Titel: | Ueber die Bedeutung der Pflanzendunen; von Prof. Dr. Franz v. Höhnel in Wien. |
Autor: | Franz v. Höhnel |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 164 |
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Ueber die Bedeutung der Pflanzendunen; von Prof.
Dr. Franz v. Höhnel in Wien.
v. Höhnel, über die Bedeutung der Pflanzendunen.
Eine Handelswaare von steigender Bedeutung, welche als Polstermaterial und zur
Anfertigung von Putzgegenständen in den Tropenländern schon längst angewendet wird,
sind die Pflanzendunen, welche im Verkehre unter den verschiedensten Namen
vorkommen. Sehr gebräuchlich sind die Ausdrücke Kapok
(auch Kapas, Kopak, d.h. auf malayisch Baumwolle), Simool, Randoe, Randoekapok, ferner deutsch Ceibawolle,
Wollbaumwolle, Bombaxwolle; französisch édrédon végétale,
duvet, coton soyeux, ouatte végétale; englisch silkcotton, simool cotton, vegetable wool, treecotton, rawcotton. Auf dem
europäischen Festlande ist der Stoff noch so gut wie unbekannt, obwohl es an
Einführungsversuchen nicht gefehlt hat; so wurde er von L.
H. Schulz in Dresden schon vor Jahren in den deutschen Handel gebracht. Die
Kapokwolle ist aber entschieden das beste pflanzliche Stopf- oder Polstermaterial
und stehen die besseren Sorten den echten Dunen an Elasticität und Leichtigkeit
nicht viel nach, wovon ich mich durch einige Versuche überzeugte. Der Werth der
Kapokfaser ist aber auch schon in einigen auſsertropischen Ländern zur vollen
Würdigung gelangt, so namentlich in Holland und Südaustralien. In Holland scheint
die Anwendung (nach H. Braun in dem Werke Handel und Verkehr mit Niederländisch-Indien von R. Sonndorfer, Wien 1884) ganz allgemein zu sein.
Jährlich sollen aus Niederländisch-Indien über 1 Mill. Kilogramm Kapok ausgeführt
werden, welche zumeist nach Rotterdam und Amsterdam gehen. Durch die niederländische
Colonialausstellung in Amsterdam 1883 (wo namentlich das bedeutendste holländische
Haus für Kapok, J. C. Klütgen in Rotterdam, würdig
vertreten war) hat die Kapokeinfuhr und Verwendung überhaupt einen erneuten Anstoſs
erhalten und es kann die Pflanzendune ebenso wie Chinagras, neuseeländischer Flachs
u. dgl. als eine Faser der Zukunft, wenn auch nicht für Textilzwecke, betrachtet
werden. Anfänglich war nur Holland ein guter Markt für Kapok; seit 1883 ist es nun
auch Australien, wo die Faser, wegen des Mangels an genügend billigem thierischem
Polstermateriale, einen auſsergewöhnlichen Erfolg erzielt hat. Im J. 1883 war die
Einfuhr von Kapok in Australien nicht nennenswerth; im J. 1884 betrug dieselbe etwa
40000k, im J. 1885 etwa 250000k und 1886 etwa 500000k.
Die Kapokwolle besteht aus 0,5 bis 2cm langen,
seidenartig glänzenden Fasern von gelblich weiſser bis brauner Farbe. Vermöge ihres
Glanzes, ihrer Kürze und Färbung unterscheidet sie sich leicht von der Baumwolle.
Die sichere Unterscheidung beider ist deshalb von Wichtigkeit, weil nicht nur
versuchsweise Kapok zusammen mit Baumwolle versponnen wurde, sondern auch umgekehrt
Baumwollabfälle schon als Verfälschung von Kapok vorkommen. Allein während sich die
Kapokfaser (wegen ihrer Steifheit und Kürze) kaum zum Verspinnen eignet, ist auch
die Baumwolle als Polstermaterial nicht verwendbar. Es geht dies schon daraus
hervor, daſs letztere bei gleicher Pressung ein mehr als 3 mal so groſses
Volumengewicht hat als die Kapokfaser; sie ist eben zu wenig steif und
elastisch.
