Titel: | Ueber Lastenhebmaschinen; von Prof. H. Gollner in Prag. |
Autor: | H. Gollner |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 309 |
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Ueber Lastenhebmaschinen; von Prof. H. Gollner in
Prag.
(Patentklasse 35. Fortsetzung des Berichtes S. 214
d. Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel
12, 18 und 24.
H. Gollner, über Lastenhebmaschinen.
Ein Hebewerk mit Preſswasserbetrieb für beladene
Eisenbahnwagen, wobei dieselben während des
Hebens gleichzeitig dem Geleiseanschlusse entsprechend gedreht werden, hat die East
Ferry-Road Engineering Company in Millwall, London E, nach den Entwürfen
von F. E. Duckham für die Millwall-Docks ausgeführt.
Der Hauptvortheil der getroffenen Anordnung liegt in der Möglichkeit, das Getreide
aus Schiffen in kleinen Mengen mit groſser Geschwindigkeit in tiefer stehende Karren
oder Eisenbahnwagen im Falle der Weiterbeförderung zu Land an beliebiger Stelle der
Dockabtheilungen zu überladen und die Wagen beim Heben für die Abholung durch die
Locomotive gleich richtig ins Geleise zu stellen. Die Drehscheibe des in Fig. 7 Taf. 18
dargestellten Hebewerkes hat 3m,65 Durchmesser und
gestattet den Locomotiven mit den zugehörigen Wagen mit voller Geschwindigkeit über
dieselbe zu verkehren. Auf dem Treibcylinder ist eine doppelte Führungsrinne in
Schraubenform einer Steigung von 4m,26
entsprechend angegossen. Eine die Drehscheibe tragende Trommel paſst über den
Cylinder und enthält ein System von inneren Reibungsrollen, welche in den Rinnen am
Treibcylinder laufen. Dadurch tritt während der Hebungsdauer des Tauchkolbens im
Treibcylinder gleichzeitig eine Drehung der Scheibe ein. Nach dem Engineer, 1884 Bd. 47 * S. 451 führte W. G. Armstrong vor einigen Jahren ein ähnliches
Hebewerk mit Preſswasserbetrieb aus, bei welchem die Schraubenführungen an der
Auſsenseite der Drehscheibe statt am Treibcylinder ausgeführt waren.
Die hydraulischen Aufzüge wurden auch für die Lastenförderung auf Schiffen mit
Vortheil angewendet, wie aus dem schon an früherer Stelle (vgl. 1886 262 * 198) angezogenen Berichte von A. B. Brown hervorgeht. Die auf den zahlreichen
Dampfern der British India Association-Steam-Navigation
Company von A. B. Brown und Comp. in Edinburg
ausgeführten hydraulischen Aufzüge (Haspel) sind von solcher Einrichtung, daſs durch
eine reine Hubbewegung eines Preſswasserkolbens unter Vermittelung von Flaschenzügen
die Lasthebung oder Senkung der Last erreicht wird.
In Fig. 4 bis
6 Taf. 18
sind die arbeitenden Theile eines solchen Aufzuges (genannt „Haspel“)
dargestellt. Der Treibcylinder A stützt sich gegen das
Oberdeck des Schiffes mit der Grundplatte B und ist
unten gegen das Hauptdeck befestigt; die Platte B hat
die Form eines hohlen Gefäſses. Auf dieser Grundplatte sind 3 Kettenrollen C gelagert und ebenso 3 Rollen C1 von gleicher Gröſse in der oberen
Fortsetzung des Tauchkolbens D angebracht. Diese 6
Rollen werden zur Umschlingung eines Drahtseiles in der für Flaschenzüge üblichen
und aus der Fig.
