Titel: Ueber Dampfpflüge. Von Victor Thallmayer, Professor an der landw. Akademie in Ungarisch-Altenburg.
Autor: Victor Thallmayer
Fundstelle: Band 267, Jahrgang 1888, S. 56
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Ueber Dampfpflüge. Von Victor Thallmayer, Professor an der landw. Akademie in Ungarisch-Altenburg. (Schluſs der Abhandlung S. 21 d. Bd.) Mit Abbildungen. Victor Thallmayer, über Dampfpflüge. Verwendbarkeit von Druschlocomobilen als Dampfpflugmaschinen. Yull-Dallgo hatte die Absicht, durch die Verwendung zweier gewöhnlicher Druschlocomobilen als Motoren die Landwirthe dazu anzuregen, ihre einen groſsen Theil des Jahres hindurch unthätig stehenden Locomobilen durch Anstellen zum Pflügen in ausgiebigerem Maſse auszunützen. Dies jedoch kann in rationeller Weise nur dort geschehen, wo überhaupt schon zwei Locomobilen vorhanden sind und wo man kein besonders tiefes Pflügen im Auge hat und wo auch der Bodenwiderstand kein allzu groſser ist. In solchen Fällen können durch eine Ausgabe von 6000 Gulden für zwei Untergestelle, die Locomobilen zum Pflügen geeignet gemacht werden. Im Uebrigen kann der Verwendung gewöhnlicher Druschlocomobilen als Dampfpflugmaschinen nicht sonderlich das Wort geredet werden, denn: 1) Verfügt man bei Anstellung einer Druschlocomobile, die gewöhnlich nur auf den Betrieb mit 4at Ueberdruck eingerichtet sind, gegenüber den mit 8 bis 9at Ueberdruck arbeitenden Dampfpflugmaschinen über ein verhältniſsmäſsig nur geringes Arbeitsvermögen. 2) Ist an den gewöhnlichen Locomobilen keine Umsteuerung vorhanden, wodurch selbe sich zur Selbstfahrbarmachung in nur geringem Maſse eignen. 3) Durch seine groſsen Dimensionen macht das Untergestelle die ganze Anlage schwerfällig; auch wird das Auf- und Abmontiren der Locomobilen auf und vom Untergestelle mitunter lästig fallen. 4) Können, da mindestens 30 Tage zur Verrichtung der Druscharbeit gerechnet werden müssen, bloſs etwa 70 Tage zum Pflügen verwendet werden. Hierbei gehen gerade die längsten Tage im Juli und August, in welchen Monaten der Drusch vor sich geht, für die Pflugarbeit verloren. Yull-Dallgo verwendete unter anderen auch Locomobilen aus der kgl. ungarischen Staatsbahnmaschinenfabrik in Budapest. Aus Indicatordiagrammen bestimmt, ergibt sich bei diesen Locomobilen von nominell 8 und 10 Pferdestärken bei 4at,5 Ueberdruck ein mittlerer Arbeitsdruck von 3at,03. Bei den Locomobilen von nominell 8 Pferdestärken ist der Cylinderdurchmesser 24cm, die Kolbenfläche 452cm, demnach der Arbeitsdruck P = 1371k. Für die Locomobilen von nominell 10 Pferdestärken ergibt sich P = 1740k. Das Schwungrad macht bei einer Kolbengeschwindigkeit von 1m,4 in der Minute 140 Touren. 30 Procent von P (das Verhältniſs zwischen effectiver und indicirter Leistung bei diesen Locomobilen ist 0,80) für Reibungsverluste abgeschlagen, verbleiben als auf den Umfang der Seiltrommel übertragbare Kraft, wenn selbe auch mit 1m,4 Geschwindigkeit wirken soll, 960 bezieh. 1218k. Soll mit einer Geschwindigkeit von 0m,9 gepflügt werden, so muſs bei Verwendung einer Seiltrommel von Im Durchmesser die Uebersetzung von der Schwungrad welle auf die Seiltrommelwelle ⅛ betragen. Diesem nach wird die am Umfange der Trommel wirkende Kraft in dem Verhältnisse gröſser, in welchem 1,4 gröſser als 0,9 ist, nämlich 1493 bezieh. 1894k, und es entfallen demnach bei nominell 8pferdigen Locomobilen 17,9, bei nominell 10pferdigen hingegen 22,7 Pferdestärken zur Verrichtung der Pflugarbeit. Von der soeben genannten Kraft, 300k für Reibung und Seilwiderstände abgezogen, bleiben zur Bewältigung des Bodenwiderstandes mit 0m,9 Geschwindigkeit netto 1200 bezieh. 1600k Zugkraft. Aus der Gröſse der zur Verfügung stehenden Zugkraft und Geschwindigkeit kann zunächst annäherungsweise die bei verschiedenem Tiefgange der Pflugkörper zulässige Arbeitsbreite B des Geräthes, und daraus mit Berücksichtigung des Zeitversäumnisses von Pfluggang auf Pfluggang, die anzuhoffende Flächenleistung bestimmt werden. Boden von mittlerer Bindigkeit angenommen kann der Widerstand für 1 Quadratdecimeter Furchenquerschnitt mit 55k in die Rechnung eingeführt werden. 