Titel: | Th. A. Edison's pyromagnetischer Motor und Stromerzeuger. |
Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 168 |
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Th. A. Edison's pyromagnetischer Motor und Stromerzeuger.
Mit Abbildungen.
Edison's pyromagnetischer Motor und Stromerzeuger.
Im August 1887 hat Thomas A. Edison in der American Association for the Advancement of Science
in New-York einen Vortrag über zwei Maschinen
gehalten, in denen der Einfluſs der Hitze auf die Magnetisirbarkeit (magnetische
Durchdringlichkeit) der magnetischen Metalle ausgenutzt wird, und zwar in der einen
zur Erzeugung einer Drehbewegung, in der anderen zur Erzeugung eines elektrischen
Stromes.
Bei Umwandlung der Wärme in mechanische Leistung mittels einer Dampfmaschine wird
höchstens etwa 10 Proc. der im Brennmaterial aufgespeicherten Wärme ausgenutzt. Seit
Seebeck und Melloni
hat man mittels thermoelektrischer Batterien (Marcus,
Clamond, Noe) eine günstigere Verwerthung der Kohlen zu erreichen gestrebt,
doch vergeblich; denn Moses G.
Farmer, der die besten Erfolge erzielt haben dürfte, hat nie auch nur 1
Proc. der in der Kohle vorhandenen Leistung in elektrische umgesetzt, ja Lord Rayleigh schlieſst, daſs bei einem Eisen-,
Kupfer-Element, das innerhalb der für diese beiden Metalle möglichen
Temperaturgrenzen arbeitet, nicht mehr als ein Dreihundertstel der gesammten
Leistung der Kohle umgesetzt zu werden vermöge.
R. Dittmar wollte durch die Wärme den elektrischen
Leitungswiderstand eines Stromkreises periodisch ändern und durch die Schwankungen
der Stromstärke Inductionsströme in einem zweiten Stromkreise erzeugen. (Vgl. Centralblatt für Elektrotechnik, 1886 Bd. 8 S.
219.)
McGee befestigte an einer lothrechten Achse einen
ringförmig gebogenen Eisendraht und stellte demselben einen in der Verlängerung eines Durchmessers
liegenden Stahlmagnet gegenüber; wurde ein Theil der links von diesem Durchmesser
gelegenen Ringfläche erhitzt, so zog der Magnet die rechtsseitige Hälfte stärker an,
als die erwärmte, und versetzte den Ring in Drehung. (Vgl. Centralblatt für Elektrotechnik, 1884 Bd. 6 * S. 339. 1887 Bd. 9 * S.
677.)
Nach der New York Electrical Review vom 10. September
1887 S. 7 (vgl. Elektrotechnische Zeitschrift, 1887 S.
506) enthält das amerikanische Patent von E. Berliner
vom 18. Juni 1885 auch einen Vorschlag zu einem pyromagnetischen Stromerzeuger.
Ferner erinnern Thomson und Houston an ein im Journal of the Franklin
Institute, Januar 1879 S. 39 beschriebenes Experiment mit einem zwischen
den Polen eines Magnetes umlaufenden Eisenringe oder einer ringförmigen Scheibe.
Etwas Verwandtes bietet auch Gore im Philosophical Magazine, 1870 S. 173.
