Titel: Ueber die Herstellung und Verwendung von Maltosesyrup.
Autor: F.
Fundstelle: Band 259, Jahrgang 1886, S. 511
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Ueber die Herstellung und Verwendung von Maltosesyrup. Ueber die Herstellung und Verwendung von Maltosesyrup. Die Société anonyme générale de Maltose in Brüssel (D. R. P. Kl. 89 Nr. 34085 vom 22. August 1883) hat gefunden, daſs die Verflüssigung der Stärke mit möglichst wenig Malz nur dann möglich ist, wenn man die Bicarbonate im Wasser zersetzt, wozu namentlich rohe Salzsäure verwendet werden soll. Die Erweichung des Stärke haltigen Getreides soll in der Luftleere geschehen. Um bei der Verzuckerung die Milchsäure- und Buttersäurebildung zu verhüten, soll die Maische möglichst bald filtrirt und mit 7 bis 29g Salzsäure auf 1hl Flüssigkeit versetzt werden. Zur Herstellung der sogen. Malzinfusion wird das Malz mit 2 bis 5 Th. vorher neutralisirten Wassers zu einem Breie gekocht (? Ref.) und während einiger Stunden bei einer Temperatur von etwa 30° in Maceration gebracht. Da der wirksame Theil des Kornes auſserordentlich löslich ist, so kann man den in Säcke gepackten Brei unter einer Presse auspressen und so den flüssigen Theil des Breies gewinnen. Der Rückstand wird dann ausgelaugt und die durch Druck ausgezogenen Flüssigkeiten filtrirt. Zur Herstellung von Maltose aus reiner Stärke mischt man dieselbe mit 2 bis 12 Th. neutralisirtem Wasser und dem Auszuge von 5 bis 10 Proc. Malz. Das Gemenge wird in einem Behälter mit Rührwerk und doppeltem Boden gebracht, um die Lösung mit Dampf erwärmen zu können. Die Temperatur wird nur sehr langsam erhöht, damit sich die Lösung gleichmäſsig erwärmt. Auf diese Weise kann man die Temperatur bis auf 80° erhöhen, ohne daſs der Brei irgend welche Veränderung erleidet. Die Erwärmung dauert ungefähr 1 Stunde. Der flüssige Stärkebrei wird hierauf in einen mit Rührwerk versehenen Druckkessel gebracht und in diesem etwa 30 Minuten lang unter ungefähr 1at,5 gehalten. Man kühlt alsdann bis auf 48° ab. Der Kühlapparat ist ein einfacher Osmoseapparat, dessen Pergamentblätter durch dünne Kupferbleche ersetzt sind und bei welchem das Kühlwasser von unten nach oben und die Lösung von oben nach unten flieſst. Nachdem die Lösung bis auf 48° abgekühlt ist, setzt man, je nachdem eine schnellere oder langsamere Bildung von Zucker, Syrup oder Melasse erwünscht ist, 5 bis 20 Proc. Malzauszug hinzu. Um eine schnelle und vortheilhafte Zuckerbildung zu erreichen, ist der früheren Ansäuerung des Wassers wegen ein starker Zusatz von Malzinfusion nöthig. Um Syrup zu gewinnen, genügt eine kleine Menge desselben und für die Gewinnung von Zuckermasse genügen 10 bis 20 Proc. Malzinfusion mit viel Wasser (das 10- bis 12fache Gewicht des Stärkemehles). Nachdem die Zuckerbildung 1 Stunde gedauert hat, kann man zur Filtration des Saftes übergehen. Diese Filtration erfolgt durch Filz oder besser mittels einer Filterpresse mit seitlicher Beschickung, bei welcher die Preſstücher durch auf Leinwand geklebtes Papier ersetzt sind. Dieses letztere Filtrirmittel ist unentbehrlich, wenn man vollständig klare Maltosesäfte erhalten will. Die filtrirten Säfte werden, wenn sie einer verlängerten Zuckerbildung unterworfen