Titel: | Ueber Wasserreinigung. |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 508 |
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Ueber Wasserreinigung.
Gerson's Verfahren über Wasserreinigung.
Das Wasserreinigungsverfahren von Gerson (vgl. 1885 258 * 494) beruht bekanntlich auf der Filtration von
Wasser durch mit Eisentannat getränkte Stücke von Filtrirmaterialien. Das Wasser
tritt unten unter groſsem Drucke in die Filtrirgefäſse ein. Eine Reinigung des
Filtrirstoffes soll durch Durchströmen der Gefäſse mit Wasser von oben nach unten
mit Leichtigkeit vorgenommen werden können. Wie aber W. E.
Hartland im Journal of the Society of Chemical
Industry 1886 Bd. 5 S. 644 ausführt, ist es sehr unwahrscheinlich, daſs auf
diese Weise eine völlige Reinigung erzielt wird, da die Verunreinigung bei dem hohen
Druck, unter welchem das Wasser filtrirt, in die Filtrirmaterialien eindringt; gegen
Filtration unter Druck sprechen, wie Hartland meint,
überhaupt alle Erfahrungen. Der Raum, welchen die Wasserreinigung nach Gerson's Verfahren beansprucht, soll nach Hartland's Berechnung nur 105 mal, nicht, wie von Steiger behauptet worden ist, 200mal geringer sein als
der bei gewöhnlicher Sandfiltration. Dafür muſs aber auch alles zu reinigende Wasser
auf eine Höhe von 7,6 bis 8m,8 gehoben werden. Es
ist nach Hartland auch anzunehmen, daſs die
Filterstoffe häufig aus den Gefäſsen entfernt und gereinigt werden müssen, wenn
nicht das Wasser von dem darin angehäuften Schmutz einen schlechten Geruch erhalten
soll. Obschon eine doppelte Filtration, wie sie Gerson
anwendet, wohl das Richtige sein mag, ist es unwahrscheinlich, daſs seine Filter auf
die Länge mehr leisten als gewöhnliche Sandfilter. Nach Versuchen von englischen und
amerikanischen Fachleuten genügt Filtration durch Sand nur, um im Wasser suspendirte
Verunreinigungen, nicht aber um darin befindliche Mikroorganismen zu entfernen. Hartland hält die Behandlung mit Luft für das beste
Mittel, um im Wasser enthaltene gasförmige und gelöste Verunreinigungen und auch
Mikroorganismen zu entfernen. Sein Verfahren erfordert auf je 77l stündlich zu reinigendes Wasser 0qm,093 Raum.
In neuerer Zeit wurde namentlich auch der Entfernung von Mikroorganismen aus
Trinkwasser groſse Aufmerksamkeit geschenkt und die beste und den höchsten
Anforderungen entsprechende Arbeit auf diesem Gebiete hat wohl Frankland geliefert (vgl. 1886 260 94). Nach diesem Forscher ist Filtration durch geeignete Stoffe, wie
Koke und Holzkohle, ein guter Weg zur Entfernung von Mikroorganismen, bloſses
Schütteln jedoch mit denselben hält er für unsicher. Das neue Verfahren von Hartland soll nun womöglich alle von Frankland an ein gutes Wasserreinigungsverfahren
gestellten Forderungen erfüllen. Durch die Behandlung mit Luft werden namentlich
auch im Wasser enthaltene Gase und sonstige darin gelöste Verunreinigungen entfernt
und auch die Mikroorganismen so verändert, daſs sie nachher durch Filtration
entfernt werden können. Die Entwickelung und Vermehrung von Organismen soll durch Vorhandensein von
viel Luft verlangsamt werden und dazu auch die durch Behandlung mit Luft entstehende
niedere Temperatur mitwirken.
Zur Herstellung von Trinkwasser wird
nach Hartland's Verfahren das unreine Wasser zuerst
filtrirt. Man benutzt dazu ein Gefäſs, in welches mindestens zwei mit Filtermaterial
gefüllte, aus starkem Eisenblech gefertigte, offene Rahmen eingesetzt sind. Das
Wasser flieſst auf der einen Seite des Gefäſses ein und filtrirt nach einander durch
die zwei Schichten, worauf es am anderen Ende das Gefäſs verläſst. Die zwei
Filtrirschichten trennen das Wasser im Gefäſse in drei Schichten, welche je 7,5 bis
10cm breit sind. Dadurch ist auch Möglichkeit
vorhanden, daſs die im Wasser schwimmenden Verunreinigungen sich absetzen. Aus
diesem Grunde reichen die Filtrirrahmen nicht ganz an den Boden des Gefäſses und
letzterer selbst ist gegen die Seite, wo das unfeine Wasser einflieſst, geneigt. Vom
tiefsten Punkte des Gefäſses lassen sich die abgesetzten Unreinigkeiten durch einen
Hahn entfernen. Wenn nöthig, kann auch ein starker Strom von reinem Wasser in
umgekehrter Richtung durch das Filtrirgefäſs getrieben werden, wodurch sowohl auf
oder in dem Filtrirmaterial abgesetzter Schmutz herausgeschwemmt wird. Das Filtriren
selbst soll im Gegensatze zu Gerson's Verfahren ohne
Druck vorgenommen werden, während beim Reinigen der Filter bedeutender Druck benutzt
wird. Die Filtrirrahmen können mit Leichtigkeit aus dem Gefäſse gehoben und mit
feuern Material beschickt werden. Dieselben können auſser mit Sand auch mit anderen
Stoffen gefällt werden. Am meisten empfiehlt sich für die erste Schicht grober Sand,
für die zweite abwechselnde Lagen von feinem Sande und Holzkohle.