Edison's pyromagnetischer Motor ist nach dem Scientific American, 1887 Bd. 57 * S. 127 in Textfig. 1 und 2 in
Ansicht und Schnitt abgebildet. Edison will die
bekannte Erscheinung ausnutzen, daſs der Magnetismus der Metalle, besonders der von
Eisen, Kobalt und Nickel, durch Hitze bedeutend verändert wird. Nach Becquerel verliert Nickel bei 400° seine Fähigkeit,
magnetisirt zu werden, Eisen bei Kirschrothhitze, Kobalt bei Weiſsglut. Davon läſst
sich in folgender Weise zur Herstellung eines Motors Gebrauch machen. Zwischen den
Polen eines permanenten Magnetes wird ein Bündel kleiner Röhren aus Eisenblech auf
einer zur Ebene des Magnetes senkrechten Achse befestigt und dient dem Magnet als
Anker. Wenn man nun, etwa mittels eines Gebläses oder einer Saug Vorrichtung, heiſse
Luft durch diese Röhren streichen läſst, so daſs dieselbe die Röhren rothglühend
macht, und wenn man zugleich durch einen, symmetrisch quer über die Fläche des
Bündels gelegten Schirm der heiſsen Luft den Eintritt in die Hälfte der Röhren
verschlieſst, dann wird keine Drehung eintreten, sobald der Schirm so gestellt wird,
daſs seine Enden von den beiden Magnetpolen gleich weit abstehen; denn die unter dem
Schirme liegenden kälteren und deshalb magnetischen Theile des Röhrenbündels werden
von beiden Polen gleich stark angezogen. Sobald man dagegen den Schirm auf der Achse
dreht und so stellt, daſs ein Ende desselben dem einen und das andere Ende dem
anderen Schenkel des Magnetes näher steht, so beginnt das Bündel sich in Drehung zu
versetzen, weil der unter dem Schirme liegende Theil des Bündels der kühlere und
deshalb magnetisirbar ist, beständig kräftiger angezogen wird, als der erhitzte
Theil. Das Ganze bildet also einen pyromagnetischen Motor, und der Schirm spielt in
demselben eine verwandte Rolle, wie der Commutator bei einem elektromagnetischen
Motor.
Der erste Motor dieser Art, welcher ausgeführt worden ist, wurde mit 2 kleinen Bunsen-Brennern geheizt und mit einem Blasbalge
betrieben; seine
Leistung war 700 Fuſspfund in der Minute (1mk,5 in
der Secunde). Ein zweiter zur Zeit des Vortrages nahezu fertiger Motor sollte bei
einem Gewichte von 1500 Pfund (681k) 3
liefern; bei dieser Maschine durchströmte die dem Feuer zugeführte Luft zuvor die
Röhren (vgl. Fig. 1 und 2), um die Abkühlung derselben zu befördern und dabei zugleich selbst
vorgewärmt zu werden. In beiden Motoren kam ein Elektromagnet zur Verwendung, der
durch eine besondere Stromquelle erregt wurde.
Fig. 1., Bd. 267, S. 170Fig. 2., Bd. 267, S. 170 Die ersten Versuche bezüglich der pyromagnetischen Elektricitäts-Erzeugung
wurden mit einem sehr einfachen Apparate angestellt. Durch die Kerne eines
durchströmten Elektromagnetes wurde nahe an deren äuſserem Ende eine dünne
Eisenröhre hindurchgesteckt; um die Röhre wurde eine Drahtrolle gewickelt und in den
von dieser gebildeten Stromkreis ein Klopfer eingeschaltet; unterhalb der Rolle war
die Röhre mit Asbestpapier umwickelt; die Röhre wurde mittels einer in sie an dem
einen Ende eingeführten Gasflamme rothglühend gemacht, dann die Flamme rasch durch
einen Strom kalter Luft ersetzt und der Klopfer sprach sofort an, zeigte also das
Auftreten eines elektrischen Stromes zu Folge der vergröſserten Magnetisirbarkeit
der Röhre an.
Nun ging man an den Bau einer gröſseren Maschine (pyromagnetische Dynamo), welche
einen ununterbrochenen Strom liefern sollte und zur Zeit des Vortrages eben fertig
geworden war. Dieselbe wird durch Fig. 3 bis 5 erläutert. Sie enthält 8 Hufeisen-Elektromagnete,
deren Schenkel etwas weit (etwa 0m,3) von einander
entfernt sind; an dem einen Ende sind die Schenkel in der gewöhnlichen Weise durch
ein Querstück verbunden, an ihrem anderen Ende liegt eine Rolle aus dünnem (⅛mm) gewellten Eisenblech, die von einer Drahtrolle
umgeben und durch Asbestpapier von derselben getrennt ist. Die 8 Elektromagnete
stehen strahlenförmig um eine gemeinschaftliche Mittellinie, in gleichem Abstande
von einander, und die 8 Eisen-Rollen vor ihnen bilden Zwischen Verbindungen der
beiden Eisenscheiben, welche die gemeinschaftlichen Polstücke für sämmtliche 8
Elektromagnete bilden.
