Titel: | Verarbeitung von Zuckerrohr mittels Diffusion in Spanien. |
Autor: | St. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 478 |
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Verarbeitung von Zuckerrohr mittels Diffusion in
Spanien.
Wiley, zur Verarbeitung des Zuckerrohres in Spanien.
Das landwirthschaftliche Amt der Vereinigten Staaten von Nordamerika hat sich schon
seit mehreren Jahren ernstlich um die Einführung der Diffusion in die
Kolonial-Zuckerfabriken bemüht und es sind hierüber regelmäſsige Berichte
erschienen. Im November 1885 erhielt nun H. W. Wiley
von der genannten Behörde den Auftrag, die für die bezeichnete Arbeitsweise
brauchbarsten Maschinen in Europa zu prüfen und einzukaufen. Später wurde ihm der
besondere Auftrag, die Arbeit der Rohrzuckerfabriken in Spanien zu studiren. Ueber
seine Beobachtungen auf dieser Reise hat Wiley einen
ausführlichen Bericht veröffentlicht, welcher in mehrfacher Hinsicht Interessantes
enthält.Methods and Machinery for the Application of
Diffusion to the Extraction of Sugar cane and Sorghum etc. By Harvey W. Wiley. Department of Agriculture.
Bulletin No. 8. Washington. Government Printing Office
1886.
Nachdem Verfasser die in früheren Berichten (namentlich Bulletin Nr. 2 und Nr. 6) niedergelegten Ergebnisse der
bisherigen Versuchsarbeiten in Louisiana u.s.w. zusammengefaſst hat, beschreibt er
zunächst die Diffusionsarbeit (mit Rüben) in der Centralfabrik in Abbeville in
Frankreich mit Bezugnahme auf die Einrichtung ähnlicher Fabriken in Amerika. Bei den
früheren Versuchen in Ottawa hatte sich als eine der Hauptschwierigkeiten die
Entfernung der ausgelaugten Rohrschnitte aus den Diffusionsgefäſsen herausgestellt;
der Verfasser fand in Abbeville Gefäſse, bei welchen der ganze Boden als
Verschluſsdeckel mit hydraulischer Dichtung diente und die Entleerung daher gegen
frühere Einrichtungen eine in hohem Grade beschleunigte war. Eine noch wirksamere
Gestalt lernte Wiley später in Torre del Mar kennen; es
wird davon weiter unten die Rede sein. Die Einrichtung von Abbeville wird überhaupt
als mustergültig ausführlich beschrieben und durch viele vortreffliche und
lehrreiche Abbildungen erläutert. Der Verfasser glaubt bestimmt, daſs ähnliche
Centralfabriken auch für Louisiana und andere Gegenden nutzbringend sein würden,
wobei er aber wohl die Schwierigkeiten übersieht, welche die groſsen Saftleitungen
und die lange Dauer des Saftzuflusses aus den entfernteren Saftfabriken in heiſser
Jahreszeit darbieten würden.
In Betreff der Schneidemaschine
finden wir Einzelheiten beschrieben, welche von den bisherigen dahin gehörenden
Angaben in einigen Stücken wesentlich abweichen. Bei den Versuchen in Ottawa hatten
die eingeführten Abänderungen sehr guten Erfolg gehabt. Die nächste Aufgabe,
Schnitzel von leichter Diffundirbarkeit zu erzielen, ist sogar als vollkommen gelöst
zu betrachten. Die 2 bis 3mm dicken Schnitzel
waren nämlich, in Folge der eigenthümlichen Gestalt der Messerschneiden mit scharfen Rinnen versehen (nicely grooved). Dadurch wurde das feste Aufeinanderhaften der glatten
Schnitzelflächen verhindert. Auf diese Gestalt der Rohrschnitzelfläche legt Wiley ein sehr groſses Gewicht, ein nicht minderes aber
auch auf die Fülleinrichtung, welche in Ottawa den zu stellenden Anforderungen noch
keineswegs entsprochen hatte.
Eine Schneidemaschine mit mehrfachen Fülltrichtern wurde nun von
der Sangerhauser Maschinenfabrik hergestellt und der Verfasser wohnte den
Schneideversuchen mit brasilianischem Rohre in Sangerhausen bei; er gibt genaue
Zeichnung und Beschreibung dieser Maschine. Zur Beschickung dienen sechs unter 45°
geneigte Fülltrichter, welche an der oberen Oeffnung mit einer Rolle versehen sind,
wodurch das Hinabrutschen des eingesteckten Rohres befördert wird; Zubringer sind
nicht vorhanden. Die Schneidescheibe macht 120 Umdrehungen in der Minute. Eine
ähnliche Maschine war schon früher in Java mit bestem Erfolge in Anwendung gewesen,
wohin sie von der Sudenburger Maschinenfabrik geliefert worden war.
