Titel: Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken.
Autor: St.
Fundstelle: Band 266, Jahrgang 1887, S. 271
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Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. (Patentklasse 89. Fortsetzung des Berichtes S. 123 d. Bd.) Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. Ergebnisse der Rübenzuckerarbeit in Frankreich vom 1. September 1886 bis 31. August 1887 (nach Journal des Fabricants de sucre, 1887 Bd. 28 Nr. 38). Die Zahl der thätigen nicht abgefundenen („nicht abonnirten“) Fabriken war 7 gegen 88 im Vorjahr, 12 (gegen 19 im Vorjahr) blieben auſser Thätigkeit. Die 7 nicht abgefundenen Fabriken haben 277317hl Saft von 3,3° (Dichte 1,0330) verarbeitet und sind für 1006038k Zucker belastet worden. Unversteuert blieben 8 Proc. (nach dem Gesetz den nicht abgefundenen Fabriken erlassen) oder 87483k Zucker. Die steuerbaren Ueberschüsse (excédents) betrugen 262474k, die nicht steuerbaren 22823k. Zieht man den nicht greifbaren Zucker der Melassen mit 5 Proc. und die theilweisen Fehlbeträge ab, so bleibt das Reinergebniſs 1306664k Zucker. Nimmt man wie früher an, daſs 85k Rüben 1hl Saft ergeben haben, so berechnet sich die in den nicht abgefundenen Fabriken verarbeitete Menge Rüben auf 23 571945k und die Ausbeute auf 5,54 Proc. raffinirten oder 6,46 Proc. Rohzucker (gegen 5,34 und 6,23 Proc. im Vorjahr). Die Zahl der thätigen abgefundenen (abonnirten) Fabriken betrug 384 (gegen 325 im Vorjahr), 11 (gegen 4 im Vorjahr) blieben auſser Thätigkeit, Verarbeitet wurden 1761339 380k Rüben mit der gesetzlichen Ausbeute von 5 Proc. und 3115510135k mit der gesetzlichen Ausbeute von 6 Proc. (raffinirtem Zucker), im Ganzen 4876849515k. Die Anschreibung betrug dementsprechend 274844509k, nebst 153075k als zeitweise Zulassung (admission temporaire). Nachgewiesen wurden an Ueberschuſs 157757631k. Zusammen wurden also erhalten 432755258k, d.h. 8,87 Proc. raffinirter oder 10,34 Proc. Rohzucker (gegen 8,12 und 9,47 Proc. im Vorjahr). Diese Ziffer ist mit Rücksicht auf den in der Melasse enthaltenen, nicht ganz gewonnenen Zucker auf etwa 8,75 und 10,20 Proc. zu verringern. Zusammen haben also 391 Fabriken (gegen 413 im Vorjahr) gearbeitet. 22 haben gefeiert oder bestehen nicht mehr. Verarbeitet wurden im Ganzen 4900421600k Rüben (gegen 3383381905k im Vorjahr). Erzielt wurden in runder Summe 506 Millionen Kilogramm Rohzucker (gegen 308 Millionen im Vorjahr). Zieht man hiervon die ungefähr in der Melasse verbliebene Menge ab, so bleiben 500 Millionen Kilogramm. Nimmt man rund 10 Proc. Ausbeute an, so gehörten dieses Jahr 1000k Rüben zu einem Sack Zucker, gegen 1098 und 1467k in den beiden vorhergehenden Jahren. Nach den amtlichen Mittheilungen betrug die Ausbeute in den vorgehenden Jahren: Campagne Fabriken Ausbeute an Roh-zucher in k ProcenteRohzucker 1872/73 519 408000000   5,70 1873/74 539 396000000   5,91 1874/75 529 450000000   5,66 1875/76 530 462000000   5,20 1876/77 514 243000000   5,00 1877/78 501 397000000   7,20 1878/79 501 432000000   5,44 1879/80 495 271000000   5,45 1880/81 493 320000000   4,77 1881/82 486 380000000   6,18 1882/83 496 412000000   6,10 1883/84 483 463000000   6,60 1884/85 449 310000000   6,87 1885/86 413 308000000   9,11 1886/87 391 500000000 10,20 An Melasse wurden erhalten 92819204k oder 1,92 Proc. der Rüben (gegen 3,22 im Vorjahr). Ueber die Denaturirung des zu Rübenuntersuchungen zu verwendenden Alkohols bemerkt Dr. A. Herzfeld Folgendes (Deutsche Zuckerindustrie, 1887 Bd. 12 S. 1175): „Das am häufigsten gebrauchte Denaturirungsmittel für Spiritus ist MethylalkoholNähere Angaben siehe Löwenherz, Gesetz und Regulativ, betreffend die Steuerfreiheit des Branntweins zu