4
ersichtlichen Weise
benutzt. Das eine Ende des Seiles ist am Treibcylinder befestigt, das zweite Ende
befindet sich im Schiffsraume, nachdem der Strang F des
Seiles über einen Ausleger bezieh. über dessen Endrolle gelegt wurde. Bei E liegt das Einlaſsventil für das Preſswasser, welches
ein gewöhnlicher Muschelschieber sein kann. Dieser Schieber enthält auf seinem
Rücken ein kleines Hilfsventil behufs leichter Bewegung, sowie zum Zwecke der
Regulirung der Geschwindigkeit der Förderung und zur Verhinderung des Durchgehens
der Maschine, was durch den Handhebel F1 erreicht wird, der in seiner äuſsersten Lage das
Hilfsventil bethätigt. Der Stützpunkt des Hebels F1 liegt im Kurbelzapfen G; die Bewegung dieses Zapfens erfolgt durch einen kleinen Winkel im
Zusammenhange mit der Bewegung des Kolbens D; der Zweck
der eben erwähnten Vorrichtung ist, daſs sich der Aufzug selbstthätig für jede Lage
des Handhebels F1
abstellt.
Auf dem Dampfer „Quetta“ der erwähnten Gesellschaft ist der beschriebene
Aufzug mit einem Ausleger in Verbindung gebracht, welch letzterer mit Rücksicht auf
die verschiedenen Lagen der Luken und Gröſse der Fahrzeuge an der Seite des Schiffes
veränderliche Ausladungen ergeben muſs. Für das Schwenken solcher Ausleger sind
weiters hydraulische Anlaſs- und Ausrückvorrichtungen angeordnet, welche aus einem
Paar Preſscylinder nebst Treibkolben, mit einem Rollenzuge ausgerüstet, bestehen.
Das Nähere dieser ebenso einfachen wie wirksamen Hilfseinrichtung wird später unter
dem Abschnitt „Krahne“ beschrieben.
Zur Einleitung in die folgenden Mittheilungen über die groſsartigen hydraulischen
Aufzüge zum Zwecke der senkrechten Hebung der Schiffe
in geschlossenen Schleusenkammern mit hydrostatischer Ausgleichung der todten Lasten
wie des veränderlichen Auftriebes sei das Prinzip dieser von Clark und Standfield (vgl. Englisches Patent
1873 Nr. 2498) angegebenen bahnbrechenden Methode nach dem Berichte von Prof. A. Ernst in der Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure, 1883 * S. 329 in seinen hauptsächlichsten
Anwendungen erläutert. Der Grundgedanke derselben liegt in der Anwendung von Druckwassersäulen zur Ausgleichung von todten Lasten und des
Auftriebes statt Gegengewichten in Verbindung mit Ketten, welch letztere
durch ihr Versagen zur Ursache von schweren Unfällen wurden.
Mit den von Clark und Standfield vorgeschlagenen Einrichtungen sollen gleichbleibende Lasten
durch sogen. hydraulische Differentialhebewerke gefördert werden, wobei der
Kraftwasserverbrauch lediglich auf die zur Ueberwindung der Reibungswiderstände
nöthige Wassermenge beschränkt bleibt. Es wird zu diesem Zwecke ein mehrcylindriger
Gruppen-Accumulator angewendet, welcher eine
veränderliche Druckwirkung auszuüben gestattet. Durch die Verbindung dieses
Accumulators mit dem eigentlichen Hebezeuge entsteht eine Art von hydraulischer Wage, deren Spiel eben
durch die veränderliche Druckwirkung des Accumulators gesichert ist. Diese
wesentliche Veränderlichkeit kann entweder durch eine Aenderung der Zahl der arbeitenden Accumulatorkolben, oder durch
Aenderung der Belastung des Accumulators selbst
erreicht werden.
