Titel: Ueber Faserseiltriebe.
Autor: H. Gollner
Fundstelle: Band 264, Jahrgang 1887, S. 416
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Ueber Faserseiltriebe. Mit Abbildungen. Kàs, Hornsteiner bez. Gollner, über Faserseiltriebe. In der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1886 * S. 831 bringt A. Kás eine umfangreiche Theorie über den Faserseiltrieb und in den Technischen Blättern, 1886 * S. 137 berichtet R. Hornsteiner über beachtenswerthe fortschrittliche Ausführungen und Anwendungen von Faserseiltrieben. Beide Arbeiten sollen hiermit einem weiteren Leserkreise bekannt gemacht werden. Der Verfasser der Theorie des Faserseiltriebes, A. Kás, findet in der Wahrnehmung, „daſs selbst in den neuesten Hand- und Lehrbüchern, welche sich mit dem Seiltriebe befassen, die Faserseile meist nur oberflächlich und für den praktischen Gebrauch unzureichend behandelt werden“, den Anstoſs zur Entwickelung einer zweckentsprechend und zugleich sehr einfachen Berechnungsmethode dieses wichtigen Triebwerksmittels. Dazu muſs bemerkt werden, daſs verschiedene zu den neuesten Lehr- und Handbüchern zählende Werke vorliegen, welche die von A. Kás berührten Mängel und Unvollkommenheiten in Behandlung des Faserseiltriebes in theoretischer, wie praktisch constructiver Hinsicht entschieden nicht aufweisen, im Gegentheile die bezügliche umfangreiche Aufgabe in vollkommen sachgemäſser Weise erfassen und behandeln, zugleich die Ergebnisse und einschlägigen Erfahrungen nach Thunlichkeit benutzen, desgleichen auch die besonders im Versuchswege gewonnenen, vielfach entscheidenden Verhältnisse berücksichtigen und derart dem Grundsatze voll genügen, daſs „der Versuch die Grundlage für den Ansatz und Ausführung einer rationellen Theorie“ sein soll. Es braucht diesbezüglich nur auf die Arbeiten von ReuleauxVgl. Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes, Sitzungsberichte 1885 * S. 251 ff., K. Keller (vgl. 1887 263 1), C. BachVgl. Die Maschinenelemente (Stuttgart 1881) S. 161 ff.u.a. hingewiesen zu werden, welche zahlreiche Sonderarbeiten auf demselben Gebiete hervorriefen und zur Beschaffung reichhaltiger Unterlagen beitragen. Was nun die wissenschaftlichen Grundlagen betrifft, von denen der Verfasser ausgeht, so kennzeichnen dieselben die vorliegende Theorie auch als Näherungstheorie, die in mehreren Richtungen gar nicht umgangen werden kann und in welcher die gerade für die praktisch constructive Verwerthung der theoretischen Ergebnisse wichtigen Berechnungen der „Effectverluste“ des Faserseiltriebes gar nicht aufgenommen erscheinen und durch die einfache Einführung eines „Sicherheitscoefficienten“ nicht genügend ersetzt werden können. Gerade die Kenntniſs der Art und Gröſse der Effectverluste dieser Triebwerke (im Allgemeinen und für die gangbarsten Einzelfälle) führt zur richtigen Kennzeichnung dieser wichtigen Kraft und Bewegung übertragenden mechanischen Einrichtungen und soll insbesondere durch Ausführung von einschlägigen Festigkeits- wie Reibungsversuchen zur Gewinnung einer theoretischen Grundlage für die rechnungsmäſsige Behandlung die Frage über Gröſse und Einfluſs der Effectverluste gefördert werden. Es ist sehr wohl bekannt, daſs