1600k Zugkraft genügen unter dieser Voraussetzung zum Aufreiſsen eines Furchenquerschnittes von 1600 : 55 = 29 Quadratdecimeter. Es kann also bei: 20cm tiefem Pflügen die Breite des Geräthes betragen 1m,45 25cm 1m,16 30cm 0m,96 mithin im ersten Falle ein fünf–, im zweiten ein drei- und im dritten Falle ein zweischariges Pfluggeräth verwendet werden. Nimmt man das Verhältniſs zwischen Furchenbreite und Furchentiefe zu 1,4 an, so rectificiren sich obige Breiten auf 1,4, 1,05 und 0m,84. Rechnet man nun bei Verwendung von zwei Pfluggeräthen für den Aufenthalt auf der Mitte 75 Secunden, für jenen an den Feldrändern 135 Secunden, so ergibt sich nach Formel 6 als Flächenleistung für die Arbeitszeit T von 10 Stunden bei: 20cm tiefem Pflügen 6ha,1 25cm 4ha,6 30cm 3ha,6 Ein 14mm dickes, aus 108 feinen Stahldrähten bestehendes Seil, das sich auch noch auf einer nur 0m,9 messenden Trommel verwenden läſst, und welches bei 5760k Zugkraft reiſst, wird für diesen Fall genügen. Würden die gewöhnlichen Druschlocomobilen mit einer Spannung von 7 bis 8at betrieben werden können, dann könnte von ihrer Verwendung als Dampfpflugmaschinen eher die Rede sein. Direktes System. In Amerika werden von einigen Maschinenfabriksfirmen, wie z.B. der Geiser manufacturing Company in Waynesboro, Kimmel Brothers in Cambridge City, A. B. Farquhar in York, Frick Company in Waynesboro, auch Dampfpflüge nach dem direkten System gebaut. Es ist wohl einzusehen, daſs mit solchen Pflugapparaten ein gutes Fortkommen nur auf entsprechend hartem und trockenem Boden und bei ganz seichtem Pflügen möglich ist. Bei tiefem Pflügen könnten die Pflugschare leicht zu Ankern werden. Fig. 6 ist eine Abbildung des Dampfpfluges nach dem direkten System, wie selben die Geiser Manufacturing Company ausführt. Fig. 6., Bd. 267, S. 58D. Nagy, Professor am Polytechnicum in Budapest, lieſs sich einen Dampfpflug patentiren (Patentrecord im Engineering vom 11. März 1887), der mit dem direkten System insofern in Verwandtschaft steht, als bei jenem, sowie auch bei diesem einer selbstbeweglichen Dampfmaschine die Pflugkörper unmittelbar hinterher nachfolgen. Bei Nagy's Apparat jedoch werden die Pflugkörper vom Motor nicht nur einfach nachgeschleppt, sondern während der Motor vorwärts fährt, bewegen sich die Pflugkörper, welche an einer endlosen Kette längs einer Traverse geführt werden, senkrecht zur Fahrrichtung des Motors, so daſs sie schief gegen die Fahrrichtung gelegene Furchen ziehen. Dieses System hätte dem gewöhnlichen direkten System gegenüber das voraus, daſs die Arbeitsbreite des Pfluggeräthes unabhängig von der Breitendimension des Motors beliebig klein angenommen und damit das Arbeitsvermögen selbst eines schwächeren Motors auch beim Tiefpflügen entsprechend ausgenutzt werden kann. Ferner dürfte der Umstand, dem zu Folge der vom Boden gegen die Pflugkörper ausgeübte Widerstand nicht ganz, sondern nur zum Theile der Fahrrichtung des Motors entgegenwirkt, dem Motor das Vorwärtskommen auf seiner Bahn leichter möglich machen. Diesem Systeme stellen sich übrigens auch alle jene Schwierigkeiten in den Weg, welche mit der Fortbewegung der Dampfmaschine auf dem oft weichen Boden verbunden sind, welche durch Mulden, Steigungen u. dgl. verursacht werden, und welchen zu Folge mit dem direkten Systeme bisweilen kein durchgreifender Erfolg zu erzielen war. Skizze I Fig. 7 zeigt in einigen Linien das direkte System, wie selbes zum Seichtpflügen in Amerika zur Anwendung kommt. Ein mit einer gewissen Geschwindigkeit c fahrender Motor schleppt eine bestimmte Anzahl an eine Traverse T gehängter Pflugkörper hinter sich her. Dabei werden von den Pflugkörpern in der Fahrrichtung des Motors Furchen ebenfalls mit der Geschwindigkeit c gezogen. Fig. 7., Bd. 267, S. 59 Skizze II zeigt ein System, wo die Pflugkörper sich senkrecht auf die Fahrrichtung bewegen. Hier ist M der sich mit einer gewissen Geschwindigkeit c1 vorwärts