Titel: Plan, Ausführung und Veranschlagung der Blitzableiter; von Dr. O. v. Ritgen, Landbauinspector.
Autor: O. v. Ritgen
Fundstelle: Band 265, Jahrgang 1887, S. 210
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Plan, Ausführung und Veranschlagung der Blitzableiter; von Dr. O. v. Ritgen, Landbauinspector. (Fortsetzung des Berichtes S. 145 d. Bd.) Mit Abbildungen. v. Ritgen's Plan, Ausführung und Veranschlagung der Blitzableiter. Bezüglich der Fangstangen sei noch Folgendes erwähnt. Vielfach wird von Fachmännern die Ansicht vertreten, eine gute Blitzableiteranlage müsse so eingerichtet sein, daſs sie der Entstehung von Blitzen bis zu einem gewissen Grade zuvorkomme. Die Spitzen müſsten nämlich elektrisches Fluidum in genügendem Maſse ausströmen lassen, um die Spannung der in der Gewitterwolke angehäuften entgegengesetzten Elektricität an der betreffenden Stelle soweit herabzumindern, daſs eine plötzliche und gewaltsame Entladung überhaupt nicht stattfinde. – In wie weit aber thatsächlich eine derartige Wirkung auch von den besten ausgeführten Blitzableitern erwartet werden darf, darüber herrscht zur Zeit noch keine Uebereinstimmung der Sachkundigen. Die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften sagt in einem Gutachten vom 5. August 1880Monatsberichte der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften, 1880 S. 744 bis 756. ausdrücklich: „Dass durch Spitzen, wie die der Blitzableiter im Laufe einer oder mehrerer Viertelstunden Mengen von Elektricität aus der Luft entladen werden können, die im Verhältniſs zur Leistung unserer Elektrisirmaschinen sehr groſs erscheinen, ist genügend constatirt; ob diese Mengen aber gegen die kolossalen in den Wolken aufgespeicherten Quantitäten in Betracht kommen, ob überhaupt die von der Spitze aus entgegengesetzt geladene Luft schnell zur Wolke hinaufgezogen wird, oder die empfangene Elektricität schnell zur Wolke ableiten kann, erscheint höchst zweifelhaft. „Die Gefahr der explosiven Entladung wird durch eine oder wenige Metallspitzen bei schnell ziehenden und kurz dauernden Gewittern schwerlich erheblich gemindert. Den Blitzschlägen folgt meist unmittelbar eine starke Steigerung des Regens, d.h. jene entstehen wahrscheinlich durch den Umstand, daſs in der Höhe durch Mischung verschieden warmer und feuchter durch einander gewirbelter Luftmassen eine starke Condensation von Dämpfen eingetreten ist, und in dem herabfallenden Regenschauer die Elektricität der Dämpfe condensirt ist. Ehe das herabfallende Wasser noch die Erde erreicht, entladet es seine Elektricität in den Erdboden und trifft deſshalb selbst erst einige Momente später unten ein. Während dieses schnellen Absteigens die ungeheure Elektricitätsmenge der Wassermasse durch eine Spitze zu entladen, ist wohl wenig Aussicht.“ Soweit die preuſsische Akademie der Wissenschaften. Dagegen legen in Frankreich auch competente Physiker gröſseren Werth auf die schützende Wirkung der Blitzableiter vermöge der aus den Spitzen ausströmenden Elektricität. Sie unterscheiden zwischen paratonnerre préservatif und préventif und stellen an einen guten Blitzableiter die Anforderung, daſs er auch die letztere Bezeichnung in vollem Maſse verdiene. Obschon nach dem Obigen dies Verlangen zu weit geht, namentlich in dieser verallgemeinerten Form, so mag es doch in gewissen Fällen empfohlen werden, z.B. da, wo ein einzelnes Gebäude oder eine gröſsere Gebäudegruppe auf einer Bergspitze errichtet ist und erfahrungsgemäſs in häufige nahe Berührung mit Gewitterwolken kommt, daſs man auch auf eine ausgiebige Spitzenwirkung durch Ausströmen der Elektricität Rücksicht nimmt, indem man die äuſsersten Endigungen der Fangstangen jenem Zweck entsprechend