gewerblichen Zwecken, Berlin 1880, Julius Springer., welcher zu 10 Proc. für einzelne Gewerbe auch nur zu 5 Proc. zum Alkohol zugesetzt werden muſs. In der Schweiz wird Methylalkohol und Kampfer gebraucht. Zur Herstellung von Chemikalien, besonders Alkaloiden, dient Alkohol, der mit 5 Proc. Holzgeist oder ½ Proc. Terpentinöl oder 0,025 Proc. Thieröl versetzt ist. Terpentinöl für sich allein dient noch zur Denaturirung bei der Fabrikation einiger Arzneimittel, Thieröl bei der des Chloroforms, Jodoforms, Schwefeläthers und Chloralhydrats. Zur Herstellung von Kollodium, Hoffmannsgeist (Spiritus sulfurico-aethereus), Tannin, Salicylsäure und salicylsaurer Salze darf man Alkohol, der mit 10 Proc. Aether versetzt ist, steuerfrei verwenden, zur Essigfabrikation solchen, der mit 300 Proc. Wasser und 100 Proc. Essig von 6 Proc. Gehalt an Essigsäure versetzt ist. Die genannten Denaturirungsmittel werden thatsächlich gebraucht, vorgeschlagen sind auſser ihnen eine ganze Anzahl. Ich sehe von der Aufzählung derselben ab und begnüge mich damit, die genannten daraufhin zu betrachten, welche davon für die Zwecke der Rübenuntersuchung brauchbar sind. Von vornherein ausschlieſsen für diese Zwecke müssen wir Kampfer und Terpentinöl, weil dieselben optisch activ sind und die käuflichen Producte bald links, bald rechts zu drehen pflegen. Ausgeschlossen von vornherein ist ferner der Aether, schon deshalb, weil er viel zu theuer ist, aber auch aus vielen anderen Gründen, Welche so offen zu Tage liegen, daſs ich sie nicht aufzuzählen brauche; dasselbe gilt von der Essigsäure. Gegen die Verwendung des Holzgeistes zur Denaturirung des in den Zuckerfabriklaboratorien gebrauchten Alkohols liegen eine ganze Reihe von Bedenken vor. Gesetzt, daſs eine Verwendung von nur 5 Proc. seitens der Behörde zugelassen werden sollte, so muſs doch auch durch diesen nicht unbeträchtlichen Zusatz die Lösungsfähigkeit des Alkohols für die Verschiedenen in der Rübe enthaltenen Substanzen verändert werden; dies wird besonders bei der Extractionsmethode der Fall sein, bei welcher die ersten Destillate die Bestandtheile des rohen Methylalkohols in angereichertem Zustande enthalten müssen. Sodann aber pflegt der rohe Methylalkohol sauer zu reagiren, so daſs Inversion von Zucker bei Zusatz desselben bei allen mit heiſsem Alkohol arbeitenden Methoden befürchtet werden muſs; eine Neutralisirung des zur Denaturirung verwendeten Materials dürfte aber kaum durchführbar sein. Die Bedenken, welche gegen den Methylalkohol vorliegen, fallen weg beim Thieröl. Dieses wird in so geringer Menge zum Spiritus zugesetzt (0,025 Proc.), daſs die Lösungsfähigkeit desselben für die Rübensubstanzen kaum dadurch beeinfluſst werden kann. Es reagirt alkalisch, kann also nicht invertirend wirken, es ist ferner (wie übrigens auch der Methylalkohol) optisch inactiv. Demgemäſs sind einige Zuckerbestimmungen nach der Extractionsmethode mit Alkohol, der mit Thieröl bis zu 0,25 Proc. versetzt wurde, günstig ausgefallen. Unangenehm ist freilich für den Chemiker, der mit solchem denaturirten Alkohol arbeitet, der widerliche Geruch des Thieröles. Da die Rosten der Denaturirung mit Thieröl sehr gering sind, sie betragen für 100k Alkohol zur Zeit nicht mehr als 0,275 M., so halte ich dafür, daſs von den gegenwärtig in Gebrauch befindlichen Denaturirungsmitteln das Thieröl für die Zwecke der Zuckerbestimmungen in der Rübe das geeignetste ist.