die bisher auf diesem Gebiete geleisteten wissenschaftlichen Versuche die zweckentsprechende Lösung der berührten Frage nicht erlauben, nachdem insbesondere die Elasticitätsverhältnisse der Faserseile noch nicht sicher festgestellt sind, ebenso wie die effective Biegungsspannung in einem solchen Seile, ferner die Steifigkeit, der „Schlupf“ desselben für einen bestimmten Betrieb, die Einsenkungen der Seiltrume u.s.f. noch nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit hat ermittelt werden können. Käs zieht nur die „absolute Festigkeit als Qualitätsmerkmal“ der Faserseile in Betracht und übersieht die Streckungsfähigkeit derselben an der Bruchgrenze, ein Vorgang, welcher von den Faserseilfabriken bestimmt nicht eingehalten wird, nachdem von dieser Seite die bedeutende Streckungsfähigkeit eines Faserseiles über dessen Elasticitätsgrenze als unvortheilhafte Eigenschaft des verwendeten Rohmaterials angesehen wird. „Gröſse Biegsamkeit bei geringer Längung“ sind Haupterfordernisse eines guten Materials für Faserseile. Die Faserseile werden im Sinne des Verfassers mit drei Gütestufen in die Rechnung eingeführt und durch den Coefficienten der Zugfestigkeit Kb im Werthe von 900at, 650at und 450at für die 3 Gütestufen gekennzeichnet. Soweit die Ergebnisse der Untersuchungen auf Zugfestigkeit von Hanf- und Baumwollseilen bekannt sind, erreichen Hanfseile den Festigkeitswerth Kb = 900at bestimmt nicht, um so weniger aber die Baumwoll-Treibseile. Es kann daher die sogen. „I. Qualität“ für Faserseile im obigen Sinne als nicht in die gröſse Praxis eingeführt angesehen und braucht daher weiter nicht in Betracht gezogen werden. Die sogen. „II. Qualität“ stimmt befriedigend mit jenen vorzüglich erzeugten Hanffaserseilen überein, welche von hervorragenden Seilfabriken für die groſsen bisher bekannt gewordenen Triebwerke geliefert werden. Hanfseile von „III. Qualität“ mit Kb = 450at empfehlen sich schon aus Sparsamkeitsrücksichten durchaus nicht; denn sie unterliegen aus mehrfachen Gründen einem vorzeitigen Verschleiſse. Baumwollseile weisen hingegen bei sorgfältiger Wahl des Materials und bewährter Erzeugungsmethode eine Festigkeitsgrenze für Zug auf, welche, zwischen 330 und 350at liegend, der angegebenen „III. Qualität der Faserseile“ verhältniſsmäſsig nahe kommt und bis auf Gewinnung verläſslicherer Angaben mit Kb = 350at in Rechnung gezogen werden kann. Der Verfasser zieht für die Faserseile eine zulässige Zuginanspruchnahme innerhalb der Grenzen von Kz =7at und 20at in Rechnung für (Hanf-) Seilstärken von d = 4,0 bis 5cm Durchmesser, welche über Scheiben gelegt werden, deren kleinster Durchmesser mit durchschnittlich D = 30 d angenommen ist. Behufs Feststellung eines passenden Verhältnisses D : d wählt der Verfasser die empirische Regel: D : d ⋝ d2 + 10, d.h. Dd3 + 10 d (D und d in Centimeter). Es ergibt sich sonach für: d =   2,   3,   4,   5,    6cm D 14, 19, 26, 35, 46cm. Es wird schlieſslich die zulässige Zugspannung Kz bei Faserseilen als Treibseile für (I. Qualität Kz = 18at) II. Qualität (normale Hanfseile) mit Kz = 13at, III. Qualität (annähernd für gute Baumwollseile) mit Kz = 9at festgesetzt; hierbei soll für Seile mit d < 4cm,5 D : d ≧ 30, für Seile mit d > 4cm,5 D : dd2 + 10 genommen werden. Die Wahl der zulässigen Inanspruchnahme auf Zug der guten Hanfseile mit durchschnittlich Kz = 13at und für gute Baumwollseile mit durchschnittlich Kz = 9at ist, wie im Folgenden näher begründet wird, richtig getroffen; sie wird gerade für mittelstarke Seile von d = 4cm,5 (Hanf) und von d = 1,5 bis 2cm,0 (Baumwolle) sehr befriedigend übereinstimmen mit den thatsächlichen Inanspruchnahmen von Faserseilen guter Erzeugung in bewährten Triebanlagen; sie wird für Hanfseile von d > 4cm,5 kleiner, für solche Seile mit d < 4cm,5 verhältniſsmäſsig gröſser genommen, für Baumwollseile mit rund Kz  = 100at bei d = 1,5 bis 2cm,0 festgesetzt werden können. Kás entwickelt nun auf Grundlage der mechanischen Eigenschaften der Seilcurve, für welche die gemeine Kettenlinie vorausgesetzt wird, die Längs-, Seiten- und Lothspannungen im Allgemeinen, wie die wesentliche Gesammtspannung in den Aufhängepunkten, ferner die Parameter, die Seilsenkungen unter Berücksichtigung des wagerechten und schiefen Triebes und gelangt zu Schlußfolgerungen, welche von den bisher gefundenen nicht in ihrem Wesen, sondern in einzelnen Fällen in der Form abweichen. Bei der Ermittelung der Nutzspannung im führenden und geführten Seiltrume wird in bekannter Weise der Einfluſs der Fliehkraft auf die wirkliche Seilspannung in Rechnung gezogen und endlich zur Wahl einer wichtigen Gröſse, d.h. des Reibungscoefficienten der Bewegung für das Seil gegen das Material der Seilrille, geschritten und für geklemmte Seile der Klemm- oder Keilwinkel festgesetzt. Als Werth für den absoluten Reibungscoefficienten unter Voraussetzung der Bewegung von mit Talg geschmierten Seilen auf bearbeitetes Guſseisen wird f = 0,19 genommen. Da der Werth f und der davon und dem Keilwinkel β abhängige Werth des relativen Reibungscoefficienten φ für die weitere Entwickelung der theoretischen Grundlage und ihrer Ergebnisse von gröſster Wichtigkeit ist, so sollen an dieser Stelle folgende Betrachtungen angeschlossen werden. Es sei zunächst erinnert, daſs Leloutre auf Grund gewissenhafter Versuche den absoluten Reibungscoefficienten f fand für: neue Hanfseile auf cylindrische Rollen (Keilwinkel β = 180°)  gelegt f = 0,075 Hanfseile, gelegt in cylindrische Rillen (Spuren) der Seilrollen f = 0,088 Hanfseile, gelegt in Rillen mit dem Keilwinkel β = 60° f = 0,150. Verfasser wählt für seine Faserseile, aus Hanf und Baumwolle, den Mittelwerth von f = 0,130 und einen Keilwinkel β = 30 bis 40°, wobei die Beziehung des relativen Reibungscoefficienten φ zu f und β sich ausdrücken läſst durch die Formel \varphi=f:\left(sin\frac{\beta}{2}+f\ cos\frac{\beta}{2}\right). Hierzu ist zu bemerken, daſs für Hanfseile ein Keilwinkel von 30° nicht vortheilhaft anzuwenden sein wird und zwar trotz seiner groſsen Keilwirkung, nachdem mit Verkleinerung des Keilwinkels die Güte des Faserseiles entschieden zunehmen muſs. Die heute am häufigsten angewendeten Keilwinkelgröſsen liegen je nach Seilgüte zwischen β = 40 und 48°, wie aus Angaben über mehrfache groſse Faserseiltriebe für Ne = 100 bis 1000 Pferd hervorgeht; für Baumwollseile wurde β = 30 bis 45° gefunden. Zum Nachweise, daſs