Von Abbéville begab sich Wiley
zunächst nach Almeria und berichtet über diese Fabrik eingehend: Die Diffusionsbatterie hatte
14 Gefäſse von je 25hl Inhalt, welche je 1215k Rohrschnitzel fassen. Hiervon wurden 13hl,5 Saft oder 111l auf je 100k Rohr abgezogen. Die
Schnitzelmaschine mit senkrechter Scheibe arbeitete nicht befriedigend und sollte
durch eine solche, wie oben beschrieben, ersetzt werden. Die Temperatur während der
Diffusion wurde in Almeria auf 80 bis 90° in allen Gefäſsen gehalten, was die
Entsaftung förderte, ohne der Farbe des stets hellgelben Saftes zu schaden. Nach den
ihm von zuverlässiger Seite gewordenen Mittheilungen über die Arbeit im J. 1885 gibt
Verfasser ferner einen Bericht über seine eigenen Beobachtungen, welche er durch
Pläne der Fabrik und Zeichnungen der Maschinen erläutert. Hiervon ist zunächst das
auf die Versuche, die ausgelaugten Schnitzel zu trocknen, Bezügliche
hervorzuheben.
Durch eine gewöhnliche Schnitzelpresse konnten dieselben nur auf
80 Proc. Wasser herabgebracht werden, während sie, um als Brennmaterial dienen zu
können, höchstens 50 Proc. haben dürfen. Man läſst sie so lange liegen, bis sie
theilweise verfault sind, und benutzt sie dann als Dünger; als Brennstoff dient
englische Kohle.
Nach allen in Almeria ausgeführten Versuchen betrachtet Wiley folgende Thatsachen als festgestellt: Durch
Diffusion kann fast der gesammte Zucker aus dem Rohre gewonnen werden; die Arbeit
ist, bei Anwendung einer durchaus praktischen Schneidemaschine, ohne Schwierigkeit.
Die Erschöpfung geht auf 0,10 bis 0,20 Proc. Zucker vom Gewichte der Schnitzel, wenn
man sich einer hinreichenden Zahl von Gefäſsen bedient. Der Gehalt des
Diffusionssaftes kann bis 78 oder 80 Procent desjenigen des Rohrsaftes steigen; das
Verhältniſs von Traubenzucker zu Rohrzucker wird durch die Diffusion nicht
verändert. Der Diffusionssaft hat eine etwas geringere Reinheit als der Preſssaft;
er läſst sich sowohl durch die gewöhnliche Scheidung wie durch Scheidesaturation
reinigen. Die Füllmassen sind den durch Preisarbeit gewonnenen gleich. Der
Diffusionssaft ist weniger veränderlich wie der Preſssaft, da die
Hauptverunreinigungen bei 85 bis 90° in den Schnitzeln zurückbleiben. Wenn beim
Pressen etwa 3,63 Procent des Rohrgewichtes an Zucker in der sogen. Bagasse (dem
ausgepreisten Rohr) verloren gehen, so bleiben bei der Diffusion nur etwa 0,2 Proc.
zurück.
Wiley hat noch eine andere spanische
Rohrzuckerfabrik, nämlich Torre del Mar besucht, wo nicht das geschnittene, sondern
das ausgepreiste Rohr diffundirt wird. Die Verarbeitung des Rohres geschieht in der
Weise, daſs in jeder der beiden Zuckermühlen eine gewisse Menge gemahlen und die
Bagasse in groſse Haufen gebracht wird; dann wird diese zum zweiten und bisweilen
sogar zum dritten Male durch dieselben Walzen geschickt und so 70 Proc. Saft erzielt
und das Rohr für die Diffusion genügend zerkleinert, worauf es ohne weitere
Vorbereitung zur Diffusionsbatterie gelangt.
Die Gefäſse erhalten nur Ladungen von je 250k, entsprechend einem Saftabzuge von nur 4hl; sie haben eine von allen bisherigen
abweichende Gestalt, insofern sie behufs leichter Entleerung unten etwas weiter als
oben sind. Die ausgelaugte Bagasse wird in Düngergruben von Im Tiefe gebracht, worin
das Rohr bis 2m über die Bodenfläche
aufgeschichtet und mit Erde bedeckt wird. Dann bringt man die Rückstände der mit der
Fabrik verbundenen Brennerei darauf, welche in Folge der Erdbedeckung langsam
durchsickern. Nach einem Jahre ist die Zersetzung hinreichend fortgeschritten und
ein mechanisch wie chemisch werthvoller Dünger gebildet, welcher an die Landwirthe
verkauft wird. Durch diese höchst sinnreiche Behandlung der Rückstände beider
Fabrikationen erscheint selbst für ein Land mit theurem Brennmateriale, wie Spanien,
die Frage der Verwendung des ausgelaugten Zuckerrohres in befriedigender Weise
gelöst.
Das landwirthschaftliche Amt in Washington wird nicht säumen, diese und andere
Beobachtungen nach Möglichkeit für die dortige Rohrverarbeitung zu verwerthen, und
es dürften alle derartigen Bestrebungen der ernstesten Beachtung wohl werth
sein.
St.