“ Zur Untersuchung des Rohzuckers auf schweflige Säure empfahl M. J. Davidsen (Deutsche Zuckerindustrie, 1887 Bd. 12 Nr. 30, 1. Beilage S. 939) folgendes Verfahren als leicht ausführbar und zweekmäſsig: Die Untersuchung gründet sich auf die reducirende Wirkung der schwefligen und unterschwefligen Säure auf Jodsäure, aus der hierbei Jod freigemacht wird, dessen Vorhandensein man dann in bekannter Weise mittels Stärkelösung erkennt. In ein Reagenzglas bringt man 1 bis 1g,5 des zu untersuchenden Zuckers und übergieſst ihn mit 1,5 bis 2cc kalter, sehr verdünnter Stärkelösung; wenn der Zucker gröſstentheils gelöst ist, gieſst man einige Tropfen einer schwachen Jodsäurelösung hinzu. Auf Grund des specifischen Gewichtes der Zuckerlösung kann man die Jodsäurelösung, indem man sie vorsichtig an der Seite des schräg gehaltenen Reagenzglases herabflieſsen läſst, darüberschichten, ohne daſs eine Mischung der beiden Lösungen eintritt. Es zeigt sich dann – wenn der Zucker auch nur Spuren von schwefliger oder unterschwefliger Säure enthält – ein blauer Ring an der Berührungsstelle beider Flüssigkeiten, entweder sofort oder nach Verlauf einiger Zeit. Bei ersten Producten gibt diese Untersuchungsmethode sehr gute Resultate, bei schlechten Nachproducten und Melassen ist dagegen der Schluſs von dem Auftreten des blauen Ringes auf die Benutzung von schwefliger Säure bei der Herstellung des Zuckers nicht ohne Weiteres zulässig, weil hier das Freiwerden des Jodes auch in der Wirkung von reducirendem organischen Nichtzucker seinen Grund haben kann. Wenn man in einem Rohzucker schweflige Säure nachgewiesen hat, und noch wünscht, ein Urtheil über die Menge der vorhandenen schwefligen Säure zu erhalten, kann man 10g Zucker in kaltem luftfreien destillirten Wasser lösen, mit Schwefelsäure neutralisiren und nach Zusatz von einigen Tropfen Stärkelösung mit 1/100 normaler Jodlösung titriren, bis die blaue Farbe nicht mehr verschwindet. Nach dieser Methode untersucht, brauchten nicht geschwefelte Rohzucker gewöhnlich bis 0cc,3 1/100 normaler Jodlösung, dagegen können die geschwefelten Zucker – was ja auch in der Natur der Sache liegt – sehr verschiedene Mengen freies Jod binden, und zwar hat der Verfasser Zucker untersucht, von denen 10g bis 9cc,8 1/100 normaler Jodlösung verbrauchten. Rechnet man dies auf schweflige Säure um, so ergibt sich für den Gehalt des Zuckers an schwefliger Säure 0,03 Proc., eine Menge, die beim Raffiniren nicht gut ohne Wirkung sein kann. In einer Untersuchung über den Einfluſs der verschiedenen Reinigungsarbeiten im Betriebe auf den Rübensaft (Zeitschrift des Vereins für Rübenzuckerindustrie, 1887 Bd. 37 S. 823) zeigte K. v. Nieſsen durch genaue Bestimmung der wirklichen Reinheiten bei zahlreichen sorgfältig genommenen Saftproben und Prüfung der Einzel- wie der Durchschnittsergebnisse Folgendes: 1) Scheidesaturation. Durch die beschriebene Arbeitsweise wird der Saft durch die Scheidesaturation um etwa 5 Proc. in der wirklichen Reinheit verbessert. Der wirkliche Nichtzucker auf 100 Zucker wurde von 13,52 Proc. auf 7,77 Proc. vermindert, es wurden demnach 42,1 Proc. des Nichtzuckers durch die Scheidesaturation aus dem Saft entfernt. 2) Erste Filtration durch Filterpressen. Der Saft wird durch diese Behandlung ganz erheblich verschlechtert, und zwar ist die Verschlechterung um so gröſser, je länger die Filterpresse im Gange ist. Die Verschlechterung ist bei der Berücksichtigung des Kalkes bei der Bestimmung der Reinheiten bedeutend geringer, ist aber nicht einzig durch den Kalk bedingt. Daſs die Verschlechterung schon gleich nach dem Anstellen beginnt, ja dann sogar öfters höher ist, als nach ganz kurzem Gange, glaubt Verfasser der schlechten Reinigung der Filterpressen zuschreiben zu müssen. Der alte Schlamm sitzt häufig noch an vielen Stellen des Rahmens und der Tücher fest, und bietet durch seine Auflockerung dem neu eintretenden Saft noch bessere Gelegenheit Salze aufzunehmen. Die Zunahme des Nichtzuckers auf 100 Zucker beträgt im Durchschnitt 2,99 Proc. also 31,81 Proc. des Gesammtnichtzuckers. Es sind durch die Filterpressen ohne Berücksichtigung des Kalkes 52,92 Proc. mit Berücksichtigung 13,52 Proc. des durch die Scheidesaturation gefällten Nichtzuckers wieder aufgenommen worden. Diese Zahlen beweisen deutlich, daſs das früher ganz allgemein übliche Absitzenlassen seinen recht guten Grund hatte. Abgesehen von der Ersparung an Dampfkraft, Filterpressen, Tüchern und Kohlensäure, hatte es auch den Vorzug, reinere Säfte zu liefern. 