Titel: | Zur Herstellung und Verwerthung von Käse. |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 42 |
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Zur Herstellung und Verwerthung von
Käse.
Zur Herstellung und Verwerthung von Käse.
J. Herz (Milchzeitung, 1885
* S. 498) beobachtete, daſs Limburger Käse in einem
Keller schwarze Flecken bekamen, welche sich nach und nach über die ganze Oberfläche
ausbreiteten und die Käse dadurch sehr unansehnlich machten. Diese krankhafte
Erscheinung verbreitete sich ziemlich rasch; besonders bemerkte man, daſs die
gesunden Käse, welche auf Bretter gestellt wurden, auf denen vorher schwarze Käse
gestanden hatten, ebenfalls bald schwarz wurden. Auf anderen Käsen sah man nach
einigen Tagen die Abdrücke der Finger, mit denen man zuerst schwarze, dann diese bis
dahin noch gesunden Käse angefaſst hatte. Bereits reife Käse wurden nicht mehr
schwarz, ebenso wenig ganz junge, deren Reife schon in die wärmere Jahreszeit fiel,
oder die in einen geheizten Keller gebracht wurden. Die anderen Käse dagegen bekamen
zu der Zeit, wo sie sich hätten röthen sollen, einen zarten, sammet-artigen,
flaumigen Ueberzug; sie trockneten rasch und saugten beim Schmieren sehr viel
Feuchtigkeit auf. Der flaumartige Ueberzug wird durch das Schmieren gröſstentheils
in die Käse hineingerieben, diese werden immer dunkler. Anfangs sind sie nur an der
Oberfläche schwarz; später werden sie aber bis zu einer Tiefe von etwa 3mm unter der Rinde dunkelblau. Tiefer ins Innere
dringt die Veränderung nicht und die befallenen Käse werden auch im Geschmacke nicht
verändert.
Diese sehr unangenehme Erscheinung wird durch Pilzbildungen, wahrscheinlich durch
Sproſspilze veranlaſst. Werden Käse, bei denen diese Krankheit auftritt, mit einer
7procentigen wässerigen Milchsäurelösung überstrichen, so verschwindet dieselbe.
Vielleicht hat Ammoniakflüssigkeit dieselbe Wirkung. Empfehlenswerth ist gute Lüftung der
Keller.
Hueppe (daselbst S. 659) glaubt, die Ursache dieser
Schwarzfärbung sei eine eigenthümliche Hefenart. Derselbe hat auf Käse rothe Flecken
von Micrococcus prodigiosus beobachtet.
H. v. Klenze (daselbst S. 369 und 641) untersuchte die
Verdaulichkeit verschiedener Käsesorten. Die
untersuchten Käse hatten folgende Procentzusammensetzung:
Sorte
Wasser
Fett
Asche
Käsestoff
Neufchâtel
51,72
23,99
3,56
20,73
Brie
55,69
21,42
5,60
17,29
Hohenburger Rahmkäse
38,67
29,13
5,30
26,90
Romadour
43,21
10,56
6,10
40,13
Rottenbucher Klosterkäse
45,92
27,17
4,90
22,01
Böbinger Schloſskäse
48,34
16,97
5,10
29,59
Gorgonzola
26,81
35,29
4,10
33,80
Roquefort
38,94
34,14
5,00
21,92
Emmenthaler, echt
35,18
27,99
4,60
32,23
Algäuer Emmenthaler
37,46
25,41
4,80
32,33
Magerer Schweizerkäse, älterer
50,41
3,99
3,70
41,90
Cheddar
35,22
27,91
3,40
33,47
Edamer
41,88
24,05
4,60
29,47
Mainzer Handkäse
53,74
5,55
3,38
37,33
Vorarlberger Sauerkäse, auſsen
56,61
4,48
2,49
36,42
Desgleichen, innen
50,58
4,56
2,49
42,37
Schabziger
38,17
12,27
3,83
45,73
Ziger
31,00
3,48
0,90
64,62
Zur Herstellung der künstlichen Verdauungsflüssigkeit wurde
die innere Haut eines frischen Schweinemagens und die halbe Pancreasdrüse mit 5l Wasser und 50cc concentrirter Salzsäure ausgezogen. Nun wurde je 1g Käse mit 50cc
der filtrirten Flüssigkeit übergössen bei 36 bis 38° hingestellt. Nach je 2 bis 3
Stunden wurden jedem Kolben 2cc 10procentige
Salzsäure zugesetzt, um die Säure zu ersetzen, welche durch die Bildung von
Acidalbuminaten gebunden wird. Alle Stunden wurde der Inhalt der Kölbchen beobachtet
und dabei sanft umgeschüttelt. Nachdem sich die Käse als aufgelöst zeigten, wurde
der Inhalt auf ein gewogenes Filter gebracht und dort nachgespült, bis alles
Lösliche abfiltrirt war. Die Filter wurden dann getrocknet, entfettet, endlich bei
100° getrocknet und gewogen. Aus diesem von Fett freien Rückstande, von welchem die
Asche noch abgezogen wurde, konnte man ersehen, wie viel von dem ursprünglich in der
Probe gewesenen, von Asche freien Caseïn, welches durch die Analyse des Käses
bestimmt war, nicht durch den Magensaft aufgelöst, d.h. verdaut wurde. Die
Ergebnisse sind in folgender Uebersicht zusammengestellt und daraus zu erkennen,
daſs die lockeren Fettkäse rascher verdaut sind als die mageren, die reifen besser
als die frischen.