Nach in gleicher Richtung von H. Schemfil gemachten
Vorschlägen wird zum Zwecke der Verringerung des Kraft Wasserbedarfes bis zu jener
Grenze, welche durch den Verbrauch in Folge der Widerstände der hydraulischen Wage
selbst gezogen ist, ein Gegen-Accumulator nach dem
Eincylindersysteme angewendet und in erster Linie von der hydrostatischen
Ausgleichung der todten Lasten Gebrauch gemacht. Der von Schemfil mit dem Namen „Recuperator“
belegte Gegen-Accumulator ist ein solcher von indirekter Anordnung, d.h. mit festem
Kolben und beweglichem Cylinder (vgl. S. 221 d. Bd.), welcher zugleich zum
Gewichtskasten ausgebildet ist. Wie aus Fig. 1 und 2 Taf. 18 zu ersehen, ist
der Querschnitt des Kolbens K (Fig. 2) so ausgeführt,
daſs eigentlich zwei getrennte Cylinderräume geschaffen werden. Durch D steht der gröſsere Cylinderraum mit dem Treibcylinder
oder Preſswassermotor in Verbindung; ferner ist die Belastung des Accumulators
derart bemessen, daſs eine Ueberlast der Aufzüge oder Motoren, welche den
Reibungswiderständen der Preſswassercylinder entsprechend ist, den Cylinder des
Recuperators selbstthätig hebt. Behufs Senkung desselben Cylinders, d.h. Hebung des
Treibkolbens wird durch das Rohr E Preſswasser in den
Cylinder C eingeführt, durch dessen Wirkung die
Ueberlast der Motoren überwunden wird. Dieses Preſswasser muſs einem besonderen mit
einer Steuervorrichtung versehenen Accumulator entnommen werden.
Den von Clark und Standfield zur Ausgleichung für den veränderlichen Auftrieb der
Treibkolben von Hebezeugen mit Preſswasserbetrieb angewendeten Gruppen-Accumulator
zeigt Fig. 3
Taf. 18. Derselbe ist für eine gleichbleibende und auſserdem für eine veränderliche
Belastung eingerichtet, welch letztere sich selbstthätig vergröſsert, sobald der
Accumulator, und ebenso vermindert, wenn der Treibkolben des Hebezeuges steigt. Der
gemeinsame Träger W der Accumulatorkolben A, B und C trägt den
Gewichtskasten G und ist mit einem Rohre M versehen, in welches das Heberrohr N taucht, das seinerseits aus dem Behälter T das Wasser ansaugt oder in dasselbe ausgieſst, je
nachdem die Bewegung der Kolben A, B, C eine sinkende
oder steigende ist.
Wie schon angedeutet, wurde bei Durchführung der Schleusenhebewerke von der
hydrostatischen Ausgleichung der Lasten und des veränderlichen Auftriebes der
groſsartigste Gebrauch gemacht und die wichtigsten der bestehenden Ausführungen
verdienen, trotzdem in D. p. J. 1885 256 57 bezieh. 258 237 auf
dieselben schon hingewiesen ist, eine nähere Beschreibung.
Harraud veröffentlicht in den Mémoires de la Société des Ingénieurs
civils, 1883 Bd. 8 * S. 286 Angaben über das Schiffshebewerk mit
Preſswasserbetrieb zu Anderton bei Northwich, England, das von Edwin Clark im J. 1872 entworfen und im J. 1875
ausgeführt wurde. Das Hebewerk ist ein hydraulischer Doppelaufzug mit Ausgleichung
der Lasten, indem zwei senkrecht bewegliche Schleusenkammern angeordnet sind, wobei
das Senken der einen zum Erheben der anderen Kammer ausgenutzt wird. Jede
Schleusenkammer hat ein Gesammtgewicht von 240t
und wird nur von einem central angeordneten Tauchkolben
unter Benutzung passender Führungen getragen. Die zu hebenden Schiffe können eine
Länge von 22m,8, eine Breite von 4m,7 und einen Tiefgang von 1m,2 haben und sollen aus dem Weaver-Fluſs in das
15m höher gelegene Fluſsbett gehoben werden.
Die beiden Treibcylinder sind durch einen Rohrstrang in Verbindung, welcher durch
ein entlastetes Ventil abgeschlossen werden kann. Der Unterschied im Gewichte der
Schleusenkammerfüllungen bedingt bei geöffnetem Ventile die wechselnde senkrechte
Bewegung der Kammern. Behufs Regulirung des Gewichtsunterschiedes der
Kammerfüllungen wurden Heber benutzt, die bestimmt sind, durch Saugen des Wassers in
den Kammern den erforderlichen Gewichtsunterschied einzustellen. Bei der Anlage zu
Anderton findet eine Ausgleichung des veränderlichen Auftriebes nicht statt, daher
ein besonderer Accumulator mit Dampfpumpenbetrieb angeordnet werden muſste, um die
für die letzte Strecke der sinkenden Schleusenkammer in Folge Tauchens in das
Fluſswasser eintretende starke Entlastung auszugleichen.
