Titel: Zur Befestigung von Theerfarbstoffen auf der Baumwollfaser mit Antimonchlorid.
Fundstelle: Band 263, Jahrgang 1887, S. 577
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Zur Befestigung von Theerfarbstoffen auf der Baumwollfaser mit Antimonchlorid. Mit Abbildung. G. Watson's Befestigung von Theerfarbstoffen mit Antimon. Die Verwendung von Antimonverbindungen zum Befestigen von Farbstoffen (vgl. H. Köhler 1885 258 520. B. Gerland 1886 259 475) beruht bekanntlich auf der Thatsache, daſs beim Mischen von Antimonsalzlösungen mit Tanninabkochungen Niederschläge entstehen, welche mit Farbstoffen Lacke bilden. In Wirklichkeit bringt man diese Lacke gewöhnlich durch drei nach einander folgende Behandlungsweisen, nämlich durch Behandlung im Tanninbade, im Antimonbade und durch Ausfärben, auf der Faser selbst hervor. Antimonchlorid, das billigste aller Antimonsalze, war bis jetzt in der Färberei nicht anwendbar, da es bei Behandlung mit Wasser sich unter Bildung eines basischen Salzes zersetzt. Wie aber G. Watson im Journal of the Society of Chemical Industry, 1886 Bd. 5 S. 590 mittheilt, kann diese Zersetzung auf billige und einfache Weise verhindert werden, so daſs man Antimonchloridlösungen von beliebigem Gehalte herzustellen vermag. Antimonchlorid bildet bekanntlich mit verschiedenen Metallchloriden lösliche Doppelsalze und es erscheint daher wahrscheinlich, daſs sich dasselbe in concentrirten Lösungen dieser Chloride klar auflöst. In der That hat auch Watson gefunden, daſs bei Zusatz von Antimonchlorid zu Lösungen von Natrium-, Ammonium-, Magnesium- und Calciumchlorid völlig klare, bei Zusatz zu Kalium- und Bariumchlorid schwach trübe Lösungen entstehen. Watson hat alle die Metallchloride auf ihre Fähigkeit, die Zersetzung von Antimonchlorid zu verhindern, untersucht. Er führte die Versuche in der Weise aus, daſs er in 210cc Wasser von 12 bis 15° Temperatur ein bestimmtes Gewicht des Metallchlorides löste und nach längerem Stehen 1g einer Lösung von Antimonchlorid von bekanntem Gehalte (1g Lösung = 0g,4395 Antimon) zufügte. Nach 18 stündigem Stehen wurde entweder das im Niederschlage enthaltene, oder das in Lösung befindliche Antimon durch Titration bestimmt. Aus den in der Tabelle zusammengestellten Zahlen zeigt es sich, daſs die Wirkung von Natrium-, Kalium- und wahrscheinlich auch Ammoniumchlorid gleich bleibt, bis etwa 40g zugefügt worden sind. Von da an bis fast zur Kochsalz in210cc Wasser Antimon imNiederschlage Berechnet Kaliumchloridin210cc Wasser Antimon imNiederschlage Ammonium-chlorid in210cc Wasser Antimon imNiederschlage Berechnet Magnesium-chlorid in210cc Wasser Antimon imNiederschlage Berechnet 0,4395     8,455 0,3953   6,967 0,4277   15,884 0,4026 12,776 0,4248   23,804 0,4130 19,848 0,4189   32,774 0.4041 25,871 0.4130   36,417 0,4113 32,732 0,4160   43,939 0,4014 39,636 0,4174 †43,939 0,3774 0,3774 †43,939 0,3451 0,3425   49,966 0,3896 46,076 0,3864   46,070 0,3203 0,3665   45,672 0,2243   53,003 0,3856 0,4115 53,013 0,3377   49,966 0,3430 0,3467   47,955 0,2728 0,2673   55,967 0,3691 0,3849 55,969 0,3540   53,013 0,3121 0,3311   49,966 0,2480 0,2284 †59,449 0,3544 0,3542 59,459 0,3746   55,967 0,3253 0,3160   52,142 0,2057 0,1863   61,966 0,3223 0,3320 61,966 0,3790   59,459 0,3022 0,2982 †54,045 0,1224 0,1494   63,503 0,3163 0,3184   61,966 0,2996 0,2854 †55,967 0,1122 0,1123 †64,980 0,3057 0,3054 †63,784 0,2761 0,2762   58,993 Kein Kein   66,489 0,2961 0.2921   67,000 0,2511 0,2597   61,966   