construirt. Es wird daher im Folgenden auch eine derartige Spitzenbildung in den Kreis der Betrachtung gezogen werden. Abweichend von der bisher besprochenen bei uns gebräuchlichen Anordnung der Blitzableiter, welche sich im Wesentlichen nach den zuerst von Gay-Lussac gegebenen Vorschriften herausgebildet hat, empfiehlt Melsens in Brüssel ein System, welches unter Anwendung vielfacher und zahlreicher Spitzen, Ab- und Bodenleitungen das Gebäude gewissermaſsen mit einem Metallnetze umhüllt. Nach der mehrfach angeführten Schrift „Die Blitzgefahr“ „fehlt es aber noch an genügenden Erfahrungen um einen entscheidenden Vorzug des Systems von Melsens vor dem älteren von Gay-Lussac, das bei guter Ausführung wohl bewährt ist, behaupten zu können.“ Hinsichtlich der unter den beiden Systemen zu treffenden Wahl heiſst es an der betreffenden Stelle (Seite 24 – 25) weiter: „Wo eine unzweifelhaft gute Erdleitung gewonnen werden kann, bietet sowohl das Melsens'sche wie das Gay-Lussac'sche System ausreichenden Schutz. Die Entscheidung zwischen beiden wird demnach in diesem Falle eine Frage der Kosten, bezieh. der architectonischen Rücksichten sein... Es ist zu empfehlen, die hergebrachte Form der alten Blitzableiter in solchen Fällen in dem Melsens'schen Sinne zu modificiren, wo der Natur der Oertlichkeit nach nicht ein sehr geringer Erdausbreitungswiderstand verwirklicht werden kann, wobei aber immer die möglichste Verminderung der Summe aller Ausbreitungswiderstände, sowie die Nothwendigkeit, daſs jeder das Gebäude an exponirten Stellen treffende Blitzschlag eine Leitung von hinlänglichem Querschnitte vorfinde, in erster Linie zu berücksichtigen bleiben.“ Es verdient noch Folgendes über die Ausbildung von Spitzen hier erwähnt zu werden. Legt man besonderen Werth auf die schützende Wirkung der Spitzen durch Ausstrahlung der Elektricität und darauf, daſs, auch nachdem eine oder mehrere der Blitzentladungen den Blitzableiter getroffen haben, die Schärfe dieser Spitzen möglichst erhalten bleibt, so ist es zweckmäſsig, nicht sowohl durch Anwendung kostspieliger Metalle, die ja auch geschmolzen werden können, für die Erhaltung der zugespitzten Theile zu sorgen, sondern vielmehr durch Vermehrung und Vervielfältigung der ausstrahlenden Spitzen. Von diesem richtigen Grundsatze ausgehend, hat Buchin im J. 1877 eine Spitze construirt und sich in Frankreich patentiren lassen, welche in Fig. 9a dargestellt ist. Der Ingenieur Tricoche theilt darüber im Genie civilGénie civil, 1887 S. 128 u. ff., dem wir auch die Fig. 9a und 9b entnommen, u.a. Folgendes mit: Diese Spitze, aus Rothkupfer gefertigt mit rautenartigem Querschnitt, ist von einer Pyramide bekrönt. Zum Ausströmen der Elektricität bieten sich also nicht nur die äuſserste Spitze, sondern auch die am Schnitte der Basis der Pyramide mit dem aufsteigenden Schaft entstehenden scharfen Ecken dar, ebenso wie alle Kanten, welche letztere wie eine beträchtliche Zahl von Ausstrahlungspunkten in Wirkung treten. Diese Anordnung hat daher den Vortheil, dem Abflieſsen der Electricität einen gröſseren Querschnitt zu bieten und sucht die Spitze gegen die Schmelzung zu sichern, welche bei einer oder einer geringen Anzahl einzelner Spitzen eintritt. Gleichzeitig gewährt sie den Vortheil der leichteren Aufnahme solcher Blitzschläge, die etwa von der Seite her erfolgen. – Im Jahre 1880 wurden auf dem Pic du Midi (in Höhe von 2877m) 9 Blitzableiter mit derartigen Spitzen hergestellt. Die Ergebnisse waren sehr günstig, „derart, daſs das Observatorium, auf dem dieselben angebracht waren, ganz sicher vor den Blitzschlägen blieb, welche früher den Pic du Midi so oft aufsuchten“L'Année scientifique 1884.). Fig. 9a., Bd. 265, S. 212Fig. 9b., Bd. 