Titel: Fabrikation schmiedeiserner Gasleitungsröhren aus Holzkohleneisen in Brezowa (Ungarn); von Anton v. Kerpely.
Autor: Anton v. Kerpely
Fundstelle: Band 264, Jahrgang 1887, S. 201
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Fabrikation schmiedeiserner Gasleitungsröhren aus Holzkohleneisen in Brezowa (Ungarn); von Anton v. Kerpely.Nach einem Vortrage, gehalten auf der 4. Generalversammlung des Vereines der Gasindustriellen in Oesterreich-Ungarn in Budapest 1885. Mit Abbildungen auf Tafel 13. Kerpely, über Fabrikation schmiedeiserner Gasleitungsröhren. Zur Erzeugung schmiedeiserner Rohre sind derzeit zwei von einander wesentlich verschiedene Methoden in Anwendung, wonach man im Allgemeinen gezogene und gewalzte Röhren unterscheidet. Die gezogenen Rohre nennt man schlechtweg auch Gasröhren; die gewalzten, nachdem man sie in überwiegender Menge zu Dampfkesseln verwendet, Siederöhren; diese Eintheilung ist aber durchaus nicht gerechtfertigt, da Gasrohre von gröſseren Abmessungen zweckmäſsig ebenfalls durch Walzen hergestellt werden. Sowohl zum Ziehen als zum Walzen kommt das Eisenmaterial in Form von Blechstreifen zur Verwendung, welche man entweder durch Walzen unmittelbar in der gewünschten Breite erzeugt, oder man schneidet sie aus breiteren Blechen mittels Kreisscheren mit Geradführung. Die Länge und Breite der Blechstreifen hängt von den Gröſsen der gewünschten Rohre und von der Fabrikationsmethode ab; man bestimmt sie mit Rücksicht auf die beim Ziehen und Walzen beobachteten Stauungs- und Streckungsverhältnisse nach der Erfahrung und nach der Beschaffenheit des Eisens. Ob es nun zweckmäſsiger ist, die Streifen für kleinere oder für gröſsere Röhren unmittelbar durch Walzen herzustellen, hängt von örtlichen Verhältnissen, namentlich davon ab, ob und welche Einrichtungen dafür auf der Werksanlage vorhanden sind. Für die Beschaffenheit des Eisenmaterials ist das unmittelbare Walzen, besonders wenn groſse Festigkeit verlangt wird, von Vortheil, da durch dasselbe die Bildung paralleler, nicht verschobener Sehne, also Gleichmäſsigkeit in der Structur befördert wird und insbesondere die Dicke sehr gleichmäſsig ausfällt. Sowohl unmittelbar gewalzte Streifen, als auch zu Streifen zu verwendendes Blech muſs natürlich frei von oberflächlichen Fehlern, namentlich von Rissen, Blasen und Schiefern sein, da diese Fehler alle in dem Rohre wieder zum Vorscheine kommen und zu verhältniſsmäſsig viel Ausschuſs Anlaſs geben würden; denn man darf auch die äuſsere Ausstattung der Rohre nicht unbeachtet lassen. Die Dicke der Rohrbleche hängt von dem Durchmesser, von der Verwendung und der Fabrikationsmethode der Rohre selbst ab. Bei Gasröhren ist der Durchmesser und das Gewicht auf den laufenden Meter vorgeschrieben, folglich die Dicke des Rohres gegeben, wenn man die Aenderungen berücksichtigt, welche das Ziehen oder Walzen in den Uebergangs- und Vollendungsstufen veranlaſst, und den Verlust nicht auſser Acht läſst, welcher in Folge oberflächlicher Oxydation und Verschlackung des Eisens während der erforderlichen Glühprozesse unvermeidlich eintritt. Z.B. für ein 4m,5 langes Gasrohr von 2¾ Zoll englisch = 70mm innerem Durchmesser und 13k,45 Gewicht auf das Meter hat man bei gezogenen gewalzten Röhren: Breite des Blechstreifens   282mm bis   267mm