Titel: Eine neue Methode zur Entwickelung von Chlorgas aus Chlorkalk unter Anwendung des Kipp'schen Apparates.
Fundstelle: Band 265, Jahrgang 1887, S. 379
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Eine neue Methode zur Entwickelung von Chlorgas aus Chlorkalk unter Anwendung des Kipp'schen Apparates. Kipp's Apparat zur Entwickelung von Chlorgas aus Chlorkalk. Die bisher in den Laboratorien übliche Methode der Chlorentwickelung unter Anwendung von Braunstein ist, abgesehen von ihrem unregelmäſsigen Verlauf, schon der erforderlichen Erwärmung halber, mit mancherlei Unbequemlichkeiten verbunden. Vor allem hat das Verfahren die Unvollkommenheit, daſs man die Gasentwickelung nicht beliebig in Gang setzen und wieder unterbrechen kann. Auch das von H. Kaemmerer angegebene Verfahren der Chlordarstellung aus Chlorkalk durch Einwirkung von Salzsäure besitzt den Nachtheil, daſs bei der pulverförmigen Beschaffenheit des Chlorkalkes die Entwickelung anfänglich eine sehr stürmische ist, sehr bald aber nachläſst. Clemens Winkler schlägt nun neuerdings vor (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1887 Bd. 20 S. 184), den Chlorkalk unter Anwendung eines geeigneten, indifferenten Bindemittels zu Stücken zu formen und mit diesen einen gewöhnlichen Kipp'schen Gasentwickelungsapparat zu füllen. Das geeignetste Bindemittel ist für diesen Zweck der gebrannte Gyps. Die Formung selbst wird am besten auf folgende Weise vorgenommen: Man mengt besten, trockenen Chlorkalk mit einem Viertel seines Gewichtes gebrannten Gyps auf das Innigste und feuchtet das Gemenge mit kaltem Wasser in dem Maſse an, daſs beim Durcharbeiten eine feuchte, bröcklige Masse entsteht, die sich nur mit Mühe zwischen den Fingern ballen läſst. Gröſserer Wasserzusatz ist zu vermeiden. Durch kurzes Stampfen mit einer eisernen Mörserkeule ertheilt man dieser Masse die erforderliche Festigkeit und schlägt sie sodann in ein auf horizontaler Grundlage ruhendes, eisernes Rahmengeviert von 10 bis 12mm Höhe, wozu man sich eines flachen, eisernen Schlägels bedient. Wenn der Rahmen reichlich vollgestampft ist, breitet man über seinen Inhalt ein Stück Wachstuch oder Gummiplatte und unterwirft das Ganze dem Drucke einer starken Presse. Die jetzt fertige viereckige Chlorkalkscheibe wird dann unter Anlegung einer eisernen Reiſsschiene an den sie umschlieſsenden Rahmen zu Würfeln geschnitten, dann aus dem Rahmen heraus und auf eine Holz- oder Blechunterlage gedrückt und bei einer 20° nicht überschreitenden Temperatur möglichst rasch getrocknet. Die noch lose an einander haftenden Würfel trennt man zwischen den Fingern und bewahrt sie in gut schlieſsenden Gefäſsen zum Gebrauche auf. Man läſst auf diese in einen Kipp'schen Apparat eingefüllten Würfel Salzsäure vom spec. Gew. 1,124 mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt einwirken. Die angewendete Säure braucht nicht chemisch rein zu sein, nur darf sie keine Schwefelsäure enthalten, da sonst Auskrystallisation von Gyps eintritt. Der als Bindemittel verwendete Gyps verursacht dagegen keine Störung, er fällt in dem Maſse, als der Chlorkalk sich auflöst, als dichtes Pulver nieder, das sich am Boden des Apparates in wenig voluminöser Schicht ablagert. Der auf diese Weise erzeugte Chlorstrom ist immer ohne alle Vorbereitung zur Verfügung; er kann durch einfaches Oeffnen oder Schlieſsen des Hahnes beliebig erzeugt oder unterbrochen werden. Diese Chlorentwickelungsmethode von Clemens Winkler dürfte wohl für die Zukunft das bis jetzt übliche Braunstein verfahren der Laboratorien gänzlich verdrängen, zumal auch die Technik (Trommsdorf in Erfurt) sich der Sache bereits angenommen hat und fabrikmäſsig die erwähnten Chlorkalkwürfel herstellt.