Titel: | Elektrische Prüfung von Sprengkapseln. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 79 |
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Elektrische Prüfung von
Sprengkapseln.
Mit Abbildungen.
Elektrische Prüfung von Sprengkapseln.
Der von Louis de Place und Bassée-Crosse angegebene, leicht tragbare Sprengapparat, welcher zugleich
eine Prüfung der Sprengkapseln ermöglicht, besteht aus einer galvanischen Batterie
(System Place-Germain), einer Inductionsrolle und einem
Telephon. Die Batterie verdunstet nicht und wächst nicht aus; sie nutzt sich nicht
ab, wenn sie nicht geschlossen ist, und arbeitet im geschlossenen Stromkreise bis
zum vollständigen Verbrauche der Zinke, sofern sie nur feucht ist. Ist die Batterie
nach langer Zeit erschöpft, so braucht man sie nur in eine Lösung von Chlorammonium
oder kurz in Seewasser zu tauchen, weshalb sie besonders für Marinezwecke gut
verwendbar ist. Diese Eigenschaften verdankt sie dem als Träger der
Füllungsflüssigkeit verwendeten sogen. „Cofferdam“ einer aus der Cocusnuſsschale gewonnenen pulverigen
Masse, welche angeblich 0,065 sp. G. besitzt, jedoch auf 0,133 sp. G.
zusammengedrückt wird und in diesem Zustande das Wasser im 10-fachen ihres Gewichtes
aufzusaugen vermag.
In dem die Apparate enthaltenden Kästchen sind nach den Comptes rendus, 1886 Bd. 103 * S. 1119 drei Umschalterknöpfe angebracht.
Der Druckknopf rechts vermittelt die Zündung der Sprengkapseln von geringer
Spannung, in denen durch einen dauernden Strom ein Platindraht zum Glühen gebracht
wird. Eine 700g wiegende Batteriegruppe liefert
dazu einen Strom von 7 Volt und 0,3 Ampère. Der Knopf links ist zur Zündung der
Kapseln von hoher Spannung bestimmt und entsendet zugleich den Batteriestrom durch
die primäre Rolle des Inductors und den Inductionsstrom der secundären Rolle in den
äuſseren Stromkreis; letzterer reicht aus zur Zündung in Stromkreisen von über
100km.
Die Prüfung der Kapseln soll nun nicht mit einer besonderen Batterie und einem
Galvanoskop bewirkt werden, sondern – wie dies zuerst in Amerika von Kapitän Mac Evoy für die Torpedo vorgeschlagen und in
Frankreich von Ducretet angewendet worden ist – mittels
des Telephons vorgenommen werden, das ja schon auf Ströme von 0,000001 Ampère
anspricht und so unbeabsichtigte Zündungen bei der Prüfung fern zu halten geeignet
ist. Das Telephon schaltet bei der Wegnahme von seinem Rohre im Kasten selbstthätig
den nöthigen Widerstand in den äuſseren Stromkreis ein, so daſs beim Niederdrücken
des zur Prüfung zu benutzenden mittleren Knopfes eine unbeabsichtigte Zündung selbst
bei Kapseln mit nur 0,1 Ohm Widerstand nicht zu befürchten ist.
Bei der Prüfung von Kapseln von niedriger Spannung braucht man bloſs das Telephon von
seinem Platze abzunehmen; dadurch wird der feine Draht der secundären Rolle in den
äuſseren Stromkreis eingeschaltet, so daſs, wenn man den Prüfungsknopf mehrmals
niederdrückt, das
Telephon laut spricht oder schweigt, je nachdem in der Kapsel der Platindraht ganz,
die Kapsel also gut ist oder nicht. Die Abwesenheit der Schieſsbaumwolle in der
Kapsel läſst sich natürlich mit dem Telephon ebenso wenig entdecken wie mit dem
Galvanoskop.
In den Kapseln von hoher Spannung liegen die entblöſsten Enden der Leitungsdrähte in
guter Schlagweite einander gegenüber in einer Zündmasse, welche durch einen geringen
Zusatz von fein pulverisirter Retortenkohle schwach leitend gemacht ist; dieses
Leitungsvermögen der Masse ist aber zu klein, als daſs der durch die Kapsel
gesendete Batteriestrom das Telephon zum Sprechen bringen könnte.
Wollte man die Kapsel zum Sprechen befähigen, so müſste man sie nach Fig. 1 nach Schlieſsung des Telephonstromkreises mit
dem einen Leitungsdrahte d an eine Klemme des
Umschalters C legen, den anderen Draht e frei isolirt lassen und nun den Knopf mehrmals
drücken; dann würde sich die Kapsel K wie ein
Condensator laden und, wenn man dann nach Fig. 2 den
bisher freien Draht e mit dem Telephon T verbände, so würde die Kapsel K der Länge der Ladungszeit entsprechend beim Drücken auf den Knopf einige
Minuten sprechen, dann aber nach erfolgter Entladung schweigen. Dies würde aber zur
Prüfung der Kapseln von hoher Spannung kaum benutzt werden können, weshalb in dem
Zündapparate von Place-Bassée eine andere Anordnung
gewählt worden ist.
Fig. 1., Bd. 264, S. 80Fig. 2., Bd. 264, S. 80Fig. 3., Bd. 264, S. 80Das Telephon schaltet beim Abheben selbstthätig die Kapsel K nach Fig. 3 in eine
Nebenschlieſsung zu der secundären Rolle R des
Inductors; wenn man daher rasch und kräftig wiederholt auf den Knopf C drückt, so wird der Strom der Batterie B bei jedem Contacte durch den Draht R gesendet; in dem Augenblicke aber, wo der Knopf sich
wieder emporhebt und der Strom unterbrochen wird, findet der in der Rolle R entstehende Extrastrom nur einen Weg durch die Kapsel
und das Telephon; dieser Strom läſst daher das Telephon in verschiedener Weise
sprechen je nach dem Zustande der Kapsel. Ist die Kapsel gut, so läſst das schwache
Leitungsvermögen der Zündmasse im Telephon ein leises Geräusch entstehen, das
vernehmbar ist, wenn man das Telephon aus Ohr hält. Wenn die Kapsel schlecht ist,
weil sich die entblöſsten Enden der Zuleitungsdrähte berühren, so spricht das
Telephon geräuschvoll und ist schon aus der Ferne zu hören. Wenn endlich die Kapsel schlecht ist, weil
die Zündmasse ganz fehlt, so bleibt das Telephon stumm.
Die Prüfung der Kapseln kann für beide Arten derselben zu jeder beliebigen Zeit und
ohne Gefahr einer verfrühten Zündung vorgenommen werden.