werden sollen, in tiefe Gefäſse gebracht, um so wenig wie möglich von ihrer Oberfläche mit der atmosphärischen Luft in Berührung zu bringen, und können ohne merkliche Veränderung 60 Stunden und länger aufbewahrt werden, wenn die Temperatur auf ungefähr 48° erhalten wird. Nach beendigter Verzuckerung genügt es, den Saft auf 28° B. an freier Luft oder unter Luftleere einzukochen. Alsdann filtrirt man über Papier, oder man mischt dem Syrup ein wenig Papierstoff bei und filtrirt durch einen Filzbeutel, worauf das Einkochen bis auf 38° B. beendet wird; schlieſslich wird über Knochenkohle filtrirt. Der filtrirte Syrup wird nunmehr in Fässer oder Formen gebracht und abgekühlt, um weiter zu Zuckermasse verarbeitet zu werden. Bei Verarbeitung von Kartoffeln werden dieselben wie gewöhnlich gewaschen, auf dem Rübenschneider in dünne Schnitzel geschnitten und sodann in einen Diffusionsapparat gebracht, wie man sie für Rüben verwendet; dann werden die Schnitzel bei einer Temperatur von 40 bis 50° oder auch mehr ausgelaugt, um die löslichen Bestandtheile der Kartoffeln zu lösen. Ist der letzte Diffuseur ausgelaugt, so läſst man den Inhalt sämmtlicher Diffuseure in ein gemeinschaftliches Sammelbecken laufen und von hier mittels eines Becherwerkes in eine Quetschmaschine, ähnlich den bekannten Breiquetschen, bringen, woselbst die ausgelaugten Schnitzel in ganz dünnen Brei verwandelt werden. Hierauf fügt man nicht ausgelaugte Preſsrückstände von Malz und auſserdem neutralisirtes Wasser hinzu und schreitet nunmehr zur Verflüssigung, wie dies für das reine Stärkemehl beschrieben wurde. Nach der ersten Verflüssigung behandelt man die Lösung noch bei 1 bis 2at Druck ungefähr ½ Stunde lang im Druckkessel, um die Rückstände vollständig auszulaugen; dann kühlt man auf 48° ab und setzt Malzauszug zu, um unter Ansäuerung, wie oben beschrieben, die Zuckerbildung herbeizuführen. Nachdem der erste Theil der Verzuckerung beendet ist, filtrirt man durch Filz oder besser durch Papier auf Filterpressen, um den Saft einer längeren Verzuckerung zu unterziehen. Der Rest der Arbeit vollzieht sich wie beim Verarbeiten reinen Stärkemehles. Dieses Verfahren ist hauptsächlich für die Herstellung sogen. Krystallsyrups bestimmt. Der folgende Arbeitsgang läſst sich auf alle Sorten Körnerfrüchte (Reis, Buchweizen, Roggen, Weizen, Gerste u. dgl.) anwenden, namentlich aber auf Mais, welcher allgemein für Maltosebereitung verwendet wird. Je nach Umständen kann man den Mais ganz verarbeiten, oder einer Sichtung unterwerfen, um die Keime von dem Stärkemehl haltigen Theile zu trennen. Hierbei verwendet man den letzteren für die Herstellung von Zuckermasse und die Keime zur Erzeugung von Syrup für Brauerei- und andere Zwecke. Das Mahlen zu Gries geschieht in dem Falle, wo es sich darum handelt, Zuckermasse zu gewinnen, wobei man durch Waschen die 7 bis 10 Proc. lösliche Salze und gummiartige Bestandtheile, welche sich in dem Korn vorfinden und die Krystallisation der Maltose verhindern, auszieht. Das Waschen erfolgt kalt oder besser bei 30 bis 40° mit der gleichen oder doppelten Menge Wasser- die erhaltene Flüssigkeit hat im Mittel 4° B., ist sehr reich an Salzen und gummiartigen Bestandtheilen und geeignet für das