Neben den Baumwollabfällen (cotton fly) ist auch die Pulufaser (der braune wollige Ueberzug der
Blattstielbasen mehrerer Cibotium-Arten auf den Sandwichinseln, in Chili und anderen
Gegenden) als Vertreter der Kapokwolle aufgetreten- sie ist aber trotz ihres schönen
Ansehens nur einige Jahre stärker verwendet worden, da man sich bald davon
überzeugte, daſs die Pulufaser schon nach kurzem Gebrauche in Folge ihrer
Brüchigkeit in lauter kurze Stückchen zu Pulver zerfällt, während die Kapokfaser,
als Polstermaterial verwendet, angeblich geradezu unverwüstlich sein soll. Daſs die
Kapokfaser bedeutend billiger zu stehen kommt als die thierischen Polstermaterialien
ist natürlich. Der Preis wechselt je nach Güte und Reinheit für das Kilogramm etwa
von ½ bis 2 M.
Die Kapokwolle kommt hauptsächlich aus Java, Indien und Ceylon. Da jedoch die Faser
fast nur von wilden Bäumen gesammelt wird und diese auch im heiſsen Amerika und in
Afrika vorkommen, so werden bei der steigenden Bedeutung derselben wahrscheinlich
schon in der nächsten Zukunft alle Tropenländer an der Beschaffung der Kapokfaser
betheiligt sein. So wie die indische Baumwolle ist auch die aus Ostindien und Ceylon
kommende Kapokwolle häufig sehr unrein und minderwerthig. Daher ist die bessere
Java-Waare im Handel höher geschätzt. In Java ist überhaupt die Kapokerzeugung schon
in eine Art System gebracht und wird gegenwärtig aus Java nur gereinigte Waare und
zwar in 3 Nummern versendet. Nr. 1 ist die „extra reine“, Nr. 2 die „best
gereinigte“, Nr. 3 die „gereinigte“ Waare. Nr. 1 ist ganz reine,
samenfreie Faser und wird mittels Maschinenarbeit gewonnen; Nr. 2 wird durch
Handarbeit gewonnen und enthält nur einzelne Samen, während Nr. 3 reicher an solchen
ist und auch noch Knoten und Fruchtschaltheile enthält. Die maschinelle Reinigung
geschieht in den sogen. Kapokmühlen, deren es auch in Australien schon gibt.
Die Pflanzendunen stammen von den Früchten einiger Wollbäume oder Bombaceen und zwar
von den 4 Gattungen Bombax, Eriodendron, Ochroma und
Chorisia. Ein ähnliches Product liefert auch Cochlospermum Gossypium in Indien, eine Pflanze
zweifelhafter Stellung, welche bald zu den Bombaceen, bald zu den Bixaceen oder
Ternströmiaceen gerechnet wird.
Die wichtigste Stammart ist Eriodendron anfractuosum D.
C., ein Baum, welcher in verschiedenen Varietäten fast in der ganzen
Tropenwelt theils wild, theils als Zierbaum gepflanzt vorkommt. Bombax Ceiba und heptaphyllum sind amerikanische Kapokbäume. In Westindien liefert Ochroma Lagopus Sw. ein ähnliches Product. Bombax guinense und malabaricum sind afrikanische Vertreter; letztere Art kommt auch in
Ostindien vor.
Die Angaben in der Literatur über die Natur der Kapokwolle sind nicht richtig; denn
das in Rede stehende Product ist nicht wie die Baumwolle das Samenhaar und auch
nicht ausschlieſslich das Fruchthaar der Wollbäume. Die genauere Untersuchung einer
Kapsel von Eriodendron anfractuosum und einer
ebensolchen von Ochroma Lagopus belehrte mich, daſs die
Bombaxwollhaare ebenso wohl der Innenseite der Fruchtwände, als auch, wenn auch nur
zum geringeren Theile, dem Samen aufsitzen. Es besteht daher die Handelswaare der
Hauptsache nach aus Fruchthaaren, zum geringeren Theile
aber auch aus Samenhaaren.
Mikroskopisch lassen sich die Kapokfasern nicht nur leicht von den übrigen Fasern,
namentlich der Baumwolle und den Pflanzenseiden, unterscheiden, sondern auch
theilweise unter einander (worüber zu vergleichen ist D. p.
J. 1884 251 273 ff., sowie mein demnächst
erscheinendes Buch: Die Mikroskopie der Faserstoffe,
Wien 1887).
Schlieſslich sei noch erwähnt, daſs die Wollbäume überhaupt zu den technisch
interessantesten Gewächsen der Tropen gehören. Der Bast dient in den Tropen statt
Hanf. Die Samen, welche bei der Reinigung der Wolle abfallen, haben einen ähnlichen
Werth zur Oelfabrikation wie die Baumwollsamen, das leichte Holz wird als Korkholz
ausgenützt und es ist immerhin möglich, daſs die Kapokwolle auch als Textilfaser
späterhin Anwendung finden könnte. (Vgl. auch Textile
Manufacturer, September 1886 S. 413.)