68,030 0,2740 0,2785   69,090 0,2231 0,2490 Gesättigt 0,1758 Gesättigt 0,3289 Gesättigt 0,0833 Gesättigt Kein Kein Sättigung der Chloridlösung findet bei Natrium- und Ammoniumchlorid regelmäſsige Abnahme der gefällten Antimonverbindung statt. Zuletzt aber bis zu völliger Sättigung nimmt die Zersetzung in bedeutenderem Maſse ab. Die Wirkung von Magnesiumchlorid verläuft in ziemlich regelmäſsiger Weise, während Kaliumchlorid die Zersetzung bis zur Zugabe von 53g stark verhindert, bei weiterem Zusätze aber weniger wirkt und erst bei nahezu völliger Sättigung die Zersetzung wieder bedeutend verhindert. Textabbildung Bd. 263, S. 579 Aus dem Diagramme, welches aus den Zahlen der Tabelle construirt ist, läſst sich der Verlauf der Wirkung dieser Metallchloridlösungen bei verschiedener Stärke sehr deutlich veranschaulichen. Während die Tabelle das im Niederschlage befindliche Antimon angibt, zeigt das Diagramm auf der Ordinate das in Lösung gehaltene Antimon an und auf der Abscisse sind die angewendeten Mengen der Chloride eingetragen. Die Wirkung des Natrium- und Ammoniumchlorides wird so durch je 3 gerade Linien dargestellt, welche sämmtlich unter verschiedenen Winkeln gegen die Abscisse geneigt sind, während der Einfluſs des Magnesiumchlorides durch eine einzige gerade Linie ausgedrückt wird. Wenn man die chemische Wirkung oder das in Lösung befindliche Antimon mit E und das Gewicht von Natriumchlorid mit y bezeichnet, so läſst sich der erste Theil der Wirkung von Kochsalz, wie er im Diagramm ersichtlich ist, durch die Gleichung E = +c ausdrücken. Da m als die Tangente eines unendlich groſsen Winkels = 0 ist, so ist E = c für alle Werthe von γ. Von dem Zusätze von 49g,966 Kochsalz an, ist die Wirkung dem vorhandenen Natriumchlorid proportional und kann durch die Gleichung E = (γ – d)b ausgedrückt werden. Die Constanten b und d sind aus den an der Tabelle mit Kreuzchen bezeichneten Versuchen berechnet worden und für Kochsalz d = 49,784, b = 0,008805 gefunden worden. Bei Berechnung nach der obigen Formel erhält man den Wirkungswerth, d.h. das in Lösung gehaltene Antimon. Durch Abzug dieser Zahl von der beim Versuche benutzten Menge Antimon (0g,4395) ergibt sich das im Niederschlage befindliche Antimon. In der obigen Tabelle sind die nach der erwähnten Formel berechneten Werthe für die Wirkung der Salze ebenfalls angegeben. Die Gleichungen zur Berechnung der Wirkung von Ammonium- und Magnesiumchlorid sind von der gleichen Form. Die Constanten für Ammoniumchlorid sind d = 31,774, b = 0,00511, für Magnesiumchlorid d = 39,063, b = 0,0194. Wenn man mit γ und γ1 gleiche Mengen von Ammonium- und Natriumchlorid bezeichnet, so ist der Quotient [(γ1d1)b1 : (γd)b] gleich dem Wirkungswerthe von Ammoniumchlorid, verglichen mit demjenigen von Natriumchlorid als Einheit. Durch eine solche Vergleichung zeigt es sich, daſs Ammoniumchlorid bei Zugabe von 53g,003 die doppelte Wirkung von Natriumchlorid hat und daſs das Verhältniſs bis zur Zugabe von 68g beständig abnimmt. Magnesiumchlorid ist bei Zugabe von 50g 2 mal, bei 54g 2,5 und bei 58g 2,75 mal wirksamer als Ammoniumchlorid. Verglichen mit Kaliumchlorid als Einheit hat Natriumchlorid in gesättigter Lösung die Wirkung 2 und Ammoniumchlorid 3. Für praktische Zwecke ist Kaliumchlorid seiner geringen Wirksamkeit, Ammoniumchlorid seines hohen Preises wegen ausgeschlossen und es kommen daher nur Natrium- und Magnesiumchlorid oder Mischungen beider Salze für die Anwendung in Betracht. Da aber