265, S. 212Im J. 1880, nachdem sich die Erfindung Buchin's derart praktisch bewährt hatte, lieſs sich derselbe weiter eine Form patentiren, bei welcher die Kanten vermehrt und die Zahl der Spitzen erheblich vergröſsert erscheint, wie dies aus Fig. 9b zu ersehen ist. Wir möchten mit Tricoche darin übereinstimmen, daſs diese oder eine ähnliche Form von Spitzen bald weitere Verbreitung finden wird. Namentlich dürfte dieselbe die weit weniger sinnreich construirten „Spitzenbündel“, die man auch bei uns hier und da verwendet findet, mit Recht verdrängen. Selbstredend können Spitzen der oben beschriebenen Art ohne besondere Schwierigkeit auf die gewöhnlichen massiven Fangstangen aufgeschraubt werden, ohne daſs hinsichtlich der Construction und Befestigung der letzteren Aenderungen erforderlich werden. II. Die Leitungen. a) Allgemeines. Die Zwischenleitungen sollen möglichst kurze, geradlinige und ununterbrochen metallische Verbindungen der Fangstangen mit den Versenkungen (Bodenleitungen) herstellen. Eine solche Leitung bilde eine möglichst gleichmäſsige Rinne zum Abflieſsen des elektrischen Stromes. Wie ein Wildbach da Zerstörungen anrichtet, wo sich sein Bett verengt, oder wo sich dem gleichmäſsigen Weiterströmen sonstige Hindernisse entgegenstellen, wie derselbe geneigt ist, das Bett ganz zu verlassen, wenn die Richtung plötzlich wechselt, verhält es sich mit dem abzuleitenden Blitzstrahl, wenn sich in der metallischen Straſse, auf welcher er herabfährt, Verengerungen, Unterbrechungen oder allzu scharfe Biegungen vorfinden. Wie die Schwerkraft die Wassertheile unablässig nach unten zieht, so wird der electrische Strom nach seinem Endziel, dem feuchten Erdinneren zugetrieben. Allerdings kann hierbei die Richtung der Anziehung erheblich von der Lothrechten abweichen, je nachdem über oder unter der Erdoberfläche befindliche Metallmassen, Wassermassen oder feuchte Erdschichten, durch ihre Anziehung den Weg beeinflussend, in Thätigkeit treten. Man möge die elektrische Wirksamkeit solcher Massen mit abschätzen und danach die Resultante bestimmen, welche in jedem einzelnen Falle an die Stelle der Senkrechten zu treten hat; es gilt dann für diese Richtung das über die Senkrechte Anzuführende. Die Senkrechte ist der kürzeste Weg zu dem zu erreichenden Endziele und je weniger eine Ableitung von der Senkrechten abweicht, desto besser wird sie geführt sein. Hieraus geht schon hervor, daſs es wünschenswerth ist, für jede Fangstange eine Ableitung zu haben (damit der Weg in jedem einzelnen Falle ein möglichst kurzer sei), allein in Rücksicht auf die Kostenersparniſs begnügt man sich in vielen Fällen mit einer Ableitung für je 2 Fangstangen. Die Zahl der Ableitungen noch mehr zu beschränken, ist nicht räthlich, weil sonst das Zutrauen zur Wirkung der ganzen Vorrichtung sich mit Recht sehr vermindert. Eine einzelne Stange erhält selbstverständlich eine Ableitung, doch kann der Fall eintreten, daſs es zweckmäſsig ist, mehrere Ableitungen bei einer Fangstange anzuwenden. Hierbei wird aber alsdann immer der Gedanke zu Grunde liegen, daſs die Ableitungen noch den weiteren Zweck haben, durch unmittelbare Aufnahme eines Blitzstrahles denjenigen Seiten des Gebäudes, an welchen sie heruntergeführt werden, Schutz zu gewähren; es wird dann in vielen Fällen dienlich sein, auch seitliche Spitzen (vgl. Fig. 9 unter „Fangstangen“) anzubringen. Wo mehrere Fangstangen und mehrere Ableitungen (Bodenplatten) angebracht werden, ist es nicht zweckmäſsig, dieselben getrennt, als einzelne für sich bestehende Blitzableiteranlagen anzuordnen. Es sollen vielmehr alle Theile zu einem Ganzen verbunden werden. Diese Verbindung wird in den meisten Fällen durch die Firstleitung bewirkt, welche