Titel: | Neuere Heizungs- und Lüftungsanlagen. |
Autor: | K. H. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 345 |
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Neuere Heizungs- und Lüftungsanlagen.
(Schluſs des Berichtes S. 296 d. Bd.)
Neuere Heizungs- und Lüftungsanlagen.
In dem neuen k. k. anatomischen Institut in Wien ist
nach der Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und
Architekten-Vereins, 1886 S. 332 die Heizung,
welche durch Dampf ausgeführt wird, von der Lüftung vollständig getrennt. In einem
besonderen Kesselhause sind für die Heizung 3 Kessel von je 55qm Heizfläche aufgestellt, von welchen jedoch für
den gewöhnlichen Betrieb nur zwei nothwendig sind. Ein vierter Kessel dient für die
Zwecke der elektrischen Beleuchtung. Von einem im Kesselhause angeordneten
Vertheiler führen 4 Leitungen nach den einzelnen Gebäudetheilen, in welchen durch
weitere Vertheiler die einzelnen Zuleitungen entfaltet sind. Diese Röhren liegen
hier unter der Kellerdecke. Wie der Verfasser genannter Mittheilung angibt, ist
diese Anordnung der wagerechten Vertheilungsleitungen doch nicht so zweckmäſsig wie
die sonst vielfach übliche Verlegung dieser Röhren auf den Dachboden. Der Verfasser,
W. Brückner in Wien, hat eine Anlage der letzteren
Art neuerdings in dem für die Zwecke der Postsparkasse
eingerichteten Gebäude der alten Universität in Wien ausgeführt, welche Anlage
ungefähr dieselbe Gröſse und Einrichtung, wie die des anatomischen Instituts hat.
Bei der Anordnung der Vertheilungsleitungen im Keller bewegt sich das innerhalb der
Röhren niederschlagende Wasser dem Dampf entgegen, namentlich an den Stellen, wo
die Leitungen zu den Zimmerheizkörpern lothrecht aufsteigen; dagegen bewegen sich
bei der Anordnung auf dem Dachboden Dampf und Niederschlagswasser in gleicher
Richtung. Es hat sich nun ergeben, daſs bei beiden genannten Anlagen die in gleicher
Entfernung vom Kesselhause befindlichen Heizkörper in ungefähr gleicher Zeit warm
werden, jedoch dieses Ergebniſs bei der Heizung der Anatomie nur durch Anwendung
bedeutend gröſserer Rohrdurchmesser erzielt werden konnte. Auch in Bezug auf
gleichmäſsige Vertheilung des Dampfes und schnelles Ausscheiden des
Niederschlagswassers und der Luft erscheint die Anlage der Postsparkasse günstiger.
Allerdings werden diese Vortheile der Verlegung auf den Dachboden etwas aufgehoben
durch die dabei sich ergebende gröſsere allgemeine Rohrlänge und durch die wegen der
kälteren Lage nothwendige sorgfältigere Umhüllung der Leitungen mit
Wärmeschutzmasse.
Bei der Heizanlage des anatomischen Instituts sind die einzelnen Leitungen an den
Vertheilern durch Ventile absperrbar und ist jede mit einem Selbstleerer versehen,
so daſs eine sehr weitgehende Unabhängigkeit und Zertheilung der Leitungen vorhanden
ist, welche ermöglicht, sowohl den Bedürfnissen des Betriebes sich anpassen, als
auch Ausbesserungen u. dgl. leicht vornehmen zu können. Als Heizkörper sind in den
einzelnen Räumen Rohrschlangen aufgestellt, über welche zur Regelung der Wärmeabgabe
Mäntel mit Schiebereinrichtung gesetzt sind. Die Lüftung geschieht unter dem Einflüsse eines von einer Gaskraftmaschine
betriebenen Schraubenbläsers, der die frische, von der Straſse entnommene Luft
zunächst nach einer Sammelkammer saugt, in welcher Luftwascheinrichtungen angebracht
sind. Das Gebläse drückt die Luft dann nach verschiedenen im Gebäude vertheilten
Heizkammern, woselbst die Luft auf 20° durch Dampfröhren erwärmt wird, mit welcher
Temperatur sie durch Mauerkanäle nach den einzelnen Räumen gelangt und in diese 2m über Fuſsboden durch mittels Klappen regelbare
Gitteröffnungen austritt. Die Abluft wird durch einzelne in den Innenwänden
angeordnete Kanäle über Dach geleitet.