Fig. 3., Bd. 267, S. 171
Fig. 4., Bd. 267, S. 171
Fig. 5., Bd. 267, S. 171
Die Drahtrollen auf den Eisenblechrollen, welche als Zwischenanker bezeichnet werden, sind hinter einander
geschaltet und bilden einen zusammenhängenden Stromkreis. Durch die Mitte der beiden
Eisenscheiben geht eine lothrechte hohle Welle; diese trägt an ihrem unteren Ende
eine halbkreisförmige (in Fig. 5 in der Ansicht von
unten dargestellt) Schutzplatte aus feuerfestem Thon, welche, wenn sich die Welle
dreht, nahe unter den unteren Enden der Ankerrollen umläuft und immer die Hälfte
derselben verschlieſst; oben sitzt auf der Welle ein Cylinder aus isolirendem
Material (Fig. 4), in welchem an zwei
gegenüberliegenden Stellen Contactstücke eingelegt sind, deren Verbindungslinie zur
geraden Kante der Schutzplatte parallel läuft, und gegen welchen sich 8
Contactfedern anlegen, deren jede durch einen Draht mit dem Verbindungsstück zweier
Drahtrollen verbunden ist; zu oberst endlich sind auf der Welle, gegen diese
isolirt, noch 2 Metallringe angebracht, von denen 2 Schleiffedern oder Bürsten den
ihnen von jenen 2 Contactstücken zugeführten Strom abnehmen. Die metallenen
Contactstücke sind im Bogen gemessen so breit, daſs jedes die folgende Contactfeder
noch früher berührt, als es die vorausgegangene verläſst; die 8 Federn aber sind so
gestellt, daſs jede mit dem Contactstücke in Berührung kommt, gerade wenn die
vorausgehende Rolle des Paares, womit sie verbunden ist, von der umlaufenden
Schutzplatte frei gelassen wird.
Das Ganze befindet sich nach Fig. 3 auf einem
geeigneten, durch ein Gebläse gespeisten Ofen, aus dem die Feuergase durch die
Eisenrollen der zur Zeit nicht verdeckten Zwischenanker abziehen müssen und
dieselben stark erhitzen. Die 8 Elektromagnete dagegen können stets nur die kalten,
von der Schutzplatte verschlossenen Zwischenanker magnetisiren. Wird daher die
Schutzplatte in regelmäſsige Umdrehung versetzt, so werden mit einander abwechselnd
stets 4 Zwischenanker erhitzt und 4 abgekühlt; letztere werden magnetischer, erstere
verlieren ihren Magnetismus, alle 8 erzeugen daher Ströme in den sie umgebenden
Drahtrollen, aber 4 Ströme von der einen und 4 Ströme von der anderen Richtung- die
Richtung des Stromes in jeder Drahtrolle wechselt, wenn ihre Eisenrolle unter den
Schutz der Platte tritt oder aus demselben.
Es spielen also die Rollen um den Zwischenanker der pyromagnetischen Dynamo ganz die
nämliche Rolle wie die einzelnen Abtheilungen eines Gramme'schen Ringes. Dagegen sind die 8 Contactfedern an Stelle der
Abtheilungen im Stromsammler und die 2 Contactstücke an Stelle der 2 Bürsten der Gramme-Dynamo getreten.
Die Wirkung der Maschine muſs abhängen von der Zahl der Windungen in den Drahtrollen,
von den (zulässigen und) für den Betrieb brauchbaren Temperaturunterschieden, von
der Raschheit der Temperaturwechsel und von der Annäherung an die gröſste Wirkung.
Zwecklos wäre es, über den Punkt die Temperatur zu erhöhen bezieh. unter den Punkt
sie zu erniedrigen, bei dem die Magnetisirbarkeit gleich Null bezieh. ein Maximum
ist. So ist die Magnetisirbarkeit von Eisen und Nickel bei gewöhnlicher Temperatur
1390 bezieh. 800, bei 2200 aber 1360 bezieh. 380; bei Anwendung von Nickel wird man
also weit weniger Wärme verbrauchen. Die Raschheit der Temperaturwechsel befördert
die Dünne des Eisenbleches, dessen groſse Oberfläche (ungefähr 5qm,4 bei allen 8 Ankern) und Wellenform und der
Umstand, daſs abwechselnd warme und kalte Luft hindurchgeführt wird. Die Versuche
lassen schlieſsen, daſs die Schutzplatte wahrscheinlich 120 Umläufe in der Minute
wird machen können. Dicke des Metalles, Verhältniſs seines Raumes zu den für die
Luft bleibenden Zwischenräumen, Dicke der Rollen, welche der Wirkung der Wärme
ausgesetzt werden, ja selbst die Auswahl des Metalles dazu sind aus weiteren
Versuchen herzuleiten.