Länge 4500 3850 Dicke      4,5      5,5 Wanddicke des fertigen Rohres      5,0      5,0 Länge des fertigen Rohres, nach Entfernung der etwa 0m,5 langen Enden 4m,5. Die während der Fabrikation sich ergebende Stauung und Streckung des Eisenmaterials ist aus diesem Beispiele deutlich zu entnehmen; aber sie ändert sich nicht nur nach den Abmessungen des Rohres, sondern nach Beobachtungen in der Entwickelung der Dicke und des Durchmessers, welche Gröſsen ein geschickter Meister nach Bedarf regelt. Bei gleichem Durchmesser werden übrigens Gasrohre immer dicker hergestellt als z.B. Siederohre, weil man in erstere Gewinde einschneiden muſs, in letztere nicht. So hat man z.B. für Rohre von 3 Zoll englisch = 76mm innerem Durchmesser bei: Gasrohren Siederohren Breite des Blechstreifens        294mm        315mm Länge      4500      3850 Dicke           4,75           3,75 Dicke des fertigen Rohres           6,15           3,5 Länge (fertig) 4m,5. Gezogenen Röhren gibt man überhaupt gröſsere Wandstärken als gewalzten – gewisse Verwendungszwecke der letzteren ausgenommen – insbesondere noch darum, weil man bei gezogenen Röhren die Blechstreifen stumpf an einander schweiſst, also eine gewisse Berührungsfläche vorhanden sein muſs, bei gewalzten aber die Ränder über einander geschweiſst werden. Die Herstellung der gezogenen Röhren geschieht nun auf den meisten Röhrenfabriken fast ausschlieſslich in folgender Weise: Ein schmaler Flammofen (600 bis 1000mm) ungefähr von der Länge der zu erzeugenden Rohre (6 bis 8m) dient dazu, die Blechstreifen der ganzen Länge nach rasch und gleichmäſsig auf die zum Schweiſsen erforderliche Hitze zu bringen. Auf der Stirnseite des Ofens ist eine aufziehbare Thür angebracht, mit einer kleinen Oeffnung (Arbeitsluke) am unteren Rande, durch welche die glühenden Rohre während des Ziehens ein- und ausgeführt werden. Nahe zur Thür liegt der geräumige Rost derart angeordnet, daſs die Flamme den ganzen Ofen durchstreicht und am Ende desselben durch einen abfallenden Kanal zur Esse geführt wird. Unmittelbar vor der Arbeitsthür steht die Ziehbank (vgl. Fig. 1 und 2 Taf. 13); sie besitzt die Form eines einfachen starken Eisengestelles, zwischen dessen beiden Ständern a eine über Kettenscheiben gelegte Galle'sche Kette ohne Ende b angeordnet ist. Die eine dieser Kettenscheiben c nimmt die Betriebskraft auf und setzt sonach die Zugkette in Bewegung. Die Ziehvorrichtung (Fig. 3 Taf. 13) ist eine starke, doppelgelenkige Schleppzange d; sie befindet sich auf einem vierräderigen kleinen Wagen, welcher auf Schienen e, die auf der Bankplatte angegossen sind, längs derselben auf- und abführt. Am hinteren Ende der Zangenvorrichtung ist ein Haken f angebracht, welcher, sobald er in die Kette eingehängt wird, die Schleppzange sammt Wagen mit fortzieht, so daſs in Folge des Zuges die Backen der Zangen fest geschlossen werden. An der der Ofenthür zugewendeten Seite der Ziehbank befindet sich ein starker eiserner Rahmen (Support) g zur Aufnahme der das Formen oder Rollen der Rohre bewerkstelligenden Vorrichtung, des aus Guſseisen hergestellten sogen. Trichters oder Tiegels h (vgl. Fig. 6). Die vordere, der Ziehbank zugewendete kleinere Oeffnung des Trichters entspricht dem beiläufigen äuſseren Durchmesser des Rohres; sie ist immer einige Millimeter