsäure oder Phosphorsäure gemischt, 5 bis 6 Tage stehen gelassen und dann dem Safte zugesetzt, während gleichzeitig Kalkmilch zugefügt wird. Nach C. Preising (Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1885 Bd. 9 S. 188 und 285), welcher Fritsche's Verfahren in der Zuckerfabrik Obora angewendet hat, wird der Thon mit Wasser angerührt und dieses abgegossen, um etwa vorhandene Alkalien zu entfernen. Dann wird derselbe mit 5 bis 7 Proc. Schwefelsäure versetzt, so daſs sich schwefelsaure Thonerde bildet, welcher vorzugsweise die Saftreinigung zufällt. Der Saft wird mit 2,5 bis 4 Procent des theilweise aufgeschlossenen Thones innig gemischt, hierauf Kalkmilch zugesetzt, noch mindestens 5 Minuten die Scheidetemperatur erhalten, schlieſslich saturirt und aufgekocht. Die erzielte Reinigung soll sehr befriedigend sein. Auf Vorschlag von F. Becker (Organ des österreichischen Vereins für Rübenzucker-Industrie, 1885 S. 493) verwendet die Zuckerfabrik Slibowitz schwefligsaure Thonerde (vgl. 1885 257 300). Die Diffusionssäfte werden wie gewöhnlich 2mal saturirt; bei der ersten Saturation wird die Alkalität auf 0,1, bei der zweiten auf 0,04 Proc. gebracht. Von hier gelangen die Säfte in die Dünnsaftbehälter und werden hier je 20hl Dünnsaft mit 0l,5 der Reinigungslösung unter gleichzeitiger Einleitung von Kohlensäure so lange behandelt, bis die Alkalität auf 0,02 Proc. gekommen ist. Die Reinigung, welche durch dieses Verfahren erzielt wurde, betrug 2 bis 3 Procent des Quotienten:, sie wurde durch scharfes Aufkochen vervollständigt. Die durch Filterpressen geklärten Dünnsäfte werden dann verkocht und gelangen hierauf in den Dicksaftbehälter. Hier werden sie wieder auf 20hl Inhalt mit 2l der Reinigungslösung behandelt, unter gleichzeitiger Mitwirkung von Kohlensäure, und nochmals aufgekocht. Der Dicksaft hatte eine Alkalität von 0,08 und wurde auf 0,03 herunter saturirt. Die gereinigten Dicksäfte flieſsen wieder über gute Filter. Der Dicksaftschlamm ist nun so gut wie bei keinem anderen Verfahren; er ist so ungemein gering, daſs er nicht ausgesüſst zu werden braucht. In Slibowitz betrug der hierdurch hervorgerufene Zuckerverlust in 24 Stunden 7k, kann somit vollständig vernachlässigt werden, wobei noch der Vortheil erreicht ist, daſs die Unreinigkeiten, welche in dem Dicksaftschlamm ausgeschieden sind, durch die dünnen Waschwässer nicht wieder in den Zuckersaft gelangen. Das Einkochen der Dicksäfte ging tadellos von Statten, so wie früher beim Spodium. Der Zucker lieſs sich warm und kalt sehr gut schleudern und die Ausbeute War auch eine vollständig befriedigende. S. v. Ehrenstein in Zduny (D. R. P. Nr. 32671 vom 18. December 1884) empfiehlt die Reinigung der Rübensäfte durch Zumischen von gepulvertem Aetzkalk. L. Lesser (Deutsche Zuckerindustrie, 1885 S. 956) glaubt, daſs staubförmig gelöschter Kalk vortheilhafter sei. Heffter (Sucrerie indigene, 1885 S. 233) erwärmt den mit Kalk bis zur schwachen Alkalität versetzten Rohsaft auf 80 bis 90°, erhitzt mit etwa 2 Proc. Kalk zum Sieden, saturirt bis etwa 0,1 Proc. Kalk herunter, filtrirt und saturirt nun fast völlig. Das Verfahren soll sich bewähren. (Vgl. Drost S. 103 d. Bd.) Nach Versuchen von H. Pellet (Sucrerie beige, 1885 S. 187) ist die Entzuckerung des Scheide Schlammes in Filterpressen vortheilhafter als in Maischapparaten, weil in letzteren Säuerung eintritt. Um Gährungskeime zu beseitigen, ist eine mechanische Filtration der Säfte auch dann zu empfehlen, wenn Knochenkohlefilter verwendet werden, da diese dann viel länger wirksam bleiben. Nach Holdefleiſs (Deutsche Zuckerindustrie, 1885 S. 1226) enthielten 5 Proben Scheideschlamm trocken (I): I II Stickstoff 0,41 Proc. 0,26 Proc. Phosphorsäure 1,50 0,01 Kali 0,41 0,26 Kalk 41,00 48,23 während der bei der Melasseentzuckerung