Harraud gliedert die in Rede stehenden Aufzüge in solche
mit den Schleusenkammern in der Richtung des Fluſslaufes hinter einander liegend
angeordnet und in solche, für welche dieselben neben einander liegend ausgeführt
werden. Die erstere Anordnung ist für die Aufzüge am Kanäle zwischen Libourne und
Diou sowie am Kanäle von Tornavent und Mailand, letztere für die Ausführungen in
Anderton, Duer's Entwurf für den Kanal von Neuffossè,
die Schleusenhebewerke von Fontinettes u.s.w. gewählt worden. Unter den
Schiffsaufzügen mit neben einander liegenden Schleusenkammern oder mit zwei Bahnen
führt Harraud jenen von Fontinettes vor und erwähnt
noch der belgischen und deutschen Schiffsaufzüge (letzterer vorgeschlagen für den
Oder-Spreekanal). Von den Schiffsaufzügen mit einfacher Bahn oder hinter einander
liegenden Schleusenkammern wird jener für den Marne-Saonekanal und den Kanal
Tornavent-Mailand hervorgehoben und ersterer einer allgemeinen Beschreibung
unterzogen.
Ueber das Schleusenhebewerk oder den Schiffsaufzug von Fontinettes bei St. Omer,
Frankreich, berichtet Génie civil, 1884 Bd. 6 * S. 101
ausführlich und sind die nachfolgenden Angaben dieser Quelle entnommen.
Der Kanal von Neuffossè, an welchem die Schleusen von Fontinettes
liegen, verbindet die Häfen Calais, Gravelines und Dunkerque mit den Kanalbetten der
Lys und des Escant im Norden, sowie mit dem Kanale von St. Quentin im Süden in der Weise, daſs
dadurch die Häfen des Pas de Calais mit Lille und Belgien, einerseits und mit dem
Bassin von Paris und der Seine andererseits in Verbindung gebracht werden. Der Kanal
von Neuffossè ist dem zu Folge einer der wichtigsten in Nordfrankreich, obschon
derselbe zunächst St. Omer durch eine Reihe von 5 Schleusen genannt „Les
Fontinettes“ unterbrochen ist. Dieses Verkehrshinderniſs hatte zur Folge,
daſs trotz besonderer Verfügungen die Durchfahrt eines jeden Schiffes 1 Stunde und
40 Minuten in Anspruch nahm. Im J. 1880 wurde der Wettbewerb zur Erlangung eines
Planes ausgeschrieben, durch dessen Ausführung das bezeichnete Hinderniſs behoben
werden sollte. Das Aufzugssystem mit Preſswasserbetrieb von E. Clark, nach welchem die Durchfahrt eines Schiffes nur eine Zeit von 5
Minuten beanspruchen soll, wurde angenommen. Der Aufzug sollte vermitteln, daſs die
Schiffe bei ununterbrochener Lagerung im Wasser von einem Gerinne in das zweite
höhere Kanalgerinne oder umgekehrt befördert werden können.
Das Hebewerk sollte aus zwei Schleusenkammern bestehen, welche als
Theile des laufenden Kanales angesehen werden können und derart bemessen sind, daſs
sie die gröſsten Boote zu fassen vermögen. Jede dieser Kammern wird von dem Kolben
eines Treibcylinders getragen, welche beide mit einander durch einen Rohrstrang in
Verbindung stehen, wobei die Verbindung wieder durch ein Ventil aufgehoben werden
kann.