gröſser als der Durchmesser des zu fertigenden Rohres, aber doch eng genug, um die Blechstreifen unter sehr starkem Drucke einzurollen. Die trichterförmige Erweiterung des Trichters hat die Aufgabe, das allmähliche Einrollen des Blechstreifens möglich zu machen; der Trichter muſs also nicht nur eine dem Rohre entsprechende Erweiterung (Wandneigung) haben, sondern auch eine genügende Einrollungsfläche darbieten, wodurch man zum Nachtheile dieses Verfahrens genöthigt ist, bei Röhren von groſsem Durchmesser Trichter von ziemlich bedeutendem Umfange bezieh. groſsem Gewichte anzuwenden, was die Hantirung derselben wesentlich erschwert. Die Fabrikation der gezogenen Rohre beginnt nun damit, daſs man die Blechstreifen, die natürlich durchaus parallele Ränder haben müssen, an dem einen Ende in einem Schmiedefeuer erhitzt, mit Hilfe eines Gesenkes etwas einrollt und dann behufs besserer Handhabung des Blechstreifens eine Schmiedeisenstange i (Fig. 4) von 14 bis 20mm Dicke und 0,8 bis 1m Länge an das eingerollte Ende anschweiſst. Den so vorgerichteten Streifen bringt man bei etwas gehobener Arbeitsthür in den Schweiſsofen und zwar derart, daſs 0,5 bis 0,6m der Stange durch die Thürluke aus dem Ofen herausragt und mit dem Ende in dem sogen. Ziehtrichter zu liegen kommt. Die Aufgabe des Schweiſsers ist es nun, den Streifen, welchen er von der Thürluke aus beobachtet, in dem Augenblicke, als derselbe Schweiſshitze angenommen hat, in die Ziehvorrichtung einzuspannen. Thut er dies zu früh, so schweiſst das Eisen überhaupt nicht; bleibt es zu lange in der Schweiſshitze, so verbrennen die Kantenflächen namentlich an der oberen Seite des Streifens und die Schweiſsung wird mindestens mangelhaft. Der schweiſswarme Streifen wird mit der Zange an der Stange dicht am vorgerollten Ende gefaſst, der Haken der Schleppvorrichtung in die Kette gehakt und der Streifen mit etwa 0m,4 Geschwindigkeit durch den Trichter hindurch gezogen, wobei ein Junge den Wagen der Schleppvorrichtung führt, ein anderer die durch dieselbe hindurchgehende Stange leitet. Hinter der Kettentrommel entläſst die Zugkette den Schleppwagen, das Rohr entfällt dem Schluſsringe der Zange und wird rasch wieder durch die Thürluke in den Ofen zurückgeschoben, um nach Wiedererlangung der Schweiſshitze durch einen etwas engeren Trichter noch ein zweites Mal auf gleiche Weise hindurchgezogen zu werden. War die Abmessung des ersten Trichters richtig gewählt, so treffen die beiden Randflächen des Blechstreifens unter einem starken Drucke genau auf einander, die zwischen diesen Flächen liegende Schlacke wird herausgepreſst und die metallisch reinen Berührungsflächen durch Schweiſsung vereinigt. Wie groſs der Druck zum Zusammenpressen der Schweiſsnaht im ersten Ziehtrichter z.B. bei einem Rohre von 70mm innerem und 80mm äuſserem Durchmesser ist, geht aus obigem Beispiele hervor. Die Berechnung ergibt nämlich: 80 × 3,1415 = 251mm Blechbreite, während man diese in Wirklichkeit mit 267mm nimmt. Bei 76mm + 12mm-Rohren ist der berechnete Umfang 277mm,4, die Blechbreite 294mm, so daſs selbst bei Berücksichtigung dessen, daſs der erste Trichter ungefähr 3mm, also im Umfange 9mm gröſser ist als das herzustellende Rohr, noch immer 7 bis 8mm für die Zusammenpressung erübrigen. Beim zweiten Ziehen durch einen