Natriumchlorid nicht alles Antimon in Lösung halten kann, war der Verfasser genöthigt, weitere Versuche anzustellen, um seine Wirkung zu erhöhen. Wenn Antimonchlorid mit viel Wasser zersetzt wird, so entsteht ein Niederschlag von der Zusammensetzung Sb4O5Cl2 und das Verhältniſs des noch in Lösung befindlichen Antimons zu Chlor ist 1 : 4,5. Es schien wahrscheinlich, daſs wenn dieses Verhältniſs auch in stärkeren Lösungen vorhanden ist, überhaupt keine Fällung stattfindet. Watson hat in der That gefunden, daſs, wenn man mit Salzsäure im obigen Verhältnisse versetztes Antimonchlorid zu Alkalichloridlösung setzt, ein völlig klares Bad erhalten wird. Bei richtiger Mischung von Natrium- und Magnesiumchlorid ist freie Salzsäure nur im geringen Maſse oder gar nicht nöthig. Aus gewöhnlichem Antimonchlorid des Handels, welches immer etwas freie Säure und etwa 23 Proc. Antimon enthält, läſst sich mit 45l,4 Wasser, 13k,7 Kochsalz und 9k,1 krystallisirtem Magnesiumchlorid ein völlig klares Bad herstellen. Wenn man Magnesiumchlorid allein verwenden will, benutzt man am besten, wie aus den Versuchen ersichtlich ist, 60g wasserfreies Salz auf 210g Wasser. Bei Verwendung des etwas sauren Antimonchlorides des Handels genügen auch schon 28k,1 krystallisirtes Magnesiumchlorid auf 45l,4 Wasser. Die Vortheile, welche mit der Verwendung dieser Antimonchloridbäder erzielt werden, sind sowohl technischer, wie auch wirthschaftlicher Natur. Brechweinstein mit 35 Proc. Antimon kostet durchschnittlich 2,20 M., oxalsaures Antimon mit 22 Proc. 1,50 M. und Antimonchlorid mit 23 bis 24 Procent 1,30 M. für 1k. Auf den 35 Proc. betragenden Gehalt von Brechweinstein berechnet, vergleichen sich die Preise der drei Salze folgendermaſsen: Brechweinstein, 35 Proc. Antimon 2,40 M. Oxalsaures Antimon-Kalium 2,50 M. Antimonchlorid 1,90 M. Oxalsaures Antimon ist also, so weit es den Antimongehalt betrifft, nicht billiger als Brechweinstein; Antimonchlorid dagegen ist etwa ⅕ billiger als die beiden anderen Salze. Zu dem Preise für das Antimonchlorid muſs allerdings noch etwas für das benutzte Kochsalz und Magnesiumchlorid berechnet werden. Wenn man Kochsalz allein benutzt, wird dies aber kaum mehr als 20 Pf. für 1k Antimonchlorid ausmachen. Zudem wird das Chlorantimonbad vor den bis jetzt benutzten Bädern jedenfalls Vortheile bieten. Das Bad besitzt eine so groſse Zersetzbarkeit, daſs schon beim Ritzen eines Glasgefäſses, welches Antimonchloridlösung enthält, mit einem Glasstabe basisches Salz auf der Ritzfläche abgeschieden wird. Nur eine Lösung von Oxalat zeigt eine ähnliche Erscheinung; Brechweinstein aber zeigt eine solche nicht. In Folge der groſsen Zersetzbarkeit des Bades wird auch auf der Faser basisches Salz leichter als mit anderen Bädern abgeschieden. So fand Watson, daſs auf gleiche Weise mit Tannin behandeltes Baumwollgarn beim Beizen im Brechweinstein- und Antimonchloridbade während 30 Secunden und nachherigem Aasfärben mit Saffranin oder Victoriagrün ganz gleich starke Färbung erzeugte, obschon die Antimonchloridlösung nur ⅔ des Gehaltes der Brechweinsteinlösung an Antimon zeigte. Ein weiterer Vortheil ist der, daſs Antimontannat in Kochsalzlösung weniger löslich ist als in Wasser und daher besser fixirt wird. Durch Zusatz von Wasser zu dem fast ausgenutzten Bade läſst sich die Zersetzbarkeit desselben wieder bedeutend erhöhen. Zum Schlusse macht Watson darauf aufmerksam, daſs das von ihm besprochene Verfahren in allen Theilen (in England) patentirt ist.