Die Herstellung von Kunstfettkäse hat sich nicht
bewährt. Namentlich hat es sich gezeigt, daſs Schweinefett dabei nicht zu verwenden
ist, da der Geschmack desselben zu sehr hervortritt. Aber selbst mit Margarin
Sorte
Verdaut nachStunden
VomKäsestoffwirdverdautProc.
Reifezustand
Algäuer Emmenthaler, I. Güte
–
97,53
genuſsreif
Ziger
–
96,59
„
Gorgonzola, II. Güte
10
94,37
„
Romadour, bitter
9
94,01
„
Vorarlberger Sauerkäse, auſsen
10 fast
93,13
„
Mainzer Handkäse
10 fast
93,03
„
Echter Emmenthaler, II. Güte
8
92,31
„
Cheddar, II. Güte
4
91,63
„
Roquefort, nicht alt
4
90,87
„
Hohenburger
10 mittel
90,83
handelsreif
Magerer Schweizer, älter, zähe
10 mittel
90,21
genuſsreif
Schabziger, I. Güte
10 mittel
89,28
„
Brie, noch hart und brüchig, II. Güte
10 fast
87,27
unreif
Vorarlberger Sauerkäse, innen
–
87,25
„
Edamer, III. Güte, Niſsler
–
87,10
handelsreif
Böbinger Schloſskäse, III. Güte
10 mittel
85,80
„
Neufchâtel, bröckliger Teig
10
84,56
„
Rottenbucher Klosterkäse, sehr fein
10 fast
79,55
„
Magerer Schweizer, jung
10 wenig
77,08
unreif
ist nur Mittelwaare zu erzielen. G.
Heiſsbauer in München empfahl statt dessen ein Gemisch von 2 Th.
Schweinefett und 1 Th. Sesamöl. Klenze fand aber, daſs
auch damit nichts Brauchbares erzielt werden kann. Auch Arachisöl schmeckt durch und
gibt mit zunehmender Reife einen immer widerwärtigeren Geschmack. Beachtenswerth ist
dagegen ein Zusatz von 0,5 bis 1 Proc. Margarin zur Magermilch, welches man nicht
schmeckt. Gegenüber einem fetten Käse zeigt sich allerdings ein merklicher Mangel an
Aroma, der ein deutliches Unterscheidungszeichen von echtem Fettkäse bildet. Der
Einfluſs dieses Fettes auf die Beschaffenheit des Teiges ist ein äuſserst
vortheilhafter. Die Limburger werden weniger glasig grünlich und bekommen eine
weiſslichere, viel appetitlichere Farbe; auch die Schweizer erhalten ein besseres
Ansehen und haben einen fetteren „Griff“ auch von auſsen. Aber der Teig
selbst wird auch wesentlich verändert; er verliert die Zähigkeit und wird weicher,
zarter, schmilzt sehr gut auf der Zunge und schmeckt auch entschieden besser. Doch
hat er ein ganz charakteristisches Merkmal, welches die Unterscheidung vom
eigentlichen Fettkäse trotz aller Verbesserungen leicht macht. Der Teig wird nämlich
sehr „kurz“, wie man es in der Praxis nennt, d.h. er wird weich, bröckelig,
aber durchaus nicht „griesig“. Er ist viel weniger „schnittig“ als ein
Fettkäse und dies tritt um so mehr hervor, je mehr Fett zugesetzt wird. Die mit
einer Fettmischung versetzten Käse, welch erstere ein flüssiges Fett enthält, sind
weniger kurz im Teige; immerhin bleibt aber dieses Merkmal noch charakteristisch
genug, um leicht kenntlich zu sein, und muſs man wegen des Geschmackes von der
Verwendung eines flüssigen Oeles überhaupt absehen. Beim gewöhnlichen Fettkäse ist
ein kurzer Teig stets
mehr oder weniger griesig und damit auf der Zunge schwer schmelzend: dies ist bei
dem mit Margarin versetzten Käse nicht der Fall und gibt dies abermals ein
Unterscheidungszeichen. Klenze glaubt, daſs durch
diesen geringen Fettzusatz der Magerkäse zu einem beliebten Nahrungsmittel der
ärmeren Bevölkerung werde.
Im Emmenthaler Käse haben B.
Rose und E. Schulze (Landwirthschaftliche Versuchsstationen, 1885 Bd. 31 S. 115) Milchsäure,
Buttersäure, Cholesterin im Aetherauszuge, im entfetteten Rückstande Leucin,
Tyrosin, Ammoniak und Milchsäure nachgewiesen. Im Weingeistauszuge wurde
Casëoglutin, im unlöslichen Antheile Paracasëin und Nuclëin aufgefunden.