Trichter, der wohl enger als der erste, aber noch immer gröſser als der Durchmesser des fertigen Rohres ist, wirkt der erhöhte Druck einestheils auf die Vervollkommnung der Schweiſsung, anderentheils wird durch denselben die Schweiſsnaht vertheilt und der äuſsere Durchmesser des Rohres nahezu vollendet und, da das Ziehen nicht ohne Streckung vor sich geht, auch die Wandstärke des Rohres, welche in Folge Stauchens während des ersten Zuges bedeutend zugenommen hat, dem richtigen Maſse näher gebracht. Nachdem das Rohr durch den zweiten Zug gegangen ist, bleibt es dem Ermessen des Betriebsleiters anheimgestellt, ob er noch einen dritten Zug und mit welchen Abänderungen anwendet, um etwa die äuſsere Abmessung des Rohres mit Rücksicht auf die in Folge gänzlichen Erkaltens eintretende Schwindung genau richtig zu stellen. Wie wichtig die richtige Wahl der auf einander folgenden Trichtermaſse für das Gelingen und den anstandslosen Verlauf der Fabrikation ist, braucht nach dem Gesagten wohl nicht weiter erörtert zu werden. Das fertig gezogene Rohr wird nun sogleich von der Ziehbank weg auf die Richtbank (einer glatten ebenen Guſseisenplatte) gelegt, durch Aufschlagen und mit Holzschlägeln gerade gerichtet und hierauf die angeschweiſste Führungsstange abgehauen. In Brezowa werden die Gasrohre nur bis zu 50mm Durchmesser auf die beschriebene Weise durch Ziehen erzeugt; alle gröſseren Röhren werden durch Walzen, also mittels des sonst überall nur für Siederohre angewendeten Verfahrens hergestellt. Diese Fabrikationsmethode ist zwar ungleich kostspieliger als die oben besprochene und daher nicht gut geeignet, bei den heutigen Preisen dem Werke Gewinn zu bringen; aber sie sichert auch so tadellose Fabrikate, daſs man mit denselben in Bezug auf Güte und äuſsere Ausstattung jeden Wettbewerb aus dem Felde zu schlagen im Stande ist. Die Herstellung der gewalzten Gasrohre geschieht in folgender Weise: Die unmittelbar gewalzten oder aus Blech geschnittenen Streifen, welche natürlich an allen Punkten gleich breit, deren Kanten also durchaus parallel sein müssen, werden an diesen unter einem spitzen Winkel der ganzen Länge nach keilförmig (vgl. Fig. 5 Taf. 13) abgehobelt, so daſs beim Zusammenrollen des Streifens diese gehobelten Kanten k gleichsam wie Lappen über einander gelegt werden können; daher auch die verhältniſsmäſsig gröſsere Breite der Streifen. Das Zurichten des Streifens durch Hobeln seiner Kanten ist zwar nicht unerläſslich, da man diese auch ohnedies über einander rollen und durch Walzen schweiſsen könnte; aber es wäre dazu unverhältniſsmäſsig mehr Druck in den Walzen erforderlich und dennoch gelänge es kaum, die Schweiſsnaht ganz zu entfernen, was zu Ausständen seitens der Abnehmer Anlaſs geben würde, bei Siederöhren aber ganz unzulässig ist. An den gehobelten Kanten muſs aber, wenn Schweiſsfehler ausgeschlossen sein sollen, noch so viel Blechdicke behalten werden, daſs ein Verbrennen der schwächeren und die Schweiſshitze schneller aufnehmenden Blechtheile sicher vermieden werde. Das Abhobeln der Kanten geschieht auf einer der Zugbank ganz ähnlichen Hobelmaschine, nur daſs die mit der Schleppzange gefaſsten Blechstreifen zwischen zwei am Kopfende der Bank eingeschaltete, je nach der Blechbreite verstellbare Hobelmesser hindurchgezogen und sehr rasch