Das auf diese Weise nur unvollkommen gereinigte Wasser wird
alsdann einer weiteren Behandlung mit Luft und nachfolgender Filtration unterworfen.
Das Wasser tritt oben in den Apparat ein und wird durch Rieselplatten in einen
feinen Regen verwandelt. Unten wird Luft unter starkem Druck in das Gefäſs
eingeblasen, welche oben durch eine in der Mitte des Deckels angebrachte Oeffnung
entweicht. Diese Behandlung gleicht derjenigen, welche der Regen beim Fallen durch
die Luft erleidet. Bei sehr hohem Luftdruck wird das Wasser dampfförmig vertheilt.
Dies ist aber nur bei sehr schlechtem Wasser nothwendig; bei reinerem Wasser genügt
schon der durch das Fallen des Wassers erzeugte Luftstrom. Das mit Luft behandelte
Wasser wird in einem bereits oben beschriebenen Filtrirgefäſse abermals filtrirt, so
daſs man ein völlig neutrales und reines Wasser erhält. Dieses reine Wasser Reicht
in vielen Beziehungen dem Regenwasser und es lassen sich mit Vorheil in demselben
mineralische Bestandtheile auflösen, so daſs man in den Stand gesetzt ist, auf
künstliche Weise Wasser von den Eigenschaften des natürlichen Quellwassers
herzustellen. Zu dieser dritten Behandlung benutzt Hartland zwei Gefäſse von gleicher Gröſse wie die oben erwähnten
Filtrirapparate. Die Füllung derselben kann je nach der Zusammensetzung, welche man
dem Wasser geben will, verschieden gewählt werden.
Hartland glaubt, daſs dieser künstlichen Herstellung von
Quellwasser eine sehr groſse Zukunft bevorstehen werde. Es ist dadurch die
Möglichkeit gegeben, bestimmte Normen über die Reinheit und Zusammensetzung von
Wasser, welches als Trinkwasser benutzt werden soll, aufzustellen.
In letzter Zeit machte Tidy (vgl. auch 1886 261 354) darauf aufmerksam, daſs durch Behandlung von
Wasser mit rothem Sandstein die Gefahr des Angreifens von bleiernen Leitungsröhren
bedeutend verhindert werden kann. Hartland glaubt nun,
daſs man auch diese Behandlung leicht auf sein Verfahren übertragen kann, indem man
die Gefäſse mit rothem Sandsteine füllt und das Wasser durch diesen filtrirt.
Zur Reinigung von Wasser für gewerbliche Zwecke hat Hartland einen Apparat construirt, welcher eine
Mischung des Wassers mit einem Fällungsmittel und ein nachheriges Absitzen des
Niederschlages ermöglicht.
Ueber einer Rinne, in welcher das Wasser flieſst, ist ein Trichter
angebracht, aus welchem das Fällungsmittel, wenn es fest ist, mit Walzen, wenn es
aber eine Flüssigkeit ist, durch einen Hahn, regelmäſsig dem Wasser beigemischt
wird. Das so behandelte und nachher geklärte Wasser kann auch durch das zuerst
beschriebene Verfahren weiter gereinigt und zu. Trinkwasser verarbeitet werden. Man
kann es auch nur mit Luft behandeln und nachher filtriren, wodurch man ein für
gewerbliche Zwecke geeignetes, neutrales Wasser erhält.
Hartland empfiehlt die einzelnen Gefäſse nicht gröſser
zu machen, als zur Filtration von täglich 2270cbm
nothwendig ist. Wenn ein Wasser nur filtrirt, mit Luft behandelt und wieder filtrirt
werden soll, so würden die Kosten etwa ¾ des erwähnten Betrages ausmachen. Der Raum,
welchen das ganze Verfahren erfordert, beträgt zur täglichen Reinigung von 454cbm 67qm; für
gewöhnliche Sandfilter dagegen werden 334qm
nothwendig. Zur täglichen Reinigung von 2270cbm
sind für letzteres Verfahren 288qm, für Sandfilter
dagegen 1670qm nothwendig.
Der erste Theil von Hartland's Verfahren, die Filtration
durch Sand, läſst sich für sich allein namentlich zur Reinigung von Fluſswasser für
gewerbliche Zwecke benutzen.
Wo reines und wenig hartes Wasser nothwendig ist, kann auch der erste und der zweite
Theil der Filtration, Behandlung mit Luft und nachherige Filtration mit Vortheil
angewendet werden. Auch der zweite und dritte Theil des Verfahrens kann für sich
allein verwerthet werden? um verdorbenes Wasser von Brunnen oder solches auf
Schiffen wieder genieſsbar zu machen.
Hartland's Verfahren kann ferner im Kleinen für einzelne
Häuser Verwendung finden, auch läſst es sich für militärische Zwecke, indem man den
Apparat auf Rädern beweglich macht, in Anwendung bringen.