Die im Kanäle zu Neuffossè verkehrenden und zum Fördern bei
Fontinettes bestimmten Boote haben eine Tragfähigkeit von etwa 300t, eine Länge von 38m,5, eine Breite von 5m einen Tiefgang
von 1m,8, daher die Schleusenkammern eine Länge
von 40m, eine Breite von 5m,6 und eine Tiefe von 2m erhielten. Die Förderhöhe der Schiffe beträgt
13m,3, der Durchmesser der Kolben der
Preſswassercylinder 2m,00.
Das ausgeführte Hebewerk stellt sich als eine Art hydrostatische
Wage dar, welche aus den beiden Schleusenkammern mit den daran befestigten Kolben
gebildet wird. Die gewöhnliche Arbeitspressung des Wassers ist zu 25at angenommen. Die Treibcylinder sollten
anfänglich aus Guſseisen gefertigt werden und war eine Wandstärke von 12cm vorgeschlagen; die Wandstärke wurde auf 14cm erhöht und sollten die Cylinder selbst mit warm
aufgezogenen Ringen versehen werden.
Während dem wurde der Unfall beim Schiffsaufzuge zu Anderton
bekannt, bei welchem die beiden Treibcylinder von je 0m,95 Durchmesser bei gewöhnlichem Betriebe unbrauchbar wurden. In Folge
dieses Vorfalles sollten die Treibcylinder für Fontinettes nicht aus Guſseisen
hergestellt werden und wurde die Actiengesellschaft
Cail in Paris eingeladen, neue Vorschläge betreffend die sichere
Construction der Treibcylinder zu machen, worüber früher (vgl. 1885 256 59) schon berichtet wurde. Die schlieſsliche
Ausführung der Treibcylinder aus auf einander gesetzten schmiedeisernen Ringen ist
aus Fig. 11
und 12 Taf.
18 zu ersehen. Zur Erreichung einer sicheren Dichtung wurde die Innenfläche der
Ringe mit einer Kupferhaut von 2mm,5 belegt, deren oberes und unteres Ende
umgebördelt wurde. Auf diese Weise wurden sämmtliche Fugen im Cylinder ebenso sicher
wie einfach durch den Metallschluſs gedeckt. Der oberste und unterste Ring wurde
durch Zugstangen gegen die zahlreichen Zwischenringe gepreſst und damit die
Standfestigkeit der Treibcylinder gesichert.
Die Anlage des Hebewerkes von Fontinettes ist aus Fig. 8 bis 10 Taf. 18 zu ersehen.
Der Kanal von Neuffossè ist zweibahnig, daher auch der Aufzug mit neben einander
liegenden Schleusenkammern C und C1 ausgeführt werden
konnte, welche durch die Tauchkolben D und D1 getragen werden,
deren Führung in den auf die beschriebene Weise zusammengesetzten Treibcylindern E und E1 stattfindet. Die beiden Kolben bewegen sich
gegenseitig, so daſs in einer Endstellung die Schleusenkammer C1 in der Ebene des
Unterkanales A1 und die
Kammer C in der Höhe des Oberkanales I sich befinden. Durch zu dichtende Schützen J wird die Kammer C1 vom Unterkanale A1
, die Kammer C
vom Oberkanale I gespeist und nach Aufnahme des zu hebenden Bootes
wieder von dem Unter- und Oberkanale getrennt und dicht abgeschlossen. Die
Schleusenkammern werden zwischen den aus Fig. 10 ersichtlichen
Seitenthürmen und dem mittleren Thurme entsprechend geführt. In die Seitenthürme
sind die Ausgleichcylinder N und N1 eingestellt und mit
den zugehörigen Schleusenkammern durch je ein Gelenkrohr or bezieh. o1
r1 in Verbindung
gebracht. Für beliebige Stellungen der Schleusenkammern innerhalb ihrer Hubgrenzen
wird sich der Wasserstand in den Cylindern N und N1 mit jenem in der
zugehörigen Schleusenkammer in dieselbe Höhe einstellen, so daſs derart für C1 (unten) die Aufnahme
des Wassers aus N1
selbstthätig erfolgen und wieder für C (oben) aus
derselben Schleusenkammer die Füllung des Cylinders N
eintreten muſs. Nachdem die Cylinder N denselben
Querschnitt wie die zugehörigen Treibcylinder E haben,
so ergibt sich, daſs die erwähnte selbstthätige Füllung und Entleerung der Cylinder
N und N1 zur vollkommenen Ausgleichung des veränderlichen
Auftriebes der Tauchkolben D ausgenutzt werden kann und
dies um so mehr, als bei dem in Rede stehenden Schiffsaufzuge, im Gegensatze zu der
Ausführung zu Anderton, die Schleusenkammern nicht in das Wasser des Nebenkanales
tauchen. Die niedersinkende Kammer muſs eine derartige Ueberlast durch Nachfüllung
mit Wasser erhalten, daſs durch diese die Reibungswiderstände der ganzen
mechanischen Einrichtung sicher überwunden werden, welche von Clark auf 20l
geschätzt wurden. Bei einem Gewichte der gefüllten Schleusenkammer sammt Kolben von
etwa 842l beträgt daher der Wasserverbrauch für
die Hebung eines Bootes auf eine Höhe von 13m,13
etwa 20cbm.