an beiden Kanten auf einmal behobelt werden. Die weitere Vorbereitung des Streifens besteht nun in dem Vorrunden und Vorrollen. Behufs Vorrundens wird der Streifen an einem Ende erhitzt und mit Hilfe eines Gesenkes derart eingebogen, daſs man eine Rundung erhält, welche etwas kleiner ist als der Durchmesser des zu erzeugenden Rohres. Der vorgerundete Streifen kommt hierauf in einen langen schmalen Glüh-Flammofen (dem Rundofen) von ganz derselben Einrichtung, wie er oben bei Erzeugung der gezogenen Rohre beschrieben wurde. Nun werden die Streifen behufs Vorrollens bloſs bis zu Rothglut erhitzt, um dann unmittelbar mit Hilfe einer gewöhnlichen Ziehbank durch einen Einrolltrichter von besonderer Construction hindurchgezogen zu werden. Dieser Trichter N (Fig. 7 Taf. 13) hat nämlich vorn als Führung einen seitlichen Einschnitt derart, daſs beim Durchziehen des Streifens seine beiden Ränder sich über einander legen müssen. Der Meister hat hierbei nur darauf zu achten, daſs das Einrollen ordnungsmäſsig vor sich gehe und der Biechstreifen nicht ungerollt, unförmlich zerknittert aus dem Trichter trete. Das vorgerollte Rohr wird noch warm mit Holzhämmern gerade gerichtet und gelangt dann zum Walzen, welches natürlich in Schweiſshitze vorgenommen wird. Die zur Erhitzung benutzten Schweiſs-Flammöfen sind, entsprechend der Rohrlänge, etwa 6m lang, bei nur 500 bis 600mm Breite; sie haben auf der einen Längenseite drei Feuerungen, um die Rohre der ganzen Länge nach rasch und gleichmäſsig zu erhitzen und sind vorn an der Stirnseite mit einer kleinen Arbeitsthür versehen, durch welche das Ein- und Austragen der Rohre erfolgt. Die gegen den Fuchs hin etwas geneigte Sohle des Ofens ist mit grobem Quarzsande bedeckt, auf welchem 2 bis 3 Rohre der Erhitzung unterzogen werden. Die Rohre liegen mit den über einander zu schweiſsenden Lappen nach unten, wodurch dem Verbrennen ihrer Ränder am besten vorgebeugt werden kann. Die richtige Leitung des Schweiſsprozesses ist überhaupt von gröſster Wichtigkeit und von ihr allein hängt der Erfolg der weiteren Walzarbeit ab. Der Schweiſser muſs das Rohr in dem Augenblicke dem Walzwerke zuführen, in welchem dasselbe eben Schweiſshitze angenommen hat; jedes Versäumniſs in dieser Richtung führt zum Miſslingen der Schweiſsung. In Folge Ueberhitzung verbrennt das Eisen, wird krystallinisch und brüchig und die Schweiſsung ist mangelhaft. Die zu verwendende Kohle muſs langflammig, arm an Asche sein und möglichst wenig Schwefel enthalten, um nicht durch Bildung von Schwefeleisen die Schweiſsung zu beeinträchtigen. Ebenso muſs der Eintritt von Flugasche in den Herd und dann zwischen die Rohrlappen möglichst vermieden werden. Das Schüren auf den Rosten darf daher nur in gewissen Zwischenpausen vorgenommen werden und ist überhaupt ein geschickter Heizer unerläſslich. Das Walzwerk (Fig. 8 Taf. 13) befindet sich dicht vor der Arbeitsthür des Schweiſsofens. Es besteht aus einem zweistanderigen Gerüste o, in dessen je zwei Lagern die auf starken schmiedeisernen Wellen aufgekeilten guſseisernen Walzen p in Form ausgekehlter Scheiben derart über einander gelagert sind, daſs die in Schalenguſs hergestellten, also mit harter Oberfläche versehenen Hohlkehlen auf ihrem Umfange ein Rundkaliber bilden, welches dem äuſseren Durchmesser des zu