die Werthe des absoluten wie relativen Reibungscoefficienten für Hanfseile bei festem Keilwinkel β und unter Anwendung derselben Scheibe (D) nicht nur davon abhängig sind, ob dasselbe im frischen oder gebrauchten Zustande, trocken oder geschmiert zur Verwendung kommt, sondern auch von dem Durchmesser d des Seiles und im vorliegenden Falle von dem Verhältnisse D : d beeinfluſst werden, sei auf die Rechnungsergebnisse hingewiesen, welche folgende auf Grund vorliegender Versuchswerthe ermittelte Tabelle in übersichtlicher Zusammenstellung bringt: Art desHantselles BesondereeZustanddesselben Durch-messer VollerQuerschnitt Verhältniſs-werth RelativerReibungs-coefficient Keilwenkel AbsoluterReibungs-coefficient Verhältniſs-werth Zuginan-spruch-nahme Verhältniſsder Rei-bungscoef-ficienten f d cm f qc e φa φ β° f D : d K z at \frac{\mbox{trocken}}{\mbox{geschmiert}} alt    trockengeschmiert 5,705,70 25,51725,517   5,961  3,304 0,3770,252 40°40° 0,2000,114 25,425,4   5,96  5,96 1,75 neu    trockengeschmiert 4,804,80 18,09518,095 12,200  3,707 0,4530,238 40°40° 0,2700,105 30,230,2   8,41  8,41 2,57 neu    trockengeschmiert 4,204,20 13,58413,584 23,750  4,228 0,5140,233 40°40° 0,3400,102 34,534,5 11,1811,18 3,33 Auf Grund dieser Ergebnisse würde für Hanfseile (Keilwinkel β = 40°) zu wählen sein: Absoluter Reibungs-coefficient (f) Hanſseil alt,neu, trockengeschmierttrockengeschmiert 0,2000,1140,3050,103 Mittelwerthe Hiernach liefern neue, trockene Hanfseile den gröſsten Reibungscoefficienten mit rund f =0,3, alte trockene Hanfseile einen um 33 Proc. geringeren Coefficienten, während – wie vorauszusehen – der Werth desselben Coefficienten für geschmierte (neue und alte) Hanfseile zwischen 0,10 und 0,11, also nahezu unverändert geblieben ist. Unter Einführung eines Sicherheitscoefficienten σ = 1,25 gelangt Käs zur Darstellung der einer gegebenen Umfangskraft P entsprechenden Nutzspannungen im treibenden und getriebenen Trume, mit Berücksichtigung der zur Ausgleichung der Wirkung der Fliehkraft nöthigen Spannungsvermehrung, welche zusammen die gröſste Seillängsspannung (an den Anlauf- und Ablaufstellen des Seiles) liefern. Diese Ausdrücke bieten nichts Neues, ebenso wenig jene für die effective Leistung Ne, welche ein Faserseil unter gegebenen Verhältnissen zu übertragen vermag. Für die Werthe von Ne für wagerechte und schiefe Seiltriebe sind unter Voraussetzung einer Reihe von Werthen (betreffend d, D, Umfangsgeschwindigkeit V, Kz ) drei Tabellen gerechnet, deren erste, eine Zugfestigkeit der Hanfseile Kz = 900at und eine zulässige Inanspruchnahme Kz = 18at, voraussetzend, nicht weiter in Betracht gezogen wird. Der Verfasser gelangt schlieſslich zu folgenden Werthen betreffend die zulässige Inanspruchnahme Kz der Seile und die vortheilhafteste Seilgeschwindigkeit V: Hanfseile K z = 13,0at und V = 22m    „ =   9,0 = 18 Baumwollseile = 13,0 = 25 Aus Aufnahmen, Vergleichungen wie Rechnungen über 9 bewährte Hanfseiltriebe für Ne = 100 bis 1000e, ergeben sich die in nachstehender Tabelle zusammengestellten abgerundeten Hauptwerthe der maſsgebenden Gröſsen: Geschmierte Hanſseile GeschmierteBaumwoll-seile Seildurchmesser d cm     4     4,5     5     1,5     2 