Zur Sicherung des regelmäſsigen Betriebes des Schiffsaufzuges sind noch
Aushilfs-Accumulatoren angeordnet, um etwaige Wasserverluste zu ersetzen oder wenn
bei Aenderungen des Wasserstandes in den Kanälen die Einstellung einer neuen
gegenseitigen Lage der Schleusenkammern nothwendig wird. Dieser Accumulator ist in
dem Mittelthurme bei H (Fig. 10), die
selbstthätigen Wassersäulemaschinen P (Fig. 9) zur Füllung
desselben in einem an den Mittelthurm der Anlage sich anschlieſsenden Gebäude
untergebracht und erhalten Füll- und Kraftwasser aus dem Oberkanale.
Ueber hydraulische Schiffsaufzüge macht auch Seyrig in den Mémoires de la
Société des Ingénieurs civils, 1883 Bd. 8 * S. 392 Mittheilungen, worin die
Ausführungen von Anderton und Fontinettes eingehende Würdigung erfahren und die bei
denselben ausgedrückten Constructionstypen und Sondereinrichtungen kritisch
beleuchtet und schlieſslich zur Aufstellung folgender Sätze ausgenutzt werden: 1)
Die Schleusenkammern sollen nicht durch einen
Treibkolben allein unterstützt werden, es erscheinen
vielmehr mehrfache Unterstützungen derselben geboten, damit für den Fall eines
Bruches ein entsprechender Ersatz gesichert ist. 2) Es sind die hohen Pressungen im
Treibcylinder zu vermeiden. 3) Die Inanspruchnahme des Guſseisens auf Zug ist
entschieden zu verwerfen. 4) Die Führungen für die Schleusenkammern sind in der
Richtung ihrer Bewegung in möglichst groſser Entfernung von einander anzuordnen.
5) Die Schleusenkammern sollen an verschiedenen Punkten ihres Hubes angehalten werden
können, damit die Veränderungen der Wasserstände in den beiden (Ober- und Unter-)
Kanälen berücksichtigt werden können.
6) Jede Kammerschleuse soll unabhängig von der zweiten betrieben werden können, damit
für den Fall eines Bruches nicht eine Unterbrechung der Kanalfahrt eintrete. Wenn
möglich, soll diese Unabhängigkeit für Kanäle mit starkem Verkehre eine dauernde
sein, woraus sich ergibt, daſs wieder für Kanäle mit geringerem Verkehre eine
einzige Kammerschleuse ausreichend sein wird.