walzenden Rohres angepaſst ist. Dieses Rundkaliber liegt mit der Ofensohle nahezu in gleicher Höhe, so daſs das Rohr unmittelbar in dasselbe eingeführt werden kann. Da jedes Walzenpaar nur ein Kaliber enthält, so müssen für jede Rohrweite besondere Walzen vorhanden sein, welche dann in das Gerüst nach Bedarf eingelegt werden. Die Walzen werden mit Hilfe eines Vorgeleges r von einer kräftigen Dampfmaschine in Umdrehung versetzt und zwar wechselt die Umdrehungszahl, d. i. die Umfangsgeschwindigkeit der Kaliberwalzen, gewöhnlich nach der Wandstärke der Rohre; sie muſs bei dünneren Rohren gröſser sein, da diese rascher abkühlen und die Schweiſshitze einbuſsen, während dies bei dickeren Rohren weniger der Fall ist. Dicht vor den Walzen liegt eine Walzbank von U-förmigem Querschnitt s (vgl. Fig. 9); diese dient einestheils zur Aufnahme des durchgewalzten Rohres, andererseits aber zur Befestigung einer starken Eisenstange t, an deren Ende der den inneren Durchmesser des Rohres bestimmende Dorn u sitzt. Dieser Dorn wird in Hartguſs aus Guſseisen hergestellt; er ist theils cylindrisch, theils von parabolischer Form und der Länge nach mit einer cylindrischen Oeffnung versehen, mittels welcher er, das parabolische Ende nach auſsen, aut das abgedrehte Ende der Eisenstange t lose aufgesteckt wird. Der entgegengesetzte Theil des Dornes wird dem inneren Durchmesser des zu walzenden Rohres entsprechend genau cylindrisch abgeschliffen. Diese Stelle des Dornes kommt zwischen die Walzen genau in die Achse des Kalibers zu liegen, während die denselben tragende Stange sich an eine mit Schrauben verstellbare Platte am hinteren Ende der Walzbank anstemmt. Denkt man sich nun die Walzen in der Richtung der Walzbank gedreht, so muſs selbstverständlich ein zwischen dieselben geschobenes Rohr – alle übrigen Bedingungen für das Gelingen des Walzprozesses vorausgesetzt – über den Dorn hinweg durch die Walzen gezogen und über die Haltstange des Dornes hinausgeschoben werden. Das vorgerollte Rohr wird auch, nachdem es Schweiſshitze angenommen hat, zunächst rasch mit dem Lappen nach oben gewendet, dann mit einer langarmigen Hohlzange nahe am Ende gefaſst und äuſserst rasch und mit gröſster Kraft über einen entsprechenden Dorn in das Walzenkaliber geschoben, welches es, von den Walzen erfaſst, mit Blitzesschnelle und mit Flintenschuſs ähnlichem Knallen durchläuft. Die Schweiſsfuge muſs beim Walzen nach oben gekehrt sein, um unter dem gröſsten lothrechten Drucke der Walzen die Schlacke auszupressen, die beiden Blechlappen völlig zusammen zu schweiſsen und die Schweiſsnaht möglichst zu vertheilen. Das gewaltsame Herauspressen der weithin spritzenden Schweiſsschlacke verursacht das erwähnte Knallen. Das durchgewalzte Rohr wird sogleich von der Dornstange herabgenommen und wieder in den Ofen zurückgebracht, um nach Wiederaufnahme der Schweiſshitze über einen etwas gröſseren Dorn als das erste Mal gewalzt zu werden. Bei diesem zweiten Durch walzen, welches auch die Vervollkommnung der Schweiſsung und die völlige Entschlackung und Zertheilung der Schweiſsnaht zum Zwecke hat, wird das Rohr beim Durchwalzen, wie beim Walzen von Rundeisen, um etwa 60° gegen den ersten Durchgang gewendet, um etwaige Unterschiede in der Wanddicke und Rundung des Rohres auszugleichen. Ferner wird bei