3) Zweite Saturation. Der Saft wird durch die zweite Saturation flicht verbessert. 4) Zweite Filtration durch Filterpressen. Auch hier tritt eine, wenn auch sehr geringe Verschlechterung ein; der Nichtzucker auf 100 Zucker stieg im Durchschnitt um 0,48 Proc. d.h. um 5,29 Proc. vom Gesammtnichtzucker. Die Alkalität ist auf dieses Ergebniſs ohne Einfluſs. 5) Filtration über Knochenkohle. Verwandt wurden 11,8 Proc. Die Filter gingen 12 Stunden mit Dicksaft und darauf 12 Stunden mit Dünnsaft. a) Dünnsaft-Fillration. Auſser leider nicht bestimmter Entfärbung findet eine Verbesserung des Dünnsaftes nicht statt. Vielmehr wird der auf den Dicksaft folgende Dünnsaft, da die durch die Knochenkohle aus ersterem absorbirten Salze wieder ausgewaschen werden, chemisch erheblich verschlechtert. Dieses findet wohl hauptsächlich nur in den ersten auf die Dicksaft-Filtration folgenden Stunden statt, und zwar tritt hier eine Vermehrung des Nichtzuckers auf 100 Zucker um 0,54 Proc. gleich 5,41 Proc. des Gesammtnichtzuckers ein. Wenn sich aber die Quotientverringerung im Durchschnitt auch in späteren Stunden zeigt, so ist dieses doch darauf zurückzuführen, daſs einzelne Säfte in einem Verhältniſs zu einander standen, welches für diese geringen Unterschiede doch wohl nicht genau genug war. In späteren Stunden hört dann jegliche chemische Wirkung auf und es findet nur noch eine geringe mechanische Wirkung statt. b) Dicksaft-Filtration. Durch die Knochenkohle läſst sich im Betriebe eine recht bedeutende chemische Wirkung erzielen. Es sind 1,04 Proc. des Nichtzuckers auf 100 Zucker gleich 10,96 Proc. des Gesammtnichtzuckers durch die Knochenkohle entfernt worden. Zwar verliert die Knochenkohle nach kurzer Zeit ihre Wirkung, so daſs dieselbe schon nach zwei Stunden als schwach zu bezeichnen ist, jedoch beweisen alle angeführten Zahlen zur Genüge, daſs die Ansicht, die Knochenkohle habe im Betriebe überhaupt keine chemische Wirkung, eine sehr irrige ist, und alle Surrogate, welche bisher versucht worden und noch versucht werden, haben es nicht vermocht, die Knochenkohle zu verdrängen. Der einzige Vorzug, welchen einige wenige Verfahren (schweflige Säure, 3 bis 4fache Saturation) vor der Knochenkohle haben, ist der, daſs sie ein billigeres Arbeiten gestatten, was ja bei den augenblicklichen Verhältnissen nicht zu unterschätzen ist, man solle sich dabei aber nur nicht einreden, daſs man auch bessere Producte erhalte, als mit der Knochenkohle. Wenn man aber mit der Knochenkohle nicht die Resultate erzielt, welche man erwartet hat, so liegt dieses lediglich in ihrer falschen Verwendung. Vor allen Dingen ist die Anwendung der Knochenkohle eine viel zu geringe, zweitens ist die Zeitdauer der Berührung des Saftes mit der Knochenkohle eine viel zu kurze, drittens ist die Dünnsaft-Filtration nach der Dicksaft-Filtration auf jeden Fall zu verwerfen und endlich viertens dürfen die Absüſswässer auf keinen Fall mit zu erstem Product verarbeitet werden, sondern auf anderen Stationen verwerthet oder mit dem Ablauf vom I. Product verkocht werden, wie dieses auch von Stammer längst empfohlen worden ist (vgl. dessen Lehrbuch der Zuckerfabrikation I. Aufl. S. 516 und II. Aufl. S. 641). St.