Am Schlusse seines Vortrages sagt Edison:
„Die bis zum heutigen Tage erhaltenen Ergebnisse führen zu dem Schlusse, daſs die Oekonomie, welche
man durch die Erzeugung der elektrischen Energie mit Hilfe des pyromagnetischen
Motors unter Anwendung von Brennmaterial erzielt, zum mindesten derjenigen aller
anderen Methoden gleich und wahrscheinlich gröſser sein wird. Die thatsächliche
Leistung einer derartigen Maschine wird aber geringer sein, als diejenige einer
Dynamomaschine von gleichem Gewichte. Um in einem Wohnhause 30 Lampen zu je 16
Kerzen zu speisen, müſste man einen pyromagnetischen Generator haben, der
wahrscheinlich 2 bis 3f wiegen würde. Da aber
die neue Maschine nicht daran hindert, daſs der Ueberschuſs der Kohle an Energie
zur Beheizung des Hauses selbst verwendet werde, und da es keiner Ueberwachung
bedarf, um den guten Gang derselben zu sichern, so scheint diese Maschine schon
ein ausgedehntes Gebiet von Anwendungen vor sich zu haben. Wenn man auf sie
ferner das Prinzip der Regeneration anwendet, so wird man in Rücksicht auf ihre
Leistung groſse Vervollkommnungen erzielen können. Ihre praktische Nützlichkeit
wird dann wahrscheinlich gleich sein dem Interesse an den bei ihr zur
Verwerthung kommenden wissenschaftlichen Sätzen.“
Es wäre nun noch darauf hinzuweisen, daſs J. Popper in
der Zeitschrift für Elektrotechnik, 1887 S. 451
mittheilt, daſs er bereits vor mehreren Jahren die Durchführung des der Edison'schen Maschine zu Grunde liegenden Gedankens
erwogen habe, und daſs er seinen Plan, mittels Anwendung von Wärme temporäre Magnete
abwechselnd zu entmagnetisiren und hierdurch unmittelbar Wärme in Elektricität
umzuwandeln, zugleich mit Angabe des sachlichen Grundes, warum er von der wirklichen
Ausführung abstand, zuerst dem Prof. Mach und dem
Mechaniker Marcus und im J. 1885 dem Prof. Stefan mitgetheilt habe.
Popper nimmt dann a. a. O. auf eine Stelle in einer
Abhandlung-Prof. Stefan's im 64. Bande (1871) der Sitzungsberichte der Wiener Akademie Bezug, die ihn zu
jener Untersuchung veranlaſst hat und in der sich der Grundgedanke zur
pyromagnetischen Maschine bis zu deren Verwirklichung zu praktischen Zwecken ausgeprägt findet. Auch Popper erkannte, daſs auch seine, mit der Edison'schen ganz nahe zusammenfallende Maschine auſserordentlich groſs im
Vergleich mit gewöhnlichen Dynamomaschinen ausfallen würde und theilt a. a. O. die
Ursachen davon mit. Die Frage der Oekonomie der pyromagnetischen Dynamomaschine,
deren Ausführung er aus dem eben angegebenen Grunde unterlieſs, erörtert er unter
schrittweiser Vergleichung derselben mit der gewöhnlichen Dynamo, findet die
Oekonomie aus theoretischen Gründen viel kleiner, als Edison sie nach seinen Messungen angibt, und vermuthet daher, daſs in Edison's Maschine der Strom heiſser Luft zugleich mit
ähnlich wie in einer Jonval-Turbine gewirkt habe,
obwohl er nicht glaubt, daſs Edison dies hätte
übersehen können.