Flüssigmachen der Stärke. Deshalb verwendet man sie vorzugsweise bei der Fabrikation von Syrup für Brauereizwecke. Bei der Verarbeitung ganzer Körner oder wenn dieselben nur grob geschrotet sind, werden die Körner zunächst unter Luftleere eingeweicht. Zu diesem Zwecke leitet man Dampf in einen Kessel; sobald letzterer geschlossen ist, läſst man den Dampf condensiren, um eine Luftleere zu erzeugen, und weicht nunmehr in Wasser ein. Wenn es sich um die Darstellung im Groſsen handelt, kann man die Körner bei 40 bis 50° in ähnlichen Gefäſsen wie die Diffusionsapparate in der Rübenzuckerfabrikation auslaugen. Der Mais dehnt sich hierbei immer mehr und mehr aus, bis die Hülsen platzen und der Inhalt frei wird. Das Einweichen dauert 24 Stunden oder länger. Die gequollenen Körner werden hierauf in bekannter Weise zu dünnem Brei zerquetscht. Dem so vorbereiteten Breie setzt man 2 bis 10 Proc. Wasser hinzu, welches den gröſsten Theil der in der Stärke befindlichen fremden Stoffe löst. Dieses Wasser wird später bei der Herstellung von Syrup für Brauereizwecke wieder benutzt. Man setzt alsdann von neuem 2 bis 10 Proc. neutralisirtes Wasser und Malzinfusion im Verhältnisse von 5 bis 10 Proc. zu. Das Gemisch wird in einem geschlossenen oder offenen Kochapparate verflüssigt und langsam unter Umrühren erwärmt, bis man in 30 bis 40 Minuten eine Temperatur von 80° erreicht hat, ohne daſs eine Verdickung der Stärke eingetreten ist. Nach beendigter Verflüssigung kühlt man bis auf 48° ab und setzt 10 bis 20 Proc. Infusion hinzu; ist nach Ablauf einer Stunde die Zuckerbildung beendet, so trennt man die Treber entweder durch Pressen, oder durch Durchseihen durch ein Sieb und nachheriges Pressen der Rückstände in Filterpressen, worauf man dieselben noch in der Syrupfabrikation für Brauereizwecke verwendet, da ihnen noch nicht alle Stärke und Stickstoff haltigen Stoffe entzogen sind. Der abgeschiedene Saft ist durch den aufgelösten Kleber trübe, welcher durch Papierfilter abgeschieden wird. Der klare Saft wird hierauf mit Salzsäure angesäuert und einer längeren Zuckerbildung unterzogen. Nach der Verflüssigung wird die Maische im Druckkessel während einer Stunde auf 110° erwärmt, um alle noch nicht aufgelösten Bestandtheile in Lösung zu bringen; hierauf kühlt man auf 48° ab, fügt 5 bis 20 Proc. Malzinfusion hinzu und trennt, nachdem die Zuckerbildung 1 Stunde gedauert hat, die Treber in Filterpressen, wäscht sie aus und preſst sie von neuem. Die Säfte werden durch Papier filtrirt und hierauf kürzere oder längere Zeit der Zuckerbildung unterworfen; nach beendigter Zuckerbildung concentrirt man den Saft auf 33 bis 40° B., mengt den Syrup mit Papierstoff, filtrirt durch Filzbeutel und wenn man farblosen Syrup erhalten will, noch durch Knochenkohle. Die Maltosesyrupe von Mais können unmittelbar zur Herstellung von Bier Verwendung finden. Der für die Brauerei bestimmte Syrup kann mit Hopfenessenz concentrirt werden, welche durch Maceration oder Kochen erhalten wird; in diesem Falle wird der so behandelte Syrup vom Brauer einfach mit Wasser verdünnt, aufgekocht, auf 15° abgekühlt und mit der Hefe dem Biere zugesetzt. Hierbei kann jedoch der Fall eintreten, daſs durch das vorhergehende Versetzen mit