erhaltene Schlamm die unter II angegebene mittlere Zusammensetzung, somit viel geringeren Dungwerth hatte. K. C. Neumann (Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1885 Bd. 9 S. 411, 428 und 535) untersuchte den Scheideschlamm bei Verwendung saurer schweflig saurer Verbindungen. In der Zuckerfabrik Wegstädtl wurden zur ersten Scheidung des Diffusionssaftes 3 bis 3,5 Proc. Kalk verwendet, dann auf 100 Th. Kuben 0,212 Proc. saurer schwefligsaurer Kalk (welcher 5 Proc. schwefligsaures Calcium und 1,9 Proc. Schwefligsäure enthielt) zugesetzt und saturirt. Der in Filterpressen abgeschiedene Schlamm hatte folgende Zusammensetzung (I): I II Wasser 38,50 Proc. 30,10 Proc. Kalk 29,10 23,05 Magnesia 0,66 0,81 Alkalien 1,44 1,29 Kohlensäure 18,72 14,96 Schwefelsäure 0,10 0,55 Schwefligsäure 0,75 0,21 Zucker 3,07 21,68 Org. Nichtzucker 7,61 7,31 Der abgelaufene Dünnsaft wurde zu Dicksaft eingedickt, 0,4 Th. Kalk (auf 100 Th. Rüben) zugesetzt und nochmals saturirt. Der durch Filterpressen abgeschiedene Schlamm hatte die unter II angegebene Zusammensetzung. Die Untersuchung der Säfte ergab: Polarisation Nichtzucker Quotient Diffusionssaft 6,8 1,4 82,9 Saft nach der 1. Saturation   7,05   0,85   89,24 Desgl. nach der 2. Saturation   6,30   0,68   90,24 Dicksaft 42,80    3,60   92,23 Schubert hält diese Behandlung des Dicksaftes mit Kalk für erforderlich, um die im Safte bleibende Schwefligsäure, welche zu Gypsbildung Veranlassung gibt, wenigstens gröſstentheils abzuscheiden. Die erhaltenen Füllmassen (I), das ausgeschleuderte 1. Product (II) mit 69 Proc. Ausbeute, der ablaufende Grünsyrup (III), das 2. Product (IV) und der davon ablaufende Syrup (V) hatten folgende Procentzusammensetzung: I II III IV V Wasser   8,29   1,17 11,03   0,70   9,22 Zucker 84,00 97,10 67,80 97,50 62,20 Org. Nichtzucker   4,45   0,75 12,71   0,44 17,82 Asche   3,26   0,98   8,46   1,36 10,76 Darin Schwefelsäure   0,095   0,030 0,250   0,295   0,252 Schwefligsäure   0,010 0,037   0,050 Bei Verwendung saurer schwefligsaurer Thonerde zeigten die Säfte: Polarisation Nichtzucker Quotient Diffusionssaft 6,68 2,12 75,90 Saft nach der 1. Saturation 5,98 1,52 79,73 Desgl. nach der 2. Saturation 5,84 1,39 80,77 Dünnsaft 6,11 1,17 83,69 Dieser Saft wurde zu Dicksaft eingekocht. Sobald die Dichte von etwa 20° B. erreicht war, setzte man auf je 10hl 4 bis 5l der Reinigungslösung zu und saturirte dann bis zur Alkalinität von 0,03 Proc. CaO. Der aussaturirte Saft wurde stark aufgekocht und nachher durch Filter-Pressen getrieben. Der ablaufende Saft besaſs einen Quotienten bis 89,5 Proc. Eine Probe solchen Dicksaftes der Slibowitzer Arbeit von 1,1426 sp. G. enthielt: Kalk 0,133, Schwefelsäure 0,050, Schwefligsäure 0,003 Proc. Füllmasse (I) und 1. Product (II) enthielten: I II Wasser   6,90 Proc.   1,47 Proc. Zucker 82,50 96,45 Org. Nichtzucker   5,77   1,07 Asche   4,83   1,01 Darin Schwefelsäure   0,122   0,019 Schwefligsäure   0,008   0,003 Der vom Dünnsafte abfiltrirte Schlamm enthielt 0,53 Proc. Schwefligsäure. (Vgl. Schirmer 1885 257 373.) Nach Libus (daselbst S. 426) wurde das Verfahren der Zuckerfabrik Cochstedt in Slibowitz versuchsweise ausgeführt, indem man bei der ersten Saturation 4 Proc. Kalk auf 0,1 Proc. saturirte, bei der zweiten 0,25 Proc. auf 0,04 Alkalinität. Dann wurden 5 bis 6 Proc. saurer schwefligsaurer Kalk zugesetzt, wodurch aber die Alkalinität nicht einmal um 0,005 sank. Die aus den Filterpressen ausflieſsenden Säfte waren schön, fast wasserhell und lieſsen sich sehr gut verkochen; hingegen waren die erhaltenen Dicksäfte braun und schmierig und flössen ohne Zugabe der Reinigungslösung, überhaupt ohne besondere Behandlung, gar nicht durch die Filterleinwand. Selbstverständlich lieferten solche Dicksäfte eine entsprechende Füllmasse, welche