die Fangstangen verbindet, und auſserdem, wie im vorigen Abschnitte erwähnt, auch den Zweck hat, die First besonders zu sichern. Schlieſst man nun die abwärts führenden Leitungen an irgend welche Stellen der Firstleitung oder unmittelbar an Fangstangen an, so wird dadurch bewirkt, daſs, wenn ein Blitz eine der Stangen trifft, je nach Umständen sämmtliche Ableitungen, bezieh. Bodenplatten bei Entladung des electrischen Stromes in den Boden mitwirken können. Es ist einleuchtend, daſs auch die entfernter liegenden Ableitungen nebst Bodenplatten in Folge der Inductionswirkungen in demselben Maſse zu Verstärkung der Anziehung der getroffenen Spitze (auf den Blitz) beigetragen haben werden, als sie zur Ableitung in den Boden mitwirken, weil die elektrische Ausgleichung den vorhergegangenen Inductionswirkungen entsprechend vor sich geht. Man wird nach dem Vorbemerkten und wenn man noch ins Auge faſst, daſs es vor allem dienlich ist, an der Wetterseite, bezieh. Wetterecke des Gebäudes eine Leitung herabzuführen und mit Bodenplatte u.s.w. zu versehen, unschwer für ein bestimmtes Gebäude einen Plan der Ableitungen entwerfen; allerdings muſs hierbei auch auf geeignete Stellen für die Versenkungen Rücksicht genommen werden (vgl. folgenden Abschnitt). Die Eigenschaft des abzuführenden elektrischen Stromes, daſs er an scharfen Ecken leicht abspringt, kann namentlich da verhängniſsvoll werden, wo die ursprüngliche Richtung die senkrechte ist und der Strom zu einer mehr oder weniger flachgeneigten oder gar zur horizontalen Richtung abgelenkt werden soll (z.B. an der First). Hier wende man zur Verbindung sanft gebogene Stücke an. Als kleinster zulässiger Halbmesser für Biegungen überhaupt werde, wie in vielen Schriften empfohlen wird, 40cm angenommen. b) Querschnitt der Leitungen. Wahl des Metalles.Vgl. Mittelstraß 1873 208 * 266. Nippoldt 1875 216 364. Meidinger 1877 226 205. Für die Bestimmung der Gröſse der Querschnittsfläche der Leitungen ist lediglich die Anforderung maſsgebend, daſs die Leitung im Stande sein soll, einen der stärksten vorkommenden Blitze zu leiten, ohne dabei in gefahrbringendem Grade erhitzt zu werden. Eine über dieses Erforderniſs hinausgehende Vermehrung der Querschnittsfläche der Leitung behufs Verminderung des Leitungswiderstandes würde in der Regel nur einen im Verhältniſs zu den aufzuwendenden Kosten geringen Nutzen haben, weil bei den meisten Blitzableitern der gröſste Theil des Leitungswiderstandes in die Erde fällt; es ist daher für die Bestimmung der Querschnittsgröſse gleichgültig, ob die Leitung eine kürzere oder längere ist (vgl. auch den folgenden Abschnitt).Gutachten der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften vom 5. August 1880 unter 3) bezieh. 2). Für eine eiserne Leitung genügt eine Querschnittsfläche von 1qc; Kupferleitungen sollen nicht unter 0qc,4 erhalten. Die Königl. Preuſsische Akademie der Wissenschaften spricht sich hierüber bei Vergleichung kupferner und eiserner Leitungen wie folgt aus: „Es kommt nicht bloſs darauf an..., daſs in den Leitungen durch eine Blitzentladung die gleiche Wärmemenge entwickelt werde, sondern es kommt auf die Temperatur an, die dadurch in dem Metalle entsteht, und darauf, wie nahe diese dem Schmelzpunkte des Metalles kommt. Damit die Wärmemengen gleich sind, die derselbe elektrische Strom in einer Kupferleitung und Eisenleitung von gleicher Länge erzeugt, muſs der Querschnitt des Kupfers etwa ein Siebentel von dem des Eisens sein. Sollen die Temperaturerhöhungen in beiden gleich sein, so muſs aber das Kupfer einen Querschnitt haben, der etwa der 2½. Theil von dem des Eisens ist; und bei diesem Verhältniſs der Querschnitte ist die Gefahr, daſs eine Schmelzung eintritt, beim Kupfer immer noch gröſser, als beim Eisen, weil der Schmelzpunkt des Kupfers niedriger als der des Eisens ist.