Hopfenessenz das Aroma der letzteren verloren geht, weshalb es vorzuziehen ist, daſs der Hopfen dem Syrup erst dann zugefügt wird, wenn derselbe schon entsprechend verdünnt ist. 1k Syrup von 33° gibt ungefähr 5 bis 6l Bier von 4 Proc. Alkohol und bei Zusatz von 4 Proc. trockenem Extract hat dasselbe angeblich alle erforderlichen Eigenschaften. Andererseits kann man die verschiedenen Arten der Zuckerbildung, wie sie oben beschrieben sind, auch unmittelbar in der Brauerei anwenden, indem man die Säfte sofort auf den für die Bierbereitung nöthigen Grad concentrirt und somit das umständliche Concentriren des Syrups vermeidet. Zum Versüſsen von Wein bezieh. Traubensaft soll ein möglichst verzuckerter Syrup aus Kartoffeln, Mais oder Reis dienen. Zur Herstellung von Schaumwein sollen die mit Syrup versetzten Säfte mit Hefe in Gährung gebracht werden. Sobald die Gährung weit genug vorgeschritten ist, filtrirt man unter Druck und Gegendruck den Wein durch Papierfilterpressen, um den Gasgehalt zu erhalten, und füllt vom Filter sofort auf Flaschen, welche verkorkt werden und einige Monate bis zu ihrer Verwendung im Keller aufbewahrt werden müssen. Zur Spiritusfabrikation sollen die klaren Säfte nach Beginn der Verzuckerung in Gährung versetzt werden. Die Verzuckerung vollzieht sich während des Gährungsprozesses, wobei sich beide Erscheinungen beinahe gleichzeitig beendigen, und es genügt nunmehr, durch Papier zu filtriren, um die Hefe abzuscheiden, damit man den Destillationscolonnen nur ganz klaren Saft zuführt. Man kann auf diese Weise 58l Alkohol aus 100k Stärkemehl erhalten. Durch starkes Körnen des unkrystallisirbaren Maissyrups soll ein Ersatz für Honig (vgl. Hager S. 55 d. Bd.) erhalten werden. Soweit sachlich die Patentschrift.Die Patentansprüche lauten: 1) Bei der Verzuckerung der Stärke mit Malzauszug und Anwendung einer Verzuckerungstemperatur von 48° und einer Verzuckerungsdauer von 12 bis 15 Stunden der Zusatz von Säuren – 7 bis 29g 25 procentiger Salzsäure auf 1hl Maische – oder einer entsprechenden Menge anderer Säuren. 2) Bei der Gewinnung von Maltose aus Stärke oder Stärkehaltigen Rohmaterialien die Aufeinanderfolge nachstehender Behandlungen: Verflüssigung der Stärke unter Zusatz von 5 bis 10 Proc. Malzinfusion und Erwärmung auf 80°, Kochen bei 1at,5 Ueberdruck 30 Minuten lang, Abkühlung auf 48°, Zusatz von 5 bis 20 Proc. Malzinfusion, Zusatz von Säure gemäſs Anspruch 1, Filtriren und Ueberlassung der Verzuckerung bei 48° während 12 bis 15 Stunden. In Köln hat sich bereits eine Deutsche Maltose-Gesellschaft mit 800000 M. (die Brüsseler Gesellschaft erhält für das Patent 200000 M,) zur Ausbeutung dieses Dubrunfaut-Cuisinier'schen Verfahrens (vgl. 1883 247 267) gebildet. In Köln wird bereits eine Fabrik gebaut, in Wien soll ebenfalls eine errichtet und die erzeugte Maltose den Brauereien geliefert werden. Damit droht der deutschen (mit Ausnahme Bayerns) und der österreichischen Brauerei eine erhebliche Gefahr. In richtiger Erkenntniſs derselben haben bereits die rheinisch-westfälischen und die sächsischen Brauer geeignete Schritte gethan (vgl. Wochenschrift für Brauerei, 1885 S. 721 und 733. 