Seyrig entwickelt weiter im Sinne der vorstehend
gegebenen Grundsätze den Plan für einen Schiffsaufzug, welchen die angeführte Quelle
übersichtlich darstellt. Die Kammerschleuse wird dabei nicht nur durch einen Kolben getragen, sondern es sind auſserdem noch
vier Pfeiler angeordnet, welche je auf einem Schwimmer ruhen. Diese bewegen sich in
einem mit Wasser gefüllten Brunnen. Es ist klar, daſs in Folge der
Schwimmeranordnung nur der Unterschied zwischen der Gesammtlast und der dem
Auftriebe der Schwimmer entsprechenden Kraft bei der Schiffshebung zu überwinden ist
und für die Schiffssenkung als bewegende Kraft ausgenutzt werden kann. Für die
Hebung der Kammerschleuse dient ein Kolben von 1m,15 Durchmesser bei einer Wasserpressung von 5 bis 6at, welche durch die Anordnung eines
Hochwasserbehälters gesichert ist. Die Speisung desselben muſs mit Hilfe einer
Dampfpumpe o. dgl. durchgeführt werden. Sollte einer der Hauptträger für die
Kammerschleuse seinen Dienst versagen, so sollen und werden die übrigen Träger,
erstere weiter unterstützend, die entstehende Bewegung regeln und verzögern. Die
Führung der Kammerschleuse ist wohl eine unmittelbare; auſserdem besitzt aber auch
jeder der vier Schwimmer an seinen Enden Führungsrollen. Die Führung des ganzen
starren Systemes erfolgt demnach an zwei 36m von
einander entfernten Stellen. Die Hebung und Senkung der Kammerschleuse kann in jedem
Augenblicke durch Bethätigung des Zufluſs- oder Abfluſsventiles der Hebevorrichtung
unterbrochen, sowie wieder sofort in dem einen oder anderen Sinne fortgesetzt
werden. Es ist nicht zu übersehen, daſs die dabei in Bewegung zu setzenden
Wassermengen entschieden gröſser sind als bei den
früheren Systemen und ist daher das tadellose Spiel der Hebevorrichtung
zweifelhaft.
Ch. Freson, Ingenieur der Gesellschaft Cockerill in Seraing berichtet in der Revue universelle, 1886 Bd. 19 S. 3 ausführlich über die hydraulischen Aufzüge für Schiffe. Dabei wird zunächst
der Aufzug zu Anderton, dessen bekannter Unfall, dann der Aufzug zu Fontinettes und
schlieſslich neben fremden Systemen die in der Ausführung begriffene Anlage von La Louvière
behandelt, welche von der Gesellschaft Cockerill
geliefert wurde (vgl. auch 1885 258 237), für den neuen
Kanal von Centre bestimmt ist und zwar an der Stelle, wo sich derselbe mit der
Abzweigung von Houdeng des Kanales von Brüssel nach Charleroi vereinigen wird.
Der Kanal von Centre setzt sich aus zwei Theilen zusammen; der erste hat eine Länge
von 13km bei einem Höhenunterschiede von 23m,26, enthält eine Schleuse von 2m,26 und 5 Schleusen von 4m,20 Gefälle; dieser Theil (1882 begonnen) ist
fertig. Der zweite Theil hat nur eine Länge von 8km bei einem Höhenunterschiede von 66m,20, erhält vier Aufzüge, von denen drei für ein Gefälle von 16m,93, der vierte für ein Gefälle von 15m,40 bestimmt ist, welcher mit 1. September 1887
zur Uebergabe gelangen soll. Diese Schiffsaufzüge sollen für Schiffe von 300 bis
400t verwendet werden können.