“ Auch die Königl. Sächsische Technische Deputation empfiehlt auf S. 14 denen, die sich zu den ohnedies höheren Kosten einer Kupferleitung entschlieſsen, sich nicht zu scheuen, zu noch gröſseren Querschnitten, als denen eines Kupferdrahtes von 6mm Durchmesser (= 0qc,28) zu greifen. Die Frage, ob man eiserne oder kupferne Leitungen wählt, ist eine solche, bei deren Entscheidung nur bautechnische Gesichtspunkte und der Kostenpunkt bestimmend sein sollen, denn weder aus der Theorie, noch aus der wissenschaftlichen Erfahrung über Gewitterelektricität und Btitze lassen sich durchschlagende Gründe herleiten, das eine oder das andere Metall vorzuziehen. Spillner in Aachen empfiehlt die Anwendung der beliebten 12fach geflochtenen Kupferdrahtseile von 2 bis 2mm,5 Stärke jedes Drahtes (0,38 bis 0qc,60 Gesammtdurchschnitt) in Rücksicht darauf, daſs ein Schaden, welcher bei einem einzigen starken Drahte an brüchigen Stellen leicht entsteht, hierdurch vermieden werde, ferner, weil ein solches Kabel leicht zu versenden und anzubringen sei, während sich der Preis nur wenig höher stelle, als der eines einzelnen Drahtes. Zugefügt wird, daſs die Befürchtung, ein, Kabel würde wegen seiner rauhen Oberfläche von der Witterung zu leiden haben, sich bis jetzt noch nicht bewahrheitet habe. Da solche Drahtseile in sehr groſsen Längen zu haben sind, ist es oft möglich, Stöſse der Leitung ganz zu vermeiden, indem das obere Ende des Kabels unmittelbar mit der Spitze, das untere mit der Erdplatte verbunden wird. Der Vortheil einer geringen Anzahl von Stöſsen, den auch die aus einem einzigen Drahte bestehenden Kupferleitungen gewähren, ist nicht hoch genug anzuschlagen, in allen den Fällen, in denen eine sorgfältige Ueberwachung durch den Bauherrn oder einen von ihm Beauftragten fehlt. Bei öffentlichen Bauten, welche unter der sorgfaltigen Ueberwachung von Baubeamten ausgeführt werden, wird dieser Umstand nicht ausschlaggebend sein, vielmehr empfiehlt sich bei diesen Bauten in Rücksicht auf die möglichste Kostenersparniſs in erster Linie die Anwendung eiserner Ableitungen. Man verwendet hierbei runde, verzinkte Eisenstangen von der erforderlichen Querschnittsfläche, welche jedoch ihrer Steifigkeit halber schwer anzubringen sind, oder besser 2 verzinkte Eisendrähte von 8mm Durchmesser (also von zusammen 1qc Querschnittsfläche).Königl. Sächsische Technische Deputation. Gemeinfaſsliche Belehrung über die zweckmäſsige Anlegung von Blitzableitern. Dresden 1884 S. 13. Nachträglich mögen hier noch die auf Seite 33 der Schrift „Die Blitzgefahr“ gegebenen Vorschriften über die Stärke der gewöhnlichen Leitungen wörtlich angeführt werden: Als Minimalmaſse für die Dicke der Leitungen gelten: Verzweigte kupferne Leitungen von kreisförmigem Querschnitt sollen mindestens 0cm,6 Durchmesser, unverzweigte mindestens 0cm,8 Durchmesser haben, was einem Querschnitte von 0,283 bezieh. 0,505 entspricht. Bei Anwendung von Kupferdrahtseilen soll die Summe der Querschnitte der einzelnen Drähte bezieh. 0qc,3 und 0qc,6 sein, so daſs ein aus Drähten von 2mm Durchmesser bestehendes Seil bezieh. 10 und 19 Einzeldrähte enthalten soll. Bei Anwendung von Kupferblech, dessen Dicke nicht unter 1mm genommen werde, sollen die Breiten mindestens bezieh. 3,0 und 5cm,0 sein. Verzweigte eiserne Leitungen sollen mindestens 0cm,8 Durchmesser, unverzweigte mindestens 1cm Durchmesser haben, was einem Querschnitte von 0,503 und 0qc,95 entspricht.“ „Bei Anwendung von Eisendrahtseilen soll die Summe der Querschnitte der Einzeldrähte bezieh. 