1886 S. 17 und 69) und am 20. Januar d. J. hat der Deutsche Brauerbund in einer Eingabe an den Deutschen Reichstag um Verbot aller Malzsurrogate gebeten. Begründet wird dieses Gesuch damit, daſs zwar die Biererzeugung der Steuergemeinschaft sich gehoben hat, aber auch die Einfuhr aus Bayern, Württemberg, Baden und Elsaſs-Lothringen nach den zur Brausteuer-Gemeinschaft gehörenden Ländern: 1872 349216hl 1879/80 502397hl 1873 431598 1880/81 554804 1874 438868 1881/82 639841 1875 449776 1882/83 713918 1876 456980 1883/84 796366 1877/78 471496 1884/85 910608 1878/79 478118 An dieser Biereinfuhr in die Steuergemeinschaft ist nun Bayern fast ausschlieſslich betheiligt: seine gesammte Bierausfuhr betrug: 1880   745333hl 1881   887946 1882   985831 1883 1106282 1884 1245230 Davon gingen nach den Ländern der Steuergemeinschaft im J. 1884 900000hl. „Bei unpartheiischer Prüfung der Frage, woher diese rapide Steigerung komme, ist in erster Linie anzuerkennen, daſs es die vorzügliche Qualität vieler bayerischer, namentlich Münchener Biere ist, welche sich fortschreitend die Gunst des Publikums erobert hat. In zweiter Linie aber ist es das Vertrauen, welches, Dank der besonderen Gesetzgebung, Jedermann dem bayerischen Biere entgegenbringt. Bei dessen Genuſs hat der Konsument die volle Ueberzeugung, daſs es lediglich aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser bereitet wurde. Dieses so nothwendige Vertrauen bringt jedoch der Konsument dem in der Steuergemeinschaft erzeugten Biere nicht entgegen, weil das Brausteuergesetz vom 31. Mai 1872 eine Menge von Surrogaten gesetzlich sanktionirt hat und in seiner Liberalität soweit ging, Zusätze zu erlauben, welche unter Umständen nach dem heutigen Nahrungsmittelgesetz strafbar sind. Der Nachtheil aber, welcher durch dieses durch das Gesetz selbst hervorgerufene Miſstrauen der gesammten Brau-Industrie der Steuergemeinschaft verursacht wird, steht in keinem Verhältnisse zu dem anscheinenden Vortheile, den einzelne wenige Brauer durch die wirklich von ihnen verwendeten Surrogate haben; denn die Menge der letzteren ist seit Jahren eine sehr geringe, wie die Zusammenstellung beweist. Im verflossenen Etatsjahr 1884/85 wurden im Ganzen in der Steuergemeinschaft 4961237 Meter-Centner Malz und Malzsurrogate versteuert. Davon waren 4794675 Meter-Ctr. Gerstenmalz, 138133 Meter-Ctr. Weizenmalz und nur 28429 Meter-Ctr. Malz fanden durch Surrogate Ersatz. Es sind dies 0,57 Proc., oder auf 100 Meter-Ctr. verbrautes Malz kommen nur 57k Surrogate. Letztere wurden von 2197 Brauereien versteuert, während die übrigen 8323 Brauereien ohne jedes Surrogat ihr Bier erzeugten. Die im letzten Etatsjahre verwendeten Surrogate setzen sich aus folgenden Stoffen zusammen: Reis 6224 Meter-Ctr. Dextrin 1 Zucker aller Art 15554 Syrup 1951 Sonstige Malzsurrogate 4699 ––––––––––– 28429 Meter-Ctr. Die Mitverwendung von Reis geschieht von einzelnen Brauereien einmal deshalb, weil sie glauben, dadurch lichtere weinigere Biere wie nur aus Gerstenmalz zu erzielen, das anderemal, weil bei entsprechenden Reispreisen die Verwendung desselben gegenüber Gerstenmalz eine Ersparniſs bedeutet.