Das neue Stadttheater in Halle a. S. hat vorzugsweise
eine Abdampf-Heizung erhalten, da zum Betriebe der
elektrischen Beleuchtung Dampfmaschinen ohne Condensation aufgestellt wurden, deren
Abdampf zur Heizung nutzbar gemacht werden konnte. Wie Oberbürgermeister G. Staude in der zur Eröffnung des nach den neuesten
Erfahrungen auf dem Gebiete des Theaterbaues eingerichteten Theaters verfaſsten
FestschriftDas Stadttheater zu Halle a. S. Ein Beitrag zum
Eröffnungstage von Gustav Staude,
Oberbürgermeister der Stadt Halle. (Halle a. S. 1886. Verlag von Tausch und Grosse.)mittheilt, wurde
zur Erwärmung der kleineren, um die Bühne gelegenen Räume Dampfwasser-Heizung, für
die gröſseren Haupträume des Hauses eine mit der Lüftung verbundene
Dampf-Luftheizung gewählt. Da der Abdampf nicht ausreichte und die Entfernung
einzelner Räume vom Dampfvertheiler zu groſs war, so wurde für diese eine örtliche
Dampfheizung mit frischem Kesseldampf angelegt. Ferner ist die Einrichtung so
getroffen, daſs für die Tagesbühnenheizung sowie zum Anheizen des Zuschauerraumes
frischer Dampf in die betreffenden Heizkörper geleitet werden kann. Für den Abdampf
wie für den frischen Dampf sind getrennte Vertheiler angeordnet; von demjenigen des
Abdampfes gehen Leitungen nach den Heizröhren der Luftheizkammern, welche für die
einzelnen Gebäudetheile getrennt angeordnet sind, sowie nach der Abendbühnenheizung;
vom Vertheiler für frischen Dampf zweigen Leitungen nach der Tagesbühnenheizung,
nach den örtlich aufgestellten Dampfheizkörpern, nach den beiden Dampfmaschinen,
welche den Schraubenbläser und den Schraubensauger der Lüftung treiben, nach dem
Dampfwasserheizkessel und der Bühne ab, im letzteren Falle, um zu scenischen Zwecken
Dampf verwenden zu können. Beide Hauptvertheiler können mit einander verbunden
werden, wenn kein Abdampf zur Verfügung steht. An jeder Ableitung des
Abdampfvertheilers sitzt ein Dreiwegehahn, welcher so construirt t ist, daſs der Abdampf stets entweder nach der
Ableitung, oder nach einer Auspuffleitung oder in beide zugleich einströmen
muſs.
Hierdurch soll ein möglichst gleichrnäſsiger Gegendruck auf die Dampfmaschinen der
elektrischen Beleuchtung erhalten werden. Die Auspuffleitungen sind in einem Sammler
vereinigt, an welchem sich eine Drosselklappe befindet, die so eingestellt wird,
daſs der dadurch hervorgebrachte Gegendruck genügt, um die entfernteste Heizkammer
mit Dampf zu versorgen. Durch die Drosselklappe gelangt der Dampf in ein bis über
Dach führendes Rohr.
Die örtlich aufgestellten Dampfheizkörper bestehen aus Rohrschlangen, die
Wasserheizkörper aus Rippenelementen und beide Formen sind mit Kelling'schen Hähnen versehen und in einfacher Weise
verkleidet. Die Erfrischungsräume (Restaurationszimmer) haben eine
Heiſswasserheizung mit Mitteldruck erhalten. Die Lüftung des Zuschauerraumes geschieht mit Hilfe eines im Keller
angeordneten Schraubenbläsers, welcher durch eine Dampfmaschine von 8e betrieben
wird, und eines im Dachraume gelagerten Schraubensaugers, der von einer daselbst in
den Dachbindern gelagerten Zwillingsdampfmaschine von 4c bewegt wird. Durch diese Einrichtung sollen stündlich für jede Person im
Winter bis zu 25cbm, im Sommer bis zu 50cbm eingeführt werden. Der Schraubenbläser drückt
die von der Straſse angesaugte Luft nach den Heizkammern und von dort nach den
Mischkanälen. Diese sind mit von auſsen regelbaren Klappen und mit von auſsen
ablesbaren Thermometern versehen. Die im Winter entsprechend erwärmte, im Sommer
durch Wassersprengung abgekühlte Luft tritt unter den Sitzen des Zuschauerraumes in
diesen aus; für die Treppen und Gänge sind Mündungen in den Wandflächen angeordnet.
Für den Bühnenraum strömt die Frischluft in die Unterbühne. Der Abzug der Abluft aus
dem Zuschauerräume findet durch Drehschieber an den Decken der Ränge und der Decke
des Zuschauerraumes nach einem Kanäle hin statt, in welchen der Schraubensauger
eingebaut ist. Dieser Kanal mündet in einen über Dach führenden Schlot. Für die
Bühne sind zur Entfernung der Abluft in der Decke Oeffnungen angebracht, welche ins
Freie führen und zugleich bei Feuersgefahr zum Abzüge des Rauches dienen sollen. Den
Bühnennebenräumen wird die Frischluft durch Kanäle zugeführt, die Abluft zieht nach
vier an den Ecken des Bühnenraumes hochführenden Thürmen und durch diese ins Freie.