Verhältniſswerth D : d   60   45   33   60   55 Keilwinkel β°   40   45   48   30   30 Zugfestigkeit des Seiles Kb at 650 600 550 350 330 Inanspruchnahme des Seiles Kz at   15   12   10   10   10 Leistung für 1 Seil Ne   22   25   27     4     8 Seilgeschwindigkeit V m   15   18    22   22   25 Sicherheitsgrad für das Seil Kb : Kz   45   50    55   35   33 Die Grenzwerthe für die angegebenen Seildurchmesser waren d = 3cm,8 und 5cm,3. Der Verhältniſswerth D : d war für die kleinere Seilscheibe maſsgebend. Die Keilwinkel β = 45° und 48° fanden sich sehr nahe gleich oft angewendet. Es waren vorzügliche Hanfseile zur Verfügung, die Anlagen selbst in England, Schweden, Deutschland, Italien und Indien ausgeführt. Die rechnungsmäſsig bestimmten Werthe wurden entsprechend abgerundet; die zulässigen Inanspruchnahmen Kz sind mit Rücksicht auf die Mehrspannung in Folge Einflusses der Fliehkraft festgestellt. Angaben über Baumwollseile für d > 2cm,0, etwa nach James Taylor in Oldham von d = 3,5 bis 5cm,7 Durchmesser, standen nicht zur Verfügung. Ueber neuere Anlagen und Betriebsverhältnisse für Baumwollseiltriebe berichtet Ingenieur R. Hornsteiner in den Technischen Blättern, 1886 * S. 137 ff. in anregender Weise, indem er sich auf die in der Zündhütchen- und Patronenfabrik vormals Sellier et Bellot bei Prag in zahlreichen und eigenthümlichen Anordnungen ausgeführten Seiltriebe unmittelbar bezieht, welche unter seiner Leitung in so vollkommener Weise ausgebildet wurden. Der Verfasser führt als Kennzeichen der heutigen Seiltriebe die Ausnutzung der „künstlichen Spannung“ des Seiles an, um während des Betriebes desselben die Folgen seiner Dehnung unschädlich zu machen und bemerkt, daſs man bisher die erforderliche Zugkraft der Seile entweder durch entsprechend viele und starke Seile bei Einhaltung einer gewissen erforderlichen kleinsten Entfernung der Scheiben, oder durch ein „Handspannen“, etwa wie beim Riemen durch „Verkürzung“ derselben, zu erreichen suchte. Nach Hornsteiner soll nun bei leichten (schwachen) und kurzen Seilen wegen ihres geringen Eigengewichtes die entstehende Dehnung durch Belastung des „geführten“ Seiltrumes ausgeglichen werden. Statt das Belastungsgewicht in Form von Seilgewichten in Anwendung zu bringen, werden die Gewichte von passenden Constructionstheilen zur Erreichung des bezeichneten Zweckes benutzt. Der Verfasser unterscheidet daher die künstliche Spannung der Faserseile von der vollkommen ausgebildeten mechanischen Spannung derselben, um die erforderliche Umfangskraft zum Ausdrucke bringen zu können. Daſs nur die letztere zu einem kleinsten Werthe der Effectverluste für eine anzuordnende oder gegebene Triebanlage führen kann, ergibt sich sofort aus dem Grundsatze der „mechanischen“ Spannungsmethode: daſs bei dieser lediglich nur die Gröſse der zu übertragenden Kraft, das Gewicht der Seile und der zur Spannvorrichtung gehörigen Theile maſsgebend sind, während bei der „künstlichen“ Spannung meist auſserordentliche, oftmals gar nicht genau nachweisbare Kräfte zur Wirkung kommen, welche unvermeidlich eine Verminderung des Nutzeffectes der Triebanlage zur Folge haben müssen. In dieser Beziehung wird der Hinweis auf den