schwarz, Schmierig und von schlechtem Korn war und erdigen, faden, schwach krystallinischen Zucker lieferte. Das einfache Cochstedter Verfahren bewährte sich demnach hier nicht. Nach Einführung der erwähnten Verbesserung von Schubert ging dann die Arbeit gut bis auf das Kochen der Füllmasse, welche im Vacuum schlecht eindickte. Viel besser dachte sich die Arbeit mit saurer schwefligsaurer Thonerde. Brand (daselbst S. 538) hat mit frisch gebranntem und gelöschtem Kalk dieselbe Wirkung erzielt als mit saurem schwefligsaurem. Der Unterschied in der Wirkung der Kohlensäure und Schwefligsäure liegt in der Art der Saturation. Während man bei der Kohlensäure nicht unter eine Alkalinität von 0,01 herunter gehen darf, weil die Säfte dann stark nachdunkeln, wirkt die Schwefligsäure da sehr stark bleichend auf die Säfte, noch mehr, wenn die Säfte neutral sind; es müſste dann durch Zugabe von Kalk die Alkalinität erhöht werden. Unter anderen Umständen, wenn man nur bis zu einer gewissen Alkalinität herunter saturiren will, ist die Wirkung der beiden Gase dieselbe. Die Hauptsache ist, daſs schnell und kurz saturirt wird; wenn dies nicht geschieht, so entsteht neben einfachkohlensaurem auch doppeltkohlensaurer Kalk, welcher in Lösung bleibt und dann durch Aufkochen des Saftes wieder in einfachkohlensauren umgesetzt wird. A. Dubke (Deutsche Zuckerindustrie, 1885 S. 974 u. 1122) arbeitet nur mit Kohlensäure und Filterpressen, ohne Knochenkohle. Der erhaltene Rohzucker war zwar etwas dunkler als sonst, verarbeitete sich in der Raffinerie aber gut. Derselbe (I) hatte im Vergleiche mit zwei ersten Produkten, welche mit Schwefligsäure und Kiesfiltration hergestellt waren (II bezieh. III) folgende Zusammensetzung: I II III Wasser     1,38     1,33     1,57 Salze     0,91     1,13     1,09 Organische Stoffe     0,91     1,54     1,24 Zucker   96,80   96,00   96,10 –––––– –––––– –––––– 100,00 100,00 100,00. Invertzucker     0,21     0,21     0,26 Schwefligsäure     0,01     0,03 Ges. Schwefelsäure, berechnet    aus Gesammtschwefel     0,01     0,07     0,12. F. E. Bercht (daselbst S. 974) hat in der Raffinerie Roswadze üble Erfahrungen mit Rohzucker gemacht, welcher mit Hilfe von Schwefligsäure hergestellt war. Derselbe enthielt zwar keine Schwefligsäure und nicht mehr als 0,2 Proc. Invertzucker, aber auffallend viel organischen Nichtzucker: Zucker 95,80 Salze 1,08 Organischer Nichtzucker 1,62 Wasser 1,50 Die Zucker hatten eine bestechend helle Farbe. Aber schon beim Einschmelzen ergab es sich, daſs die aufgekochte Lösung ebenso dunkel wurde als die von dunkleren Zuckern. Die weitere Behandlung bis zur Fertigstellung der Brode zeigte keinen bemerkenswerthen Nachtheil; dieser wird erst bei den Nachprodukten bemerkbar, steigert sich und tritt bei der Melasse ganz entschieden hervor. Man war nicht im Stande, die Schwefelzucker allein zu verarbeiten, um danach den unzweifelhaft entstehenden Verlust der Ausbeute genau feststellen zu können. Bei dem vierten Produkt wurde eine geringere Ausbeute ermittelt. Bei der Melasse traten dann aber die schwerwiegendsten Nachtheile deutlich zu Tage. Die Zuckerausbeute des letzten Produktes schien zwar ziemlich normal, der Zucker selbst war gut krystallisirt und gesund; aber die Melasse war so schäumig, daſs sie schon dieserhalb fast unverkäuflich war. Nach angestellten Versuchen hatte sich die schäumige Masse erst nach 2 bis 3 Monaten zum gröſseren Theile verloren und das Volumen war auf etwa ¾ zurückgegangen. Der dann noch zurückgebliebene Schaum war nicht zu beseitigen. Die Verwendung von sogen. geschwefeltem Zucker in den Raffinerien erfordert daher Vorsicht. Nach Versuchen von O. Moszenk (Archiv für Physiologie, 1885 S. 275) wächst die Aufnahmefähigkeit der Knochenkohle für Farbstoffe u. dgl. mit zunehmender Temperatur.