diesem zweiten Durchwalzen dasjenige Ende des Rohres an die der Abkühlung ausgesetzte Schweiſsofenthür gebracht, welches früher im hinteren Theile des Ofens gelegen war, um aus der Erhitzung hervorgegangene Ungleichmäſsigkeiten ebenfalls auszugleichen. Bei Gasröhren sind zwei Walzungen durchaus genügend; bei Siederöhren folgt meistens noch ein drittes und zuweilen ein viertes Durchwalzen der Röhren über immer gröſsere Dorne (immer um 60° gewendet und das Rohrende gewechselt), wenn die Richtigstellung der Wandstärke, des Durchmessers, der Rundung oder sonst sichtlicher Mängel in der Schweiſsnaht dies nöthig erscheinen lassen. Die Arbeit des Walzens selbst dauert nur einige Augenblicke. Das fertig gewalzte Rohr ist also noch so glühend und das Eisen so zu sagen weich, daſs es, wollte man es als fertig bei Seite legen, sich derart krümmen, werfen und verziehen würde, daſs ein Geraderichten kaum gelingen würde; auch wäre der Durchmesser, schon wegen des möglichen Federns der Walzenachsen, oder, wenn man nicht alle Uebergangskaliber in den Walzenvorräthen zur Verfügung hat, nicht allemal genau und das Aeuſsere des Rohres wegen des daran haftenden Sinters ungefällig und für viele Zwecke nachtheilig. Man begegnet nun diesen Uebelständen dadurch, daſs man die Rohre nach dem letzten Walzen bis zur Rothglut abkühlen läſst und noch mehrere Mal auf der sogen. Eratzbank durch Hartguſsringe mit scharf geschliffenen Kanten zieht, welche etwas enger sind als das Walzenkaliber und genau dem vorgeschriebenen auſseren Durchmesser des Rohres entsprechen. In Brezowa werden gegenwärtig Rohre bis zu 140mm (5½ Zoll engl.) auf die eben beschriebene Weise hergestellt. Mag nun das Rohr durch Ziehen oder Walzen hergestellt worden sein, so folgen bei Gasröhren noch nachstehende Vollendungsarbeiten. Zunächst werden die Röhren nach dem Erkalten von unvermeidlichen Krümmungen mit der Hand oder mit Maschine – je nach der Abmessung – gerade gerichtet, dann die Enden mit Hilfe einer kreisenden zahnlosen Scheibe mit Rücksicht auf die vorgeschriebenen Längen der Rohre abgeschnitten und endlich die Rohre an beiden Enden mit Gewinden und an einem Ende mit Muff versehen. Das Gewinde ist kein gewöhnliches Normalgewinde, sondern des dichteren Abschlusses wegen viel feiner als dieses und als Gasröhrengewinde bekannt. Jedes völlig ausgefertigte Rohr wird in Brezowa mit Hilfe einer Druckpumpe einem Drucke von mindestens 20at unterworfen und bei der geringsten Lässigkeit von der Verschickung ausgeschlossen. Eine solche Lässigkeit der Rohre könnte nur von Schweiſsfehlern an den Schweiſsfugen herrühren, was bei fachkundiger Leitung des Betriebes wohl selten vorkommen wird, trotzdem gerade die Schweiſsarbeit der wundeste Punkt der Röhrenfabrikation ist. Diese hängt jedoch nicht allein von der Behandlung des Eisens im Ofen, sondern auch von der richtigen Wahl des Materials ab. Schwefel haltiges Eisen ist von vornweg zu verwerfen; ebenso die Verwendung an Schwefel reicher Kohle zur Beheizung der Glüh- und Schweiſsöfen. Auch an Kupfer reiches Eisen ist zur Röhrenfabrikation nicht gut geeignet; hingegen ist Phosphor ein sehr erwünschter Bestandtheil der Röhrenbleche, weil er die Schweiſsbarkeit derselben erhöht. Ein groſser Phosphorgehalt veranlaſst aber Kaltbrach und muſs daher ebenfalls