gewöhnlichen insbesondere senkrechten Riementrieb genügen. Es ist noch hervorzuheben, daſs die die kleinsten passiven Widerstände hervorrufende „mechanische“ Spannung jeder Zeit in der einfachsten Weise zu regeln sein wird, während die bisher ziemlich allgemein angewendete „künstliche“ Spannungsmethode nur eine in der Zeitdauer beschränkte Wirkungsfähigkeit haben kann und unter Herbeiführung von Betriebsstörungen wiederholt angewendet werden muſs. Hornsteiner gliedert die Anordnungen der „mechanischen“ Spannvorrichtungen oder „Spannungen“ folgendermaſsen: 1) Die „Perpendikel“-Spannung, welche nur für eine beschränkte Entfernung der Seilscheiben (E = 6 D) vortheilhaft anwendbar ist; 2) die „Gleittaschen“-Spannung, welche hauptsächlich in Betracht zu kommen hat; 3) die „Angel“-Spannung, welche durch besondere örtliche Verhältnisse bedingt wird. Bei der sogen. „Perpendikel“-Spannung werden nach Fig. 1 bis 4 und 7 die geführten Seiltrume durch Auflage von Druckrollen gebogen und dadurch verkürzt; nur ist es hierbei nothwendig, die Drehachse des die Druckrolle tragenden Hebels in die geometrische Mittellinie der Triebwelle bezieh. der Seilscheibe zu legen, oder doch diese Entfernung möglichst klein zu wählen, um eine möglichst ausgiebige Kürzung des Seiles zu erreichen. Die in Fig. 7 angedeutete, bisher allgemein gewählte Anordnung der Spannvorrichtung ist wegen der kleinsten möglichen Kürzung des Seiles verfehlt. Fig. 4 zeigt diejenige Anordnung, für welche die Bethätigung der Druckrolle nach auſsen erfolgen muſs, wenn eben die Entfernung der Triebwellen eine geringe ist. Bei manchen Ausführungen unter Anwendung der „Perpendikel“-Spannung ist die Gegenbiegung der Seile nicht zu umgehen, indessen hat sich nach den Erfahrungen des Verfassers dieselbe selbst nach mehrjährigem Vorhandensein nicht gerade schädlich gezeigt. Bei der „Gleittaschen“-Spannung läuft die Spannrolle zwischen zwei Gleitschienen und wird durch Gewichte gezogen. Bei senkrechten Trieben Hegt die Spannrolle zwischen beiden Seiltrumen; die Spannung kann nur auf das „geführte“ Trum einwirken. Fig. 5 und 6 zeigen zwei Anordnungen der Spannung für senkrechte Triebe. In Fig. 5 liegen die Seile in einer Ebene; es kommt aber eine Gegenbiegung des Seiles vor, da a die Leit- und b die Spannrolle bezeichnet. Nach Fig. 6 ist die Gegenbiegung des Seiles zu vermeiden, wenn die Leitrolle a neben der Seilscheibe R angeordnet wird, wodurch allerdings eine Ablenkung der Seilachsen entsteht, die aber bei einer Scheibenentfernung von E = 4 D als Dicht schädlich befunden wurde und häufiger als die Anordnung nach Fig. 6 gewählt wird. Die Länge des Seilstückes, um welches die Spann Vorrichtung das Seil zu kürzen im Stande ist, wird Spannfreiheit genannt; dieselbe muſs zweckmäſsig gewählt werden, da nach ihrer völligen Ausnutzung zur Kürzung des Seiles geschritten werden muſs und diese Arbeit ziemlich sicher das Ende der Seiltüchtigkeit bezeichnet. Fig. 1–11., Bd. 264, S. 422Fig. 1 bis 11.Für wagerechten Seiltrieb macht die Anordnung der Gleittaschen-Spannung im Allgemeinen gröſsere Schwierigkeiten. Nach Fig. 10 ist die früher beschriebene Spannvorrichtung in unmittelbarer Anwendung. Fig. 9 zeigt für