“ Zucker und Syrup werden vorwiegend für obergährige Biere verwendet, ein kleiner Theil als Caramel zum Färben des Bieres. Alle diese Stoffe sind entbehrlich, wie die bayerischen Brauereien zeigen. Auch die Salicylsäure wird als entbehrlich bezeichnet, da das Pasteurisiren völlig ausreiche. „In Bayern wurden in den letzten 5 Monaten mehrfach Prozesse angestrengt gegen Brauer, welche gegen die Bestimmungen des Malzaufschlaggesetzes und Nahrungsmittelgesetzes gefehlt hatten. Es sind dort strenge Strafen erkannt worden gegen solche Brauer, welche Biercouleur, Salicylsäure, Tannin und sonstige so genannte Bierverbesserungsmittel anwendeten. Nach unserer Meinung werden jene Strafen den heilsamen Einfluſs haben, daſs jenen Schmierereien überhaupt ein Ende gemacht wird; sie werden aber in hohem Maſse dazu beitragen, daſs das Vertrauen zu der Reinheit der bayerischen Biere wesentlich erhöht und befestigt wird. Dabei hat die bayerische Regierung ihrer Brau-Industrie auſserordentlich genutzt; sie macht gerade durch diese Prozesse die denkbar größte Propaganda für das bayerische Bier im In- wie im Auslande.“ Auch die österreichischen Brauer wehren sich (vgl. Allgemeine Zeitschrift für Brauerei, 1885 S. 921, 949, 970, 1028. 1886 S. 49 und 81) und der österreichische Brauerbund hat einen Protest erlassen, in welchem es zum Schlusse heiſst: „Bier soll nur aus Malz und Hopfen gebraut werden; so will es das Publikum, so war es bisher in Oesterreich und so soll es bleiben. Jedes Ersatzmittel für Malz ruft das Miſstrauen des Publikums wach. Sobald ein Surrogat angewendet wird, wird man alle Brauer, sowie in anderen Ländern, mit Recht oder Unrecht, der Verfälschung des Bieres beschuldigen. Bisher wagte Niemand, die Brauer Oesterreichs zu verdächtigen; diese werden daher eifersüchtig über ihren guten Ruf zu wachen haben. Deshalb bitten wir Euch, weist das Malzsurrogat „Maltose“ zurück, wenn man es Euch anbietet; das Malz wird es Euch niemals ersetzen, wohl aber wird es Euch und Euere Industrie in Verruf bringen und die Qualität Eueres Bieres verschlechtern. Geht schonungslos gegen Diejenigen vor, welche sich nicht entblöden, zu diesem Malzersatzmittel zu greifen. Der Ausschuſs des österreichischen Brauerbundes protestirt hiermit auf das Entschiedenste gegen die Einschmuggelung des Fremdlings Maltose in die österreichischen Brauereien und gegen die Zudringlichkeit, mit welcher die Speculation das Malzsurrogat einer bisher gesunden Industrie aufdrängt, um diese zu ruiniren. Der Ausschuſs wird kein Mittel unversucht lassen, um von der österreichischen Brau-Industrie die drohende Gefahr abzuwenden, und wird, wenn nöthig, selbst die Hilfe der Gesetzgebung anrufen.“ Referent fügt hierzu noch die Bemerkung, daſs es sich bei Bier nicht um eine bestimmte chemische Verbindung handelt, wie bei Zucker, dessen Herkunft daher gleichgültig ist, sondern um ein Gemenge, dessen Einzelbestandtheile noch nicht völlig bekannt sind. Welcher Unterschied besteht schon zwischen einem Branntwein aus Rüben- und aus Rohrzuckermelasse, obgleich es sich hier um äuſserst geringe Mengen verschiedener Stoffe handelt, welche neben dem Aethylalkohol vorhanden sind. Beim Biere kommen aber noch die Extractbestandtheile dazu und, daſs diese aus Kartoffeln und Mais, welche bekanntlich schon recht schlechten Branntwein liefern, anders sind als aus Gerste, bedarf keines Beweises. F.