vermieden werden. Das in Brezowa verwendete Eisen enthält als Holzkohleneisen erster Güte kaum Spuren von Schwefel, äuſserst wenig Kupfer und durch absichtlichen Zusatz einer Roheisensorte nur so viel Phosphor, als „Qualitätseisen“ zur Beförderung der Schweiſsung eben zuläſst. Die Steinkohle aber ist an Asche arme preuſsische Flammkohle bester Beschaffenheit. Schweiſsfehler können bei Röhren von groſsen Abmessungen dann noch vorkommen, wenn man dieselben durch Ziehen und nicht durch Walzen herstellt. Da nämlich beim Ziehen die beiden Ränder des Blechstreifens, welche einander nur gegenüber, nicht aber über einander zu liegen kommen, bei Weiſsglühhitze im erweichten Zustande stellenweise leicht einsinken, so wird die Berührung und Verschweiſsung derselben mangelhaft, selbst wenn man sich beim Ziehen eines Dornes bedient, was zuweilen zu geschehen pflegt. Liegen aber die beiden Blechränder über einander, so kann eine Unterbrechung der Schweiſsfuge gar nicht eintreten. Es kann nichts desto weniger selbst bei gut geschweiſsten Röhren vorkommen, daſs die Schweiſsfugen derselben beim Biegen, insbesondere beim Kaltbiegen, einknicken und fehlerhaft werden, was aber meistens nur einer fehlerhaften Behandlung beim Biegen zuzuschreiben ist, da man namentlich Rohre von etwas gröſserem Durchmesser behufs Erzielung schöner gesunder Biegungen zuerst mit Sand füllen muſs – die Rohrenden werden mit Holzpfropfen verschlossen – und dann erst die Biegung, ob warm oder kalt, vornehmen darf. Um ein Lässigwerden der Rohre an den Gewinden zu verhüten, werden diese beim Legen der Gasleitungen durch geriebenen Menningkitt abgedichtet. Probirt man aber die mit Muffen versehenen Rohre noch, bevor jene Dichtung erfolgt ist, so ergibt sich zuweilen, namentlich bei frisch geschnittenen Gewinden, bevor also das angewendete Maschinenöl etwas verharzte, ein Lässigwerden an der Muffenverbindung. Man wird dies fast immer vermeiden, wenn man den Muff bis auf das letzte Gewinde des Rohres schraubt, so daſs kein Schraubengang leer bleibt, während man bei nicht fest aufsitzenden Muffen selten völlige Dichtigkeit erzielen wird. Es kommt zuweilen auch vor, daſs Uebernehmer von Gasröhren, namentlich Zwischenhändler, die Röhren wegen der auf der Oberfläche derselben vom Trichter oder Ziehringe herrührenden schwachen Riefeln als Schönheitsfehler beanstanden, was gewiſs am wenigsten gerechtfertigt ist, da die Riefeln beim Handhaben der Rohre mit der Rohrzange von Seite des Personales der Gasanstalten geradezu erwünscht sind.Erwähnungswerth scheint noch, daſs die Röhrenfabrik in Brezowa, welche im J. 1882 gebaut wurde, die erste Anlage dieser Art in Oesterreich-Ungarn war; Witkowitz folgte derselben sozusagen auf dem Fuſse. Im Auslande sind die Röhrenfabriken meistens nicht auf Hüttenwerken eingerichtet, sondern bilden ganz selbstständige Fabrikanlagen. Daſs man in Oesterreich-Ungarn überhaupt so lange mit der Einführung dieser Fabrikation zögerte, hat seinen Grund, abgesehen von manchen anderen Umständen, gewiſs auch im Mangel an Unternehmungsgeist, so daſs bei Einführung dieses neuen Industriezweiges, wie so oft vorher, wieder Montanistiker im Interesse der vaterländischen Industrie ihre Rolle als Bahnbrecher aufnehmen muſsten.K.

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