Die Hauptabmessungen der Kammerschleusen sind: Länge 43m, Breite 5m,8, Tiefe 2m,4; dieselben sind bei ihrer lothrechten Bewegung
sowohl in ihrer Mitte, als an den beiden Enden geführt. Die mittleren Führungen
gleiten in Rinnen, die Endführungen stützen sich gegen Gleitbahnen in der Art, daſs
die freie Ausdehnung der Kammerschleusen gesichert ist. Die Führungen sind an dem
Eisengerüste angebracht, welches die Kammerschleusen umgibt. Eine wesentliche
Eigenthümlichkeit dieses Aufzuges besteht in der Umgehung der Ausgleicher oder
sogen. Compensatoren, da es für nicht nothwendig erachtet wurde, die Ersparniſs an
Wasser so weit zu treiben. Den allmählichen selbstthätigen Schluſs der Ventile im
Verbindungsrohre der beiden Treibcylinder durch die sich senkende Kammerschleuse hat
man beibehalten; hingegen unterscheidet sich die Construction der Kammerschleusen
und des Aquäductes von jenen der früheren Aufzüge, indem hier der Rand des Kanales
ganz unabhängig von dem Gerüste selbst ist, d.h. eine Brücke, auf welcher ein
Wasserbehälter aufgestellt ist, geschaffen wurde. Die wasserdichte Verbindung der
Kammerschleusen mit dem Ober- und Unterkanale wird durch eiserne, mit Kautschuk
umhüllte Keile erreicht. Der Vortheil dieses Verschlusses liegt darin, daſs ein
kleiner Höhenunterschied der Flüssigkeitsspiegel im Kanale zulässig ist. Diese Keile
und die Thore werden durch Preſswasser von einem Accumulator bewegt, welcher wieder
durch zwei von Turbinen bethätigte Pumpen gespeist wird, wobei die Turbinen das
Kraftwasser vom Oberkanale erhalten. Das Abwasser der Turbinen dient zur Versorgung
der drei unterhalb angeordneten Aufzüge. Behufs leichteren und rascheren Ein- und
Ausfallens der Boote in und aus den Kammerschleusen werden hydraulische Haspel
angewendet.
Das Bemerkenswertheste am Aufzuge ist die Construction der guſseisernen
Treibcylinder, welche mit Stahlringen abgebunden sind. Der Treibkolben ist aus
Guſseisen bei 2m,0 Durchmesser, 19m,45 Länge, 75mm Wandstärke und
besteht aus 8 cylindrischen Ringen von 2m,13 Höhe,
Deckel und halbkugelförmigen Boden. Das Gewicht der niedergehenden Kammerschleuse
beträgt etwa 1050t, die Pressung des Wassers etwa
34at. Bei der Hauptprobe erreichte das durch
einen Kolben zu übertragende Gewicht 1150t, wobei
beide Kammerschleusen vollständig mit Wasser gefüllt waren. Die Treibcylinder sind
aus Guſseisen gefertigt; der lichte Durchmesser derselben ist 2m,06, die Wandstärke 100mm und die Cylinder setzen sich aus 9 Ringen von
2m Höhe zusammen. Die warm aufgezogenen
Stahlringe haben 152mm × 50mm Querschnitt. Diese Ausrüstung wurde aus
Sicherheitsrücksichten für die Treibcylinder nothwendig, nachdem dieselben einen
Durchmesser von 2m,0 bei einer Wandstärke von
100mm haben und einer verhältniſsmäſsig hohen
Innenpressung ausgesetzt sind. Behufs Vergröſserung der Widerstandsfähigkeit der
inneren Materialtheile der Cylinderwandungen war die Ausübung eines mächtigen
Druckes gegen die äuſsere Oberfläche derselben nothwendig, welche durch die genannte
Ausrüstung erreicht wurde. Versuchsringe der Treibcylinder wurden auf 131at erprobt; die Dichtheit derselben war
ausgezeichnet. Man ermittelte, daſs bei der gewöhnlichen Innenpressung das Material
des Treibcylinders mit 287 bis 348at und das
Material der Stahlringe mit 630at beansprucht
wurde. Behufs Verkleinerung dieser zu hohen Inanspruchnahme wurde beschlossen, die
Stahlbänder auf die ganze Länge des Cylinders zu vertheilen, und man erreichte für
36at Innenpressung die Guſsinanspruchnahme von
100at, die Anstrengung der Stahlbänder mit
750at. Die Treibcylinder ruhen auf der Sohle
eines Schachtes von 4m Durchmesser auf einem in
Beton gelegten Quaderbau; das obere Ende der Cylinder ist gegen den Schacht
verankert. Die Verbindung der beiden Treibcylinder erfolgte durch ringförmige Rohre
aus Guſseisen, die 24 Rohrstutzen aus Stahl enthalten, welche in die Treibcylinder
einmünden.
(Fortsetzung folgt.)