0,6 und 1qc,2 sein. Bei der am wenigsten vortheilhaften Anwendung von Bandeisen, dessen Dicke nicht unter 4mm sein soll, ist eine Breite von nicht unter 1,3 bezieh. 2cm,5 erforderlich.“ c) Befestigung der Leitungen. Die Befestigung der Leitung auf dem Dache wird durch besondere winkelförmige Stützen bewirkt, deren einer Schenkel mittels 2 Holzschrauben fest mit der Dachschalung verbunden ist, deren oberes Ende aber mit je einer Oese zur Aufnahme der Leitung versehen ist. Diese Oese kann entweder dadurch gebildet werden, daſs die Enden des oben gabelförmig auslaufenden Eisens wie in Fig. 1, nachdem die Leitung angebracht ist, so gebogen werden, daſs dieselbe fest umfaſst wird, oder man kann auch das gabelförmige Ende (Fig. 2) durch einen Splint schlieſsen. Besonders zu empfehlen ist die in Fig. 3 dargestellte Befestigungsart, bei welcher wie in Fig. 4 die Leitung, die auf der Stütze aufruht, noch durch ein besonderes Deckstück, welches durch zwei Schraubenbolzen mit jenem verbunden ist, festgehalten wird. Fig. 1., Bd. 265, S. 216 Fig. 2., Bd. 265, S. 216 Fig. 3., Bd. 265, S. 216 Fig. 4., Bd. 265, S. 216 Bei Schieferdächern geht zweckmäſsigerweise die Anbringung und Befestigung der Dachstützen des Blitzableiters dem Eindecken des Daches an jeder Stelle unmittelbar voran; man ist daher genöthigt, diese Anbringung und Befestigung der Stützen durch den Dachdecker ausführen zu lassen, weil der Schlosser oder Mechaniker, dem die Ausführung des Blitzableiters übertragen ist, nicht während der ganzen Zeit, welche die Eindeckung des Dachwerkes in Anspruch nimmt, zugegen sein kann. Letzterem fällt es zu, nach Eindeckung der gesammten Dachfläche die Leitung auf die Stützen zu legen und zu befestigen. Eine Form der Stützen, bei welcher dieselben Beschädigungen durch die Schieferdecker weniger ausgesetzt sind und bei welcher das nachträgliche Anbringen der Leitung erleichtert wird, gewährt daher besonderen Vortheil. Die Stützen werden zweckmäſsig mit untergelegten Zinktafeln oder Bleiplatten versehen, die an der Befestigungsstelle das Dach vor Undichtigkeit sichern (Fig. 5). Fig. 5., Bd. 265, S. 217Die Firststützen sind stumpfwinkelig, die für die Dachfläche zu verwendenden Stützen rechtwinkelig gebogen Die Stützweite beträgt in der Regel etwa 1,5 bis 2m. Bei Anbringung der Leitungen diene als Regel, daſs dieselben weder straff angezogen, noch an den Befestigungsstellen so stark gepreſst werden, daſs ihr Querschnitt verändert wird. Fig. 6., Bd. 265, S. 217Fig. 7., Bd. 265, S. 217Besondere Sorgfalt ist bei den Leitungen auf die Verbindung der Stöſse zu richten. Bei starken Drähten erfolgt dieselbe zweckmäſsig durch Muffen mit Schraubengewinden, in welche die beiden Enden eingeschraubt werden. Ueberdies wird noch durch Löthmetall, welches man nach dem Einschrauben in die besonders eingefeilte Nuth ab (Fig. 6 und 7) einflieſsen läſst, eine unmittelbar leitende Verbindung der beiden Stücke hergestellt. Bei Abzweigungen verwendet man Doppelmuffen (Fig. 8 und 9). förmige Muffen sind weniger empfehlenswerth, weil dabei der Anschluſs der Nebenleitung nicht mittels sanft geschwungener Biegung erfolgen kann. Fig. 8., Bd. 265, S. 217Fig. 9., Bd. 265, S. 217Am Mauerwerke wird die Befestigung der Ableitungen durch gerade stützen bewirkt, welche zwischen die Fugen der Steine eingesetzt und vergypst oder in besonders eingemauerte Holzdübel eingetrieben werden. Den unteren Theil einer Ableitung schützt man zweckmäſsigerweise vor Beschädigung durch Muthwillige mittels eines übergeschobenen etwa 3m langen Eisenrohres (Gasrohres). Dasselbe reicht etwa 50cm tief in den Boden hinein und schützt zugleich die unmittelbar am Boden liegende Stelle der Leitung gegen den wechselnden Angriff der Luft und der Bodenfeuchtigkeit. (Fortsetzung folgt.)