bewegende Motor, T eine Traverse, welcher entlang sich die an einer endlosen Kette geführten Pflugkörper mit einer gewissen Geschwindigkeit c2 bewegen. Die quer zur Fahrrichtung liegende, über entsprechende Scheiben geführte Kette wird vom Motor durch eine entsprechend angeordnete Transmission in Bewegung erhalten. Das Furchenziehen von Seiten der Pflugkörper findet demnach mit der aus c1 und c2 resultirenden Geschwindigkeit c statt und fallt die Richtung der Furchen mit der Diagonale des Geschwindigkeitsparallelogrammes zusammen. Ist c1 = 0, d.h. steht der Motor still, während sich die Pflugkörper in der Richtung der Traverse quer zur Längsrichtung des Motors bewegen, so wird die Furchenrichtung senkrecht auf letztere ausfallen wie in Skizze III. Die Geschwindigkeit, mit welcher der Motor bei dieser Anordnung sich bewegt, braucht natürlich nicht nothwendigerweise gleich jener zu sein, mit welcher an der endlosen Kette, längs der Traverse, die Pflugkörper sich bewegen. Im Falle als diese beiden Geschwindigkeiten gleich wären, lägen die Furchen unter einem Winkel von 45° zur Fahrrichtung. Je kleiner c1 im Verhältnisse zu c2 ist, desto kleiner wird der Winkel a und desto mehr nähert sich der Vorgang beim Pflügen der in Skizze III dargestellten Art. Für den Fall als c1 gröſser wäre als c2, würde sich der Vorgang beim Pflügen mehr der in Skizze I dargestellten Art nähern. Die Geschwindigkeit c1, mit welcher sich der Motor vorwärts bewegt, wird der Arbeitsbreite der Pflugkörper entsprechend so gewählt werden müssen, daſs bei continuirlicher Bewegung des Motors und der Pflugkörper Breiten gang an Breitengang sich anreiht. Im Grunde genommen, unterscheiden sich die im Obigen skizzirten drei Arten zu pflügen nur der Richtung der gezogenen Furchen nach von einander, und deshalb können dieselben auch mit Bezug auf Flächenleistung und Verbrauch an mechanischer Arbeit keine groſsen Verschiedenheiten aufweisen. Pflügt z.B., nach Vorgang in Skizze II, der Motor mit der Geschwindigkeit c und der Arbeitsbreite b in der Richtung mn die Zeit t hindurch den Streifen bB, so werden, sagen wir in der vierfachen Zeit (4t), vier solcher Streifen, im Ganzen also die Fläche 4bB gepflügt. Ist nun W der Widerstand zur oder gegen die Arbeitsbreite b, ist W1 der Fahrwiderstand des Motors, so ist die mechanische Arbeit A, welche der Motor behufs Pflügens dieser vier Streifen leisten muſs, A = 4 WB + 4 W1 b + A1, wobei A1 jenem Aufwand an mechanischer Arbeit entspricht, den die die Kraft von der Dampfmaschine auf die Pflugkörper übertragende Transmission für sich in Anspruch nimmt. Findet das Pflügen nach Vorgang Skizze I in der Breite B statt, legt dabei der Motor in der Zeit t die Strecke b zurück, so wird in der Zeit 4t auch die Fläche 4bB gepflügt. Die hierzu nöthige mechanische Arbeit ist: A=W\ .\ \frac{B}{b}\ .\ 4\,b+W_1\,4\,b=4\,W\,B+4\,W_1\,b. Fig. 8., Bd. 267, S. 60 Fig. 9., Bd. 267, S. 60 Steht der Motor, während die Pflugkörper Furchen ziehen, Vorgang Skizze III, so wird, wenn a die Zeit bezeichnet, welche das Vorrücken des Motors von Breitengang auf Breitengang in Anspruch nimmt, und wenn wieder b die Arbeitsbreite B hingegen den Weg bedeutet, den die Pflugkörper in der Zeit t zurücklegen, in der Zeit 4t + 3a die Fläche 4bB gepflügt. Der hierzu nöthige Aufwand an mechanischer Arbeit ist: A = 4WB + 4W1 b + A1. Bei D. Nagy's Pflugapparat arbeiten, wie aus Abbildung Fig. 8 und 9 zu entnehmen, um den Seitenzug aufzuheben, zwei endlose Ketten, in je einer Traverse geführt, gegen einander. Die Traversen können mit einer Vorrichtung nach Art eines Krahnes der Höhe nach gestellt werden, ähnlich, wie dies bei den amerikanischen Dampfpflügen nach dem direkten System geschieht. Zum Schlusse noch folgende Bemerkung. Je mehr all das in Betracht gezogen und erwogen wird, was die maschinelle Anlage der Dampfpflugapparate betreffend bis zum heutigen Tage, versucht wurde, in desto besserem Lichte zeigt sich in seiner Einfachheit und allseitigen Verwendbarkeit das Zweimaschinensystem.