wagerechte Triebe die Einschaltung von 3 Losrollen, unter welchen sich die Spannrolle b befindet. Das treibende Trum wird von I über Rolle M nach H, über L1 nach b und L2 zurück nach I geleitet, wenn sich das führende Seiltrum unten befindet und die Spannung des geführten Trumes nach abwärts gerichtet sein soll. Die Anordnung Fig. 11 gilt für den Fall kleiner Scheibenentfernungen und für die obere Lage des führenden Trumes; es entfällt in diesem Falle die Mittelrolle M. Bemerkenswerth ist, daſs die in Fig. 9 und 11 dargestellten Anordnungen der Spannung mit Spann- und Los- (Ueberlauf-) Rollen einer groſsen Anwendbarkeit selbst für besondere Lagen der Treib- und getriebenen Seilscheibe, für besondere Bedingungen hinsichtlich der Lage der Spannrolle, für- Eck- und Winkeltriebe fähig sind und auch von Hornsteiner zur vollkommenen Ausbildung gebracht wurden. Das Wesen der sogen. Angelspannung besteht darin, daſs die bei derselben angewendete Spannrolle b an einem Hebelarme läuft und bei ihrer Bewegung einen Kreisbogen beschreibt. Fig. 8 stellt die grundsätzliche Anordnung dieser Spannung dar. Die Spannfreiheit ist im Allgemeinen gering und die Bedingung zu erfüllen, die Drehhebel so lang zu machen, daſs die Nabe der Spannrolle b nicht aus den Seillinien heraustritt, während der Rollenkranz noch vor dem Seile vorbeigeht. Die Angelspannung ist auch für Ecktriebe bei kurzer Entfernung der Seilscheiben vortheilhaft anwendbar, wenn dieselbe in die Ecke gelegt wird. Der Verfasser erwähnt noch der bereits einige Jahre im Betriebe stehenden Spiraltriebe, bei welchen ein endloses Seil zur Anwendung kommt, wenn die Zugkraft eines einzigen Seiles nicht ausreichen sollte, wobei auſser der „Perpendikel“-Spannvorrichtung die übrigen hervorgehobenen Spannungen Anwendung finden können. Die Gröſse (D) der Scheiben der Baumwollseiltriebe als Hauptscheiben wird für V < 3m genommen D ⋜ 15 d, wobei d den Durchmesser des Seiles bedeutet, für V > 5m, D ⋝ 20 d; die Losrollen und Ueberlaufrollen mit halbkreisförmigen Rillen erhalten einen Durchmesser D = 25 d. Die Rillen der Hauptscheiben sind keilförmig, der Keilwinkel liegt zwischen 30 und 50°. Hornsteiner spricht sich endlich über die mechanischen Vortheile der Baumwollseiltriebe sowie über die Wirtschaftlichkeit solcher Triebanlagen in begründeter Weise aus und hebt noch die Leichtigkeit der Ausrückung der laufenden Seiltrume unter Anwendung einfacher Hilfsscheiben und Gabeln hervor. Betreffend die Beschaffenheit der angewendeten Seile wird angegeben, daſs diese aus 3, höchstens 4 Litzen bestehen, wobei doppelt gedrehte Seile (bei welchen jede Litze wieder aus 3 oder mehreren Litzen besteht) für Triebzwecke entschieden zu verwerfen sind. Es wird weiterhin bemerkt, daſs einzelne Fäden nicht zu sehen sein sollen, da sich derartige Seile nicht verlaufen, d.h. keine stetige, geschlossene Oberfläche erhalten. Gute Seile zeigen nach einiger Verwendungsdauer keine einzelnen Litzen mehr, erscheinen auſsen cylindrisch und nach dem Durchschnitte als eine geschlossene Masse einzelner Fäden. Als Schmiermittel für Baumwollseile wird eine Mischung von ungesalzenem Unschlitt, Wachs und etwas Colophonium empfohlen. Prof. H. Gollner.