Bei den Erfrischungsräumen wird die Frischluft durch Wasserheizröhren vorgewärmt,
die Abluft gelangt durch Kanäle nach einem neben dem Küchenschornstein liegenden,
über Dach führenden Abzugskanale. Die gesammte Anlage ist von E. Kelling in Dresden ausgeführt.
Zur Verbesserung der während der Concerte im kgl.
Odeonssaale in München entstehenden unerträglichen Luft- und
Temperaturverhältnisse war die Einführung elektrischer Beleuchtung beabsichtigt. Wie
das Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung,
1886 * S. 998 mittheilt, erbot sich nach Ablehnung des hierfür berechneten
Kostenbetrages von 56000 M. durch den bayrischen Landtag die München er
Gasbeleuchtungsgesellschaft, auf ihre Kosten eine Lüftung des Saales in Verbindung mit Sonnenbrennerbeleuchtung und
Niederdruck-Dampfheizung einzurichten, um zu zeigen, daſs bei groſsen
Versammlungsräumen auch bei Gasbeleuchtung gute Luft und angenehme Temperatur
erzielt werden können. Die hierzu von David Grove in
Berlin ausgeführte Anlage soll in der Stunde bis zu 54000cbm Frischluft einführen, so daſs der Saal eine
fünfmalige Lufterneuerung in der Stunde erhält. Durch einen mittels Gasmotor
getriebenen Schraubenbläser wird frische Luft aus der unteren Durchfahrt des Odeons
angesaugt und durch Filter nach Heizkammern gepreſst. Im Bedarfsfalle soll die
Frischluft durch zerstäubtes Wasser gefeuchtet werden. Die Erwärmung der kalten
Frischluft geschieht durch eine Niederdruck-Dampfheizung; die erwärmte Luft wird in
geräumigen Kanälen, die gröſstentheils durch Anbringung einer zweiten Decke in den
Gängen des Erdgeschosses gewonnen worden sind, wagerecht um den Saal herumgeführt,
steigt von diesen Hauptkanälen durch lothrechte Kanäle aufwärts und tritt oberhalb
und unterhalb der Galerie in den Saal. Hierzu dienen 8 in vorhandenen Nischen unter
der Galerie angebrachte Austrittsöffnungen in dem halbrunden Abschlusse des Saales,
woselbst sich das Orchester befindet, ferner 14 an den Wänden vertheilte Oeffnungen.
Diese Oeffnungen sind in solcher Höhe angebracht, daſs die einziehende Frischluft
die Zuhörerschaft nicht unmittelbar berührt, also nicht durch Zug belästigt. Ueber der Galerie sind
weitere 6 Ausströmungen angeordnet. Der Gesammtquerschnitt sämmtlicher Oeffnungen
beträgt rund 10qm die Einströmungsgeschwindigkeit
der Luft somit höchstens 1m,5 in der Secunde. Die
Abführung der Abluft geschieht durch 8 unter der Saaldecke angebrachte
Sonnenbrenner, von denen jeder 108 Gasflammen enthält, welche unter einem eisernen,
über das Dach ins Freie fuhrenden Schlote brennen. Dieser Abzug der Verbrennungsgase
ist von einem zweiten Schlote umgeben, in welchem durch den entstehenden starken
Auftrieb ein kräftiger Abzug der Abluft erfolgt. Durch Regelungsvorrichtungen kann
die Zuführung der Frischluft und die Entfernung der Abluft dem Bedarfe entsprechend
eingestellt werden. Vor der Benutzung des Saales, bevor also die Sonnenbrenner
angezündet werden, wird die Niederdruck-Dampfheizung zum Anwärmen benutzt.
Diese Lüftungsanlage wurde durch das hygienische Institut m München unter Leitung der HH. v. Pettenkofer,
Renk und Voit einer eingehenden Prüfung
unterzogen, wobei der Saal durch 1600 Soldaten besetzt und bei geschlossenen Thüren
und voller Beleuchtung Messungen der Temperatur- und Luftverhaltnisse innerhalb 2
Stunden vorgenommen wurden. Diese Untersuchung lieferte ein zufriedenstellendes
Ergebniſs. (Ausführliche Mittheilungen über das bei diesen Untersuchungen
eingeschlagene Verfahren und die Prüfungsergebnisse finden sich im Gesundheitsingenieur, 1887 Bd. 10 S. 224.)
Zum Schlusse sei noch die Lüftungsanlage des Stadt- und Landschaftshauses in Liverpool erwähnt, bei
welcher nach dem Sanitary Record, 188b S. 243 sogen.
Acme-Ventilatoren, ausgeführt von der Acme Ventilating and
Heating Company in Liverpool, zur Verwendung kamen. Bei diesen Gebläsen
wird eine Platte schwingend hin und her bewegt und wirkt dabei als Kolben in zwei
Räumen, welche mit Saug- und Druckklappen versehen sind. Der schwingende Kolben
saugt die Abluft an und drückt sie bei der Rückbewegung durch die Druckklappen in
einen Raum, aus welchem die Luft durch Schlote über Dach entweicht:
K. H.